Rathenow — Auf dem Rathenower Stadtfest ist bisher zu keinen größeren Konfrontation zwischen Personengruppen kommen. Dies kann nach einer ersten Auswertung des gestrigen Abends resümiert werden. Auch am Freitagabend wurde keine größeren Auseinandersetzungen bekannt. Zu mehreren kurzen Polizeieinsätzen, die sich gegen einzelne Personen richteten, kam es ledig im Bereich der Jugendbühne. Dort wurden mindestens zwei – augenscheinliche – Jugendliche in Polizeigewahrsam genommen.
Rechte Szene wollte Signal setzen
Im Vorfeld des Rathenower Stadtfestes hatte es mehrere weitläufige Hinweise gegeben, dass die rechte Szene ein Signal setzen wolle. Als Hintergrund wird eine Auseinandersetzung am Himmelfahrtstag 2018 angesehen. Dort kam es zu einer Schlägerei zwischen jugendlichen Geflüchteten auf der einen Seite und deutschen Männern, darunter Angehörige des neonazistischen Milieus, auf der anderen Seite. Des Weiteren soll die rechte Szene wegen der tödlichen Auseinandersetzung in Chemnitz zusätzlich sensibilisiert sein.
Stadt und Polizei sollen jedoch auf alle eventuellen Situationen vorbereitet gewesen sein und zuvor ein Sicherheitskonzept verfasst haben. Tatsächlich war am Wochenende Bereitschaftspolizei vor Ort und zusätzlich auch noch private Security im Einsatz.
Bereich Jugendbühne unter Beobachtung
Da das Rathenower Stadtfest am Freitag vorwiegend auf dem überwiegend umschlossenen und damit gut kontrollierbaren Optikparkgelände am Schwedendamm stattfand und dort bereits im Vorfeld nicht mit größeren Auseinandersetzungen zu rechnen war, richtete sich das Hauptaugenmerk vor allem auf Samstag. An diesem Tag weitete sich die Festivität bis in den Kern der Neustadt aus.
Sensibelster Ort des Stadtfestes am Samstagabend war dann vor allem die Jugendbühne auf dem August-Bebel-Platz. Ungefähr 200–300 Menschen hielten sich dort zeitweise auf. Aufgrund ihrer weltoffenen Ausrichtung war sie vor allem ein Anziehungspunkt für alternative Jugendliche sowie Geflüchtete und damit auch im Fokus der rechten Szene.
46 Männern und Frauen des neonazistischen Milieus frequentierten u.a. den Bereich Jugendbühne. Diese traten allerdings nicht als geschlossener Block auf, sondern wurden als Kleingruppen von zwei bis zehn Personen wahrgenommen. Zudem waren die Neonazis und ihre Bezugspersonen nur sehr vereinzelt offen erkennbar. Lediglich drei Personen trugen szenetypische Kleidung (T‑Shirts von Rechtsrock Bands). Vierzehn Neonazis waren als gewaltbereit bekannt oder erkennbar, zwei davon saßen in der Vergangenheit mehrfach wegen Gewaltdelikten im Gefängnis.
Mehrfache Polizeieinsätze gegen Einzelpersonen
Die Polizei war mit mehreren Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei im Einsatz. Gemäß Beobachtung des Presseservice Rathenow gab es im Bereich der Jugendbühne drei Einsätze.
Der erste Einsatz richtete sich gegen mehrere Jugendliche hinter einem Wohngebäude in der Berliner Straße. Die Polizei nahm anschließend von mindestens zwei Personen Höhe Volksbank die Personalien auf. Ein Anlass der Auseinandersetzung war nicht erkennbar, Verletzte gab es offenbar auch nicht.
Im zweiten Fall hatte ein Mitarbeiter des Bierstandes die Polizei angefordert, weil mehrere erkennbare Sympathisierende der rechten Szene auffällig wurden. Der Polizeieinsatz endete aber ohne erkennbare Maßnahmen gegen diese Personen. Die Situation galt dann allerdings auch als entschärft.
Der dritte Einsatz richtete sich gegen einzelne Jugendliche, die laut Auskunft eines DJs im Bereich der Bühne randalierten. Mindestens zwei Personen wurden in Polizeigewahrsam genommen.
Weitere Fälle wurden bis Sonntag 01.30 Uhr nicht bekannt.
Weitere Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157699547131451
Kategorie: Antifaschismus
„Wir brauchen jetzt endlich dauerhafte gesellschaftliche und politische Solidarität mit Opfern rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt. Leugnen, Verharmlosen und Kleinreden stärkt hingegen die Täter*innen.“
Die unabhängigen Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt verzeichnen derzeit ein besorgniserregendes Ausmaß politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt. Dies gilt nicht nur für Chemnitz und Sachsen, sondern auch bundesweit. „Seit Beginn der rassistischen Mobilisierungen durch Pro Chemnitz, PEGIDA, AfD und organisierte Neonazis, die den gewaltsamen Tod des 35-jährigen Daniel H. in Chemnitz instrumentalisieren, fühlen sich organisierte Rassist*innen und Neonazis überall in Deutschland ermutigt“, warnt Robert Kusche vom Vorstand des Verbands der Opferberatungsstellen (VBRG). „Für die Angegriffenen – insbesondere Migrant*innen, Geflüchtete, Schwarze Deutsche und Menschen, die sich gegen Neonazismus und für Geflüchtete engagieren – ist es ein weiterer Schlag ins Gesicht, wenn rechte Gewalt und rassistische Hetzjagden durch politisch Verantwortliche geleugnet werden. „Damit werden die Täter*innen gestärkt und den Opfern wird signalisiert, dass ihre Erfahrungen, ihre Angst und ihre Verletzungen nicht relevant sind,“ kritisiert Robert Kusche. „Wir brauchen dringend klare Signale politischer Solidarität für die Opfer rechter und rassistischer Gewalt. Leugnen, Verharmlosen und Kleinreden stärkt hingegen die Täter und ihre Sympathisant*innen“, betont Robert Kusche.
Die RAA Opferberatung Sachsen hat alleine seit dem 26. August 2018 insgesamt 24 Körperverletzungen und 11 Fälle von Nötigung/Bedrohung in Chemnitz registriert, die sich gegen Migrant*innen, Journalist*innen und Gegendemonstrant*innen richteten.[1] „Wir erfahren täglich von weiteren rechten Gewalttaten in Chemnitz. Bestürzt hat uns, dass vermummte Angreifer am Montag, den 3.9. auch den Inhaber des jüdischen Restaurants „Shalom“ in Chemnitz verletzt und dabei „Judenschwein, verschwinde aus Deutschland“ gerufen haben“, sagt Andrea Hübler von der RAA Sachsen. „Wir befürchten, dass dem für den morgigen Freitag, den 7.9.2018 angekündigten Aufmarsch von Pro Chemnitz[2] weitere Angriffe folgen werden.“
Organisierte Rassist*innen und Neonazis begreifen die Parole „holen wir uns unser Land zurück“, mit der am Sonntag, den 26. August 2018 für die rassistische Hetzjagd in Chemnitz mobilisiert wurde, die unzureichende Strafverfolgung und die nachfolgenden Mobilisierungen in Chemnitz als Aufforderung, in Sachsen und bundesweit zuzuschlagen.
Bundesweite Nachahmungstaten
Beispielhaft zeigt sich dies anhand der nachfolgenden Fälle: In München (BY) versammelte sich spätabends am 25./26. August 2018 im Stadtbezirk Bogenhausen eine 30-köpfige Gruppe bundesweit aktiver IB-Kader, um „Heil Hitler“ und andere NS-Parolen brüllend Passanten anzupöbeln und an Treffpunkten politischer Gegner NS-Parolen zu hinterlassen.[3] Schon am 23. August 2018 hatten in Berg am Laim zwei Männer an einer roten Ampel unvermittelt die Tür eines Autos mit drei jungen Migranten aufgerissen, den Fahrer getreten und geschlagen und dabei rassistische Parolen gerufen.[4] In Altena (NRW) wurde am 29. August 2018 ein 17-jähriger Syrer kurz vor Mitternacht auf der Straße rassistisch beleidigt und von drei Männern angegriffen, die ihn u.a. im Gesicht verletzten.[5] In Wismar (MV) wurde am späten Abend des 29. August ein 20-jähriger Flüchtling aus Syrien durch drei extrem rechte Angreifer in einem Park gezielt mit Schlagringen ins Gesicht und auf den Oberkörper geschlagen und rassistisch beschimpft.[6] In Sondershausen (TH) wurde am 29. August 2018 ein 33-jähriger Eritreer von vier Männern, die der rechten Szene angehören, schwer verletzt.[7] Am Abend des 30. August 2018 hatte ein Asylsuchender aus Eritrea drei Einschusslöcher in den Fenstern seiner Wohnung in einer Gemeinschaftsunterkunft in Dresden-Gorbitz festgestellt.[8] Am Abend des 1. September wurde in Essen-Borbeck (NRW) ein Mitglied des Essener Integrationsbeirats vor einer Pizzeria angegriffen, auch ein afghanischer Flüchtling, der dem Betroffenen zu Hilfe, wurde von den Angreifern geschlagen.[9] In Brandenburg/Havel (BB) beleidigte am 29. August ein 36-Jähriger seinen 19-jährigen Nachbarn eritreischer Herkunft mit den Worten „Du bist ein Ausländer, du hast hier nichts zu suchen“, bedrohte ihn mit einem Messer und verfolgte ihn anschließend auf offener Straße.[10] Am Abend des 2. September 2018 versuchten sich in einer Kleinstadt bei Leipzig zwei maskierte Männer rassistische Parolen grölend gewaltsam Zutritt zu der Wohnung eines pakistanischen Menschenrechtsaktivisten zu verschaffen. Weil sie damit scheiterten, zogen die Angreifer zum Kleingarten der pakistanischen Familie weiter und schlugen dort auf deren Pkw ein. Im Juli 2018 hatten Neonazis dem Menschenrechtsaktivisten bei einem rassistischen Angriff beide Hände gebrochen.[11] Am Abend des 3. September griff an der S‑Bahnstation in Rostock-Marienehe (MV) ein ca. 45-jähriger Mann drei Studierende aus Aserbaidschan mit einem Knüppel an, brüllte rassistische Parolen und verletzte einen der Studenten.[12]
In Wismar hatte Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) den Angriff auf den 20-jährigen Syrer als Ausdruck einer „Pogromstimmung“ bezeichnet und eine zivilgesellschaftliche Mahnwache für friedliches Zusammenleben ausdrücklich begrüßt. „Die klaren Worte von Angela Merkel und Regierungssprecher Steffen Seibert und das Beispiel von Wismar zeigen, dass politisch Verantwortliche Handlungsspielräume haben: Sie können sich auf die Seite der Angegriffen stellen und rechte Gewalt verurteilen und damit wichtige Signale setzen“, sagt Robert Kusche. „Deshalb begrüßen wir auch ausdrücklich, dass sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey für ein Demokratieförderungsgesetz auf Bundesebene einsetzt“. Der Verband hoffe, dass dann auch die Angriffe auf wichtige Träger von Opferberatungsstellen wie beispielsweise in Sachsen-Anhalt durch die dortige AfD-Landtagsfraktion und Teile der CDU ins Leere laufen.
1 Details zu den Angriffen in: Pressemitteilung der RAA Sachsen vom 3.9.2018 Chemnitz eine erste Bilanz: Mehr als 30 Angriffe in einer Woche im Zuge rechter Demonstrationen, www.raa-sachsen.de/newsbeitrag/hemnitz-eine-erste-bilanz.html
2 https://www.facebook.com/144635458901463/posts/2031998376831819/
3 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/25–26-august-2018-ib-ns-parolen-und-neonazistische-poebeleien/
4 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/23-august-2018-rassistischer-angriff/
5 www.presseportal.de/blaulicht/pm/30835/4048938
6 Festnahme nach Angriff auf Syrer, www.taz.de/!5532435/ 7 www.presseportal.de/blaulicht/pm/126723/4049280
8 www.dnn.de/Dresden/Polizeiticker/Einschussloecher-in-Fenstern-einer-Fluechtlingsunterkunft-Staatsschutz-ermittelt
9 www.focus.de/regional/essen/essen-aufgelauert-ueberfall-auf-essener-linken-politiker-staatsschutz-ermittelt-war-das-motiv-rassismus_id_9538126.html
10 https://polizei.brandenburg.de/pressemeldung/bedrohung-mit-messer/1149971
11 vgl. amnesty international: Erneut rassistisch motivierter Angriff auf Menschenrechtler bei Leipzig, www.amnesty.de/informieren/aktuell/erneut-rassistisch-motivierter-angriff-auf-menschenrechtler-bei-leipzig
12 vgl. Mann verprügelt ausländischen Studenten, www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/Mann-schlaegt-auslaendischen-Studenten-mit-Knueppel
PREMNITZ — Das „Kunsthaus Premnitz“ will die kulturelle Landschaft im westlichen Havelland bereichern. Regelmäßig finden dort Veranstaltungen mit klassischer Musik, Ausstellungen und Lesungen statt. Darüber hinaus suchen die Kunstschaffenden, allen voran Stefan Behrens, aber auch das Gespräch und bieten Sonderveranstaltungen mit Gästen aus der hohen Politik.
Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) war im Mai da. Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer (GRÜNE) wird Mitte Oktober erwartet.
Gestern hieß der Gast Alexander Gauland, seines Zeichens Bundesvorsitzender der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Ein nicht unumstrittener Gast, der wegen seiner relativierenden Äußerungen zur NS-Zeit kaum noch zu TV-Talkshows eingeladen wird und dessen Partei immer offener zu Sympathien für die extreme Rechte, wie zuletzt in Chemnitz, zur Schau trägt. Die grundlegende Frage lautete deshalb vorab: Darf diesem Menschen dennoch ein öffentliches Podium geboten werden?
Boykott oder Gespräch?

Unbekannte gaben darauf offenbar bereits am Morgen ihre Antwort. Im Eingangsbereich zum Grundstück des Kunsthauses lagen, so zeigen es Fotos eines Anwohnenden, dutzende bunte Zettel, die mit antirassistischen Losungen bedruckt waren. Ein Stromkasten am „Kunsthaus“ war zudem mit einem „Fuck AfD“-Graffiti verziert worden.
Doch so einfach wollte es sich Stefan Behrens anscheinend nicht machen. Er wollte dem „Phänomen Gauland“ auf den Grund gehen, ihm zuhören, seine Grundhaltung erforschen und schließlich die Konsequenzen daraus in Bezug auf seine gesellschafts- und staatspolitische Debattenführung analysieren. Hat der AfD-Chef „mittlerweile die Position eines Konservativen verlassen“? Und nähert er sich „reaktionären, fremdenfeindlich, menschenverachtenden, nationalsozialistischen Positionen“ an? Das schienen die entscheidenden Grundfragen, welche den Gastgeber bewegten, dass „Phänomen Gauland“ in sein Haus zu lassen.
Der Einstieg

Das Kunsthaus am Premnitzer See ist ein recht ansehnliches Anwesen, eine in den Jahren 1917/18 errichtete Direktorenvilla mit großen Grundstück und viel Platz für Werke der modernen Kunst. Etwas rustikal und aristokratisch wirkt hingegen der Ort, in dem sich Behrens mit Gauland trifft. Es ist das holzvertäfelte Kaminzimmer, welches mit seinen vielen Gemälden, auch wenn diese eindeutig der Moderne zuzuordnen sind, den Charakter eines konservativen Fürstensitzes vermittelt und somit durchaus geeignet scheint, um den AfD Chef auf „Augenhöhe“ zu begegnen.
Die eine Hälfte des Saales applaudiert dem Gast aus Potsdam, als dieser das Kaminzimmer betritt. Zwei bekannte Funktionäre der AfD, darunter auch der Premnitzer Stadtverordnete der Partei, sitzen im Raum, ebenso wie vier Aktive der extrem rechten Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland“ und offenbar weitere Sympathisierende Gaulands. Die andere Hälfte des Saales, darunter der Bürgermeister von Premnitz, Ralf Tebling (SPD), weitere Stadtverordnete, u.a. von den Linken, sowie zivilgesellschaftlich Engagierte wirken eher passiv, abwartend.
Dann eröffnet Stefan Behrens, nach einer kurzen Begrüßung, das Gespräch, beginnt mit der Betrachtung der Biografie von Alexander Gauland.
Der junge Gauland – Studium statt Tagebau

Der heutige AfD Chef wurde 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, in der Zeit des Nationalsozialismus, den er später einen „Vogelschiss“ in der langen Geschichte Deutschlands nennen wird, geboren. Der Vater von Alexander Gauland war sächsischer Offizier, soll seinen Sohn nach einem russischen Zaren benannt haben. Das Wohnumfeld ist großbürgerlich. Seine Schule im nunmehr in „Karl-Marx-Stadt“ umbenannten Chemnitz trägt den Namen „Friedrich Engels“. Trotz aller späteren Differenzen zur DDR lobte Gauland gestern deren Erziehungssystem. Er durfte dort sogar 1959 Abitur machen – ein außergewöhnliches Privileg in diesem Land. Ein Studium zu beginnen, soll ihm aber versagt gewesen sein. Dies war aber anscheinend nicht der allein ausschlaggebende Grund für seine nun folgende Flucht in die Bundesrepublik, so Gauland gestern in Premnitz. Vielmehr sollte sich der heutige Vorsitzende der selbsternannten „neuen Arbeiterpartei“ AfD in der Produktion bewähren und in einem Tagebau in Lauchhammer arbeiten. Davon hielt Gauland jedoch aber nichts und floh daraufhin nach West-Berlin, wo er in der Notaufnahmeeinrichtung Marienfelde aufgenommen wurde. Einen politischen Hintergrund für seine Flucht dementierte der AfD Chef gestern noch einmal deutlich. Später siedelte er in die Bundesrepublik über und konnte dort in Marburg und Gießen Jura studieren
Der konservative Gauland
In den 1970er Jahren machte Gauland schnell Karriere in der CDU, war u.a. in deren Bundestagsfraktion in Bonn tätig und traf dort auf prominente Vertreter des „nationalkonservativen Flügels“ der CDU. Insbesondere Alfred Dregger deutete er gestern als persönliches Vorbild an.
Tatsächlich blieb der Konservatismus ein Lebensthema für Gauland. Auch gestern war sein Buch: „Anleitung zum Konservativsein“ eine Stunde lang Hauptgesprächsstoff zwischen ihm und Moderator Stefan Behrens. Ausführlich wurde über die darin hauptsächlich vorkommenden historische Figuren, Edmund Burke und Friedrich der Große, sowie über ihre staatspolitischen Ansichten debattiert. Nicht allerdings zur Freude des Publikums, welches augenscheinlich dem Zwiegespräch zwischen Behrens und Gauland nicht immer folgen konnte.
Erst als die Aussagen des AfD-Chefs kerniger wurden, seine Abneigung gegenüber den 68ern – die er quasi als „Urkatastrophe“ der heutige Verhältnisse bzw. als Hauptgegner des Konservatismus sieht – deutlich zur Sprache kamen und hinsichtlich der Flüchtlingssituation die Töne nationalistischer wurden, wurde der Saal wieder munterer. Die Diskussion hatte nun Gaulands Lieblingsthema erreicht.
Ohne Alternativen für Deutschland

Ausgiebig äußerte sich der AfD Chef nun über vermeintliche Ängste in der Bevölkerung und zu Übergriffen von Geflüchteten. Zu anderen Themen, wie Jugend oder Rente, wollte er sich hingegen nur sehr kurz positionieren.
Eine jüngere Frau, die fragte ob die „Alternative für Deutschland“ auch für Jugendliche aktiv ist, erhielt die knappe Antwort: Ja, wir haben einen Jugendverband.
Eine ältere Frau, die nachfragte was zur Rente im Bundesprogramm der AfD steht, wurde sinngemäß mit den Worten abgefertigt: Geben sie mir ihre Emailadresse, dann schicke ich es ihnen.
Selbst auf die Frustration mancher „besorgter Bürger“ hatte Gauland, zumindest wenn es um prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Altersarmut oder Mittellosigkeit ging, keine tragfähige Lösungen oder auch nur den Ansatz eines Konzeptes parat.
Resümee
Die AfD bediene sich lediglich Projektionen, um Politik zu machen, so eine ehemalige Psychologin am Ende des Premnitzer Gesprächs in einem Statement an Gauland. Es werden keine politischen Lösungen gesucht, sondern der Frust auf die Schwächsten in der Gesellschaft abgewälzt und so vor allem in Geflüchteten „Schuldige“ an der vermeintlichen „Misere“ im Land gefunden.
Doch, und das wurde gestern in Premnitz ebenfalls klar, es geht der AfD eben nicht nur, um die Ausschaffung von Geflüchteten, egal ob straffällig oder nicht.
Gauland will die ideologische Wende, die Revision der bundesrepublikanischen Werte seit Ende der 1960er Jahre. Seine „Alternative für Deutschland“ steht für einen neuen Konservatismus, der nicht nur die demokratischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte überwinden will, sondern auf dem besten Wege ist, den historischen Fehler der „alten“ Konservativen zu wiederholen: mit den Völkischen gemeinsam „Staatspolitik“ betreiben zu wollen.
INFORIOT — Die AfD-Märkisch-Oderland hatte am 01.September nach Neuenhagen zur Konferenz mit dem Titel „Der soziale Frieden Deutschlands in Gefahr“ geladen. Als Redner waren u.a. Andreas Kalbitz, André Poggenburg und Jürgen Elsässer angekündigt, die Anmeldung lief über Lars Günther aus Bad Freienwalde. (Mehr Infos zu den angekündigten RednerInnen und Lars Günther siehe hier). Dagegen hatte ein breites Bündnis zum Protest aufgerufen, dem insgesamt etwa 300 Menschen folgten.

Nach einer Auftaktkundgebung am Bahnhof, lief die Gegendemonstration mit etwa 200 Teilnehmer*innen durch die Stadt zum Bürgerhaus, dem Veranstaltungsort der AfD-Konferenz. Am Rathaus fand eine Zwischenkundgebung mit Redebeiträgen statt. Das Festhalten von zwei Teilnehmer*innen durch die Polizei, verzögerte das Weiterlaufen, sodass die Demonstration etwas verspätet zu den 50 Bürger*innen stieß, die bereits vor dem Bürgerhaus lautstark protestierten. So waren bereits die meisten TeilnehmerInnen der AfD-Konferenz im Bürgerhaus verschwunden. Am Rande der Demonstration kam es mehrfach zu Beschimpfungen und Pöbeleien durch Anwohner*innen.

Auf der Konferenz der AfD fanden sich, statt der angekündigten 500 TeilnehmerInnen, nur 150 ein. Grund hierfür dürfte die am selben Tag stattfindende Demonstration von Pegida und AfD in Chemnitz gewesen sein. So fuhr auch Andreas Kalbitz nach seiner Rede weiter nach Chemnitz, wo er an der Demonstration teilnahm.
Bilder gibt es hier und hier.
Am Samstag, dem 1. September, folgten dem Aufruf eines Bündnisses, bestehend aus zivilgesellschaftlichen Akteur_innen und Vereinen, mehrere hundert Menschen zur Demonstration unter dem Motto „Kein Raum für rechte Hetze“ nach Neuenhagen.
Bunt, laut und engagiert sammelten sich junge Menschen, aber auch Familien und vor allem viele Anwohner_innen. Alle einigte ihre Empörung und Wut über die im „Bürgerhaus Neuenhagen“ stattfindende Tageskonferenz der „Alternative für Deutschland“. Wir möchten an dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Teilnehmenden senden. Mit großem Engagement, den Sprechchören, Transparenten und Schildern haben wir deutlich gezeigt, dass wir es nicht zulassen, dass sich die AfD ohne Protest versammeln und hetzen kann.
Es ist immer wichtig eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen, die AfD-Meinung kritisch zu begleiten und eine konträre Position, in der wir klar machen, dass es um ein gutes Leben für alle geht, zu artikulieren. Um über die Demonstration und deren Inhalte zu informieren, wurden, sowohl nebenher als auch im Vorfeld, Flyer an Anwohner_innen der Gemeinde Neuenhagen verteilt. Dabei zeigte sich, dass ein Großteil gar nicht wusste, was die AfD im „Bürgerhaus Neuenhagen“ veranstaltet. Gleichzeitig empörten sich viele, dass ein kommunales Gebäude für Neo-Nazis, Faschisten und rechte Hetze bereit gestellt wird. Provokationen und Pöbeleien am Rande der Demonstration gab es nur vereinzelt. Während der Demonstration informierten Redebeiträge die rund 400 Teilnehmenden und die Anwohner_innen über die Konferenz und ihre Protagonist_innen – über Jürgen Elsässer und sein verschwörungstheoretisches „Compact-Magazin“, legten die menschenverachtenden Inhalte der rechten Partei offen und setzten die Konferenz in einen größeren gesellschaftlichen Rahmen.
Die AfD, und ihre Konferenz, trägt ihren Teil zur politischen Stimmungsmache bei und ist somit auch untrennbar von den Geschehnissen in Chemnitz zu betrachten. Besonders deutlich zeigt sich dies u.a. bei Andreas Kalbitz (MdL Brandenburg/ Landes- und Fraktionsvoritzender), der zuerst bei der Tageskonferenz sprach und danach weiter nach Chemnitz (Sachsen) fuhr, um u.a. neben Bernd Höcke, „PEGIDA“ und dem völkisch-nationalistischem Netzwerk „Pro Chemnitz“ an der Großdemonstration teilzunehmen. Die Konferenz selbst war für die AfD ein Flop – von den im Vorfeld angekündigten knappen 500 Plätzen, war nur ein Bruchteil belegt – nicht einmal 150 Anwesende zählte die Veranstaltung und der Hauptteil der Teilnehmenden war alt und männlich. Vor allem die organisierende Kreisstruktur trat vor dem „Bürgerhaus“ auf, um die vorbei kommende Demonstration und die von einem Parteienbündnis organisierte Kundgebung abzufilmen. Im Vordergrund dessen stand der Hauptinitiator Lars Günther.
Abschließend bleibt noch die Kriminalisierung der friedlichen Demonstration durch die eingesetzte Polizei zu thematisieren. Bereits im Vorfeld fanden Observationen der drei im Landkreis stattfindenden Informationsveranstaltungen durch Zivilbeamte des Staatsschutzes statt. Auch das geplante „Demokratiefest“ vom Parteienbündnis musste abgesagt werden, da die Polizei im Vorfeld den Besitzer der geplanten Fläche drängte, diese nicht zur Verfügung zu stellen. Grund für beide Maßnahmen war die Einschätzung der Polizei, dass„links-autonome“ Aktivitäten erwartet werden. Diese völlig irrationale Einschätzung äußerte sich dann in einem Großaufgebot der Brandenburger Polizei, welche die Demo begleitete, das „Bürgerhaus“ vollständig abriegelte, sogar den immer Samstag stattfindenden Wochenmarkt absagen ließ und alle ortsansässigen Vereine für den Tag aus dem „Bürgerhaus“ verwies. Das Aufgebot der Polizei bestand deutlich aus jungen, unerfahrenen, teils vermutlich noch in der Ausbildung steckenden Beamt_innen – diese traten an mehreren Stellen völlig grundlos eskalierend auf. Die vielen sich um und auf der Demo bewegenden Zivilpolizist_innen, eine Festnahme, sowie die Feststellung mehrerer Personalien bildeten den Höhepunkt der Provokationen und Eskalation der Polizei. Dabei ist zusätzlich verwerflich, dass scheinbar nicht voll ausgebildete Polizist_innen in Situationen gebracht wurden, um „Erfahrungen“ zu sammeln und dort über eigene Gewaltanwendung zu verrohen. Trotz der stetigen Provokationen und der im Vorfeld prognostizierten Szenarien blieb die Demo friedlich, aber trotzdem wütend, entschlossen, bunt und lautstark über die Frechheit, dass der AfD ein kommunales Gebäude für ihre Hetze zur Verfügung gestellt wurde.
Leider wurde die kraftvolle Demo bisher kaum in den Medien widergespiegelt.
Wir kommen wieder, immer wenn die AfD oder andere Faschisten hetzen und stellen uns gegen die Kriminalisierung von Protest!
Danke an alle Unterstützer_innen.
Venceremos!
INFORIOT – Mehr als 300 Menschen protestierten am vergangenen Sonntag, den 26. August, gegen eine Demonstration der AfD-nahen Facebook-Gruppierung „Heimatliebe Brandenburg“ in Eberswalde. Zur Protestkundgebung hatte das zivilgesellschaftliche Bündnis „Für ein tolerantes Eberswalde“ (F.E.T.E.) unter dem Slogan „Solidarität ist unsere Alternative“ aufgerufen. An den Protesten am Bahnhof hatten sich zahlreiche Student*innen, Antifas, Punks, Vertreter*innen verschiedener Parteien bis hin zu Mitgliedern der Gewerkschaft der Polizei beteiligt.

Unter dem Motto „Heimat erhalten & Zukunft gestalten“ demonstrierte ein Bündnis aus AfD-AnhängerInnen, Neonazis und Reichsbürgern in Eberswalde. Etwa 200 RassistInnen nahmen an dem Aufzug teil.

Völkisch-nationalistisches Bündnis marschierte in Eberswalde
Die Veranstaltung begann mit einer Auftaktkundgebung am Eberswalder Bahnhof. Bereits dort wurde ersichtlich, wer hinter „Heimatliebe Brandenburg“ steckt: Angemeldet wurde die Demonstration von Lars Günther. Günther ist Beisitzer des AfD-Kreisverbandes Märkisch-Oderland und trat in der Vergangenheit als Anmelder und Organisator diverser rassistischer und verschwörungsideologischer Veranstaltungen in Berlin und dem nord-östlichen Brandenburg auf. Darüber hinaus ist er Autor und Organisator vor Konferenzen und Veranstaltungen des rechten Querfront-Magazin „Compact“. Auch ein Kamera-Mann von „Compact“ dokumentierte das Demonstrationsgeschehen.

Weitere AfD-PolitikerInnen wie Steffen John aus Panketal sowie die stellvertretende Landesvorsitzende Birgit Bessin traten als RednerInnen auf der Veranstaltung auf. Bessin vertrat spontan Siegfried “Siggi” Daebritz, den führenden Kopf von PEGIDA-Dresden. Daebritz, der als Redner angekündigt war, sei wegen eines Motorschadens in Bernau verhindert gewesen.
AfD-Hardliner und Identitäre
Für die Bühne und Technik war der Berliner AfD-Politiker Andreas Wild verantwortlich. Er wurde 2017 nach anhaltenden menschenverachtenden Äußerungen aus der Fraktion seiner Partei im Berliner Abgeordnetenhaus ausgeschlossen. Ihm zur Seite stand einer der führenden Köpfe der Identitären Bewegung Berlin-Brandenburg, Jannik Brämer. Im Mai des vergangenen Jahres hatte er bei einer Aktion der Identitären beinah einen Zivilpolizisten umgefahren. Aufgrund der Ermittlungen wegen versuchter schwerer Körperverletzung gegen Brämer sowie seinen Aktivitäten bei den Identitären, wurde er im Sommer des vergangenen Jahres aus der AfD ausgeschlossen. Bis dahin war er Schatzmeister der Berliner Jungen Alternativen (JA), der Jugendorganisation der Partei.

Unterstützung aus dem Spreewald
Unterstützt wurde die Demonstration von dem neu-rechten Verein „Zukunft Heimat“ aus dem südbrandenburgischen Golßen, die neuerdings vom Verfassungsschutz unter Beobachtung steht. Dessen Vorsitzender Christoph Berndt trat auf der Versammlung als Redner auf und lief mit seiner Frau Grit an vorderster Front mit. Mit dabei hatten sie ein Transparent, welches bei den von Berndt organisierten Demonstrationskampagne in Cottbus verwendet wird.

Teilnehmende mit direkten NS-Bezug
Auffällig wenige bekannte Gesichter aus Eberswalde beteiligten sich an dem Aufzug. Weder die NPD Barnim, noch Anhänger der aufgelösten Kameradschaft Märkisch-Oder-Barnim, oder Mitglieder des „III. Wegs“ hatten sich auf der Veranstaltung blicken lassen. Nur das ehemalige Mitglied der NPD sowie der Splitterpartei „Die Rechte“, René Herrmann, ließ sich auf der Demonstration blicken. Zudem fiel eine Gruppe Neonazis auf, die einheitlich ein T‑Shirt mit dem Rückenaufdruck „Randgruppe Deutsch Eberswalde“ in Frakturschrift trugen. Bei „Randgruppe Deutsch“ handelt es sich um eine RechtsRock Band, die sich in der rechten Szene reger Beliebtheit erfreut. Auf der Vorderseite des T‑Shirts trugen die Personen einen Erlenkranz um den Zahlencode „88“ auf der Brust. Bei dem Zahlencode handelt es sich um ein beliebtes Chiffre der rechten Szene für den achten Buchstaben des Alphabets, was in der Dopplung für die Abkürzung für „Heil Hitler“ steht.


Auftakt einer Veranstaltungsreihe
Nach einer Eröffnungskundgebung lief der Demonstrationszug von „Heimatliebe Brandenburg“ ein kurze Strecke in der Nähe des Bahnhofs und schloss die Veranstaltung mit weiteren Reden. Laut eigenen Bekundungen sollte die Veranstaltung in Eberswalde der Auftakt einer Reihe ähnlicher Versammlungen in der Region sein. Am 1. September steht eine Tageskonferenz der AfD im märkisch-oderländischen Neuenhagen an, die ebenfalls von Lars Günther organisiert wird. Diverse ultra-rechte RednerInnen der Partei wollen über die „Soziale Frage“ diskutieren. Eine weitere Demonstration will „Heimatliebe Brandenburg“ am 3. November in Eberswalde abhalten. In der Zwischenzeit plant der AfD Kreisverband Barnim eine Kundgebung am 7. September in Bernau.
Weitere Bilder gibt es: hier.
Afd in MOL
Hintergründe zur AfD in Märkisch-Oderland und der von ihnen organisierten Konferenz
Am kommenden Samstag, den 1. September 2018, organisiert die „Alternative für Deutschland“ eine Tageskonferenz im östlich von Berlin gelegenen Neuenhagen. Zeit für uns den Organisationskreis und die Redenden mal genauer zu beleuchten.
Unter dem Titel „Der soziale Frieden Deutschlands in Gefahr“ will die AfD die Themenkomplexe Sozialstaat und Arbeitsmarkt an dem Tag diskutieren. Selbstverständlich werden diese Themen in AfD-Manier – rassistisch aufgeladen – verhandelt. Grundannahme der AfD sind dabei die Bedrohung des Sozialstaates durch Einwanderung. Um dem entgegen zu wirken, soll es Arbeit für Deutschland geben. Die Nazi-Kollegen der NPD haben dies ihrer Zeit plumper ausgedrückt: Arbeit zuerst für Deutsche. Im folgenden wollen wir ein paar theoretische Gedanken los werden und damit versuchen, die Inhalte der AfD-Konferenz in einen gesamt-gesellschaftlichen Rahmen zu setzen. Uns ist klar, dass dies hier keine umfassende Kritik sein kann. Allerdings sind einige Gedanken dabei, die wir gerne teilen möchten. Im zweiten Teil geht es um die Redenden auf der Konferenz. Anschließend soll es um den organisierenden Kreis und die Struktur in Märkisch-Oderland gehen.
Sozialer Frieden?
Die AfD versucht hier klar sich ein neues Politikfeld zu erschließen. Sie will die „soziale Frage“ neu diskutieren und von rechts beantworten. Der suggerierten Grundannahme, dass der soziale Frieden in Deutschland in Gefahr sei, kommt die AfD im Erklärungstext zur Konferenz mit der Forderung nach Sicherheit entgegen. Unter dem Begriff des sozialen Friedens werden die staatlichen Verhältnisse bezeichnet, die einen Aufstand – maßgeblich der Marginalisierten und der „Unterschicht“ — verhindern sollen. Geprägt wurde der Begriff in den 50er und 60er Jahren, als der Sozialstaat Hochkonjunktur hatte, westliche Länder von Vollbeschäftigung schwärmten, Gewerkschaften die Arbeitnehmer_innenposition gestärkt und somit den Klassenkampf in Kooperation mit dem Staat beruhigt hatten. Mit der Öl-Krise in den 70er Jahren wurde diese Zeit beendet und langsam aber sicher der uns heute so vertraute Neoliberalismus eingeleitet. Damit ging und geht auch heute noch ein massiver Rückgang des Sozialstaates einher und eine zunehmende Verunsicherung der Lebensverhältnisse durch alle Schichten durch. In Frankreich und Griechenland gehen regelmäßig tausende Menschen auf die Straße und zeigen ihren Protest – sie kämpfen gegen die kapitalistischen Angriffe auf soziale Errungenschaften. Das bei uns solche Proteste eher die Ausnahme – wie bei den Harz-IV Protesten – sind, liegt an der wirtschaftlichen Stärke und der deutschen Hegemonie in Europa. Trotzdem ist es in Zeiten, wo Nazis Jagd auf Migrant_innen machen, wie am Wochenende in Chemnitz, einfach nur eine Farce und hat menschenverachtende Züge, wenn von einem sozialen Frieden geredet wird, der nicht mehr vorhanden ist. Die Konfliktlinie hat sich jedoch von (linken) klassenkämpferischen Auseinandersetzungen zunehmend in (rechte) rassistische und chauvinistische Kämpfe gewandelt, und das auch nicht erst seit gestern.
Das Besondere an der Thematik
Der globalisierte Kapitalismus geht mit der Schwächung von nationalstaatlicher Souveränität einher. Die Ursachen für wirtschaftliche Veränderungen und die daraus folgenden Handlungsanforderungen an Unternehmen liegen außerhalb des staatlichen Einflusses. Sprich der Staat kann nicht mehr im Rahmen seiner Zugriffsmöglichkeiten die wirtschaftlichen Verhältnisse im Land voll und ganz beeinflussen. Die ökonomische Souveränität geht also verloren. Dies ist nicht abzuwenden, ohne sich von der Weltwirtschaft abzuwenden und so stark bei der eigenen Wirtschaftsleistung einzubüßen – siehe USA. Weltweit antworten rechte, autoritäre Strömungen mit der Forderung nach Stärkung der Nationalstaaten als Gegenstrategie. Vor allem durch Betonung und Bekräftigung der kulturellen Souveränität. Es entsteht ein Kulturnationalismus, der „typische“ Werte und Heimat in den Mittelpunkt rückt und gegen Bedrohungen aller Art verteidigen will. So befeuern Parteien wie die AfD auch rechte Hetzjagden auf den Straßen.
Das Aufgreifen der „sozialen Frage“ kann als Versuch gesehen werden, den Nationalstaat auf einer neuen Ebene zu stärken. Dafür braucht die AfD einen Einfluss auf die ökonomische Basis – sprich einen Einfluss auf die Arbeitnehmenden.
Gewerkschaftsarbeit von rechts
In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Arbeitnehmer_innenvertretungen mit AfD-Nähe gebildet. „Arbeitnehmer in der AfD“ (AidA), „Alternative öffentlicher Dienst“, „Alternative Vereinigung der Arbeitnehmer“ (AVA) und „Alternative Arbeitnehmerverband Mitteldeutschland“ (Alarm) sind einige, bei den die Nähe sich klar im Namen wieder findet. Anders ist es bei „Zentrum Automobil“. Die Liste ist – wie im Name deutlich wird – in verschiedenen Automobilbetrieben vertreten. Gründer und derzeitiger Vorsitzender der Liste „Zentrum Automobil“ ist Oliver Hilburger, der auch als Redner bei der Konferenz geladen ist. Bevor er sich mit Gewerkschaftsarbeit beschäftigte, spielte er 20 Jahre in der Blood&Honour-Band „Noie Werte“, betrieb das Blood&Honour-Label „German British Friendship“ und hatte eine gute Freundschaft zum NSU-Unterstützer Jan Werner. Seine Vernetzung in die Nazis-Szene nutzt er auch heute noch, um die Liste „Zentrum Automobil“ mit NPD-Funktionären, Nazi-Kadern, Konzertorganisatoren und anderen Nazis zu füllen. (ausführlicher Artikel dazu im aktuellen Antifa-Infoblatt: AIB 119)
Als rechter Gewerkschafter wird er über Strategien in den Betrieben reden. Dass dies wichtig für die AfD und ihre Gewerkschaftsarbeit ist, zeigt ein Zitat von Jürgen Elsässer auf der 7. „Compact“-Konferenz: „Alle Räder stehen still, wenn der blaue Arm es will“. Elsässer als weiterer Redner wird über die von Sahra Wagenknecht gegründete Sammelbewegung „Aufstehen“ referieren. Er ist Chefredakteur des rechten und verschwörungstheoretischen „Compact-Magazins“, welches mittlerweile auch als Partei-Organ der AfD gehandelt wird. Elsässer und Hilburger sind die einzigen Redner, die keine AfD-Abgeordneten sind.
Weitere Redende
Mit Oliver Hilbuger wird einem offen bekennendem Neonazi in einem kommunalen Gebäude eine Bühne geboten. Doch er ist nicht der einzige mit einer strammen rechten Vergangenheit. Erst in diesem Jahr wurde bekannt, dass der geladene Redner Andreas Kalbitz – Landtagsabgeordneter aus Brandenburg und Landesvorsitzender – 2007 an einem Camp der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ teilnahm. Nicht nur der Name erinnert an die NS – Hitlerjugend. In den Camps werden Kinder und Jugendliche mit militärischem Drill und ideologischer Schule zu politischen Soldaten erzogen: Hilter-Verehrung, Rassenkunde stehen wie NS-Brauchtum auf dem Lehrplan. Darüber hinaus beschäftigte Kalbitz lange Zeit wissentlich den Cottbuser Neonazi Alexander Salomon zur Bewältigung seiner Mandatsaufgaben.
Auch Martin Reichardt – MdB aus Sachsen-Anhalt – beschäftigt mindestens eine Person aus dem rechten Spektrum. Außerdem hat seine Mitarbeiterin Christina A. bereits für das „Compact-Magazin geschrieben“. Ebenfalls aus dem stramm rechten Flügel der Partei ist André Poggenburg geladen, der über seine „nationalkonservative“ Haltung in Funktion als Vorsitzender der AfD Sachsen-Anhalt maßgeblich die Politik des Landesverbandes in diese Richtung trieb. Im März diesen Jahres kündigte er auf Druck seiner eigenen Fraktion seinen Rücktritt von seinen Parteiämtern an. Vorausgegangen war seine Hetze gegen vermeintliche Türken auf dem politischen Aschermittwoch der AfD, als er von „Kümmelhändlern“ und „Kameltreibern“ sprach.
Die einzigen beiden Rednerinnen sind Corinna Miazga, MdB aus Bayern und Jessica Bießmann, MdA aus Berlin. Miazga warb im Bundestagswahlkampf für sich mit ihrem Engagement gegen geplante Unterkünfte für Geflüchtete. Zusätzlich war sie am Entwurf für das geplante Grundsatzprogramm der AfD beteiligt, in dem ein generelles Moscheeverbot gefordert wurde. Über Bießmann ist bisher wenig bekannt. Seit 2016 sitzt sie im Berliner Abgeordnetenhaus, für den Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf.
Die Liste der Redner und Rednerinnen zeigt, dass es sich hier um den ultra rechten Flügel der AfD handelt. Der Schulterschluss von Neonazis und AfD wird hier sehr deutlich, wobei die Grenze zwischen beiden schwierig zu ziehen ist.
Der Orga-Kreis und die AfD in MOL
Dass dieser Schulterschluss nicht zufällig ist, lässt sich leicht bei Betrachtung des Kreisverbandes Märkisch-Oderland und damit dem Organisationskreis zeigen.
Die AfD-MOL hat nach der Landtagswahl 2014 zwei Abgeordnete nach Potsdam geschickt. Christina Schade und Franz Josef Wiese. Christina Schade betreibt in Hoppegarten in der Mahlsdorfer Straße 61 ihr Wahlkreisbüro. Sie wird bei der Konferenz die Moderation übernehmen. In Potsdam scheint sie sich die Zeit mit allerlei kleiner Anfragen quer durch alle Themenbereiche zu vertreiben. Franz Josef Wiese betreibt sein Büro in Seelow in der Berliner Straße 4. Dem Büro ist noch ein Medienbüro angeschlossen, das sich um Imagefilme kümmert. Hier liegt eine maßgebliche Infrastruktureinrichtung der AfD im Kreis. Herr Wiese ist außerdem Hauptinitiator und ‑organisator der „Merkel-muss-weg-Mittwochs-Mahnwachen“ vor dem Kanzleramt in Berlin. „Prominente“ Gäste waren hierbei schon Gauland und Höcke. Hilfe bekam er dabei von anderen AfD-Mitgliedern im Kreis.
Mit den Kreistagswahlen 2014 hat die AfD drei Sitze im Kreistag bekommen. Detlev Frye, Rainer-Ralf Schulz und Winfried Dreger sind damals für die AfD eingezogen. Dreger ist 2016 aus der Partei ausgetreten und hat versucht zur FDP zu wechseln und sitzt seitdem fraktionslos im Kreistag. Winfried steht exemplarisch für die Entwicklung im Kreis: Mit Gründung der AfD haben sich auch hier schnell Aktive und Mitglieder gefunden. Einen Großteil waren aber eher dem liberal-konservativen Flügel um den ehemaligen Parteichef Bernd Lucke zu zurechnen. Nach der Parteispaltung um Lucke ist es um viele AfDler der ersten Stunde im Kreis ruhig geworden — abgesehen von Wiese und Schade, die bis heute dabei sind. Erst in den letzten 2–3 Jahren ist eine deutliche Zunahme von Aktivitäten und eine mehr rechte und rassistische Agitation im Kreis entstanden.
Maßgeblich mit verantwortlich dafür ist Lars Günther, dem wir aufgrund seiner Relevanz noch einen eigenen Abschnitt widmen.
Detlev Frye war übrigens eine gewisse Zeit Landespressesprecher und beteiligte sich in der Vergangenheit an rechten Kundgebungen und Demonstrationen im Kreis (siehe auch Artikel „Braunes Wochenende in Brandenburg“ auf Inforiot). Zudem kandidierte er als Bürgermeister in Lebus, wo er 11% der Stimmen bekam. Zuvor war er jedoch zwei Monate Bürgermeister, da der alte Bürgermeister sein Amt nicht mehr beziehen konnte. Unter Zustimmung von Linke und CDU bestritt er das Amt bis zur Wahl.
Eine weitere relevante Person im Kreis ist Andreas Schuffenhauer aus Buckow. Der gelernte Zimmermann war Bundestagskandidat bei der Wahl und maßgebliche Person im Wahlkampf. Seine Haltung und Einstellung gibt am besten ein Zitat aus seinem Wahlkampftagebuch wieder: „Zuerst und grundlegend muss die gesetzeswidrige Politik der unkontrollierten Flutung durch kulturfremde und kulturzerstörende Massen gestoppt werden“. Der Hauch von NS-Sprech im Zitat ist sicher kein Zufall. Migration war eines der zentralen Themen in seinem Wahlkampf.
Ist nicht gerade Wahlkampf, wo die AfD massenhaft Infostände, Touren und Plakatierungen durchführte, widmet sich die Kreisstruktur der Durchführung von sogenannten „Stammtischen“. Bei diesen öffentlichen Treffen finden „Bürgergespräche“ und Vorträge statt. Thematisch geht es vorrangig um AfD-Politik auf anderen Ebenen, wofür auch Abgeordnete eingeladen werden, um allgemeine Themenkomplexe der AfD wie bspw. Sicherheit oder um aktuelle und relevante, lokale Probleme aufzugreifen. Als Orte fungieren in der Regel Gaststätten. Die Stammtische dienen dem Suggerieren von Bürgernähe und der Selbstinszenierung der AfD als Helfer und Kümmerer. Die Stammtische finden mittlerweile im ganzen Kreis statt. Noch vor einigen Jahren bildete der Berliner Speckgürtel das Hauptfeld z.b.: Neuenhagen, Fredersdorf (im „Hotel Flora“) oder Altlandsberg („Samos Restaurant“). Mittlerweile hat sich das Aktionsgebiet mehr in den Osten des Kreises verlagert. Diese Entwicklung geht mit der oben genannten Entwicklung um die Abspaltung des liberal-konservativen Flügel und der Etablierung des rechten Flügels auf allen Ebenen einher. Die Verlagerung in den Osten des Kreises speist sich auch über die größeren Wahlerfolge in der polnischen Grenzregion zur Bundestagswahl. Im Kreisdurchschnitt lag die Partei in MOL bei etwas über 20%. In den Wahlkreisen im Osten erhielt die AfD 3–5% mehr Stimmen als in der Nähe von Berlin — Hochburg war Wriezen mit 27,1%. Heute finden regelmäßig Stammtische, d.h. monatlich in Strausberg (früher im Restaurant „Zur Fähre“ mittlerweile im „Zum alten Steuerhaus“), in Müncheberg („Weinkeller“) und in Hönow („Hotel Landhaus Hönow“) statt. Zusätzlich gibt es in Bad Freienwalde und Wriezen unregelmäßig Stammtische. Für Strausberg ist Rainer Thiel für die Organisation und Kontinuität verantwortlich. Dem auch mal mit Reichskriegsflagge posierenden Thiel ist auch die Gründung des Ortsverbandes Strausberg in diesem Jahr zu zuschreiben. Auch in Wriezen hat sich erst dieses Jahr im April ein Ortsverband gegründet. Ein Großevent, welche die AfD in der Vergangenheit organisierte, war ein Vortrag von Frauke Petry im Oktober 2015 auch im Bürgerhaus Neuenhagen.
Zu Lars Günther
Der schon genannte Günther kommt ursprünglich aus dem Oderbruch, ist nach eigenen Angaben dort ausgewachsen und zur Schule gegangen. Er hat lange Zeit in Berlin gelebt, wo er sich stramm rechts politisierte. Er übernahm 2014 die Organisation und Anmeldung der „Friedensmahnwachen“ in Berlin. Die zur Zeit der „Ukraine-Krise“ regelmäßig stattfindenden Mahnwachen waren ein Sammelbecken für Verschwörungstheoretiker_innen und Nazis. Vereinigt hat sich ihr Antiamerikanismus sowie ihr antisemitisch konnotiertes Denken. Immer wieder gab es Reden über fremde Mächte, die die Welt steuern, der vermeintlich unsouveränen „BRD-GmbH“ oder „Chemtrails“. Neben Sebastian Schmidtke (NPD Berlin) haben auch Jürgen Elsässer und Xavier Naidoo immer wieder Reden gehalten. Zu beiden hat Günther spätestens dort Kontakte und Freundschaften aufgebaut. Günther und Elsässer sind immer wieder gemeinsam auf Fotos zu sehen, stets in freundschaftlicher Pose. Darüber hinaus dient Günthers Facebook-Seite als Reproduktionsmedium für alle möglichen Inhalte des rechten „Compact-Magazins“. Auch sind sämtliche von Günther organisierten Veranstaltungen mit „Compact“-Postern bestückt. Eine Zusammenarbeit findet aber auch auf anderer Ebene statt: Günther schreibt mindestens Online-Artikel für das „Compact-Magazin“, z.B. über die richtige Anmeldung und Organisation von Demonstrationen (Artikel: Eine kleine Nachlese zum Frauenmarsch in Berlin“ — „Compact Online“).
2016 war er zudem Gast bei der „Compact“-Konferenz und der verschwörungstheoretischen „Bilderberger-Konferenz“ in Dresden. Auch ist er seit 2016 Mitunterstützer der von Wiese organisierten Mittwochs-Mahnwachen vor dem Kanzleramt (siehe oben).
Mit der Organisation von Kundgebungen ist er bestens vertraut: immer wieder trat er in dieser Funktion in Berlin auf, zuletzt bei der rechten Frauendemo im Februar diesen Jahres. Seit 2015 hat er sein Hauptagitationsfeld jedoch wieder nach Ostbrandenburg verlagert. Im Herbst 2015 organisierte er zusammen mit Robert Gebhardt (Kreisverband die Rechte, Kreistagsabgeordneter, Kader der „Kameradschaft Märkisch-Oder-Barnim“ — KMOB, zur Zeit gibt er mit seiner Beteiligung in Chemnitz) drei Kundgebungen in Bad Freienwalde und Wriezen. Unter dem Motto „Ostbrandenburg erwacht“ kamen am 31. Oktober 270 Menschen in Bad Freienwalde zusammen. Diese Kundgebungen bildet einen Anlaufpunkt für rechte aller couleur aus der Region: Nazis aus der Kameradschaftsszene und dem Rechtsrock, Identitäre und „besorgte Bürger“. Charakteristisch ist das Überparteiliche: Günther (AfD) hielt neben Manuela Kokott, Klaus Beier und Andrew Stelter (alle NPD) eine Rede. Die Ordnerstruktur übernahmen Nazis auf dem Umfeld der verbotenen Berliner Kameradschaft „Frontbann 24“ um Ronny und Gesine Schrader.
Auch am 12. Dezember 2015 organisierte Günther – vermutlich auch wieder in Zusammenarbeit mit Gebhardt – eine Demo in Strausberg unter dem Motto „Berlin und Brandenburg erwacht“. Anlass war eine geplante Erstaufnahmeeinrichtung in Strausberg Vorstadt. Im gleichen Zeitraum lief übrigens der Brandenburger PEGIDA-Ableger alle zwei Wochen durch die Strausberger Altstadt. Auch am 12. Dezember wurde wieder überparteilich und über alle Spektren der Rechten hinweg mobilisiert. Berliner „Autonome Nationalisten“ um Tim Wendt und Oliver Oeltze waren genauso vertreten, wie die alte Strausberger Kameradschafsszene. Dieser kam eine besondere Aufgabe zu: sie stellte mit Björn Zander den Fahrer für den Lautsprecherwagen und übernahm die erste Reihe der Demo am Fronttransparent. Der seit den 90er aktive, wegen Mord verurteile Neonazis Rene Berger lief neben anderen Mitgliedern der ANSDAPO (2005 verbotene Strausberger Neonazikameradschaft) in der ersten Reihe. Dies zeigt zum einen, dass die ANSDAPO-Nazis weiter aktiv sind – zum Teil als Bruderschaft „AO Strausberg“. Zum anderen macht es den Schulterschluss deutlich, den Günther immer wieder mit Nazis, sei es von der NPD, die Rechte oder Kameradschaften, sucht. Als Organisator bietet er allen, die allein keine Organisation von öffentlichen Veranstaltungen übernehmen können oder wollen, eine Plattform. Der Schulterschluss dient der Machtdemonstration. Die Inszenierung als Viele, die alle das selbe wollen, und die Bündelung der Kräfte sind Günthers Ziel. Zuletzt versuchte er dies übrigens am letzten Sonntag, dem 26. August in Eberswalde mit einer Kundgebung. Auch hier sammelten sich sämtliche Rechte. Mitorganisator war hier einer der führenden Köpfe der Identitären-Bewegung Berlin-Brandenburg Jannik Brämer.
Der 1. September
Lars Günthers Erfahrung in der Organisation solcher Events lässt auf ihn als Hauptorganisator und ‑initiator schließen. Zudem ist davon auszugehen, dass er die nötigen Kontakte unterhält. Der Rest der Kreisstruktur wird entsprechend ihrer Fähigkeiten oder Nicht-Fähigkeiten zuarbeiten. Die Konferenz ist auch in den Kontext der im nächsten Jahr anstehenden Europa‑, Landtags- und Kreistagswahlen zu setzen. Wir rufen alle auf sich an der Demo am 1. September gegen die AfD-Konferenz zu beteiligen. Start ist 9.30 Uhr am S‑Bahnhof Neuenhagen. Setzt ein Zeichen gegen den Versuch der AfD, Gewerkschaftsarbeit von rechts zu etablieren. Kämpft für eine gutes Leben für alle Menschen, für eine Perspektive jenseits von Kapitalismus und nicht für eine beschränkte nationalstaatliche Stärke. Gegen die Nazis, die im Bürgerhaus eine Bühne bekommen und gegen die Nazis die sich nun AfD nennen.
Wir unterstützen den Aufruf der „Kein Raum für rechte Hetze“ Demo!
Kommt alle!
Vom 1. bis 8. September 2018 organisiert ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Einzelpersonen die „Aktionswoche für ein weltoffenes Werder“. Damit setzt sie ein Zeichen für eine offene und solidarische Stadt und Gesellschaft und gegen Rassismus, Hass und Ausgrenzung.
Mit einer Filmreihe, Theateraufführungen, einer Ausstellung, Workshops mit Schülerinnen und Schülern, einem Bürgerdialog und zahlreichen weiteren Formaten setzen sich die Veranstaltungen mit den Themen Weltoffenheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechten auseinander.
Höhepunkt der Woche ist das Konzert für ein weltoffenes Werder am 8. September mit lokalen und internationalen Bands und einem vielfältigen inhaltlichen und künstlerischen Begleitprogramm.
Weitere Informationen und das ausführlichere Programm für die Aktionswoche finden sich unter www.weltoffenes-werder.de
Am 11.08.2018 hatte der Landesverband der Jungen Alternativen Brandenburg zum Grillen in den Volkspark Potsdam eingeladen. Der Geschichtslehrer (!) Dennis Hohloch nutze die Veranstaltung auch, um Werbung für seine Kandidatur als Oberbürgermeister zu machen. Er tauschte sich unter anderem mit dem Stadtbekannten Neonazi Dustin Schlemminger aus [1].
Schlemminger ist seit mehr als 10 Jahren in der Potsdamer Neonazisszene aktiv [2]. Sein politischer Werdegang ist eng verbunden mit dem Jugendclub Fahrland. Hier trat er zusammen mit anderen Neonazis als „Aktionsgruppe Potsdam Nord” (AGPN) in Erscheinung [3]. Die AGPN zeigte sich damals vor allem aktionistisch mit dem Ziel, eine “National befreite Zone” zu errichten [3]. Schlemminger war dabei stets bemüht unerkannt zu bleiben. Doch seit einiger Zeit tritt er wieder öffentlich in Erscheinung. Bei einem Aufmarsch der rechten Gruppierung PoGIDA („Potsdamer gegen die Islamisierung des Abendlandes”) im April 2016 zeigte er sich zusammen mit Nick Zschirnt und anderen Neonazis. Im Februar 2017 besuchte er gemeinsam mit Vertreter*innen der Identitären Bewegung (IB) eine Veranstaltung in der Landeszentrale für politische Bildung zum Thema IB [5]. Menschenverachtende und rassistische Propaganda verbreitete Schlemminger unter dem Label „Asylhütte in Potsdam? Kannste knicken” und mit der Neonazi-Gruppierung “Freies Potsdam” [6].
Trotz ständiger Relativierung, Verharmlosung und halberherziger Distanzierung wird hier zum wiederholten Male die inhaltliche und praktische Nähe der AfD zu bekennenden Neonazis offensichtlich. Die Partei von Wehrmachts-Gauland, Revisionisten-Höcke, dem Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz (seine Vita spricht für sich) oder auch dem lokalen AfD/PoGIDA Mitläufer Herbert Heider ist auch hier in Potsdam anschlussfähig an den harten Kern der Kameradschaftsnazis.
Da braucht niemand mehr behaupten nichts gewusst zu haben! Wer die AfD wählt oder sonstwie unterstützt, wählt und unterstützt damit eine rassistische Politik des völkischen Nationalismus! AfD, PoGIDA und Schlägernazis sind in auch Potsdam eine braune Suppe!
Quellen: [1] https://www.instagram.com/p/BmX6M6olxFC/?taken-by=ja_brandenburg (Stand 15.08.18, siehe Bild 1)
[2] https://www.antifa-berlin.info/sites/def…back03.pdf
[3] http://arpu.blogsport.eu/2015/11/12/neon…n‑potsdam/
[4] https://www.youtube.com/watch?v=EptSjUNpzPo bei 4.55min
[5] https://www.e‑a-p.org/2017/02/skandal-in…ldung.html
[6] http://arpu.blogsport.eu/2018/05/04/aus-…t‑potsdam/
— Emanzipatorische Antifa Potsdam https://www.e‑a-p.org –
Keine Konferenz der „Alternative für Deutschland“ am 01.09. in Neuenhagen b. Berlin
Am 01. September veranstaltet der Kreisverband Märkisch-Oderland der Partei „Alternative für Deutschland“ im Bürgerhaus in 15366 Neuenhagen b. Berlin von 11 – 18 Uhr eine Tageskonferenz, mit anschließender Podiumsdiskussion, unter dem Titel „Der soziale Frieden Deutschlands in Gefahr“ — weitere Themen sind „Arbeit für Deutschland“ und „Offene Grenzen und der dadurch überlastete Sozialstaat“. Außerdem ist die Absicht erkennbar Gewerkschaftsarbeit von rechts zu diskutieren und zu etablieren. Als Hauptorganisator tritt Lars Günther auf, der netzwerkerische Funktionen übernimmt, in denen er Kontakte zu rechtsextremen Gruppen und Parteien, VerschwörungstheoretikerInnen und anderen nationalistischen Gruppierungen pflegt. Als Redner treten hierzu u.a. Andreas Kalbitz (MdL aus Brandenburg), André Poggenburg (Ex-MdL aus Sachsen-Anhalt), Jürgen Elsässer (COMPACT Magazin) und Oliver Hillburger (AfD nahe Gewerkschaften und Betriebsräte) auf. Das Bürgerhaus bietet Platz für 500 Personen, die zu erwarten sind, da die Agitatorenliste vordergründig den völkisch-nationalistischen Flügel ansprechen soll. Bei den Lanndtagswahlen 2014 erreichte die AfD rund 12% in Märkisch-Oderland und konnte zu den Bundestagswahlen 2017 nochmal eine deutliche Steigung auf rund 20% in Märkisch-Oderland und Barnim II erzielen.
Um ein widerständiges Zeichen dagegen zu setzen wird es am 01. September um 9:30 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz vom S‑Bahnhof Neuenhagen (bei Berlin) eine Demonstration in die Nähe des Veranstaltungsortes geben.
Kein Raum für rechte Hetze!
Achtet auf weitere Ankündigungen!
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Infoveranstaltungsreihe
Das ausgerechnet in Neuenhagen eine Konferenz der AfD stattfindet, wo das rechteste, was die AfD zu bieten hat, geladen ist, liegt nicht nur an der Nähe zu Berlin. Der Kreisverband Märkisch-Oderland hegt über Einzelpersonen gute Kontakte zur Landes- als auch zur Bundesebene der AfD. Schon in der Vergangenheit haben Mitglieder des Kreisverbandes mit Alexander Gauland oder Björn Höcke bei Kundgebungen und Demonstrationen zusammen gearbeitet. Mit Lars Günther – mutmaßlicher Hauptorganisator der Konferenz – ist ein seit Jahren aktiver und stramm rechter Netzwerker aktiv, der immer wieder den Schulterschluss zur extremen Rechten sucht.
Hier lohnt es sich genauer hin zu schauen: Wer steht hinter der Organisation und wie kommt eine solche Kombination aus Rassisten, Verschwörungstheoretikern und Nazis aus dem Blood&Honour Netzwerk als Redner zustande? Wie tief stecken die AfD-Politiker und Politikerinnen mit anderen Nazis unter einer Decke? Wir wollen euch einen Überblick über die Kreisstrukter der AfD, die Konferenz und die Gegenproteste am 1. September geben.
29. August um 19 Uhr im Horte – Peter-Göring-Straße 25 in 15344 Strausberg
30. August um 19 Uhr im Bürgerhaus Neuenhagen – Hauptstraße 2 in 15366 Neuenhagen
31. August um 19 Uhr in Müncheberg – Raum wird noch geklärt