Kategorien
Antifaschismus Gender & Sexualität

Grrrrl-Gangs against AfD

Die AfD macht Frauen zum Objekt, auf deren Rechte nur hingewiesen wird, wenn es der islam­feindlichen, völkischen und ras­sis­tis­chen Mei­n­ungs­mache dient. Im völkischen Fam­i­lien­bild der AfD ist die Frau vor allem Haus­frau und Mut­ter und zuständig für „die Schaf­fung neuer Deutscher“.

Das vorherrschende Ide­al der weißen Het­ero-Kle­in­fam­i­lie, in der die Rollen klar verteilt sind, geht mit ein­er gle­ichzeit­i­gen Abw­er­tung aller davon abwe­ichen­den For­men des Zusam­men­lebens ein­her und sta­bil­isiert patri­ar­chale Struk­turen. Diese begeg­nen uns dann im öffentlichen Raum: in der Wer­bung oder auf Wahlplakat­en als normierte Kör­p­er in klas­sis­chen Rol­len­bildern. Aber auch in direkt spür­baren Über­grif­f­en, Pöbeleien und dum­men Sprüchen auf der Straße.

Angelehnt an das Pro­jekt “Girl Gangs against street harass­ment” aus Mannheim wollen wir in Bran­den­burg eine Gegenöf­fentlichkeit schaf­fen und Posi­tio­nen gegen die AfD und andere rechte und recht­sex­treme Kräfte noch sicht­bar­er machen. Die Grrrl-Gangs sollen in öffentlichen Räu­men und Plätzen verklebt wer­den. Wir über­lassen Nazis, Mack­ern und Kon­ser­v­a­tiv­en nicht das Feld!

  

A4 | A3                  A4 | A3                            A4 | A3                          A4 | A3

Mith­il­fe der Sprech­blasen, kannst du deine Argu­mente gegen kon­ser­v­a­tive und rechte Kackscheisze mit in diesen Raum tra­gen und den Grrrl-Gangs eine Stimme geben.
Sprech­blasen: 1 | 2

Und jet­zt los­geschnip­pelt, gepuzzelt und rumgeklebt!

 

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Auswertung rechter Aktivitäten 2018 im Barnim

Wenn wir an das Jahr 2018 zurück­denken schweifen die Gedanken schnell in die Ferne – Chem­nitz und Köthen sind noch immer präsent, in Bran­den­burg denkt man eher an das ewige Prob­lemkind Cot­tbus als den Barn­im. In Hin­blick auf rechte Events fand im Barn­im tat­säch­lich wenig statt, eine Abkehr von rechter Straßen­poli­tik und Hege­moniebe­stre­bun­gen ist darin jedoch nicht zu sehen. Men­schen die nicht der neon­azis­tis­chen Ide­olo­gie entsprechen oder von rechts bis in die Mitte hinein als Verur­sach­er gesellschaftlich­er und wirtschaftlich­er Übel aus­gemacht wer­den erleben tagtäglich Belei­di­gun­gen, Anfein­dun­gen und Über­griffe. Diese Vor­fälle öffentlich zu machen, in den gesellschaftlichen und poli­tis­chen Kon­text einzuord­nen ist wichtiger Bestandteil antifaschis­tis­ch­er Arbeit. Nur so kann zwis­chen Jahren ver­glichen wer­den, nur so kann Bewiesen wer­den, dass wenig (extrem) rechte Struk­turen nicht auch wenig Über­griffe bedeutet. Die gle­ichzeit­ige Präsenz der recht­skon­ser­v­a­tiv bis völkischen-nationalen AfD durch „Minievents“ wie Stammtis­che und Infos­tände tut ihr übriges.

(Extrem) Rechte Ver­anstal­tun­gen 2018

Zur Unter­schei­dung wur­den die Ver­anstal­tun­gen in zwei Kat­e­gorien eingeteilt: „Demo/Kundgebungen/Infotische“ und „Stammtische/Bürgerdialoge/Info VA“. Während Erstere öffentliche Ver­anstal­tun­gen auf der Straße meint, bezieht sich Zweit­ere auf interne oder hal­böf­fentliche Ver­anstal­tun­gen, welche eher einen inter­nen (Bildungs-)Charakter besitzen.

In der ersten Kat­e­gorie fan­den ins­ge­samt sieben Ver­anstal­tun­gen 2018 im Barn­im statt. Drei waren Kundge­bun­gen auf dem Bahn­hofsvor­platz in Bernau, in allen Fällen organ­isiert von der AfD Bernau. Es wurde ver­sucht ein möglichst bre­ites Spek­trum anzus­prechen, was sich ins­beson­dere in der Ein­bindung bzw. Tolerierung des lokalen Ablegers der NPD Kam­pagne „Schafft Schutz­zo­nen“ auf den Kundge­bun­gen zeigt. Die „Schutz­zone Barn­im“ beste­ht um die bekan­nte Naz­i­clique um Andreas Rokohl, bei der AfD-Kundge­bung im Juli war er offizieller Fotograf, bei der im Sep­tem­ber machte die „Schutz­zone Barn­im“ einen Infotisch.

Eben­falls mit drei Ein­trä­gen Vertreten ist Eber­swalde, während im Juli ein AfD-Info­s­tand zur Dieselkam­pagne der Partei mit dem Land­tagsab­ge­ord­neten Christi­na Schade und Jan-Ulrich Weiß stat­tfand, trat im August ein in dieser Region völ­lig neuer Akteur auf den Plan. Lars Gün­ther von der AfD MOL und dem Com­pact-Mag­a­zin organ­isierte, unter­stützt von Christoph Berndt (Zukun­ft Heimat e.V. und AfD Cot­tbus) und Siegfried Däbritz (Pegi­da Dres­den), die erste Kundge­bung des Zusam­men­schlusses „Heimatliebe Bran­den­burg“ um Gün­ther. Anschließend zog die Kundge­bung noch als Demon­stra­tion zum Markt und zurück. Die Bühne betreute Jan­nik Brämers (Iden­titäre Bewe­gung Berlin/Brandenburg). Im Novem­ber fol­gte dann die zweite Auflage mit ein­er Kundge­bung am Markt und ein­er anschließen­den Demon­stra­tion, wieder mit Red­nern aus AfD, Zukun­ft Heimat und von Pegi­da Dresden.

Darüber hin­aus fand im Juni ein Info­tisch der AfD Pan­ke­tal auf der Schlen­der­meile Schönow­er Straße in Pan­ke­tal statt.

In der Kat­e­gorie „Stammtische/Bürgerdialoge/Info VA“ liegen ins­ge­samt 30 Ein­träge vor. Hier tun sich ins­beson­dere die AfD Ortsver­bände (OV) Ahrens­felde und Pan­ke­tal mit jew­eils 10 Ver­anstal­tun­gen her­vor. Es han­delte sich in der Regel um Stammtis­che oder Bürg­er­dialoge, in eini­gen Fällen mit Promi­nenz wie Andreas Kalb­itz, Jür­gen Pohl (MdB), Stef­fen John, Ley­la Bilge, Jörn König (MdB) und Daniel Frei­herr von Lüt­zow (stel­lv. Lan­desvor­sitz). Eben­falls zählen in diese Kat­e­gorie Organ­i­sa­tion­str­e­f­fen wie das Grün­dungstr­e­f­fen des OV Ahrens­felde oder die Vor­standswahl des OV Pan­ke­tal. Bei Let­zter­er war Jean-Pas­cal Hohm (ehem. AfD/JA, IB Berlin/Brandenburg) aus Cot­tbus Ver­samm­lungsleit­er. Im Mai und Juni wur­den die Ver­anstal­tun­gen in Pan­ke­tal noch von der Patri­o­tis­chen Vere­ini­gung Pan­ke­tal organ­isiert, welche von dem AfD OV mit bewor­ben wurde. Der im Novem­ber in Ahrens­felde ver­anstal­tete Bürg­er­dia­log „Bran­den­burg neu denken“ mit Andreas Kalb­itz, wurde laut Aus­sage der AfD Pan­ke­tal mit ein­er „großzügi­gen Spende“ des AfD OV Eber­swalde unter­stützt. Während in eini­gen Fällen durch die Organ­isatorIn­nen von 40 oder sog­ar 60 Teil­nehmenden gesprochen wird, sind auf den dazuge­höri­gen Fotos deut­lich weniger Per­so­n­en zu sehen.

Bei zwei AfD-Ver­anstal­tun­gen in Werneuchen han­delte es sich um Bürg­er­dialoge unter anderem mit René Springer (MdB). In Eber­swalde fand im Sep­tem­ber ein „Mit­glieder-Fam­i­lien­fest“ der AfD-Barn­im mit ange­blich 60 Teil­nehmenden statt. In Bernau fan­den ins­ge­samt 5 AfD-Ver­anstal­tun­gen statt, zwei davon mit René Springer (MdB), eine mit Den­nis Hohloch (Vor­sitzen­der JA-Bran­den­burg/Frak­tionsvor­sitzen­der Stadtverord­neter für AfD Pots­dam). Min­destens die Ver­anstal­tung mit Hohloch wurde durch den OV Pan­ke­tal organ­isiert. Im Sep­tem­ber organ­isierte die AfD Barn­im ein „Sem­i­nar für die poli­tis­chen Entschei­der und Akteure der AfD von mor­gen“ unter der Leitung von Daniel Frei­herr von Lüt­zow. Es nah­men ca. 20 Per­so­n­en teil.

Die NPD Barn­im bzw. ihr Kam­pagne „Schutz­zone Barn­im“ organ­isierte drei Ver­anstal­tun­gen. Zwei davon waren Stammtis­che, eine Ver­anstal­tung war eine Infover­anstal­tung mit Sebas­t­ian Schmid­ke (NPD Berlin/NW Berlin). Schmid­kes „Vor­trag über Selb­stschutz und Krisen­vor­sorge“ fol­gten ange­blich 25 Personen.

Pro­pa­gan­da

Durch die NPD Barn­im bzw. ihre Kam­pagne „Schutz­zone Barn­im“ sind 21 bekan­nte Aktio­nen der Kat­e­gorie „Pro­pa­gan­da“ bekan­nt. Hierzu wur­den Verteilak­tio­nen von Flug­blät­tern und Zeitun­gen, Plakatieren, „Streife“ laufen und interne Wan­derun­gen gezählt. All­ge­meines Ziel solch­er Aktio­nen ist Öffentlichkeit­sar­beit bzw. das Zeigen von Präsenz – auch wenn dies nur im Nach­hinein auf Bildern welche auf Face­book gestellt wer­den zu sehen ist. Beispiel­haft dafür sind die „Streifen“ der „Schutz­zone Barn­im“: zumeist fall­en diese als eigentliche Aktion nicht auf, es darf sog­ar bezweifelt wer­den, dass solche „Streifen“ aus mehr beste­hen als ein Foto zu machen. Im Jahr 2018 sind sechs solch­er Aktio­nen bekan­nt gewor­den. In sechs bekan­nten Fällen wur­den Fly­er von NPD und der „Schafft Schutzzonen“-Kampagne oder die NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme verteilt. Es wur­den zwei Wan­derun­gen (April und Okto­ber) durch den Barn­im ver­anstal­tet, welche durch ihre medi­ale Aufar­beitung als Pro­pa­gan­da-Aktio­nen ver­standen wer­den kön­nen. Darüber hin­aus sind zwei Plakatak­tio­nen der NPD bekan­nt gewor­den. Im Jan­u­ar und Juli wurde je eine Putza­k­tio­nen durchge­führt, zwei „Gedenkak­tio­nen“ im April und Novem­ber, sowie eine Aktion bei der das Deser­teur­denkmal in Bernau zum 20. Jahrestag am 12.10.18 ver­hüllt wurde.

Die neon­azis­tis­che Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ fiel mit zwei Pro­pa­gan­daak­tio­nen (Fly­er-/Plakatak­tion) auf, bei­de Male in Eberswalde.

Mit ins­ge­samt 3 Pro­pa­gan­daak­tio­nen gedachte die AfD Barn­im bzw. der OV Bernau den „Opfern des (DDR) Unrechtsstaats“, der „friedlichen Rev­o­lu­tion“ 1989 und dem „Volk­strauertag“. Darüber hin­aus hän­gen AktivistIn­nen der AfD Barn­im im Juli nach eige­nen Angaben 50 Plakate und verteilen über 2000 Flyer.

Darüber hin­aus wur­den Pro­pa­gan­dade­lik­te bekan­nt, welche sich keinen Struk­turen zuord­nen lassen. Zumeist han­delt es sich dabei um Delik­te im Bere­ich (vorüberge­hende) Sachbeschädi­gung, wie Stick­er verkleben, Schmier­ereien oder das Zerkratzen von Autos mit ver­fas­sungs­feindlichen Symbolen.

Angriffe

Im Jahr 2018 wur­den im Barn­im 12 kör­per­liche Angriffe von uns reg­istri­ert. Davon zwei Kör­per­ver­let­zun­gen in Bernau und eine in Biesen­thal, die restlichen in Eber­swalde, ein­schließlich drei gefährlichen Kör­per­ver­let­zun­gen und ein­er ver­sucht­en Kör­per­ver­let­zung. Hinzu kom­men drei Bedro­hun­gen (2 Eber­swalde, 1 Wan­dlitz) und 16 Belei­di­gun­gen. Die absolute Mehrzahl der Belei­di­gun­gen fand mit 10 Fällen in Eber­swalde statt.

Kein­er der bekan­nten Angriffe lassen sich ein­er (extrem) recht­en Ver­anstal­tung zuzuord­nen, d.h. während, vor oder nach auf dem Ver­samm­lungs­bere­ich oder dem Umfeld (An-/Abreise) passiert.

Die Polizei Bran­den­burg erfasste für 2018 neun Tat­en im Bere­ich „Poli­tisch motivierte Gewaltkrim­i­nal­ität ‑rechts-“, die Opfer­per­spek­tive e.V. erfasste 13 rechte Gewalt­tat­en. Unter­schiede sind, ins­beson­dere im Ver­gle­ich mit den Zahlen der Opfer­per­spek­tive, auf die zur Ver­fü­gung ste­hen­den Dat­en zu find­en. Die Opfer­per­spek­tive wird hier, gemäß ihrer Tätigkeit als Beratungsstelle Betrof­fen­er rechter Gewalt, durch den Aus­tausch mit Polizei und direk­ten Kon­takt mit Betrof­fe­nen eine genauere Sta­tis­tik führen kön­nen. Gle­ich­es gilt für die Polizei, wobei hier zu beacht­en ist, dass die Polizei nach „stren­geren“ Kri­te­rien ein­teilt und nicht alle Gewalt­tat­en von Betrof­fe­nen angezeigt werden.

Die Opfer­per­spek­tive reg­istri­erte einen leicht­en Anstieg im Ver­gle­ich zum Vor­jahr 2017, dort waren 11 rechte Gewalt­tat­en zu verze­ich­nen. Somit bleibt der leicht steigende Trend der Gewalt­tat­en beste­hen, welch­er im Jahr 2017 begann. Zuvor waren die Zahlen rechter Gewalt­tat­en seit dem Erfas­sungs­be­ginn 2002 der Opfer­per­spek­tive im ein­stel­li­gen Bere­ich zu finden.

Aus­blick

Aus den vor­liegen­den, naturgemäß unvoll­ständi­gen, Dat­en lassen sich einige Analy­sen der Entwick­lung und Prax­is von (extrem) recht­en Struk­turen und (Gewalt-) Delik­ten ableiten.

So hat sich nichts an dem seit Jahren abwick­el­nden Sink­flug der NPD geän­dert. Es fan­den keine öffentlichen Ver­anstal­tun­gen statt, stattdessen wer­den interne Ver­anstal­tun­gen und Aktio­nen in der Vor- und Nach­bere­itung öffentlich aus­geschlachtet. Ger­ade Ver­anstal­tun­gen wie Schu­lun­gen, welche einen hohen Stel­len­wert in der Kader­aus- und Struk­tur­bil­dung haben, wur­den nur in einem Fall bekan­nt – und in diesem Fall vorher öffentlich bewor­ben. Es kann davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass dies mehr aus der Per­spek­tive der Pressear­beit, als der Mit­glieder­rekru­tierung getan wurde. Die „Schafft Schutzzonen“-Kampagne der NPD, im Barn­im repräsen­tiert durch die „Schutz­zone Barn­im“ beste­hend aus dem Umfeld der NPD Barn­im und der Kam­er­ad­schaft „Barn­imer Fre­und­schaft“, kann als aktuell­ste Antwort auf Mit­glieder­schwund und nahezu kom­plette poli­tis­che Irrel­e­vanz ver­standen wer­den. Unter dem Vor­wand Bürg­er­wehren aufzubauen und zu bilden, welche die Sicher­heit Deutsch­er gewährleis­ten sollen, wird die Devise „Öffentlichkeit­sar­beit vor Aktion“ umge­set­zt. Um dies zu erre­ichen wird jede noch so kleine Aktion mit einem Foto doku­men­tiert und auf Face­book bewor­ben. Im Barn­im ist die NPD bei Ver­anstal­tun­gen nahezu nicht mehr wahrzunehmen, wenn doch dann als Teil­nehmer und nicht als Organ­isator. Dafür sind NPD Barn­im und die „Barn­imer Fre­und­schaft“ regelmäßig lan­des- und bun­desweit zu Neon­azievents unter­wegs. Mitunter in organ­isieren­der Funk­tion wie dem Fes­ti­val „Rock gegen Über­frem­dung III“ in Apol­da (Thürin­gen).

Die AfD tritt im Barn­im vor allem durch die Ortsver­bände Ahrens­felde und Pan­ke­tal in Erschei­n­ung, welche haupt­säch­lich hal­böf­fentliche Stammtis­che organ­isieren. Das Ver­anstal­ten von Stammtis­chen gehört zu einem grundle­gen­den Prinzip der Parteiar­beit „vor Ort“. Und lässt dadurch nicht nur ein Gemein­schafts­ge­fühl entste­hen, welch­es dur­chaus legit­imierende Wirkung hat, son­dern erschafft durch das Ein­laden und Auftreten von Parteikadern wie René Springer oder Andreas Kalb­itz die Illu­sion der bürg­er­na­hen Partei „des kleinen Mannes“. Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen wur­den hier nur in weni­gen Fällen organ­isiert. Bei diesen hat der aus MOL stam­mende und dort in der AfD organ­isierte Lars Gün­ther die Nase vorn. Mit seinem Bünd­nis Heimatliebe Bran­den­burg ver­anstal­tete er inner­halb von weniger als einem hal­ben Jahr zwei Kundge­bun­gen mit anschließen­der Demon­stra­tion in Eber­swalde, ein­er Stadt in der es keine nen­nenswerte AfD-Struk­tur gibt. Im Feb­ru­ar 2019 ver­anstal­tete Gün­ther das dritte Event in dieser Rei­he. Jedes Mal waren über­re­gion­al bekan­nte Kad­er von AfD, Zukun­ft Heimat und Pegi­da Dres­den als Red­ner­In­nen dabei. Stand Mai 2019 sind keine weit­eren Ankündi­gun­gen bekan­nt, es bleibt abzuwarten ob Gün­ther weit­er ver­sucht der­lei Ver­anstal­tun­gen in Eber­swalde zu etablieren.

Zu den recht­en Angrif­f­en lässt sich vor allem sagen, dass diese in keinem Zusam­men­hang mit beste­hen­den Struk­turen zu ste­hen scheinen. In der Stadt mit den meis­ten Vor­fällen, Eber­swalde, gibt es schlichtweg keine. Vielmehr han­delt es sich um Tat­en aus dem All­t­ag her­aus bzw. im All­t­ag stat­tfind­end. Mit Blick auf die „Ver­schiebung des Sag­baren“ und die „Radikalisierung der Mitte“, welche mit dem Aufkom­men der AfD immer deut­lich­er her­vor­trat­en, lassen sich diese Angriffe als Auswirkung von gesellschaftlich-poli­tis­chen Prozessen auf der Straße inter­pretieren. Wie diese Entwick­lung weit­erge­ht lässt sich kaum abschätzen. Mit einem plöt­zlichen Rück­gang kann allerd­ings nicht gerech­net werden.


Neben eige­nen Recherchen wurde auf fol­gende Pub­lika­tio­nen zurückgegriffen:

https://polizei.brandenburg.de/fm/32/Praesentation_PK_%20PMK_2018.pdf

https://www.opferperspektive.de/rechte-angriffe/statistik-brandenburg/statistik-rechter-gewalttaten-in-brandenburg

Kategorien
Antifaschismus Bildung & Kultur

Dreißig Jahre Widerstand

Im Mai 1989 erschien die erste Aus­gabe der antifaschis­tis­chen Zeitschrift »der rechte rand«.

Manch Name ist neu, die Gedanken aber nicht. Seit 30 Jahren berichtet »der rechte rand« alle zwei Monate über die extreme Rechte, informiert und analysiert. 30 Jahre, in denen die Redak­tion und die AutorIn­nen nie den Rand der Gesellschaft allein, son­dern auch deren »Mitte« kri­tisch skizzierten. Dem sich selb­st ent­las­ten­den Gerede der »Mitte«, keine Ressen­ti­ments zu pfle­gen, wurde früh wider­sprochen. Die aktuelle Debat­te um die Studie »Ver­lorene Mitte – Feind­selige Zustände« offen­bart die anhal­tende Abwehr der sich son­st so reflek­tiert geben­den »Mitte« der Gesellschaft.

In Deutsch­land – für dessen »Mitte« seit jeher nur das »Land der Dichter und Denker« ste­ht – darf nicht sein, was nicht sein soll. Spätestens seit der Fußball­welt­meis­ter­schaft in Deutsch­land 2006 weiß »die Welt« doch, wie läs­sig und offen die Far­ben der Nation geschwenkt wer­den kön­nen. Die vehe­mente Kri­tik an der Studie, nicht nur von den üblichen Verdächti­gen, kann auch als Gradmess­er der poli­tis­chen Atmo­sphäre betra­chtet wer­den. In den ver­gan­genen 30 Jahren hat die extreme Rechte – von parteipoli­tis­chen For­ma­tio­nen über metapoli­tis­che Pro­jek­te bis zu ter­ror­is­tis­chen Net­zw­erken – immer wieder das bun­de­spoli­tis­che Koor­di­naten­sys­tem nach rechts ver­schieben kön­nen – und löste damit auch unter­schiedliche Gegenini­tia­tiv­en aus.

Die Wahler­folge der Partei »Die Repub­likan­er« 1989 führten zur Grün­dung der Zeitschrift »der rechte rand«. Im Jan­u­ar des Jahres hat­te die Partei des früheren CSU- und SS-Mannes Franz Schön­hu­ber bei der Wahl des Abge­ord­neten­haus­es von Berlin 7,5 Prozent erre­icht und im Juni bei der Wahl des Europa­parla­ments 7 Prozent. Die Debat­te, in den dama­li­gen Artikeln der Zeitschrift zu diesem Erfolg, zeigt, dass die heuti­gen Abwehrmech­a­nis­men aus »der Mitte« damals ganz ähn­lich erfol­gten: Die Partei wurde anfänglich begrif­flich nicht klar ein­ge­ord­net, die Wäh­lerIn­nen ent­lastet. Der »Wut­bürg­er« war in den 1990er Jahren noch nicht erfun­den. Der Typ »PEGI­DA-Ver­ste­her«, der nur über alles reden, aber nichts klar benen­nen wolle, war aber schon wirkungsmächtig.

Die ersten Redak­tion­s­mit­glieder richteten das Mag­a­zin als ein nieder­säch­sis­ches Pro­jekt aus, das sie im Laufe der Zeit als nord­deutsches und später bun­desweites Peri­odikum etablierten. Von Anbe­ginn einte die poli­tisch äußerst het­ero­gene Redak­tion das Anliegen, ein Mag­a­zin von und für AntifaschistIn­nen zu sein. Eine Recherche der Zeitschrift, die später in Flugschriften oder Blog­beiträ­gen gegen Rechts aufge­grif­f­en wird, ist bis heute ein Erfolg der Arbeit. Antifaschis­tis­che Strate­giede­bat­ten griff die Redak­tion bewusst nicht auf. Die AutorIn­nen aus Wis­senschaft, Medi­en, Poli­tik und Zivilge­sellschaft sollen nicht durch solche Debat­ten genötigt wer­den, sich posi­tion­ieren zu müssen. Umso deut­lich­er hat sich »der rechte rand« im ana­lytis­chen Kon­text der recht­en Entwick­lun­gen posi­tion­iert. Die Maxime von Max Horkheimer: »Wer aber von Kap­i­tal­is­mus nicht reden will, sollte auch vom Faschis­mus schweigen« wurde in den 30 Jahren beibehal­ten – was bedeutet, die neolib­erale Umgestal­tung der Gesellschaft oder die dynamisierte Glob­al­isierung mit geringer poli­tis­ch­er Steuerung mitzu­denken. Dezi­diert antifaschis­tisch, dezi­diert links – in diesem Land »der Mörder und Henker« wird man da schnell nicht bloß von der extremen Recht­en angegriffen.

In den großen Medi­en war »Recht­sex­trem­is­mus« lange kein Gegen­stand großer Berichter­stat­tung. Einzelne Beiträge etwa in den öffentlich-rechtlichen Sendern waren die Aus­nahme. Die blind­en Flecke über die Net­zw­erke der extremen Recht­en wur­den nach­haltig gepflegt. Eine Über­spitzung? Für ein Eigen­lob? Nein. Die Bilder nach dem zufäl­li­gen Auf­fliegen des «Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grun­des« (NSU) von Uwe Mund­los, Uwe Böhn­hardt und Beate Zschäpe kamen nicht aus dem Archiv des »DER SPIEGEL« oder der ARD. Sie kamen aus antifaschis­tis­chen Recherch­enet­zw­erken, die auch das Mag­a­zin »der rechte rand« mittragen.

In den 1990er Jahren hielt kaum eine der großen Redak­tio­nen es für nötig, langfristig Entwick­lun­gen der »Alten« und »Neuen Recht­en« zu ver­fol­gen. Heute, wo Online- und Print-Medi­en nicht nur über die Radikalisierung der »Alter­na­tive für Deutsch­land« (AfD) laufend bericht­en, ist dies kaum mehr vorstell­bar. Doch auch der gesellschaftliche Druck gegen das rechte Milieu bewegt heute die Presse. Ein Wider­stand, der den beschle­u­nigten Recht­sruck der ver­gan­genen sechs Jahre kaum brem­sen kon­nte. Wer diese Ver­schiebung des Sag‑, Wähl- und Han­del­baren allein als Nieder­lage »der Linken« oder »des Antifaschis­mus« betra­chtet, mis­sachtet die Machtver­hält­nisse und die Diskursmächtigkeit.

»der rechte rand« hat »den Recht­en« – in mil­i­tan­ten Grup­pen, biederen Lesekreisen, eso­ter­ischen Zirkeln, poli­tis­chen Parteien, dem burschen­schaftlichen Milieu oder recht­en Öko-Ini­tia­tiv­en – in den ver­gan­genen 30 Jahren ihre Arbeit enorm erschw­ert. Wie sähe diese Gesellschaft ohne antifaschis­tis­chen Wider­stand aus? Die zahlre­ichen Home­sto­ries über einen neu-recht­en Ver­leger oder der Waldspazier­gang mit einem völkischen Nation­al­is­ten offen­baren die Notwendigkeit der Recherchen und Analy­sen des »Ran­des«. Die Fest­stel­lung ein­er »neuen« Bedro­hung durch rechte Mis­chszenen, die das »Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz« in diesen Tagen aus­machte, dürfte die LeserIn­nen dieser Zeitschrift nicht über­rascht haben.

Kategorien
Flucht & Migration

Aus der Jugendhilfeeinrichtung in den Abschiebecharter

Bei der let­zten Sam­me­lab­schiebung in die rus­sis­che Föder­a­tion vom Flughafen Leipzig/Halle am Don­ner­stag let­zter Woche haben bran­den­bur­gis­che Behör­den ele­mentare Rechte von Kindern mis­sachtet. Ein­er der betrof­fe­nen Jugendlichen wurde aus ein­er Ein­rich­tung der Jugend­hil­fe abgeschoben, bei ein­er anderen Fam­i­lie mussten die Eltern den Abschiebe­flug ohne ihre min­der­jähri­gen Kinder antreten.

Abschiebung aus ein­er Jugendhilfeeinrichtung 

Im Vor­feld der Abschiebung holte die Aus­län­der­be­hörde Cot­tbus einen 14-jähri­gen Jugendlichen aus ein­er sta­tionären Jugend­hil­feein­rich­tung. Er wurde gemein­sam mit sein­er allein­erziehen­den Mut­ter und seinem Brud­er abgeschoben. Dabei wurde der Antrag des 14-jähri­gen auf Erteilung ein­er Aufen­thalt­ser­laub­nis erst einen Tag vor der Abschiebung im Eil­tem­po abgelehnt. Selb­st die Fam­i­lie wusste noch nichts von der Ablehnung und hat­te in der Kürze der Zeit keine Gele­gen­heit, einen Anwalt zu kon­tak­tieren. Die Aus­län­der­be­hörde stützt sich in ihrer Ablehnung auf die Aus­führun­gen des Jugen­damtes, die ein Fortbeste­hen des Unter­stützungs­be­darfs begrün­de­ten. Die Fam­i­lie lebte zuvor seit sechs Jahren in Deutsch­land, die Schwest­er des Jugendlichen war in dieser Zeit an Krebs ver­stor­ben, der Jugendliche auf externe Unter­stützung angewiesen.

Neben erhe­blichen rechtlichen Bedenken an Durch­führung und Ver­fahren, blieb vol­lkom­men außen vor, dass solche Ein­sätze bei den betrof­fe­nen Jugendlichen Äng­ste aus­lösen und sie psy­chosozial desta­bil­isieren. Mit Sinn und Zweck der Jugend­hil­fe ist ein solch­es Vorge­hen unvereinbar.

Fam­i­lien­tren­nung

Am gle­ichen Tag holte die Aus­län­der­be­hörde Cot­tbus auch eine Fam­i­lie aus Sprem­berg für die Abschiebung ab. Zwei min­der­jährige Töchter, 13 und 15 Jahre alt, waren nicht zuhause. Die Behörde schob die Mut­ter, den Vater und die restlichen Kinder ohne die bei­den Mäd­chen ab. Dieses Vorge­hen, die Kinder von den Eltern zu tren­nen und sie dabei ihrem Schutz zu entziehen, ist klar rechtswidrig. Seit ein­er Woche sind die bei­den Mäd­chen sich selb­st über­lassen. Die zuständi­ge Aus­län­der­be­hörde hat auch im Nach­hinein nichts unter­nom­men, um den Schutz der bei­den Kinder zu gewährleisten.

Auch die Aus­län­der­be­hörde hat bei ihrem Han­deln das Wohl von Kindern vor­rangig sowie kor­re­lierende schutz- und sorg­erechtliche Verpflich­tun­gen zu acht­en. Das Vorge­hen bei der Sam­me­lab­schiebung der ver­gan­genen Woche zeigt dass einige Aus­län­der­be­hör­den wie die in Cot­tbus und das Innen­min­is­teri­um in ihrem Abschiebung­seifer wed­er die durch die Kinder­recht­skon­ven­tion vorgegebe­nen Pflicht­en noch den eige­nen Rück­führungser­lass beacht­en, der die Tren­nung Min­der­jähriger von bei­den Eltern­teilen durch eine Abschiebung aus­drück­lich untersagt.

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg und der Bun­des­fachver­band unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge fordern die mit dem Vol­lzug des Aus­län­der­rechts betraut­en Behör­den den rechtsstaatlichen Rah­men nicht zu ver­lassen und das Wohl von Kindern vor­rangig zu berück­sichti­gen statt sie um jeden Preis abzuschieben. Für die Jugend­hil­fe bedeutet dies partei­isch an der Seite der in ihrer Obhut befind­lichen Kinder und Jugendlichen zu ste­hen und gemein­sam mit den Kindern und Fam­i­lien nach Wegen zu suchen, die Per­spek­tiv­en ermöglichen statt im schlimm­sten Falle Erfül­lungs­ge­hil­fe der Aus­län­der­be­hörde zu werden.

Kategorien
(Anti-)Rassismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Aktionstag gegen Antisemitismus und Rassismus

Heute ist Anne Frank Tag! Am 12. Juni 2019, dem Geburt­stag von Anne Frank, engagierten sich auch zahlre­iche Schulen gegen Ras­sis­mus — Schulen für Courage, für eine demokratis­che Gesellschaft ohne Anti­semitismus und Ras­sis­mus. Ins­ge­samt nehmen heute 250 Schulen und 40000 Schüler*innen an dem deutsch­landweit­en Aktion­stag teil.

Mit dabei war auch die AGUS/Gadat Beru­fliche Schulen aus Neu­rup­pin. Wir als JWP-Mit­ten­Drin e.V. unter­stützen diesen Aktion­stag und set­zten gemein­sam ein Zeichen gegen Antisemitismus und Ras­sis­mus. So gedacht­en wir an Zwei Zen­tralen Orten, dem Schulplatz, sowie am Boll­w­erk. An dem Gedenken nah­men rund 50 Per­so­n­en Teil.

Hier ein paar Bilder:

Kategorien
Sonstiges

AntifRAKtour 2019 erfolgreich zu Ende

Bei der „Rotzfrechen Asphaltkul­tur“ (kurz RAK) han­delt es sich um ein Net­zw­erk aus anar­chis­tis­chen und linken Straßenkünstler*Innen, das seit den 1970er Jahren beste­ht und auf kreative Art und Weise poli­tis­che Inhalte in die Öffentlichkeit trägt. Die Vielfalt der RAK geht aus den unter­schiedlichen Hin­ter­grün­den der einzel­nen Mit­glieder hervor.

2018 gab es so eine Tour zum ersten Mal, damals durch Sach­sen und Sach­sen-Anhalt. Auf der diesjähri­gen Tour wur­den Greif­swald, Anklam, Use­dom, Dem­min, Wol­gast, Neubran­den­burg, Wittstock/Dosse, Schw­erin und Ros­tock besucht. Die Aktions­for­men reicht­en von Straßen-Per­for­mances über Kundge­bun­gen bis zu Club-Konz­erten und stießen auf viel pos­i­tive Res­o­nanz. Das Net­zw­erk will den öffentlichen Raum, auch in struk­turschwachen Regio­nen, nicht dem neurecht­en Gedankengut überlassen.

Diese Tour hätte ohne die zahlre­ichen Unter­stützen­den nicht stat­tfind­en kön­nen. Daher bedankt sich die RAK bei allen Beteiligten: Den Leuten, die bei der Crowd­fund­ing-Kam­pagne gespendet haben; den Men­schen, die uns als „Road­ies“ zur Seite standen; den Pro­jek­ten, die uns Unterkun­ft gewährt haben; der KüfA-Gruppe, die uns kuli­nar­isch ver­sorgt hat; dem Filmteam, das unsere Aktio­nen aufgeze­ich­net hat und eine Doku­men­ta­tion erstellen will; den Men­schen und Ini­tia­tiv­en, die die Ver­anstal­tun­gen und Kundge­bun­gen vor Ort organ­isiert haben; und zu guter Let­zt allen Men­schen, die zu unseren Aktio­nen und Konz­erten gekom­men sind. Bleibt kämpferisch!

Diese Welt muss nicht bleiben, wie sie ist.

Kategorien
Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Erinnerungskultur und Rechtspopulismus

Kategorien
Klima & Umwelt

Rohdung #2 – Denke ich an Ökos in der Nacht…

Infos zu Rohdung – der Kolumne aus dem Dschun­gel gibt es hier.

Im Mai 2019 läuft die Hochschule für nach­haltige Entwick­lung Eber­swalde (HNE), ein­schließlich der ökol­o­gis­chen Szene drumherum, zur Hochform auf, das N‑Wort wird über fünf Tage lang gefeiert. Mit den Nach­haltigkeit­sta­gen, welche dieses Jahr erst­ma­lig aus­gerichtet wer­den, sollen in mehr als 20 Ver­anstal­tun­gen die Facetten nach­haltiger Entwick­lung sicht­bar gemacht und disku­tiert wer­den. Nichts ungewöhn­lich­es an ein­er Hochschule welche sich der Nach­haltigkeit ver­schrieben hat. Wichtig zu ver­ste­hen ist, dass Nach­haltigkeit nicht im Sinne von Wirtschaftlichkeit gemeint ist. Vielmehr, den Nach­haltigkeits­grund­sätzen der HNE fol­gend, sei die “Funk­tion­stüchtigkeit des glob­alen Ökosys­tems die Vor­raus­set­zung für jeglich­es men­schliche Leben und Wirtschaften”.[1]  Dementsprechend sei vor allem diese Funk­tion­stüchtigkeit zu berück­sichti­gen und zu schützen. Aus diesem Dog­ma fol­gt, dass alles, ins­beson­dere Diskus­sio­nen, an der Hochschule einzig unter dem Cre­do der Nach­haltigkeit stat­tfindet. Zwar manch­mal belächelt, aber nie ern­sthaft kri­tisiert, ist der Begriff, weg von Diskus­sion und Entwick­lung, zum reinen Iden­ti­fika­tion­s­mo­ment verkom­men mit dem sich Stadt, Stud­is und Hochschule schmück­en. Wie im Baukas­ten eso­ter­isch­er Spin­nereien kann sich jede_r nehmen was zusagt und sich in der Igno­ranz der Real­ität vor eben dieser ver­steck­en und dabei wohlfühlen.

Für die HNE und über­wiegende Teile der Ökoszene gilt: Statt zu unter­suchen, wie und ob Nach­haltigkeit im sich drehen­den Karus­sell der Wider­sprüche von Naturschutz, Kli­maschutz, Wirtschaft und Wohl­stand Platz find­et, wird sie als grundle­gend und best­geeignet zur Gestal­tung ein­er ver­meintlich besseren Welt ange­se­hen. Nach Auf­fas­sung der HNE beste­ht die Ökonomie inner­halb sozialer Sys­teme bzw. der Gesellschaft, welche wiederum ihren Platz im glob­alen Ökosys­tem find­et. Zwar wird die wech­sel­seit­ige gegen­seit­ige Bee­in­flus­sung dieser drei Bestandteile zuge­s­tanden, prak­tisch jedoch nahezu ignori­ert. Wer Beispiele ver­langt, muss sich zwis­chen Nach­haltigkeitsvor­lesung und Green­pea­ce­plenum nur an der Men­sa vor­bei bewe­gen: Unter dem Pro­jekt der soge­nan­nten nach­halti­gen Men­sa, wird hier ver­sucht bio in und fleis­chhaltiges aus dem Speise­plan zu bekom­men. Gelieferte Ergeb­nisse sind mehr Bioessen zu deut­lich höherem Preis. Ver­fehlte Ergeb­nisse sind eine bessere Welt, weniger Tier­leid, ein gutes Leben und der Welt­frieden. Bio und veg­an wer­den zum rev­o­lu­tionären Werkzeug verklärt.

Kein Wun­der, wenn die Nach­haltigkeit als wichtig­stes Ziel und lap­i­dare Dinge, wie der prekäre Geld­beu­tel von Student_innen, soziale oder poli­tis­che Auseinan­der­set­zun­gen, höch­stens als Neben­wider­spruch wahrgenom­men wer­den. Warum kam es darauf nicht zu Auf­s­tand, Revolte und Plün­derun­gen der Men­satheke? Die ein­fache und zugle­ich trau­rige Antwort ist, dass die Hochschu­lange­höri­gen es selb­st so woll­ten. Denn in Eber­swalde gehört es zum guten Ton in der Krum­men Gurke (Region­al­laden) und dem Globus (Bio­laden) in masochis­tis­ch­er Manier zu viel Geld für grundle­gende Kon­sumgüter auszugeben, welch­es man sich zuvor durch Verzicht und dem 20. Recy­clen von son­st irgend­was zusam­menges­part hat. Man fährt auch nicht Auto oder fliegt in den Urlaub, zumin­d­est hat man ein ganz schlecht­es Gewis­sen dabei. Sonst hätte man im Wet­t­lauf um den kle­in­sten ökol­o­gis­chen Fußab­druck des Jahres schon im Jan­u­ar ver­loren. Der Selb­s­find­ungstrip nach Goa und das Yoga Retreat in Indi­en scheinen dann aber doch uner­lässliche Aus­nah­men zu sein. Nach­haltiger Kaf­fee, nach­haltige Schuhe, nach­haltiges Essen, nach­haltiges Leben, was nicht nach­haltig zu bekom­men ist, ist verzicht­bar. Wer am meis­ten „Han­dle nachhaltig“-Ratgeberlisten erfüllt und abends als Erste das Licht aus, oder gar nicht erst an macht, gewin­nt. Die Teil­nahme an Fri­days for Future Demon­stra­tio­nen ist, im Gegen­satz zu Ver­nun­ft, Voraus­set­zung.

Das Prob­lem an all diesen für sich irrel­e­van­ten indi­vidu­ellen Entschei­dun­gen ist deren Ide­ol­o­gisierung, welche diese Indi­vid­ua­lentschei­dun­gen ver­meintlich notwendig für eine ange­blich bessere Welt macht und sie damit ins kollek­tiv-poli­tis­che verz­er­rt. Dementsprechend fühlt sich als Kollek­tiv, wer im Sinne der Nach­haltigkeit für eine ver­meintlich bessere Welt „kämpft“. Nicht dazu gehört, wer sich diesem Ziel nicht ver­schreibt. Da aber jede_r etwas tun könne, gibt es keine Entschuldigung nicht Teil des Kollek­tivs zu sein. So gilt es diejenigen zu mis­sion­ieren, welche noch nicht im Sinne der Nach­haltigkeit gebildet sind und in Feind­schaft gegenüber jenen zu leben, die ein­er Zuge­hörigkeit zum Kollek­tiv wider­sprechen. Diese Feind­schaft äußert sich nicht in argu­men­ta­tiv­er Auseinan­der­set­zung, son­dern in einem sub­tilen Moral­ter­ror, dessen Aus­sage ein ums andere Mal „xyz ist aber nicht nachhaltig“ und dessen Funk­tion eine zer­mür­bende ist. Gemein­schaft bedeutet eben immer Auss­chluss derer, die nicht dazu gehören, die nach­haltige Volks­ge­mein­schaft ist geboren. Zwis­chen den Zuge­höri­gen ist jede Dif­ferenz aufge­hoben, das einzig wichtige ist das Engage­ment unter dem Dog­ma der Nach­haltigkeit. Kri­tis­che Diskus­sion weicht hier der Har­moniesucht. Zugle­ich find­et sich ein Eli­taris­mus in der Art und Weise sich möglichst voll­ständig der Nach­haltigkeit zu ver­schreiben. Die selb­ster­nan­nten change agents der HNE sollen die Nach­haltigkeit nach dem Studi­um in die Gesellschaft tra­gen und dort verankern.[2] Diese Zuge­hörigkeit dient zur Selb­stvergewis­serung, dass man auf der „richti­gen“ Seite von weiß und schwarz, hell und dunkel, gut und böse, Green­peaceEn­er­gy und RWE, ste­ht. Wichtiger als Auseinan­der­set­zung ist, sich wohl mit und bedeu­tend für die Entwick­lung unter dem Dog­ma der Nach­haltigkeit zu fühlen. Ker­stin Kräusche, Ref­er­entin für Nach­haltigkeit an der HNE, bringt das Mantra der Volks­ge­mein­schaft mit Biosiegel auf den Punkt:
Wenn viele Akteurin­nen und Akteure zusam­me­nar­beit­en und Ver­ant­wor­tung übernehmen, […], dann kann das klap­pen mit der Nachhaltigkeit“

Da wun­dert es auch nicht, dass eso­ter­ische Spin­nerei an der Hochschule Platz hat. Die HNE zeigt, wie prak­tisch Eso­terik im Bil­dungs­be­trieb sein kann, wenn das einzig wichtige Ziel die Nach­haltigkeit ist. Im Stu­di­en­gang Ökoland­bau und Ver­mark­tung wird in der Vor­lesung zu Tier­medi­zin Homöopathie propagiert. Die Hochschul­gruppe Gemein­sam Land­wirtschaften Eber­swalde bezieht ihre Gemüsek­isten von Höfen, die sich selb­st den Lehren des Anti­semiten und Ras­sis­ten Rudolf Stein­er zuord­nen. Und bei den Nach­haltigkeit­sta­gen der Hochschule gibt es einen Work­shop „Stille, Acht­samkeit und inner­er Wan­del im Kon­text der Trans­for­ma­tion“ in dem „Mith­il­fe von Kör­p­er- und Med­i­ta­tion­sübun­gen“ „gemein­sam Stille erfahren und neue Räume von Bewusst­sein“ erkun­det wer­den und „durch Meth­o­d­en der verkör­perten Ökolo­gie [sic!]“ gezeigt wer­den soll, „dass Verän­derung mit unser­er Hal­tung begin­nt“. Tiefenökolo­gie, die Men­schen zu rein emo­tionalen Natur­we­sen verkom­men lässt, find­et sich ganz selb­stver­ständlich in Diplo­mar­beit­en und in der Lehre, beispiel­sweise in einem Mod­ul zu Umwelt­bil­dung, wieder. Auch der recht­seso­ter­ischen Szene um die in den Anas­ta­sia-Büch­ern propagierten Fam­i­lien­land­sitze wird eine Bach­e­lo­rar­beit gewid­met: “Fam­i­lien­land­sitzsied­lun­gen als Nach­haltigkeit­skonzept”.

Gle­ich­es gilt für eine regres­sive, verkürzte und per­son­ifizierte, fol­glich also anti­semi­tis­che, Kap­i­tal­is­muskri­tik. Das Prob­lem sei nicht ein kap­i­tal­is­tis­ches Sys­tem im ganzen, gegen das deshalb auch nur ums Ganze gekämpft wer­den kann. Vielmehr seien Wach­s­tum, Kon­sum und Prof­itwille als Übeltäter auszu­machen und die Lösun­gen in bewusstem” Han­deln, in Form von Kon­sum bzw. Verzicht, Gemein­wohlökonomie und degrowth zu find­en. Das Sys­tem wird auf die Hand­lun­gen Einzel­ner, das kon­sum­ierende und das pro­duzierende Sub­jekt, reduziert und diese verant­wortlich gemacht. Damit ist die Grund­lage für die fol­gende Hex­en­jagd auf nicht-Zuge­hörige zur selb­ster­nan­nt nach­halti­gen und verzich­t­en­den Gemein­schaft geschaf­fen.

Es bleibt nur die Demon­tage und Denun­zi­a­tion der Nach­haltigkeit als die ide­ol­o­gis­che Idi­otie, die sie ist, und das Schnüren der Schuhe um der Hex­en­jagd zu entkommen.


[1] https://hnee.de/_obj/8BC45754-A5A8-47A9-A6BE-24BE804CFCAC/outline/Nachhaltigkeitsgrundsaetze-2016final.pdf
[2] ebenda

Kategorien
Antifaschismus Parlamentarismus Wohnen & Stadt

Stellungnahme des AJP 1260 e.V. zur AfD MOL

In einem kurzes State­ment zum Wahlkampf in Märkisch-Oder­land beschw­erte sich der Kreisver­band der AfD MOL kür­zlich über den im Kreis geführten Wahlkampf. Dabei wur­den auch wir als AJP 1260 e.V. beschuldigt, Plakate der AfD beschädigt zu haben und einen undemokratis­chen Wahlkampf geführt zu haben, ver­bun­den mit der Dro­hung uns die Finanzierun­gen in Form von Fördergeldern zu stre­ichen. Die nicht halt­baren Vor­würfe geben einen Vorgeschmack auf das, wom­it wir und andere emanzi­pa­torische Pro­jek­te in näch­ster Zeit von Seit­en der AfD rech­nen kön­nen. Vere­ine und Ehre­namtliche, die ver­schiedene Ange­bote und Orte schaf­fen, die Men­schen ihre Wirk­mächtigkeit in ein­er Gesellschaft klar machen und darüber Mitbes­tim­mung und poli­tis­che Teil­habe fördern, sind die Basis ein­er Gesellschaft. Unsere poli­tis­che Bil­dungs- und Kul­tur­ar­beit als undemokratisch und „poli­tikver­we­send“ zu beze­ich­nen, zeugt vom gerin­gen demokratis­chen Ver­ständ­nis des AfD Kreisver­ban­des. Auch wenn wir in kein­er­lei Form das uns unter­stellte durchge­führt haben, erk­lären wir uns den­noch sol­i­darisch mit den Men­schen, die die AfD nicht als demokratis­che Partei anerken­nen und gegen agieren. Ganz ein­fach aus fol­gen­den Gründen:

In ein­er plu­ral­is­tis­chen Demokratie, wie der in der wir leben, treten ver­schiedene Mei­n­un­gen auf. Die Mei­n­un­gen sind dur­chaus kon­trär und oft auch schw­er in einen Ein­klang zu brin­gen. Dies bedarf viel Zeit, Bere­itschaft anderen zu zuhören und auch Lust sich am poli­tis­chen Diskurs zu beteili­gen. Mit einem ständi­gen wet­tern gegen „die da oben“, jeglich­er Ver­weigerung an Anteil­nahme in Vere­inen, Gew­erkschaften oder anderen Inter­es­sen­grup­pen und alle, die nicht die eigene Mei­n­ung teilen als beschränkt zu beze­ich­nen ist jedoch keine Form die wir als demokratisch beze­ich­nen kön­nen, vielmehr ist dies demokratiefern. Hinzu kommt das auch in ein­er Demokratie nicht alles unter dem Label der Mei­n­ungs­frei­heit gesagt wer­den darf. Expliz­it demokratiefeindliche Posi­tio­nen müssen als diese benan­nt und gekennze­ich­net wer­den und dür­fen im demokratis­chen Diskurs auch nicht zuge­lassen wer­den. Recht­sex­treme Posi­tio­nen sind eben nicht Teil des demokratis­chen Plu­ral­is­mus und gehören damit auch bekämpft. Die AfD ver­tritt und äußert solche Posi­tio­nen aber stetig, wenn sie beispiel­sweise NS-Begriffe wie den der „Volks­ge­mein­schaft“ wieder salon­fähig machen will, offen anti­semi­tisch das Holo­caust-Denkmal in Berlin als „Mah­n­mal der Schande“ beze­ich­net oder Schießbe­fehle gegen Men­schen befür­wortet. Aber auch die Angriffe gegen zivilge­sellschaftliche Akteur_innen – wie von der AfD betrieben -, wenn sie eben nicht die eigene Mei­n­ung vertreten, sind undemokratisch.

Die 6 Dimen­sio­nen des Recht­sex­trem­is­mus (Anti­semitismus, Frem­den­feindlichkeit, Chau­vin­is­mus, Autoritäts­denken bzw. befür­worten von autoritären Regierungs­for­men, Ver­harm­lo­sung des Nation­al­sozial­is­mus und Sozial­dar­win­is­mus) find­en sich im Denken und Han­deln der AfD und viel­er Anhänger_innen wieder. Als link­er Vere­in wen­den wir uns klar dage­gen und lassen uns nicht von der AfD einschüchtern.

Eure nicht ganz so bil­dungs­fer­nen Pro­tag­o­nis­ten der poli­tis­chen Verwesung.

Inforiot