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Law & Order

United we stand

Der G20-Gipfel in Ham­burg ist erst seit weni­gen Wochen vor­bei und die Ergeb­nisse lassen sich grob in zwei Aspek­te aufteilen.

1. Poli­tis­che Ergebnisse

Diese fall­en eher mager aus. Trotz der fre­undlichen Ein­ladung und Bewirtung durch Deutsch­land von Dik­ta­toren, Autokrat­en und Nation­al­is­ten aus aller Welt kon­nten sich die teil­nehmenden Län­dern nicht darauf eini­gen Prob­leme anzuge­hen. Daran hin­dert sie offen­sichtlich die kap­i­tal­is­tis­che Konkur­renz. Das Konz­ert in der Elbphil­har­monie hinge­gen war großar­tig, da lassen sich Kriege, Kli­mawan­del, Wirtschafts- und Energiekrise, diese immer wieder einge­forderten „Men­schen­rechte“ und tausende Men­schen, die jährlich im Mit­telmeer ertrinken, doch schnell vergessen.
Doch gab es noch einen anderen Punkt der uns an dieser Stelle wichtig ist.

2. Poli­tis­che Ergeb­nisse nach Innen

Der Gipfel erschien uns als ein Warm­laufen gegen den Auf­s­tand von Innen. Knüp­pel­nde Bullen, einge­set­ztes SEK, unzäh­lige Haus­durch­suchun­gen, Anquatschver­suche, VS-Berichte, Demover­bote, Het­ze gegen Aktivist_innen, Angriffe auf Schlaf­plätze, einge­set­zte Zivil­bullen und die medi­ale Auf­bere­itung des Ganzen sind wohl das wesentliche Ergeb­nis des G20. In Zeit­en großer sozialer Ver­w­er­fun­gen scheint es für die Repres­sion­sor­gane nötig zu sein, sich auf Kämpfe gegen soziale Bewe­gun­gen in den Städten vorzu­bere­it­en. So hat es unseres Wis­sens bish­er noch nie einen Ein­satz von Spezialein­heit­en gegen Demonstrant_innen oder alko­holisierte Jugendliche gegeben.

So weit, so schlimm. Der Ein­satz der Cops ist damit sicher­lich nicht zu Ende. Noch immer laufen Ver­fahren gegen Genoss_innen und auch die alltägliche Repres­sion wird weit­er anziehen: Der Feind ste­ht für den Staat links.
Daher hal­ten wir es für wichtig, nochmal auf einige grundle­gende Ver­hal­tensweisen und Vor­sichts­maß­nah­men hinzuweisen:

  • keine Gespräche über Aktio­nen in der Kneipe oder son­sti­gen öffentlichen Orten
  • Bude aufräu­men, Rech­n­er und Tele­fon ver­schlüs­seln (not­falls Hil­fe bei eur­er örtlichen Kryp­to­gang holen)
  • wie immer: keine Aus­sagen bei Polizei und Justiz
  • wehrt euch gegen Anquatschver­suche vom VS und den Bullen, macht diese öffentlich
  • wen­det euch bei Repres­sion an die Rote Hil­fe, euren Ermit­tlungsauss­chuss oder son­stige Antirepressionsgruppen
  • bei Gesprächen über sen­si­ble Dinge: Tele­fone verbannen!
  • wenn Leute neu in die Szene (oder in euer Haus­pro­jekt) kom­men, erkundigt euch nach ihnen: Wer ken­nt sie, was haben sie vorher gemacht?

Es geht hier nicht um Mis­strauen, son­dern um den Schutz eigen­er Struk­turen. Ihr ken­nt sicher­lich die Fälle in Ham­burg, wo jahre­lang Zivibullen in unseren Struk­turen unter­wegs waren (Bei Fra­gen dazu wen­det euch an eure Anti­re­pres­sion­s­grup­pen. Keine vor­eili­gen Verdächtigungen!)

  • über­legt, mit wem ihr was macht
  • seid sol­i­darisch mit Genoss_innen, die von Repres­sion betrof­fen sind!

Eine erstark­ende Rechte, staatliche Repres­sion und ein Kap­i­tal­is­mus in der Krise müssen uns keine Angst machen wenn wir zusam­men ste­hen. Bildet euch! Bildet Ban­den! Nichts und nie­mand ist vergessen…

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Antifaschismus

Cottbus: Antifaschistisches Sommercamp stellt sich vor

LogINFORIOT Vom 24.–27. August find­et erst­mals in Cot­tbus ein antifaschis­tis­ches Som­mer­camp, das JanzWeit­Draussen (JWD)-Camp, statt. Ver­net­zung, Bil­dung und Erhol­ung ste­hen bei dem JWD-Camp in Vorder­grund. Infori­ot hat mit den Organisator*innen des JWD-Camps gesprochen.
IR: Hal­lo, wer seid ihr, stellt euch doch mal kurz vor.
Alex: Ich bin 32 Jahre, mache seid mein­er Jugend Poli­tik, ange­fan­gen bei klas­sis­ch­er Antifapoli­tik über Freiraumkämpfe bis hin zu der Auseinan­der­set­zung mit fem­i­nis­tis­ch­er Theorie.
Hiba: Ich mache ger­ade Abitur. Ich habe an mein­er Schule selb­st ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung erfahren, mich dann in Schüler*innen-AG‘s ange­fan­gen zu poli­tisieren, über Schule ohne Ras­sis­mus und sowas, und organ­isiere nun erst­ma­lig eine größere Aktion mit.
IR: Das sind ja doch sehr unter­schiedliche Erfahrun­gen, die ihr da mit­bringt. Wie habt ihr für die Organ­i­sa­tion des Camps zueinan­der gefunden?
Hiba: Ich habe mich an die in mein­er Kle­in­stadt aktive linke Gruppe gewandt, um Unter­stützung zu bekom­men, neue Leute ken­nen­zuler­nen und mich auch weit­er mit poli­tis­chen Sachen auseinan­der­set­zen zu kön­nen. Das war so unge­fähr vor einem Jahr. Zufäl­liger­weise plante diese Gruppe dann auch ziem­lich zeit­nah das Alter­na­tive Jugend Camp (AJUCA) in Meck­len­burg-Vor­pom­mern zu besuchen, wo ich mich anschloss. Dort ent­stand die Idee eine ähn­liche Sache in Bran­den­burg aufzuziehen und so begann das Kon­tak­teknüpfen zu Struk­turen in anderen Städten.
IR: Was hat euch genau am AJUCA fasziniert? Was macht die Vor­bild­funk­tion aus und was hat euch dazu bewegt, auch in Bran­den­burg ein Camp zu machen?
Alex: Das AJUCA ist schon eine ziem­lich gut organ­isierte Num­mer. Ein­mal jährlich die Verbindung von Freizeit und Poli­tik, The­o­rie und Prax­is, Möglichkeit­en zur Ver­net­zung und gute Ein­stiegsmo­mente für junge Aktivist*innen. Genau sowas fehlte uns hier in Bran­den­burg bish­er. Vor allem in Flächen­län­dern wie Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vor­pom­mern, in dnen der Zu- und Wegzug der Men­schen auf­grund fehlen­der Per­spek­tive häu­fig sehr groß ist, ist Ver­net­zung ein wichtiger Bestandteil poli­tis­ch­er Prax­is. Der Aus­tausch hil­ft ein­fach auch mit den oft schwieri­gen Sit­u­a­tio­nen vor Ort bess­er umzugehen.
IR: Kön­nt ihr bitte nochmal genauer beschreiben, welche Sit­u­a­tio­nen ihr meint. Über welche The­men benötigt ihr einen Austausch?
Alex: Ich denke, das größte Prob­lem sind Nazis, die sich mit dem ver­mehrten Zuzug von Geflüchteten, an ras­sis­tis­che Bürg­er­proteste ange­dockt haben. Die Hemm­schwelle zur Gewalt­bere­itschaft ist weit­er gesunken, Ras­sis­mus “nor­mal” gewor­den. Das haben ver­mut­lich Antifaschist*innen in ganz Berlin und Bran­den­burg so erlebt und da kann man sich gegen­seit­ig beraten.
Hiba: Ja, das kann ich nur bestäti­gen. Ich hat­te in dem Ort, aus dem ich komme schön öfters mit Nazis Stress und einige Ver­wandte find­en den ras­si­tis­chen Kram, den die AfD erzählt, auch ganz geil. Ich wün­sche mir da vom Camp vor allem ein paar Basics, wie poli­tis­che Arbeit funk­tion­iert, möchte gern Gle­ich­gesin­nte ken­nen ler­nen und und und.
Alex: Für mich ste­ht, abseits vom alltäglichen Anti­nazikram, die inhaltliche Auseinan­der­set­zung mit Ras­sis­mus und Sex­is­mus im Vorder­grund, aber auch die Reflex­ion eigen­er Ver­hal­tensweisen und Mech­a­nis­men und wie men­sch sie auflösen kann. Ich freue mich sehr auf den Work­shop zu Antifa und Männlichkeit, sowie f_antifa in der Prov­inz, die Teil des Camp-Pro­gramms sind. Außer­dem gibt es den Work­shop zu Flucht, Asyl und Migra­tion, der einen Ein­stieg in anti­ras­sis­tis­che Arbeit ermöglichen soll.
Hiba: Außer­dem haben wir in der Vor­bere­itung viel darüber disku­tiert, wie wir Aktivist*innen einen Zugang zum Camp ermöglichen kön­nen, die beispiel­weise in ihrer poli­tis­chen Arbeit Ein­schnitte machen müssen. Sei es durch die Kinder­erziehung oder der Auss­chluss von Men­schen, die ein Handy­cap haben. Wir haben daher einen Work­shop einge­plant, in dem sich Aktivist*innen mit Kindern über Möglichkeit­en und Prob­leme poli­tis­ch­er Organ­isierung mit Kindern aus­tauschen kön­nen. Zudem wird es einen Work­shop vom ak_mob (Arbeit­skreis mit ohne Behin­derung) geben, der sich damit beschäftigt, wie wir unsere Räume und Ver­anstat­tun­gen bar­ri­erearm gestal­ten kön­nen. Unser Camp-Gelände ist übri­gens auch für Men­schen mit Rol­li geeignet!
IR: Okay, jet­zt haben wir ein biss­chen über eure Moti­va­tion solch ein Camp zu ver­anstal­ten gesprochen. Nun erzählt uns doch mal kon­kreter was darüber.
Alex: Das JWD-Camp find­et dieses Jahr erst­ma­lig statt. Es hat eine klar antifaschis­tis­che Aus­rich­tung. Auch in den näch­sten Jahren soll das Camp ver­anstal­tet wer­den. In diesem Jahr haben wir uns für das Strom­bad in Cot­tbus entsch­ieden. Das ist ein altes Freibad direkt an de Spree, aus­ges­tat­tet mit Badestelle, San­itäran­la­gen, Küche – also allem, was für ein Camp nötig ist. Das Chekov, ein alter­na­tiv­er Club, ist direkt mit auf dem Gelände und das Haus­pro­jekt Zelle 79 in der Nachbarschaft.
Hiba: Wir wollen so vie­len Men­schen wie möglich an dem Camp teil­nehmen lassen und dort gemein­sam eine schöne Zeit ver­brin­gen. Lei­der passen auf das Gelände nur 150 zel­tende Per­so­n­en. Die Möglichkeit­en sind daher begren­zt. Allerd­ings rech­nen wir beim ersten Mal nicht mit einem Ansturm, weshalb sich gern auch jet­zt noch Leute für das Camp anmelden kön­nen. Don­ner­stag begin­nt das Camp mit einem großen Plenum. Danach gibt es ein Kneipen-Quiz und Punkrock von der Plat­te. Der Fre­itag und Sam­stag wid­met sich dann den Work­shops. Mein per­sön­lich­es High­light ist das Fre­itagskonz­ert mit Lena Sto­er­fak­tor und Pöbel MC.
Alex: Ja und Sam­stag wollen wir dann das Camp bei Lager­feuer und Klampfe ausklin­gen lassen.
Hiba: Achso, und ple­niert wird jeden Tag. So kön­nen wir gemein­sam unsere Bedrüfnisse und Wün­sche aus­tauschen und vielle­icht schaf­fen wir es ja neue Pläne zu schmieden und gemein­same Aktio­nen zu starten!

IR: Und warum ver­anstal­tet ihr aus­gerech­net in Cot­tbus solch ein Camp?

Alex: Uns ist es wichtig Berlin, beziehungsweise den Berlin­er Speck­gür­tel, zu ver­lassen. Wir möcht­en Leute in die ver­meintliche Prov­inz holen, weil das ein­fach die Orte sind, in denen wir uns im All­t­ag bewe­gen. Nix mit Szene-Kiez und Großs­tadt-Antifa, son­dern genau rein ins Geschehen. Daher ist auch der Name JWD-JanzWeit­Draussen gewählt. Wir wollen das Camp gern routieren lassen, jedoch weit­er­hin in Städten oder Orten, die fernab der Großs­tadt sind.
IR: In eurem Aufruf sprecht ihr davon, dass Antifaschis­mus für euch eine Über­lebensstrate­gie ist. Erzählt mal was zu der aktuellen Sit­u­a­tion in Cottbus.
Hiba: Wenn man bei Infori­ot in das Such­feld “Cot­tbus” und “Nazis” ein­gibt, bekommt men­sch ein ganz gutes Bild von dem, was da abgeht.
Alex: Ja, Cot­tbus macht öfters mal Schlagzeilen, was seine sehr aus­geprägte Nazis­szene bet­rifft. Es ist schon para­dox, dass Struk­turen, denen die NPD früher nicht radikal genug war, nun mit der AfD gemein­same Sache machen. Statt vom Volk­stod sprechen sie nun vom Volk­saus­tausch, aber im Großen und Ganzen die gle­iche Suppe. Das ist bei den pegi­daähn­lichen Demos von Zukun­ft-Heimat, die seit Mai regelmäßig in Cot­tbus stat­tfind­en, gut zu beobacht­en. Durch sowas ist der All­t­ag in Cot­tbus von Ras­sis­mus vergiftet. Dahinge­gen wollen wir vor allem jün­geren Leuten zeigen, dass es auch in der Prov­inz emanzi­pa­torische Struk­turen und Möglichkeit­en für antifaschis­tis­ches Engage­ment gibt. Das verdeut­lichen die Berichte bei Infori­ot übri­gens auch.
IR: Danke für eure Antworten, wollt ihr noch was ergänzen?
Hiba: Ja kommt vor­bei, informiert euch auf unser Home­page www.jwdcamp.org. Da find­et ihr in Kürze Teile des Pro­gramms, Tipps zur Anreise und auch eine Kon­tak­tadresse, falls ihr Lust habt euch einzubrin­gen oder noch irgendwelche Fra­gen offen sind.
Alex: Genau, damit wir auch bess­er pla­nen kön­nen, bit­ten wir noch darum euch oder eure ganze Crew anzumelden, damit wir über die Teilnehmer*innenzahl einen Überblick haben.
Vie­len Dank für das Interview!

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Antifaschismus

AFD-Aufmarsch und Gegenkundgebungen in Eberswalde

Am kom­menden Dien­stag (15.8.) plant die AFD eine Demon­stra­tion durch Eber­swalde. Es soll unter anderem der PEGI­DA-Mit­be­grün­der Siegfried Däbritz auftreten.
Ein bre­ites Bünd­nis aus Ini­tia­tiv­en, Parteien und Gew­erkschaften organ­isiert Gegen­proteste unter dem Mot­to „Auf­ste­hen gegen Rassismus!“

Auf dieser Über­sicht­skarte kön­nt ihr sehen, wo Gegenkundge­bun­gen angemeldet sind.

Kommt auf die Straße und zeigt deut­lich, dass ihr keinen Bock darauf habt, dass ras­sis­tis­che und nation­al­is­tis­che Het­zer durch Eber­swalde marschieren!
Weit­ere Infos ste­hen im Aufruf des Bündnisses:
Auf­ste­hen gegen Ras­sis­mus – Unser Alter­na­tive ist Solidarität!
Die AfD plant für den 15.08.2017 eine Kundge­bung in Eber­swalde. Sie will damit vor den Bun­destagswahlen Stim­mung machen gegen Geflüchtete, poli­tisch Ander­s­denk­ende und gegen alle, die für eine weltof­fene und sol­i­darische Gesellschaft stehen.
Die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) ist mit­tler­weile keine Protest­partei mehr, son­dern ein Sam­mel­beck­en und Sprachrohr für ras­sis­tis­che Poli­tik. Sie ver­sucht derzeit bun­desweit, wie auch im Barn­im, zu einem Zen­trum der Recht­en zu wer­den. Es wer­den nation­al­is­tis­che, ras­sis­tis­che und zum Teil auch Nazi­parolen ver­bre­it­et und es wird gegen Ander­s­denk­ende gehet­zt. So wer­den poli­tis­che Diskurse und das gesellschaftliche Kli­ma nach rechts verschoben.
Doch die AfD ist nicht nur wegen ihres offe­nen Ras­sis­mus eine ern­sthafte Gefahr für die Gesellschaft. Das Parteipro­gramm ist in viel­er­lei Hin­sicht reak­tionär. Unter anderem wird ein tra­di­tionelles Fam­i­lien­bild propagiert, welch­es in let­zter Kon­se­quenz die Frauen zurück an den Herd drängt. Auch sollen beispiel­sweise soziale Sicherungssys­teme zurück­ge­fahren und Steuern für die Reichen gesenkt wer­den. Offen­sichtlich ist das alles nicht im Sinne der gesellschaftlich Benachteiligten, die diese Partei wählen sollen.
Vor den anste­hen­den Wahlen ver­sucht die AfD auf Bun­de­sebene, sich einen gemäßigten Anstrich zu ver­passen. Im Barn­im läuft das offen­sichtlich anders. Die angekündigten Red­ner sind klar im äußeren recht­en Flügel der Partei posi­tion­iert und ste­hen für eine völkisch-nation­al­is­tis­che Poli­tik. Der Schul­ter­schluss mit dem Pegi­da-Grün­der Siegfried Däbritz aus Dres­den zeigt, dass die soge­nan­nte Alter­na­tive nicht ein­mal den Ver­such untern­immt sich vom gewalt­bere­it­en recht­en Poten­tial abzu­gren­zen. Auch die anderen Red­ner sind klar als recht­saußen Poli­tik­er bekan­nt und haben keine Berührungsäng­ste zur NPD, wie zum Beispiel der Bürg­er­meis­terkan­di­dat aus Bad Freien­walde Lars Gün­ther mit ein­er gemein­samen Demo „gegen Über­fem­dung“ vor eini­gen Jahren mit der NPD und anderen bewiesen hat.
Egal unter welchem Label sich Rassist_innen, Nationalist_innen und die alten und neuen Nazis ver­sam­meln, wir wer­den ihnen keinen Platz lassen in Eber­swalde oder ander­swo. Wir sind viele Men­schen unter­schiedlich­ster Herkun­ft, unter­schiedlich­sten Alters und poli­tis­ch­er Ori­en­tierung. Wir sind geeint in dem Willen für eine gerechte, weltof­fene und tol­er­ante Gesellschaft zu stre­it­en. Deshalb rufen wir am 15.08.2017 ab 18.00 Uhr zu ein­er Protestkundge­bung in der Nähe des Eber­swalder Mark­t­platzes (Rich­tung Kirch­hang) auf. Wir wollen ein deut­lich­es Zeichen gegen Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Aus­gren­zung setzen!

Light Me Amadeu
DGB Region Ostbrandeburg
Bünd­nis 90/ Grüne
DIE LINKE Eberswalde
SPD Eber­swalde und Finow
Run­der Tisch Willkom­men in Eberswalde
Jusos Barnim
Linksju­gend sol­id Barnim
Antifaschis­tis­che Ini­tia­tive Eberswalde

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Sonstiges

Rathenow: Extrem rechte Propaganda nach Auseinandersetzungen im Stadtzentrum

Propaganda der extrem rechten „Identitären Bewegung“, die Freitagfrüh in Rathenow festgestellt worden sein soll
Pro­pa­gan­da der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“, die Fre­itagfrüh in Rathenow fest­gestellt wor­den sein soll

Am Don­ner­stagabend soll es, Polizeiangaben zu Folge, auf und um den Märkischen Platz zu mehreren straf­be­wehrten Hand­lun­gen zwis­chen Jugendlichen und Gästen eines Restau­rants gekom­men sein. Hin­ter­grund ist offen­bar ein Missver­ständ­nis, dass sich zu ein­er hand­festen Auseinan­der­set­zung entwick­elte. Außer­dem soll aus einem Fahrzeug, welch­es auf den Märkischen Platz gefahren war, min­destens eine Flasche in Rich­tung der Jugendlichen gewor­fen wor­den sein. Das Auto habe zudem offen­bar ver­sucht in die Gruppe hineinzufahren.
Wenig später veröf­fentlichte das extrem rechte „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ ein State­ment zu den Vor­fällen, dem­nach es sich in seinem (asylfeindlichen) Wirken bestätigt fühlte, da es sich bei den Jugendlichen ange­blich um „Einige von denen, die noch nicht lange hier leben“, wom­it offen­bar Geflüchtete gemeint waren, han­deln soll. Am frühen Fre­itag­mor­gen lagen dann plöt­zlich dutzende Fly­er, der eben­falls extrem recht­en Vere­ini­gung „Iden­titäre Bewe­gung“, auf dem Märkischen Platz aus.
Die Auseinan­der­set­zun­gen nach Darstel­lung der Polizei
Für den Don­ner­stagabend lagen der Polizei­press­es­telle offen­bar zwei Sachver­halte vor, die im Zusam­men­hang mit den Auseinan­der­set­zun­gen zur Anzeige gebracht wurden.
Zunächst ermit­teln die Beamten wegen ein­er „gefährlichen Kör­per­ver­let­zung“ im Bere­ich eines Restau­rants. Als Tatverdächtiger gilt ein 14 jähriger Jugendlich­er, der mit einem Gür­tel zugeschla­gen haben soll.
Die Sit­u­a­tion hat­te sich gegen 21.05 Uhr möglicher­weise aus einem Missver­ständ­nis her­aus hochgeschaukelt. Laut Polizeiangaben „fühlte sich“ eine 25 jähriger Restau­rant­gast von einem außer­halb der Gast­stätte ste­hen­den Jugendlichen „belästigt“. Der 14 Jährige soll den Mann bzw dessen an einem Tisch sitzende Fam­i­lie „stur“ angeschaut haben. Eine Auf­forderung dies zu unter­lassen soll der Jugendliche nicht nachgekom­men sein. Der 14 Jährige soll lediglich angegeben haben, auf jeman­den zu warten. Der 25 jährige Mann habe daraufhin den Wartenden zur Seite geschoben. Dies sollen wiederum andere Jugendliche auf dem Märkischen Platz mit­bekom­men haben und zur Gast­stätte geeilt sein. Ein weit­er­er 14 Jähriger habe daraufhin einen Gür­tel aus sein­er Hose geholt und dann auf den Tisch, an dem der 25 Jährige inzwis­chen wieder Platz genom­men hat­te, eingeschla­gen haben. Dabei soll die drei­jährige Tochter des Mannes gestrif­f­en wor­den sein, blieb aber unver­let­zt. Der 25 Jährige stand dann auf, schub­ste den 14 jähri­gen Tatverdächti­gen weg und ver­langte von ihm in Ruhe gelassen zu wer­den. Die Jugendlichen ver­schwan­den dann in Rich­tung Märkisch­er Platz.
Wenig später kam es in räum­lich­er Nähe dann zu einem zweit­en Vor­fall. Hier ermit­telt die Polizei nun wegen schw­eren Ein­griffs in den Straßenverkehr.
Dem­nach sei der Fahrer eines mattschwarzen Fahrzeuges, möglicher­weise ein Trans­porter, auf den Märkischen Platz gefahren. Zeu­ge­nangaben, die der Polizei vor­liegen, zu Folge soll das Auto dort zwei Per­so­n­en abge­holt haben. Beim Ver­lassen des Platzes sei dann eine Flasche in Rich­tung der Jugendlichen gewor­fen wor­den. Außer­dem soll der Fahrer ziel­gerichtet auf die Gruppe zuge­fahren sein. Die Jugendlichen bemerk­ten dies aber und sprangen rechtzeit­ig zur Seite. Ein 14 Jähriger soll aber, laut Polizei, eine leichte Prel­lung am Knöchel erlit­ten haben.
Der Fahrzeugführer sei daraufhin mit „qui­etschen­den Reifen“ geflo­hen. Er wird von Zeu­gen als kor­pu­lent, tätowiert und glatzköp­fig beschrieben.
Extreme Rechte ver­sucht Vor­fall zu instrumentalisieren
Einige Akteure des extrem rechten „Bürgerbündnisses Havelland“ sympathisieren offen mit den „Identitären“ (Archivbild, Mai 2017)
Einige Akteure des extrem recht­en „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ sym­pa­thisieren offen mit den „Iden­titären“ (Archiv­bild, Mai 2017)

Bere­its eine Stunde nach den Vor­fällen veröf­fentlichte die extrem rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ im Inter­net ein State­ment, in dem zunächst Bezug auf die Auseinan­der­set­zung genom­men wird. Gle­ichzeit­ig sah sich der Vere­in offen­bar in seinem Wirken, regelmäßig asylfeindliche Ver­samm­lun­gen, wie erst am ver­gan­genen Dien­stag, durchzuführen bestätigt, da an den Vor­fällen ange­blich „Einige von denen, die noch nicht lange hier leben“ – eine offen­sichtliche Verk­lausulierung für die min­der­jähri­gen Geflüchteten, die sich zeitweise auf dem Märkischen Platz tre­f­fen – beteiligt gewe­sen sein sollen.
In einem weit­eren, später veröf­fentlichtem State­ment behauptet das extrem rechte „Bürg­er­bünd­nis“ ent­ge­gen der Pressemit­teilung der Polizei, dass sich einige „ille­gale Merkel Gäste“ mut­maßlich „in die Haare bekom­men“ hät­ten. Fern­er wird offen­bar fälschlich bekräftigt, dass „männliche Aus­län­der“ ange­blich „weib­liche Gäste“ des Lokals gegenüber dem Märkischen Platz belästigt haben sollen.
Am Fre­itag­mor­gen stellte dann ein Pas­sant, gemäß Recherche von Press­eser­vice Rathenow, dutzende Fly­er der extrem recht­en Vere­ini­gung „Iden­titäre Bewe­gung“ fest. Unge­fähr 80 Flug­blät­ter hät­ten Unbekan­nte dem­nach offen­bar ziel­gerichtet auf den Bänken des Märkischen Platzes abgelegt. Dabei han­delte es sich offen­bar um eine Werbeschrift der „Iden­titären Bewegung“.
„Glob­al­isierung, Massenein­wan­derung und Kul­turver­fall wer­den unseren Kon­ti­nent zer­stören, wenn wir nichts dage­gen tun“, so die Ansage der extrem recht­en, auch im Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016 aus­führlich erwäh­n­ten Vere­ini­gung, auf den Flugblättern.
Die regionale „Iden­titäre Bewe­gung“ hat ihren Hauptwirkungsraum allerd­ings haupt­säch­lich im nahen Berlin, bildet jedoch mit Bran­den­burg zusam­men einen gemein­samen Lan­desver­band. Einzelne Mit­glieder des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“  sym­pa­thisieren mit­tler­weile offen mit dieser völkisch ori­en­tierten Vereinigung.
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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Führender Neonazi nach Angriffen auf junge Linke zu Haftstrafe verurteilt

Gestern wurde der bekan­nte Neon­azi Sandy L. vor dem Landgericht Neu­rup­pin wegen mehrerer rechter Gewalt­tat­en zu ein­er Haft­strafe von 2 Jahren und 4 Monat­en verurteilt. Der Mitangeklagte Raiko K. erhielt eine Frei­heit­strafe von 9 Monat­en, die zur Bewährung aus­ge­set­zt wurde. Zusam­men hat­ten sie im Sep­tem­ber 2015 eine damals 16-jährige Schü­lerin und ihren 18-jähri­gen Begleit­er im Einkauf­szen­trum REIZ mit einem Fausthieb zu Boden geschla­gen und anschließend durch Fußtritte erhe­blich verletzt.
Am sel­ben Abend macht­en die bei­den Recht­en gemein­sam mit anderen an ein­er Tankstelle Jagd auf weit­ere linke Jugendliche. Eine 15-jährige Schü­lerin wurde von Sandy L. abge­fan­gen, gegen die Wand der Tankstelle geschub­st und mehrfach getreten und geschla­gen. Zuvor hat­ten die alko­holisierten Neon­azis bere­its am alter­na­tiv­en Jugendprojekt
„Mit­ten­Drin“ ran­daliert. Ursprünglich hat­ten die Recht­en geplant, zu ein­er Demon­stra­tion nach Ham­burg zu reisen, ihren Plan aber auf Grund eines Ver­bots der Ver­anstal­tung geän­dert. Ein weit­er­er Mit­täter wurde bere­its geson­dert verurteilt.
Beson­ders bedrück­end war es im Gerichtssaal festzustellen, wie die bru­tal­en Angriffe von weni­gen Minuten Dauer bei den Betrof­fe­nen noch Jahre später nach­wirk­ten und sie nach­haltig in ihrem Sicher­heits­ge­fühl erschüt­terten. Die Jugendlichen berichteten davon, wie sie nach dem neon­azis­tis­chen Gewal­texzess ihr Leben umstell­ten, und sich lange nicht in ihrem gewohn­ten Umfeld bewe­gen kon­nten. Bis heute ver­mei­den sie es teil­weise, alleine bei Dunkel­heit in Neu­rup­pin unter­wegs zu sein. Das Ziel der Neon­azis, linke Jugendliche durch Dro­hun­gen und Gewalt einzuschüchtern, wurde zumin­d­est zeitweilig erreicht.
„Die in den ver­gan­genen Wochen ver­han­del­ten Gewalt­tat­en verdeut­lichen noch ein­mal ein­drück­lich, wie enthemmt und rück­sicht­s­los Neon­azis gegen poli­tis­che Gegner_innen und Geflüchtete vorge­hen. Die gegen die Betrof­fe­nen aus­geübte Gewalt war nicht zufäl­lig, son­dern eine logis­che Folge der recht­en Ide­olo­gie der Verurteil­ten an. Ich bin erle­ichert, dass Staat­san­waltschaft und Strafkam­mer dies in Plä­doy­er bzw. Urteils­be­grün­dung würdigten, indem sie die aus der Tat sprechende men­schen­ver­ach­t­ende Gesin­nung als Hate­crimede­likt nach §46 Absatz 2 StGB als strafver­schär­fend werteten.“, kom­men­tierte nach Prozessende Anne Brüg­mann, Bera­terin beim Vere­in Opfer­per­spek­tive, die zwei der Betrof­fe­nen im Prozess begleit­et hatte.
Sandy L. und Raiko K. gehören zu den führen­den Kadern der mil­i­tan­ten Neon­aziszene in der Region. Der 36-jährige L. war Sek­tion­sleit­er der Kam­er­ad­schaft „Weiße Wölfe Ter­ror­crew“, die im ver­gan­genen Jahr durch das Bun­desin­nen­min­is­teri­um ver­boten wurde. Sie agi­tiere „offen und aggres­siv gegen Staat und Gesellschaft, Migranten und Ander­s­denk­ende“, hieß es in der Ver­botsver­fü­gung. Was dies in der Prax­is bedeutet, wurde im Sep­tem­ber 2015 in Neu­rup­pin deutlich.

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Sonstiges

Aufgeklärt: Die neonazistische Spontandemo am 29.07.2017 in Rathenow

Am Sam­stagabend ver­anstal­tete eine kleine Gruppe Neon­azis einen spon­ta­nen Auf­marsch im Stadt­ge­bi­et von Rathenow. Diese Ver­samm­lung fand zunächst unangemeldet statt. Später soll sich ein 35 Jähriger aus Magde­burg als Ver­samm­lungsleit­er zu erken­nen gegeben haben. Aus dem Aufzug sollen, laut Märkisch­er All­ge­mein­er Zeitung (MAZ), unter Beru­fung auf Angaben der Polizei, außer­dem einzelne Straftat­en verübt wor­den sein. Die Ver­samm­lung sei später sog­ar aufgelöst worden.
Aus Videomitschnit­ten, die im Inter­net kur­sieren, und zuge­spiel­tem Foto­ma­te­r­i­al soll das Ereig­nis nach­fol­gend rekon­stru­iert und analysiert wer­den. Ein großer Teil des Mate­ri­als wurde durch den so genan­nten „Patri­oten Kanal“, ein­er recht­en Inter­net­seite, in die Öffentlichkeit lanciert. Sie ver­mit­telt einen sehr nahen, jedoch auch deut­lich pro­pa­gan­dis­tisch wirk­enden  Ein­blick in das Ver­samm­lungs­geschehen und doku­men­tiert zugle­ich auch mut­maßliche Straftat­en. Fotos und Videos von dis­tanzierten Pas­san­ten zeigen hinge­gen er einen unbe­deu­tend klein wirk­enden Haufen Neonazis.
Rekon­struk­tion des Aufmarsches

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Route des spon­ta­nen Neon­azi­auf­marsches am Samstagabend. 

Der Aufzug fand in der Zeit zwis­chen 20.00 und 21.00 Uhr statt. Er begann in der Nähe eines bekan­nten Tre­ff­punk­tes von „Autonomen Nation­al­is­ten“ in Rathenow, am Kreisverkehr Große Milow­er Straße, Aus­fahrt Heidefeldstraße.
Ange­führt von einem Ver­mummten, der ein Megaphon in der Hand hielt, bewegte sich, gemäß Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“, von dort aus eine etwa 15 köp­fige Gruppe zunächst in die Hei­de­feld­straße. Der ver­mummte Mann, bei dem es sich mut­maßlich um den Rathenow­er Neon­azi Eric U. han­delte, trat dabei offen­bar als Rädels­führer in Erschei­n­ung. Er begann durch sein Megaphon, so ist es jeden­falls auf einem Video zu sehen und zu hören, die Parole „Autonom und Mil­i­tant – Nationaler Wider­stand“ zu skandieren. Der große Teil der beglei­t­en­den Per­so­n­en wieder­holte dann die Parole.
Kurze Zeit später ist im Video zu sehen, wie ein weit­er­er Neon­azi aus Rathenow ein Ban­ner mit der Auf­schrift: „N.S Havel­land – Frei, Sozial, Nation­al“ aus einem Ruck­sack holte, um es dann offen­bar mit weit­eren Teil­nehmenden des Aufzuges als Front­ban­ner zu tragen.
Der spon­tane Aufzug formierte sich dann endgültig zu einem Klein-Auf­marsch. Im Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ ist dann das Skandieren weit­ere neon­azis­tis­che Parolen zu hören: „Wir sind Frei, Sozial und Nation­al“, „Das Sys­tem ist am Ende, wir sind die Wende“, „Nationaler Sozial­is­mus jet­zt – denn wir kämpfen: frei, sozial, nation­al“, „Wider­stand“, „Deutsch­land den Deutschen – Aus­län­der raus“, „Hier marschiert der nationale Wider­stand“, „Krim­inelle Aus­län­der raus – und die Merkel hin­ter­her“ und „Ob Ost, ob West – nieder mit der roten Pest“.
Von der Hei­de­feld­straße führte der Auf­marsch dann links ab in die Wolzen­straße und dann noch ein­mal links ab, in den Grü­nauer Weg bis in die Großen Milow­er Straße. Während des Zuges durch die let­zt genan­nten Straßen, ist in den Videomitschnit­ten immer wieder das Skandieren von neon­azis­tis­chen Parolen zu hören. Beim Passieren ein­er Geflüchtete­nun­terkun­ft sind in einem Video des „Patri­oten Kanals“ausländerfeindliche Sprüche zu hören.
Ab dem Über­gang Große Milow­er Straße zur Bran­den­burg­er Straße hat­te der spon­tane Aufzug dann offen­bar, so zeigen es zuge­spielte Fotoauf­nah­men, Polizeibegleitung, durch einzelne Streifen­wa­gen. Über einen konkreten Polizeiein­satz gegen die bis dahin unangemeldete Ver­samm­lung ist jedoch nichts bekannt.
Offen­bar von einem Dachbo­den aus gefilmtes und anonym ins Inter­net gestelltes Video­ma­te­r­i­al zeigt jeden­falls nur eine recht klein und ver­loren wirk­ende Neon­az­itruppe, welche die Große Milow­er Straße in Rich­tung Bran­den­burg­er Straße „marschiert“.
Da der Auf­marsch anscheinend dort nicht durch die Polizei aufge­hal­ten wurde, set­zte sich der Aufzug so dann über die Bran­den­burg­er Straße bis zum Kreisverkehr fort, bog dann rechts in die Berlin­er Straße ab und führte schließlich bis zum Märkischen Platz.
Dort ver­weilte die Kle­in­gruppe „Marschieren­der“, gemäß Web­cam, offen­bar kurz. Begab sich dann aber anschließend wieder in Marschfor­ma­tion zurück auf die Berlin­er Straße. Dort set­zt sich die Berichter­stat­tung des „Patri­oten Kanals“ mit einem weit­eren Videomitschnitt fort.
Im Video ist zu sehen, wie ein Polizeibeamter sowie einige offen­sichtlich betagte und fül­lige Kol­le­gen am Kreisverkehr in den Berlin­er Straße Ecke Mit­tel­straße verge­blich ver­suchen den Auf­marsch aufzuhal­ten. Der offen­bar lei­t­ende Beamte gibt, gemäß Videomitschnitt, laut und deut­lich bekan­nt, dass die Ver­samm­lung aufgelöst sei. Außer­dem forderte der Polizist die Teil­nehmenden zum Halt auf. Die bedanken sich allerd­ings zunächst nur bei der Polizei, skandieren dann: „Polizei und Demokratie – unsere Ket­ten brecht ihr nie“ und laufen ein­fach weiter.
Erst in der Großen Milow­er Straße Höhe Kreisverkehr Rich­tung Hei­de­feld­straße, nach etwa 2,7 km Lauf­strecke scheint der Aufzug been­det. Die Polizei hat­te sich offen­bar ver­stärkt und schien die Auflö­sung der Ver­samm­lung nun durch­set­zen zu können.
In einem Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ erk­lärte Eric U, der offen­bar die Ver­mum­mung abgelegt hat­te, dass die Spon­tande­mo sowohl (polizeilich) aufgelöst sei als auch von ihm selb­st been­det wurde. Weit­er­hin ist im Video zu sehen, wie offen­bar die Per­son­alien aufgenom­men und end­los erscheinen­den Diskus­sio­nen über Medi­en­auf­nah­men folgen.
Polizeiliche Zwangs­maß­nah­men oder Inge­wahrsam­nah­men sind im Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ nichts zuse­hen. Auch aus der Berichter­stat­tung der MAZ, die auf ein­er Mit­teilung der Polizei beruht, ist dies­bezüglich nichts zu ent­nehmen und erscheint somit als unwahrschein­lich. Zumal einige Teil­nehmende anschließend offen­bar noch das Dorffest im Rathenow­er Ort­steil Sem­lin besucht­en, dort Self­ies von sich macht­en und diese anschließend im Social­me­dia präsentierten.
Gegen einzelne Ver­samm­lung­steil­nehmer werde dann aber offen­bar doch noch wegen des Zeigen des „Hit­ler­grußes“ und des Mit­führens von „Pyrotech­nik“ ermittelt.
Organ­isierung des Aufmarsches
Mini-Aufmarsch des „N.S Havelland“
Mini-Auf­marsch des „N.S Havel­land“. Weit­ere Fotos hier

Der spon­tane Auf­marsch scheint im Wesentlichen durch Rathenow­er Neon­azis organ­isiert wor­den sein. Dies wird zum einen durch den Start­punkt des Aufzuges, in der Nähe eines bekan­nten Tre­ff­punk­tes lokaler „Autonomer Nation­al­is­ten“, und durch die mut­maßliche Rädels­führerschaft des Eric U, der den Auf­marsch anfangs durch seine Megapho­nansagen forcierte, deutlich.
U hat in einem Teil des neon­azis­tis­chen Milieus dur­chaus eine Schlüs­sel­funk­tion. Er gilt als Scharnier zwis­chen dem mit­tler­weile extrem rechts auftre­tenden PEGI­DA-Ableger „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ und über­re­gion­al aktiv­en Neon­azis aus Sach­sen-Anhalt und (Ost)brandenburg.
Seit 2015 ist U als poli­tisch inter­essiert bekan­nt. Seit Sep­tem­ber 2015 nahm er regelmäßig an Ver­samm­lun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, die sich zunehmend als „asylfeindlich“ darstell­ten, teil. Zuvor ist über U nur bekan­nt, dass gegen ihn mehrfach wegen Brand­s­tiftun­gen polizeilich ermit­telt wurde.
Im Rah­men seines Engage­ments für das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“, bei dem er oft als Ord­ner einge­set­zt war, fol­gte eine stetige Radikalisierung. Zunächst trat U und seine Lebens­ge­fährtin im Früh­jahr 2016 als „Bürg­er­wehr Rathenow“ auf, einige Monate später als „Autonome Nation­al­is­ten Rathenow“. Ab Dezem­ber 2016 nan­nte sich die Truppe dann „N.S Havel­land“. Ein entsprechen­des Ban­ner wurde dann im Jan­u­ar 2017 bei einem extrem recht­en Aufzug in gezeigt. Dort und bei ähn­lichen Aufzü­gen scheinen sich dann auch die Kon­tak­te U.s ins über­re­gionale neon­azis­tis­che Milieu ver­fes­tigt zu haben.
In Rathenow scheint „N.S Havel­land“ jedoch weit­ge­hend isoliert, so dass der Truppe momen­tan kaum mehr als fünf Per­so­n­en zuge­ord­net wer­den kön­nen. Während des Auf­marsches am Sam­stagabend nahm sog­ar nur eine weit­ere Per­son aus U.s direk­tem Umfeld teil. Eine weit­ere Per­son aus Rathenow, die am Anfang der Spon­tande­mo auf einem Videomitschnitt des „Patri­oten Kanals“ zu erken­nen ist, gehört zum harten Kern der mit dem „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ Sympathisierenden.
Bei den anderen Teil­nehmenden des sam­stäglichen Aben­dauf­marsches han­delte es sich haupt­säch­lich um Zugereiste, die über­wiegend aus Sach­sen-Anhalt kamen. Die Per­so­n­en kön­nen dem NPD nahen MAGIDA Umfeld bzw der „Brigade Magde­burg“, aus dem sich mut­maßlich auch der Ver­samm­lungslei­t­ende zur Ver­fü­gung stellte, sowie der „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“, als auch der „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion 2016“ zuge­ord­net wer­den. Zwei weit­ere Per­so­n­en kamen aus dem Osten Bran­den­burgs und sollen der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“ angehören.
Nahezu alle Teil­nehmenden hat­ten sich vor der Spon­tande­mo am Sam­stagabend bere­its an ein­er Ver­samm­lung der extrem recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ beteiligt. Lediglich U war von der angemelde­ten Ver­anstal­tung aus­geschlossen wor­den, weil er dort ver­mummt auftrat.
Drei Teil­nehmende des spon­ta­nen Abend­marsches hat­ten zudem auf der Kundge­bung des „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ Rede­beiträge gehal­ten. Ein­er, ein Mann aus Magde­burg, hat­te dort sog­ar zur Stim­ma­b­gabe für die NPD bei der kom­menden Bun­destagswahl aufgerufen.
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Rathenow: Extrem rechtes “Bürgerbündnis” marschierte wieder

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Am Sam­sta­gnach­mit­tag ver­anstalte die extrem rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V.“ erst­mals seit drei Monat­en wieder eine größere Ver­samm­lung auf dem Märkischen Platz in Rathenow. Die Ver­anstal­tung wurde als Kundge­bung mit anschließen­dem Marsch durch die Stadt durchgeführt.
Der öffentlich im Inter­net ver­bre­it­eten Ein­ladung zur der Ver­samm­lung waren unge­fähr 50 Per­so­n­en, die über­wiegend aus Bran­den­burg, Berlin und Sach­sen-Anhalt anreis­ten, gefol­gt. Einzelper­so­n­en sollen aber auch aus Thürin­gen gekom­men sein. Aus Rathenow und Umge­bung sel­ber nah­men nur unge­fähr 15 Per­so­n­en teil.
Die Ver­samm­lung wurde unter dem Mot­to: „Wehr Dich Deutsch­er“ bzw. „Deutsch­er wehr Dich“ bewor­ben und in der Zeit von 14.00 bis 17.00 Uhr durchgeführt.
Es wur­den mehrere „Rede­beiträge“ gehal­ten und sich zu den üblichen The­men geäußert. Allerd­ings han­delte es sich bei den Äußerun­gen der Reden­den nicht um klar struk­turi­erte Vorträge, son­dern in erster Lin­ie um Kom­mentare zu gesellschaft­spoli­tis­chen The­men. Deut­lich erkennbar waren jedoch recht­spop­ulis­tis­che bis extrem rechte Aus­drucks­for­men. Zudem wur­den auch wieder Einzelper­so­n­en und bes­timmte Per­so­n­en­grup­pen her­aus­gestellt und dif­famiert. Anwe­sende und nicht anwe­sende Presse wurde beschimpft oder verunglimpft. Während des Aufzuges wur­den zudem Geflüchtete ver­bal angepö­belt, die aus ihrem Wohn­raum hin­aus, neugierig auf die Straße sahen. Das gle­iche passierte beim Vor­beizug der Demon­stra­tion an einem ara­bis­chen Geschäft. Eine Zwis­chenkundge­bung vor dem Laden hat­te die Ver­samm­lungs­be­hörde jedoch offen­bar untersagt.
Extrem rechte Versammlung
Der Rechts­drall ist beim „Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V.“ aktuell so offen­sichtlich, dass die Vere­ini­gung mit­tler­weile im aktuellen Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht zum Jahr 2016 (veröf­fentlicht am 21. Juli 2017) im Phänomen­bere­ich „Recht­sex­trem­is­mus“ Erwäh­nung find­et. Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ wer­den darin als „asylfeindlich“ benan­nt. Im Vor­jahr (2015) galt der Vere­in lediglich als „asylkri­tisch“ und wurde nicht im Ver­fas­sungss­chutzbericht erwäh­nt. Die Nen­nung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ im aktuellen Bericht des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes erfol­gte jedoch offen­bar vor allem wegen der Unter­stützung durch die regionale NPD. Die in Rathenow über Organ­i­sa­tion­sstruk­turen ver­fü­gende neon­azis­tis­che Partei hat­te 2016 beispiel­sweise zur Teil­nahme an den Ver­samm­lun­gen der extrem recht­en Vere­ini­gung aufgerufen. Außer­dem hät­ten, laut dem Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016, auch „zahlre­iche Recht­sex­trem­is­ten“ die Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ unter­stützt. Diese Unter­stützung durch die NPD war auch in den ver­gan­genen Monat­en des Jahres 2017 noch erkennbar, auch wenn kaum noch lokale Funk­tionäre dieser Partei den Ver­samm­lun­gen bei­wohn­ten. Stattdessen reis­ten vor allem Parteim­it­glieder und Parteisym­pa­thisierende aus Berlin und Sach­sen-Anhalt zu den Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ an.
Auch am Sam­sta­gnach­mit­tag war dies wieder erkennbar. Eine Gruppe Teil­nehmende aus Magde­burg (Sach­sen-Anhalt), die auch dem dor­ti­gen PEGI­DA-Ableger „MAGIDA“ nah­este­ht oder in Teilen als „Brigade Magde­burg“ auftritt, nahm beispiel­sweise erst am ver­gan­genen Woch­enende an ein­er über­re­gionalen Saalver­anstal­tung der NPD im säch­sis­chen Riesa teil. Darunter auch der Magde­burg­er Ulrich Neu­mann, der am Sam­sta­gnach­mit­tag beim „Bürg­er­bünd­nis“ auf dem Podi­um sprach und dort im Zusam­men­hang mit den Bun­destagswahlen im Sep­tem­ber 2017 offen zur Wahl der NPD aufrief.
Weit­ere Teil­nehmende aus Sach­sen-Anhalt, die in der Regel unter der Beze­ich­nung „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ und „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion Sek­tion Sach­sen-Anhalt“ auftreten, gel­ten als Sym­pa­thisierende der Vere­ini­gung „THÜGIDA“. Dieser Vere­in wird im thüringis­chen Ver­fas­sungss­chutzbericht 2014/15 als „recht­sex­trem­istisch geprägte Ini­tia­tive gegen Flüchtlinge“ namentlich benan­nt. Erst im März 2017 organ­isierten Bekan­nte Akteure der „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ einen Aufzug für THÜGIDA in Sten­dal (Sach­sen-Anhalt). Die „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion Sek­tion Sach­sen-Anhalt“ waren dabei u.a. als Ord­ner eingesetzt.
Weit­ere Einzelper­so­n­en, die am Sam­sta­gnach­mit­tag aus Berlin zu der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es“  anreis­ten, sym­pa­thisieren mit den im aktuellen Ver­fas­sungss­chutzbericht des dor­ti­gen Lan­desamtes zum Jahr 2016 genan­nten Organ­i­sa­tio­nen „Bärgi­da“, „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ und „Iden­titäre Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg“. Die Berliner­in Elke Met­zn­er bezog sich in ihrem Rede­beitrag pos­i­tiv auf den so genan­nten „völkischen Geist“.
Ein ander­er, aus Ost­bran­den­burg zugereis­ter Red­ner, der sich als „Ste­fan Schu­mann“ von der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“ vorstellte, sprach in seinem Beitrag, in dem er die derzeit­ige Bun­de­spoli­tik neg­a­tiv kom­men­tierte, von „jüdis­chen Poli­tik­ern“. Während des anschließen­den Marsches durch Rathenow skandierte der Ost­bran­den­burg­er zu dem neon­azis­tis­che Parolen wie „Nationaler Sozial­is­mus jet­zt“ und „Frei, Sozial, National“.
Ein Vertreter der Rathenow­er Neon­azi-Truppe „N.S Havel­land“ erschien zu dem ver­mummt auf der Ver­samm­lung und wurde anschließend offen­bar der Ver­anstal­tung verwiesen.
Spon­tan­er Neon­azi­auf­marsch am Abend
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Gegen 20.30 Uhr wurde bekan­nt, dass sich unge­fähr 15 ehe­ma­li­gen Ver­samm­lung­steil­nehmende der Ver­anstal­tung „Wehr Dich Deutsch­er“ bzw. „Deutsch­er wehr Dich“ spon­tan sam­melten und mit einem Ban­ner, auf dem die Auf­schrift: „N.S Havel­land“ deut­lich erkennbar war, an ein­er Geflüchtete­nun­terkun­ft in Rathenow vorbeizogen.
Später soll der mut­maßlich unangemeldete Aufzug auch durch Teile der Rathenow­er Innen­stadt gezo­gen sein und Parolen wie „krim­inelle Aus­län­der raus“ , „Frei, Sozial, Nation­al“ oder „Nationaler Sozial­is­mus Jet­zt“ skandiert haben.
Die Teil­nehmenden des Spon­tan­marsches kön­nen den Grup­pierun­gen „N.S Havel­land“, „Kam­er­ad­schaft MOL“, „Brigade Magde­burg“, „Freiko­rps Heimatschutz Divi­sion Sach­sen-Anhalt“, „Berserk­er Deutsch­land – Divi­sion Thürin­gen“ und „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ zuge­ord­net werden.
Die Polizei war zunächst nur mit einzel­nen Streifen­wa­gen präsent und soll den mut­maßlich unangemelde­ten Aufzug erst nach dem Ein­tr­e­f­fen von Ver­stärkung in der Großen Milow­er Straße Ecke Hei­de­feld­straße gestoppt haben.
Fotos zur Ver­samm­lung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“: hier

Fotos zur Ver­samm­lung „N.S Havel­land“: hier

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(Anti-)Rassismus Arbeit & Soziales Flucht & Migration

Potenziale Geflüchteter zur Fachkräftesicherung nutzen

Ein Zusam­men­schluss von Bil­dungs- und Inte­gra­tionsträgern, Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen, Wohlfahrtsver­bän­den, Kam­mern und Gew­erkschaften (DGB-Regio­nen Ost‑, Süd- und West­bran­den­burg) im Land Bran­den­burg fordert den Zugang zu Aus­bil­dungsver­hält­nis­sen für Geflüchtete zu erle­ichtern und vor Beginn des neuen Aus­bil­dungs­jahres die „Aus­bil­dungs­dul­dung“ lan­desweit ein­heitlich und prax­isori­en­tiert im Sinne eines aktiv­en Inte­gra­tions­gedankens umzuset­zen. Dazu bedarf es unbe­d­ingt ein­er reg­ulären sta­tusun­ab­hängi­gen Aus­bil­dungs­förderung für alle Auszubildenden.
Der Man­gel an Fachkräften im Land Bran­den­burg ist seit Jahren hoch. Gle­ichzeit­ig bere­it­et es vie­len Betrieben Schwierigkeit­en, geeignete Auszu­bildende mit den sprach­lichen, fach­lichen und sozialen Fähigkeit­en zu find­en, um diesem Man­gel nach­haltig ent­ge­gen­zuwirken. Im Berufs­bil­dungs­bericht (1) 2017 des Bun­desmin­is­teri­ums für Bil­dung und Forschung wurde jüngst belegt, dass zu Beginn der let­zten Aus­bil­dungs­sai­son 2016 bun­desweit etwa 43.500 Lehrstellen unbe­set­zt blieben, davon mehr als 1700 Plätze im Bun­des­land Bran­den­burg. Auch für das kom­mende Aus­bil­dungs­jahr sind in Bran­den­burg noch zahlre­iche Lehrstellen unbesetzt.
Bish­er wer­den im Bun­des­land trotz­dem nicht alle Möglichkeit­en aus­geschöpft, um unbe­set­zte Aus­bil­dungsplätze mit geeigneten Bewerber_innen für das jew­eilige Berufs­feld zu besetzen.
Dabei wurde der Zugang geflüchteter Men­schen zum Aus­bil­dungs­markt im August 2016 mit Inkraft­treten des Inte­gra­tions­ge­set­zes erle­ichtert. Ziel war es, dass geduldete Per­so­n­en aller Alters­grup­pen die Möglichkeit erhal­ten, eine qual­i­fizierte Beruf­saus­bil­dung aufzunehmen. Damit ein­her geht der Anspruch auf die Erteilung ein­er soge­nan­nten „Aus­bil­dungs­dul­dung“ (§60a Abs.2 Satz 4 Aufen­thG), an die sich eine Aufen­thalt­ser­laub­nis zur Beschäf­ti­gung im erlern­ten Beruf anschließen soll (soge­nan­nte „3+2 Regelung“).
Die aktive Auf­nahme ein­er qual­i­fizierten Beruf­saus­bil­dung wird jedoch selb­st bei unterze­ich­netem Aus­bil­dungsver­trag durch die restrik­tive Umset­zung­sprax­is einiger Aus­län­der­be­hör­den ver­hin­dert, indem der Antrag auf die Erteilung der Aus­bil­dungs­dul­dung nicht zeit­nah bear­beit­et oder gän­zlich abgelehnt wird. Zur Behe­bung dieser Prob­lematik bedarf es daher ein­er klaren Umset­zungsregelung durch das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um, um
  • den geset­zlichen Anspruch auf die Aus­bil­dungs­dul­dung zu wahren, indem der Beset­zung eines Aus­bil­dungsplatzes durch fach­lich geeignete Bewerber_innen stets Vor­rang vor aufen­thalts-been­den­den Maß­nah­men gebührt
  • die unbürokratis­che und schnelle Erteilung ein­er Aus­bil­dungs­dul­dung durch die Aus­län­der­be­hör­den sicherzustellen, damit alle Beteiligten bere­its frühzeit­ig Pla­nungs- und Rechtssicher­heit erhalten
  • den Zeitraum im Vor­feld ein­er Aus­bil­dung produktiv
    für konkrete berufsvor­bere­i­t­ende Maß­nah­men (z.B. beruf­sori­en­tierte Sprach­förderung, Prak­ti­ka, Ein­stiegsqual­i­fizierun­gen) zu nutzen und diese Phase großzügig durch die Erteilung von Ermessens­dul­dun­gen (2) rechtlich abzusichern.
Anderen Geflüchteten, die seit mehr als 15 Monat­en in Bran­den­burg leben und sich bere­its in Aus­bil­dung befind­en — aber sta­tus­mäßig noch im Asylver­fahren sind — dro­ht der Aus­bil­dungs­bruch aus finanziellen Grün­den. Denn Aus­bil­dungs­förderung, ins­beson­dere Beruf­saus­bil­dungs­bei­hil­fe, bleibt ihnen ver­sagt, da die Betrof­fe­nen nicht aus Herkun­ft­slän­dern mit soge­nan­nter „guter Bleibeper­spek­tive“ kom­men und somit kein recht­mäßiger Aufen­thalt zu erwarten sei.
Diese Bew­er­tung verken­nt, dass selb­st im Fall eines neg­a­tiv­en Aus­gangs des Asylver­fahrens, die unmit­tel­bare Fort­set­zung der Aus­bil­dung durch die Erteilung der Aus­bil­dungs­dul­dung möglich ist und ein dauer­hafter Aufen­thalt von Geflüchteten in Aus­bil­dung zu erwarten ist. Das Land Bran­den­burg möge daher
im Sinne des Inte­gra­tions­ge­set­zes auf Lan­des- und Bun­de­sebene alles dafür tun, um den Zugang zu den ver­schiede­nen Möglichkeit­en der Aus­bil­dungs­förderung für alle Geflüchteten zu ermöglichen, unab­hängig vom Aufen­thaltssta­tus und ein­er rechtlich umstrit­te­nen „Bleibeper­spek­tive“.
Um die genan­nten Prob­lem­la­gen zu beheben, soll­ten alle geflüchteten Auszu­bilden­den mit Aus­bil­dungs­be­ginn eine Aufen­thalt­ser­laub­nis erhal­ten. Die Unterzeichner_innen ersuchen die Lan­desregierung sich auf Bun­de­sebene dafür einzusetzen.
(1) https://www.bmbf.de/pub/Berufsbildungsbericht_2017.pdf
(2) s. z.B. Län­der­erlasse von Schleswig-Hol­stein und Niedersachsen
Pressekon­tak­te:
Berlin-Bran­den­bur­gis­che Aus­lands­ge­sellschaft (BBAG) e.V., Potsdam
Moni­ka KADUR / Email: kadur@bbag-ev.de
Arnd Sändig / Email: saendig@bbag-ev.de
Tel. 0331 / 74 00 09 76
Flüchtlingsrat Bran­den­burg, Potsdam
Sab­ri­na Bau­mann-Tossou / Email: baumann@fluechtlingsrat-brandenburg.de
Mobil 0176 / 99 76 81 07
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Themar (TH): Konsolodierung durch Musik — das Neonazi-Konzert aus Brandenburger Perspektive

Einchecken in Themar: Auch Brandenburger, wie NPD Landesorganisationsleiter Michel Müller (Mitte, mit Sonnenbrille), nahmen Rechtsrock-Großevent teil (Foto: Lukas Beyer)
Eincheck­en in The­mar: Auch Bran­den­burg­er, wie NPD Lan­des­or­gan­i­sa­tion­sleit­er Michel Müller (Mitte, mit Son­nen­brille), nah­men Recht­srock-Großevent teil (Foto: Lukas Beyer)

 
Am ver­gan­genen Sam­stag fand im thüringis­chen The­mar ein Tre­f­fen von unge­fähr 6.000 Neon­azis statt. Die Ver­anstal­tung war von einem lokalen NPD Funk­tionär als öffentliche Ver­samm­lung angemeldet wor­den, hat­te aber, wie das Mot­to: „Rock gegen Über­frem­dung II“ schon offen­bart, eher den Charak­ter eines Szenekonz­ertes.  Zwar sollen auch mehrere „Poli­tik­er“ ver­schieden­er Neon­azi-Parteien auch Rede­beiträge gehal­ten haben, jedoch dürfte der größte Teil des Pub­likums wegen den angekündigten Auftrit­ten szenebekan­nter Recht­srock Bands, darunter „Stahlge­wit­ter“, „Lunikoff Ver­schwörung“, „Sleip­nir“ und „Uwocaust“, angereist sein.
Neon­azis­tis­ches Milieu aus Bran­den­burg vertreten
Die Teil­nehmenden kamen aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et und aus dem nahen europäis­chen Aus­land. Unter den Ver­samm­lungs­gästen waren auch viele Neon­azis aus Bran­den­burg. Auf Fotos von Beobach­t­en­den sind vor allem bekan­nte Szene-Akteure aus den kre­is­freien Städten Pots­dam und Bran­den­burg an der Hav­el sowie den Land­kreisen Prig­nitz, Ost­prig­nitz-Rup­pin, Havel­land, Pots­dam-Mit­tel­mark, Elbe-Elster und Spree-Neiße erkennbar. Der Großteil dieser Per­so­n­en gilt als Sym­pa­thisierende der NPD und ihr naher Label, wie den „Freien Kräften Prig­nitz“ oder den „Freien Kräften Neu­rup­pin-Osthavel­land“. Auf­fäl­lig war auch eine größere Gruppe Neon­azis, die  T‑Shirts mit dem Bran­den­burg­er Ort­sna­men „Fin­ster­walde“ tru­gen, wobei die Buch­staben „NS“ beson­ders her­vorge­hoben waren.
Bemerkenswertester Teil­nehmer aus Bran­den­burg war aber der erst­mals seit März 2016 wieder öffentlich aktive Rathenow­er Michel Müller, der im Lan­desvor­stand der NPD für den Bere­ich Organ­i­sa­tion zuständig ist. Er war mit drei weit­eren Per­so­n­en aus Rathenow, Nennhausen und dem Prem­nitzer OT Döberitz angereist, die, laut einem Schreiben des Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­ums, der offiziell „aufgelösten“ Kam­er­ad­schaft „Hauptvolk“ (Vere­insver­bot April 2005) ange­hörten. Müller gehörte, laut Min­is­teri­um, eben­falls dieser Organ­i­sa­tion an. Aktuell nimmt er, neben sein­er NPD inter­nen Funk­tion, auch zwei Man­date in Kom­mu­nal­par­la­menten in der Stadt Rathenow und im Land­kreis Havel­land war.
Eine ähn­liche kom­mu­nalpoli­tis­che Funk­tion hat der  Belziger André Schär, der am Sam­sta­gnach­mit­tag eben­falls in The­mar zu sehen war. Der NPD Funk­tionär ist Stad­trat in Bad Belzig und Kreis­rat im Land­kreis Potsdam-Mittelmark.
Weit­ere bekan­nte Poli­tak­teure, die am Konz­ert in The­mar teil­nah­men waren Markus N. aus Guben (ehe­ma­liger NPD Kom­mu­nalpoli­tik­er), der Witt­stock­er Ron­ny S. (Ver­anstal­ter mehrerer Aufmärsche im Raum Witt­stock-Pritzwalk) und Pad­dy B. aus Pots­dam (Sym­pa­thisant freier Kräfte sowie des „III. Weges“). Zudem soll Matthias Fis­ch­er aus Tem­plin („Gebi­et­sleit­er Mitte“ vom „III. Weg“) als Red­ner aufge­treten sein.
Außer­dem in The­mar anwe­send: Sascha L. aus Bran­den­burg an der Hav­el. Der Neon­azi saß sieben Jahre wegen Totschlag im Gefäng­nis. Er hat­te im Feb­ru­ar 1996 einen Punk in Bran­den­burg an der Hav­el zu Tode geprügelt.
Aus der neon­azis­tis­chen Musik­machen­den­szene war darüber hin­aus der Rathenow­er Lie­der­ma­ch­er Thomas Lange alias „Toiton­i­cus“ anwe­send. Außer­dem trat die Pots­damer Band „Uwocaust“ mit Sänger Uwe Men­zel, einem Haup­tak­teur der Bran­den­burg­er Recht­srock Szene, in The­mar auf.
Recht­srock als gemein­same Schnittstelle und Finanzspritze
Die deut­liche Präsenz Bran­den­burg­er Neon­azis auf der Konz­ertver­anstal­tung am 15. Juli 2017 in Thürin­gen scheint Annah­men zu bestäti­gen, dass sich die Szene in Bran­den­burg durch Recht­srock­events wieder kon­so­li­diert. Dafür spricht ein hoher Anteil von Konz­ert­teil­nehmenden, die zum Teil seit Jahren an der Organ­i­sa­tion von poli­tis­chen Ver­samm­lun­gen, ins­beson­dere im West­en Bran­den­burgs beteiligt waren. Diese Per­so­n­en bzw deren Struk­turen waren in den Vor­monat­en weit­ge­hend inaktiv.
Hin­ter­grund der zeitweisen Inak­tiv­ität kön­nten die Verurteilun­gen einiger bedeu­ten­der Aktive, beispiel­sweise der „Nauen­er Zelle“, und das Ver­bot der „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“, aber auch die zeitweise starke Zugkraft von rechtsmo­tivierten Ver­samm­lun­gen der Bran­den­burg­er AfD oder PEGI­DA-ähn­liche Organ­i­sa­tio­nen im Land sein. Darüber hin­aus spiegel­ten sich im neon­azis­tis­chen Milieu aber auch die bun­desweit spür­baren Spal­ter­schei­n­un­gen, im Zuge des NPD Ver­botsver­fahrens sowie in der Mil­i­tanzde­bat­te wider. Neue Neon­azi-Parteien, wie „Die Rechte“ und „Der III. Weg“ trat­en in Konkur­renz zu den bish­er dominieren­den Nation­aldemokrat­en auf. Des Weit­eren reor­gan­isierte sich mit dem „Antikap­i­tal­is­tis­chen Kollek­tiv“ eine Struk­tur „Autonomer Nation­al­is­ten“, die durch kämpferische Aktio­nen auf Ver­samm­lun­gen eben­falls für Spal­tungs­de­bat­ten sorgten.
In The­mar trat das bun­desweit aktive neon­azis­tis­che Milieu am ver­gan­genen Woch­enende allerd­ings wieder erstaunlich geschlossen und kon­so­li­diert auf. Hochrangige Funk­tionäre oder Akteure aus NPD, „Die Rechte“, „Der III. Weg“, aus dem „antikap­i­tal­is­tis­chen Kollek­tiv“ sowie dem Thüringer PEGI­DA-Ableger THÜGIDA sollen, gemäß Pro­gramm, Rede­beiträ­gen auf ein­er gemein­samen Bühne gehal­ten haben. Sie alle einte offen­bar die Iden­ti­fizierung mit dem vielfach als „sub­kul­turell“ ver­harm­losten Recht­srock. Ein­er Par­al­lel­welt, dessen frühere Akteure, maßge­blich den „Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grund“ (NSU) durch Logis­tik und Finanzen, die sie mut­maßlich aus ihren Ressourcen: Konz­erte, Ton­trägerver­trieb, Mer­chan­dise oder der Verteil­er­struk­tur schöpften, unter­stützt hatten.
Auch heute dürfte es im Recht­srock vor allem um die Akquirierung von Finanzmit­teln zu gehen, auch über das pri­vate Geschäftsin­ter­esse hin­aus. Soll­ten die Geset­ze näm­lich tat­säch­lich dahinge­hend geän­dert wer­den, dass Parteien mit erwiesen ver­fas­sungs­feindlich­er Pro­gram­matik keine staatlichen Finanzmit­tel mehr zu Gute kom­men, wer­den Konz­erte, wie in The­mar, wahrschein­lich die einzige Ein­nah­me­quelle für neon­azis­tis­che Parteien sein. Insofern ist bun­desweit mit ein­er Etablierung oder Steigerung solch­er Ver­anstal­tun­gen zu rechnen.
Beispiele für Bran­den­burg­er Neon­azis in The­mar (Fotos von Beobachtenden):
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Oranienburg: Lebendiges Erinnern an Erich Mühsam

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Am Sam­sta­gnach­mit­tag erin­nerten unge­fähr 40 Men­schen aus Bran­den­burg und Berlin im Rah­men ein­er Demon­stra­tion in Oranien­burg an Erich Müh­sam. Der anar­chis­tis­che Schrift­steller war am 10. Juli 1934 in einem frühen SA-Konzen­tra­tionslager in der Stadt von den Nazis ermordet worden.
Die in der Aktions­form eines „lebendi­gen Gedenkens“ gestal­tete Demon­stra­tion war von ein­er Pri­vat­per­son  für die Linksju­gend SOLID Ober­hav­el und die Oranien­burg­er Antifa  angemeldet wor­den. Sie führte von der Bahn­hal­testelle „Oranien­burg“ in die Innen­stadt und dort an ver­schiede­nen Gedenko­rten für Opfer des Nation­al­sozial­is­mus vor­bei. Während des Aufzuges gab es zwei Zwis­chenkundge­bun­gen mit mehreren Rede­beiträ­gen von Schü­lerin­nen, ein­er Del­e­ga­tion der Gedenkstätte Sach­sen­hausen und der  lokalen Antifa sowie am End­punkt eine Kranznieder­legung mit Schweigeminute am Gedenkstein für Erich Mühsam.
Im Vor­feld wurde die Gedenkdemon­stra­tion jedoch haupt­säch­lich durch die Antifa Oranien­burg, mit­tels Fly­er und im Inter­net, beworben.
Lebendi­ges Erin­nern als Aus­druck gegen das Vergessen
Die Oranien­burg­er Antifa sieht sich offen­bar in beson­der­er Verpflich­tung des Gedenkens an Erich Müh­sam. Bere­its in ihrem Aufruf zur Demon­stra­tion unter dem Mot­to: „Damals wie heute: Faschis­ten bekämpfen“ skizziert sie den Schrift­steller als stand­haften Geg­n­er des Nation­al­sozial­is­mus, der schließlich auf­grund sein­er Überzeu­gung im KZ Oranien­burg ermordet wurde.„Auch nach 17 Monat­en Folter gelang es den Nazis bis zulet­zt nicht, seinen Willen zu brechen“, so die Antifa Oranienburg.
Darüber hin­aus würdigte die Oranien­burg­er Antifa, in ihrem Aufruf zur Gedenkdemon­stra­tion, Erich Müh­sam als viel­seit­i­gen Men­schen, als „Rev­o­lu­tionär, Utopist, Frei­denker, Anar­chist, Antifaschist, Syn­dikalist“, und deutete damit auch seine poli­tis­che Vor­bild­funk­tion bis in die heutige Zeit an.
An der Erin­nerungsver­anstal­tung am Sam­sta­gnach­mit­tag beteiligten sich so vere­inzelt auch Sym­pa­thisierende der anar­chosyn­dikalis­tis­chen Gew­erkschafts­föder­a­tion „Freien Arbei­t­erin­nen- und Arbeit­er-Union (FAU).
Das Andenken an den 1878 gebore­nen Erich Müh­sam wird­aber darüber hin­aus nicht nur durch das „lebendi­ge Erin­nern“ im Rah­men der Gedenkdemon­stra­tion wachge­hal­ten. Allein im Land Bran­den­burg sind in min­destens sechs Gemein­den Straßen nach ihm benan­nt, darunter eine in Oranien­burg. In der Stadt München, in der er 1918 dem rev­o­lu­tionären Sol­daten­rat ange­hörte und zu den Anführern der bayrischen Rätere­pub­lik gehörte, gibt es einen nach ihm benan­nten Platz. In Lübeck, dem Ort sein­er Schul­jahre, gibt es neben einem Erich-Müh­sam-Weg auch einen ihm gewid­me­ten Stolper­stein vor dem Bud­den­brookhaus sowie eine Gedenk­tafel an der his­torischen Löwe­napotheke. In seinem Geburt­sort Berlin gibt es eine weit­ere nach ihm benan­nte Straße im Stadt­teil Friedrichshain sowie eine Gedenk­tafel in Char­lot­ten­burg, einen Gedenkstein in Neukölln und ein Ehren­grab auf dem Wald­fried­hof in Dahlem, in dem er 1934 ermordete beige­set­zt wurde.
Allerd­ings befürchtet die „Antifa Oranien­burg“ durch die über­wiegend stumme Art der Erin­nerung, einen „Schlussstrich“ in der Geschichte und let­z­tendlich ein „Vergessen“.
Posi­tion­ierung gegen extrem rechte Aktivitäten
Die Erin­nerung an die Opfer des Naziregimes hat jedoch für die Oranien­burg­er Antifa offen­bar auch einen mah­nen­den Charak­ter und scheint, angesichts des von der Gruppe beschriebe­nen, ver­meintlich wach­senden Zus­pruch­es „recht­spop­ulis­tis­che® und extrem rechte® Parteien“, der Zunahme „ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Über­griffe“ und den Mor­den der neon­azis­tis­chen Vere­ini­gung „NSU“, zugle­ich ein gesellschaft­spoli­tis­ches State­ment zu sein.
So gäbe es im Land­kreis Ober­hav­el, laut Erken­nt­nisse der „Antifa Oranien­burg“, schon seit Jahren „eine starke, organ­isierte Neon­azi-Szene“. In ihr sei die „lokale NPD-Struk­tur mit dem Kreisver­band Ober­hav­el“, die in diesem Gebi­et immer­hin neun Man­date in Kom­mu­nal­par­la­menten innehat, „fed­er­führend“. In keinem anderen Land­kreis im Land Bran­den­burg seien die Nation­aldemokrat­en dem­nach kom­mu­nal­par­la­men­tarisch bre­it­er aufgestellt.
Eine Schlüs­sel­rolle in der lokalen NPD Struk­tur spielt offen­bar der Vel­tener Stadtverord­nete Robert Wolin­s­ki, den die „Antifa Oranien­burg“, als rel­a­tive Per­son der Zeit­geschichte, auch namentlich benen­nt. Er sei nicht nur für die NPD aktiv son­dern wird auch mit den „Märkischen Skin­heads 88 (MS88)“ und der Organ­isierung von Recht­srock Konz­erten im Nor­den Bran­den­burgs und in Meck­len­burg-Vor­pom­mern in Verbindung gebracht.
Darüber hin­aus gehört Wolin­s­ki dem Lan­desvor­stand der Bran­den­burg­er NPD an und wird dort als Ver­ant­wortlich­er für die „Organ­i­sa­tion“ benan­nt. Am 17. Juni 2017 nahm er zudem an einem Auf­marsch der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“ in Berlin teil.
Lokal scheint Wolin­s­ki hinge­gen aber eher an ein­er Ein­flussnahme auf bre­ite gesellschaftliche Schicht­en inter­essiert zu sein, gehörte in der Ver­gan­gen­heit beispiel­sweise zu den bekan­nten Gesichtern der pegi­da-ähn­lich insze­nierten „Abendspaziergänge“ im Land­kreis Ober­hav­el, die in den Jahren 2014 bis 2016 regelmäßig auch ein augen­schein­lich bürg­er­lich­es Pub­likum anlockten.
Ziel ein­er solchen Unter­wan­derung scheinen darüber hin­aus auch lokale Vere­ine oder Ver­anstal­tun­gen, beispiel­sweise das Drachen­bootren­nen der „Touris­mus und Kul­tur GmbH“, zu sein, wie die „Antifa Oranien­burg“ berichtet.
„Der Kampf gegen den Faschis­mus heute“ sei deshalb, so die Antifa­gruppe weit­er, „ notwendig (…) wie eh und je“ und eine „antifaschis­tis­che Wider­stand­kul­tur zu etablieren“ das Ziel.
Fotos: hier

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