»Solidarität mit linker Basisarbeit in Kolumbien…«
Die politische Situation in Kolumbien verschlechterte sich in den vergangenen Jahren weiter. Knapp sechs Jahre, nachdem die linke Guerilla FARC-EP einen Friedensvertrag mit der kolumbianischen Regierung unterzeichnet und ihre Waffen abgegeben hat, wird der Friedensprozess weiter blockiert. Der ultrarechte kolumbianische Präsident Iván Duque hebelte in den vergangenen Jahren schrittweise viele Vereinbarungen der Friedensverträge von Havanna aus. Morde an Aktivist:innen, demobilisierten Ex-Guerillerxs und progressiven Politiker:innen sind nach wie vor an der Tagesordnung. Ein Teil der demobilisierten Guerillerxs nahm den bewaffneten Kampf wieder auf. Andere versuchen über Partei- oder Bewegungspolitik die Friedensverträge von Havanna zu retten.
Die Corona-Pandemie seit 2020 stieß die arbeitende Klasse hinab in existentielle Not und Hunger. Dennoch konnte Sie mit massiven Mobilisierungen in den vergangenen zwei Jahren mehrere neoliberale Gesetzesvorhaben der Regierung kippen. Im Jahr 2022 steht Kolumbien vor Präsidentschaftswahlen am 29. Mai. Mit dem Pacto Histórico verbinden weite Teile der kolumbianischen Linken die Hoffnung auf eine Rettung der Friedensverträge und ein Ende der neoliberalen Aggression gegen die werktätige Klasse.
Wie stellen sich diese Entwicklungen aus der Perspektive von linken Basisaktivist:innen vor Ort dar? RASH Bogotá entspringt ursprünglich der linken und antifaschistischen Skinheadkultur der 90er Jahre in der Hauptstadt. Heute umfasst die politische Arbeit der Aktivist:innen aber nicht nur sämtliche widerständige Subkulturen der Hauptstadt von Punk bis HipHop oder Ultra-Szene, sondern auch politische Arbeit an der Basis. So sind die Aktivist:innen in der Friedensbewegung, in sozialen Zentren, in linken Medienkollektiven, in der feministischen Bewegung und auch im Präsidentschaftswahlkampf für den Pacto Histórico aktiv.
Wie steht es aus Ihrer Sicht um den Friedensprozess und welche Rolle können die sozialen Bewegungen spielen? Vor welchen sozialen und ökologischen Problemen steht Kolumbien? Wie können international solidarische Netzwerke aufgebaut werden, um Solidarität zu üben? Was heißt kontrakulturelle Kulturpolitik? Was sind die Potentiale und Grenzen des Pacto Histórico?
Die Genoss*innen wollen mit ihrer Vortragsreise nicht nur einen Einblick ins politische Geschehen Kolumbiens geben. Sie sind auch daran interessiert, sich mit deutschen Genoss:innen, die für eine sozialistische und gegenkulturelle Politik stehen, in den politischen Austausch zu kommen.
Am Freitag, den 06. Mai 2022, um 15 Uhr vor der Polizeiwache in der Henning-von-Tresckow-Straße 09–13.
Am 2. Mai wurde in Mannheim ein Mann von der Polizei zu Tode geprügelt. Faustschläge ins Gesicht scheinen das Einmaleins zu sein in der Polizeiausbildung. In diesem Fall war es das Todesurteil für einen Mann, der – den Polizist:innen vor Ort bekannt – psychische Probleme hatte. Die brutale Festnahme machte ihn bewusstlos, dann verstarb er kurze Zeit später im Krankenhaus. Dass der Mann zudem eine Migrationsgeschichte hat, muss erwähnt werden. Die vielen rechtsextremen und rassistischen Umtriebe in der Polizei äußern sich nicht selten in Polizeigewalt auf der Straße.
Wir wollen uns nicht an Polizeigewalt gewöhnen. Das haben wir schon lange genug getan. Wir wollen keine Entschuldigung. Wir wollen kein Faseln von Einzelfällen, unglücklichen Umständen. Außerdem akzeptieren wir keinen Verweis auf vermeintliche “Gegenwehr” einer Person gegen eine Vielzahl von Polizist:innen! Nicht in Mannheim und nirgendwo! Uns ist klar: Kommt die Polizei, werden die Probleme größer. Trifft die Polizei auf psychisch kranke Menschen, mündet das nicht selten in Mord durch die Polizei. Die Polizei bedeutet keine Sicherheit, vor allem nicht für people of color oder nicht-deutsch gelesene Menschen. Die Polizei löst keine Probleme. Die Polizei ist Teil des Problems. Und jede:r einzelne Polizist:in vergrößert das Problem.
Und dabei ist dieses Problem noch viel zynischer: Die Polizei kostet einen Haufen Geld. Geld, was an den Stellen des sozialen Ausgleichs fehlt, der wirklich einen Beitrag zur Lösung von Problemen leisten könnte. Während tausende Polizist:innen in den brandenburgischen Behörden Kleinkriminelle und Drogendelikte verfolgen oder für brutale Festnahmen trainiert werden, sind bspw. gerade mal eine Handvoll Streetworker:innen für Potsdam zuständig.
Aber das Problem Polizei hat ebenso System. Wenn rassistische Gesetze und die kapitalistische Ausbeutung die Ungleichheit wachsen lassen, greift die Politik zur Polizei. Armutsbekämpfung bedeutet dann nicht, Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und gegen den kapitalistischen Wahn vorzugehen. Armutsbekämpfung mittels der Polizei bedeutet viel mehr Eskalation und der reale Kampf gegen Menschen. Die Polizist:innen nehmen als abgestumpfte, brutale und bezahlte Gewalttäter:innen das Leiden ihrer Opfer in Kauf — bis zum Tod, wie der schockierende Fall in Mannheim wiedermal zeigt.
In Potsdam soll vor dem Bürger*innenbüro der Außenministerin Annalena Baerbock eine Kundgebung abgehalten werden. Hierbei soll auch ein Offener Brief mit über 400 Unterschriften überreicht werden.
Die beiden freischaffenden Journalist*innen wurden am 20. April im Nordirak von Sicherheitskräften verhaftet und befinden sich, laut Angaben der Deutschen Botschaft, seit dem im Hauptquartier des irakischen Geheimdienstes in Bagdad.
„Die Zustände in irakischen Gefängnissen sind erschreckend, kein Mensch sollte auch nur einen Tag zu Unrecht in ihnen verbringen müssen”, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Mit der Festnahme dieser beiden engagierten jungen Medienschaffenden zeigen die irakischen Behörden, dass weder über die Situation der jesidischen Minderheit im Sindschar noch über die Aktionen der türkischen Streitkräfte in dieser Region etwas nach außen dringen soll. Wir fordern Bundesaußenministerium Annalena Baerbock dazu auf, sich für Marlene Förster und Matej Kavčič einzusetzen.”
Der Irak steht auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 163, hinter Ländern, wie der Türkei oder Russland.Sofort nach Bekanntwerden der Festnahme haben sich Freund*innen und Angehörige zusammengetan und auf verschiedenen Wegen versucht Öffentlichkeit für den Fall herzustellen und Kontakt zu den Inhaftierten zu erwirken. Erst am 28. April schaffte es die Vertretung der deutschen Botschaft im Irak ein erstes und bisher einziges persönliches Gespräch mit Marlene Förster zu erwirken.
Lydia Förster, die Mutter von Marlene dazu: “Ich hoffe so sehr, dass Marlene und Ihr Kollege bald freigelassen werden. Ich denke jede Minute an sie. Heute am Tag der Pressefreiheit ist es wichtig auf Marlenes und Matejs Schicksal aufmerksam zu machen und auch an all die anderen inhaftierten Journalist*innen, z.B. in der Türkei zu erinnern. Ich danke allen, die sich für meine Tochter und Matej in den letzten zwei Wochen eingesetzt haben. Ich bin sehr gerührt über die große Welle der Solidarität und hoffe dass meine Tochter und ihr Kollege wissen, dass sich soviele für sie einsetzen, das wird ihnen noch mehr Kraft geben. Ich rufe Euch auf, weiter für eine breite Öffentlichkeit zu sorgen und die Freilassung von Marlene und Matej zu fordern.”
“Ich kenne Marlene. Wo sie hinkommt, tritt sie in Beziehung zu den Menschen, die sie trifft. Sie hat Freund*innen in der ganzen Welt und diese Beziehungen sind lebendig. Wenn das Ziel der Inhaftierung war, die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit auf die Geschehnisse vor Ort zu schmälern, dann haben sie das Gegenteil erreicht.”, so Yannick Theiß aus Darmstadt und Teil der Initiative ‘Free Marlene And Matej‘
Am Sonntagabend startete die irakische Armee einen umfassenden Angriff auf die Autonomieverwaltung und die Sicherheitsstrukturen in Şengal, die nach dem Genozid im Jahre 2014 durch den IS aufgebaut wurden. „Diesen erneuten Angriff verurteilen wir und wir werden nicht wegschauen.”, schließt Yannick Theiß.
Orte und Zeiten der Kundgebungen:
• Berlin | 14 Uhr | vor dem Auswärtigen Amt (Werderscher Markt 1, 11013 Berlin)
• Frankfurt | 10 Uhr | vor dem irakischen Generalkonsulat (Westendstraße 12, 60325 Frankfurt am Main)
• Marburg | 17 Uhr | am Cineplex (Biegenstraße 1a, 35037 Marburg)
• Potsdam | 15 Uhr | vorm Bürger*innenbüro von Annalena Baerbock (Jägerstraße 18, 14467)
“Wir laden alle Südbrandenburger:innen herzlich dazu ein, sich an der 1. Mai – Demonstration für eine gerechte und soziale Gesellschaft und klimagerechte Zukunft zu beteiligen. Die derzeitigen Krisen verschärfen die soziale Situation vieler Menschen und stellen Gesellschaften vor große Herausforderungen, wie der Krieg in Europa, aber auch der Pflegenotstand in Deutschland zeigen. Diese Krisen dürfen nicht auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden. Dafür setzen wir uns ein.”, so Anne Broda, Sprecherin von #unteilbar-Südbrandenburg.
Der Demonstrationszug startet am Sonntag um 11 Uhr am Schillerplatz und führt über eine kurze Route durch die Innenstadt zum selben zurück. Auf der Demonstration wird es einen Klima-Block geben. Dazu sagt Rebekka Schwarzbach von der Umweltgruppe Cottbus: „Auch wir protestieren am 1. Mai, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen gegen die immer weiter voranschreitende Klimakatastrophe, die gerade hier in der Lausitz durch den Kohleabbau angeheizt wird. Die Klimakatastrophe ist nicht nur eine der häufigsten Fluchtursachen, sondern zerstört auch die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der die 1. Mai Demonstration mitorganisiert, betont die Wichtigkeit gewerkschaftlicher Arbeit für die Arbeitnehmer:innen in Krisensituation: “Die Corona-Krise und jetzt noch der Ukraine-Krieg, stellen unsere Wirtschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Dank unserer intensiven, gewerkschaftlichen Krisenpolitik konnten wir Beschäftigungsverluste und Arbeitslosigkeit gering halten. Aber nicht nur das: Wir haben erreicht, dass der Mindestlohn noch in diesem Jahr auf 12 Euro erhöht wird. Das nutzt Millionen Menschen im Land, die wir damit vor „Armut trotz Arbeit“ schützen. In der Zukunft kommt mit der Transformation der Wirtschaft noch eine weitere Baustelle dazu.”, sagt Marco Bedrich, Regionsgeschäftsführer des DGB Südbrandenburg/Lausitz.
Im Anschluss an die Demo findet im Schillerpark ein Maitreffen statt, bei dem u.a. der Cottbuser Kneipenchor auftritt und der Austausch und die Vernetzung der Akteur:innen im Mittelpunkt stehen.
Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland (BOrG) hat im Jahr 2021 insgesamt 230 rechte Vorfälle im Landkreis aufgenommen. Diese Vorfälle sind unterschiedlich hinsichtlich ihrer Schwere und reichen von Propaganda über Bedrohungen und Beleidigungen bis hin zu Angriffen. Auch hinsichtlich der inhaltlichen Kategorien, also der Motivation oder der betroffenen Gruppe, sind die Vorfälle unterschiedlich. Sie eint jedoch, dass sie extrem rechte Ideologieelemente bedienen. Das bedeutet, dass sie entweder Aktivitäten der extremen Rechten darstellen oder Rassismus, Antisemitismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit, Sozialchauvinismus (die Abwertung von armen und wohnungslosen Menschen oder Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen) oder Verschwörungserzählungen ausdrücken.
Die Fallzahl hat sich im Vergleich zu unserer Auswertung von 2021 (107 Fälle) verdoppelt. Wie auch in den vergangenen Jahren hat dies zum einen mit einer aktiveren Meldestruktur und Öffentlichkeitsarbeit der BOrG zu tun, aber auch damit, dass sich Trends des letzten Jahres fortsetzen: Neben einer Vielzahl von Veranstaltungen der AfD im Landkreis beobachten wir neue extrem rechte Strukturen, die durch verschiedene Aktionen aufgefallen sind.
Mit neun Angriffen ist die Anzahl gegenüber dem letzten Jahr um drei Angriffe gestiegen. Hierfür ist maßgeblich eine Angriffsreihe im Küstriner Vorland verantwortlich, bei der eine der rechten Szene zugehörige Frau mehrfach Polizist*innen angriff. Dies geht aus mehreren Landtagsanfragen der Abgeordneten Andrea Johlige hervor. Ansonsten sind es vor allem rassistisch motivierte Angriffe, die wir in 2021 beobachtet haben. Wie auch in den Jahren zuvor sind Geflüchtete oder vermeintlich geflüchtete Menschen und ihre Unterkünfte vergleichsweise häufig Ziele von Angriffen.
Rechte Veranstaltungen als häufigste Vorfallsart
Im letzten Jahr fanden in Märkisch-Oderland insgesamt 92 Veranstaltungen statt, die von rechten Akteur*innen organisiert wurden oder einen rechten Bezug hatten. Diese hohe Zahl muss im Kontext des Bundestagswahlkampfes und der stetigen Mobilisierung gegen die Corona-Maßnahmen gesehen werden. Hier kam es teilweise zu Überschneidungen, wie bei den regelmäßigen Kundgebungen der AfD in Wriezen. Seit Dezember 2020 führt die AfD hier jeden Mittwoch eine Kundgebung auf dem Marktplatz durch, die sich gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie richtet, aber auch immer wieder allerlei Themen aus dem Wahlprogramm der AfD behandelt. Zusätzlich zu diesen Kundgebungen kamen weitere AfD-Veranstaltungen im gesamten Landkreis dazu. Ab Juli stieg die Zahl der AfD-Veranstaltungen durch den beginnenden Wahlkampf an: Infostände, Bustouren, Kundgebungen und Sommerfeste; die AfD war an vielen Orten mit ihren Anhänger*innen präsent und machte diese Orte damit auch immer wieder zu No-Go-Areas für Menschen mit Rassismuserfahrungen, Jüd*innen, Menschen aus der LGBTIQ*-Community oder Personen, die als links oder “alternativ” wahrgenommen werden.
Neben der AfD waren es vor allem die Querdenkenproteste im ersten Halbjahr, die die Zahl der rechten Veranstaltungen anwachsen ließ. Die Querdenken-Kundgebungen fanden in Strausberg zu einer Zeit statt, zu der schon längst Reichsfahnen auf den großen Demos in Berlin gezeigt wurden und die Debatten um eine fehlende Abgrenzung nach Rechts geführt wurden. Wer sich zu diesem Zeitpunkt bewusst für ein rechtsoffenes Label wie Querdenken entscheidet, scheint gut damit leben zu können, wenn auch rechte Inhalte auf den Kundgebungen präsentiert werden. Und so kam es auch, dass neben dem extrem rechten „Compact-Magazin“, welches auf den Kundgebungen verteilt wurde, auch immer wieder NS-verharmlosende Inhalte präsent waren. Neben der AfD und dem Querdenken-Spektrum gab es auch Veranstaltungen neonazistischer Gruppierungen. So fanden drei Wanderungen von neonazistischen und völkischen Gruppen im Osten von Märkisch-Oderland statt. Zudem gab es geschichtsrevisionistische Veranstaltungen zum “Heldengedenken” oder der 150-jährigen Gründung des Deutschen Reiches.
Die zweithäufigste Vorfallsart im Jahr 2021 machten mit 89 Vorfällen Propagandafälle aus. Darunter fallen zum Beispiel verklebte Sticker oder Flyer, die verteilt wurden. Hier sind es vor allem Sticker, die rechte Strukturen als solche bewerben. Dabei spielen jedoch immer auch andere Dimensionen des Rechtsextremismus eine Rolle, wie Rassismus, Antisemitismus oder die Bedrohung von politischen Gegner*innen. Im Jahr 2021 ist vor allem die Präsenz von Stickern der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ in der gesamten S5-Region enorm angestiegen, was auf einen personellen Zuwachs der Struktur in der Region schließen lässt. Daran anknüpfend gab es auch mehrere Aktionen, bei denen Neonazis vom III. Weg-Flyer und andere Propaganda verteilt haben.
Hakenkreuzschmierereien und Bedrohungen
Insgesamt kam es im letzten Jahr zu 18 Sachbeschädigungen. Darunter finden sich 11 gesprühte Hakenkreuze im öffentlichen Raum. Zusätzlich zu den Hakenkreuz-Schmierereien, sind auch Sachbeschädigungen durch die neonazistische Jugendclique “Division MOL” in Fredersdorf und Petershagen-Eggersdorf verübt worden. Neben Sprühereien durch die jugendlichen Nazis haben 5 Mitglieder der Gruppe am 31. Januar eine Gedenkstätte für Phan Văn Toản am Bahnhof Fredersdorf zerstört. Zuvor hatten Antifaschist*innen dort an Phan Văn Toản gedacht, der 1997 am Bahnhof aus rassistischen Motiven angegriffen wurde und an den schweren Verletzungen verstarb. Die dort gelassenen Blumen, Kerzen und Transparente wurden zerstört.
Auch 18 Bedrohungen, Beleidigungen und Pöbeleien haben wir im letzten Jahr aufgenommen. Diese richteten sich vorrangig gegen politische Gegner*innen. Hier dürfte die Dunkelziffer mit rassistischen Motiven enorm hoch liegen. Alltagsrassismus, Beleidigungen an der Kasse im Supermarkt, im Bus oder im Verein stehen für viele Schwarze Personen und Menschen mit Rassismuserfahrungen leider an der Tagesordnung, werden jedoch aufgrund der schieren Häufigkeit in den seltensten Fällen an Polizei oder Beratungsstrukturen gemeldet. Jede betroffene Person könnte wahrscheinlich von hunderten Situationen der Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung erzählen.
Keine sicheren Rückzugsräume Märkisch-Oderland
Die räumliche Verteilung der Vorfälle zeigt, dass es vor allem die größeren Städte wie Bad Freienwalde, Wriezen, Müncheberg und Strausberg sind, die mit hohen Fallzahlen hervorstechen. Aber auch der Berliner Speckgürtel und damit die S5-Region ist ein Hotspot für rechte Aktivitäten. Wie auch in der Vergangenheit ist mit 68 Vorfällen Strausberg der Ort mit den meisten Vorfällen. Dies ist zum einen auf eine hier aktive rechte Szene zurückzuführen, aber auch auf die lokale Verankerung der Beratungsstelle in Strausberg. Aktive der BOrG und eine hier aktive Zivilgesellschaft kriegen mehr von dem Geschehen in der Stadt mit, als es in Seelow oder Lebus der Fall ist. Wir können davon ausgehen, dass die Fallzahlen in Strausberg der Durchschnitt sind und wir in anderen Teilen des Landkreises eine enorme Dunkelziffer haben. Viele Betroffene wissen nicht, an wen sie sich bei Diskriminierung oder rechter Gewalt wenden können. Insbesondere geflüchtete Personen wollen nicht negativ auffallen, um ihr Asylverfahren nicht zu gefährden und vermeiden dadurch den Kontakt zu Beratungsstellen oder der Polizei. Aber auch unsensible Reaktionen von Politik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit von rechten Vorfällen im Leben vieler Menschen führen zu Ohnmachtsgefühlen.
Die hohe Anzahl rechter Vorfälle in der S5-Region ist eine Weiterentwicklung von Trends und Phänomenen, die bereits 2020 aufgetaucht sind. Die rechte Jugendgruppe „Division MOL“ ist maßgeblich für diverse Vorfälle in der Region verantwortlich. Die weiterhin hohe Anzahl an Vorfällen lässt eine ideologische Festigung der Jugendlichen vermuten. Die weite Verbreitung Propaganda des III.Weg ist besorgniserregend und lässt auf strukturelle und personelle Verbindungen zur neonazistischen Kleinstpartei schließen. Neben Strausberg und der S5-Region war es vor allem auch Bad Freienwalde, wo der III. Weg besonders in der ersten Jahreshälfte auffiel.
Antisemitismus und Rassismus als fester Kern rechter gewalttätiger Ideologie
Wie auch in den vergangenen Jahren ist rechte Selbstdarstellung, also das Bewerben oder das Auftreten als rechte Struktur oder Partei, das dominante Motiv. Nicht zu vergessen ist aber, dass rechte Strukturen immer auch eine rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Ideologien vertreten und damit diese Ideologieelemente auch immer Teil rechter Selbstdarstellung sind.
Es zeigt sich deutlich, dass die Vorfälle mit direkten Betroffenen und jene, auf die direkte körperliche Unversehrtheit zielen, durch den vernichtenden Kern rechter Ideologie motiviert sind: Rassismus, Antisemitismus und Angriffe auf politische Gegner*innen. Das sind bei den Bedrohungen, Angriffen und Sachbeschädigungen die dominierenden Motive.
Veranstaltungsreihe, Ausstellung und öffentliches Gedenken 30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Cottbus-Sachsendorf
30 Jahre nach den mehrtägigen rassistischen Ausschreitungen in
Cottbus-Sachsendorf im Jahr 1992 hat es sich die Initiative Cottbus ’92
zur Aufgabe gemacht die Geschehnisse von damals zu recherchieren,
aufzuarbeiten und – gemeinsam mit Betroffenen – zu erinnern.
Den Auftakt bildet eine Veranstaltungsreihe (siehe unten), die am
morgigen 26. April um 18 Uhr im Stadtmuseum Cottbus beginnt. Drei
weitere Einzelveranstaltungen sind bis zum 10. Mai 2022 geplant. Die
Veranstaltungen finden in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Brandenburg und dem Opferperspektive e.V. — Solidarisch gegen Rassismus,
Diskriminierung und rechte Gewalt statt.
Klara Zeit von der Initiative Cottbus ’92 sagt hierzu: „Wir wollen 30
Jahre nach den mehrtägigen rassistischen Angriffe in Sachsendorf im Jahr
1992 – die wenige Tage nach dem Pogrom in Rostock Lichtenhagen
stattfanden – den Auftakt machen für ein Erinnern in Cottbus. Bis heute
fand in der Cottbuser Stadtgesellschaft kaum Aufarbeitung statt. So gab
es über die 1990er Jahre und gibt es bis heute ein massives Problem in
der Stadt mit Neonazis, militanten Rechten und rechter Gewalt. Die
Stadtgesellschaft Cottbus muss sich endlich dem Problem stellen, die
Vergangenheit aufarbeiten und dafür sorgen, dass in der Gegenwart und in
der Zukunft die Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt nicht
allein gelassen werden“.
Ende August 2022 plant die Initiative ein öffentliches Gedenken in
Cottbus-Sachsendorf, dessen genau Form derzeit diskutiert wird. Zudem
ist ab Anfang September eine Ausstellung im Stadtmuseum Cottbus geplant,
in der – ausgehend von den Ereignissen 1992 in Sachsendorf – ein Blick
auf die Jahre der Transformation, das Erstarken rechter Gruppen, sowie
der Zunahmen rechter und rassistischer Angriffe in der Stadt geworfen
werden soll. Die Perspektiven der Betroffenen stehen dabei im Fokus.
Zur Initiative:
Die Initiative Cottbus’92 besteht aus Menschen, die in Cottbus dauerhaft
leben und / oder arbeiten und Anderen, die einen Blick von außen
einnehmen. Gemeinsam haben sie es sich zur Aufgabe gemacht die
gesellschaftlichen Verhältnisse der 1990er Jahre in Cottbus und Umgebung
sichtbar zu machen.
Kontakt: Klara Zeit // Mail: Cottbus1992@riseup.net
Weitere Informationen: twitter.com/cottbus1992
Veranstaltungsreihe Initiative Cottbus‘92
Alle Veranstaltungen finden im Stadtmuseum, Bahnhofstraße 22, 03046
Cottbus statt. Voraussetzung zur Teilnahme ist das Tragen einer
Mund-Nasen-Bedeckung.
1. Dienstag, 26.04.2022, 18 Uhr
Veranstaltung mit einem Vertreter der Gruppe Pogrom ’91 aus Hoyerswerda,
der die dortigen rassistischen Ausschreitungen 1991 kontextualisiert und
vom Versuch einer gesellschaftlichen Aufarbeitung berichtet. Zudem
stellt sich die Initiative Cottbus ’92 vor und diskutiert
gedenk-politische Perspektiven in der Stadt Cottbus.
2. Dienstag, 03.05.2022, 18 Uhr
Lucia Bruns (ASH Berlin) und Christin Jänicke (HWR Berlin) stellen
Ergebnisse aus dem wissenschaftlichen Forschungsprojekt JUPORE –
Jugendarbeit, Polizei und rechte Jugendliche in den 1990er Jahren vor.
Ein Schwerpunkt der Forschung liegt auf der Stadt Cottbus.
3. Donnerstag, 05.05.2022, 17 Uhr
Albino Forquilha (AAMA, Verein der deutsch-mosambikanischen Freundschaft
und Kooperation) und seine Mitstreiter:innen berichten über ihre
Erfahrungen als Vertragsarbeiter:innen und Studierende in der DDR. Zudem
berichten sie über ihre Erlebnisse in den Jahren der Transformation
und ihren Kampf um Anerkennung ihrer Rechte, der bis heute andauert.
Die Veranstaltung wird per online Live-Schaltung und auf deutsch und
portugiesisch stattfinden.
4. Freitag, 10.05.2022, 18 Uhr
Frances Kutscher wurde 1992 in Finsterwalde geboren. Ihr Vater, ein
mosambikanischer Vertragsarbeiter, kehrte kurz vor ihrer Geburt nach
Mosambik zurück. Sie engagiert sich
im Netzwerk Solibabies und möchte andere ermutigen, sich auf die Suche
nach ihren Wurzeln zu machen. Bachir Alali vom Geflüchtetennetzwerk
Cottbus e.V. spricht über die Perspektiven und Kämpfe von Geflüchteten
in Cottbus.
Am 7. April 2022 laden wir, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen, von 17 bis 18:30 Uhr am Landsberger Tor (Große Str. 75) zur Friedenskundgebung ein. Wir sind für Frieden und sagen darum Nein zur Einrichtung eines 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr.
Mit diesem Sondervermögen soll die Bundeswehr aufgerüstet werden, um sie zur „schlagkräftigsten Armee Europas“ zu machen, wie FDP-Finanzminister Christian Lindner bekräftigte. Konkret geht es um die Anschaffung von Tornado-Nachfolger Kampfjets F‑35, den der Hersteller Lockheed Martin als den tödlichsten Kampfjet der Welt bezeichnet. Dieser ist nicht nur teuer – in den USA ist der F‑35 das teuerste Rüstungsprogramm der Geschichte des Landes – er lässt sich auch mit Atomsprengköpfen ausstatten. Zusätzlich ist die Anschaffung von Hyperschallwaffen, anderen Kampfjets und Kampfdrohnen geplant.
Die Hochrüstung Deutschlands geschieht im Windschatten des Krieges und wird diesen weder beenden noch zukünftige verhindern. Ganz im Gegenteil: diese Aufrüstung gefährdet die gesamte Zivilbevölkerung Europas, denn sie setzt auf eine Gewaltspirale, die angesichts der modernen Waffensysteme längst nicht mehr politisch kontrollierbar ist.
Wir sind voller Sorge, denn die Welt steht am Vorabend eines neuen Weltkrieges.
Wir haben Angst, denn wiedereinmal entscheidet sich eine deutsche Regierung für Aufrüstung, um im Kampf um die neue militärische Vorherrschaft auf der Welt dabei zu sein. Dass die Aktien des Rüstungsgiganten Rheinmetall wortwörtlich durch die Decke schießen, zeigt deutlich, dass mit Kriegen auch Profit gemacht werden kann.
Wir sind wütend, denn eine sozialdemokratisch geführte Regierung nutzt alle parlamentarischen Tricks, um im Schatten des Ukrainekrieges und unter dem Eindruck des vielen Leids, die Grundsätze der bundesdeutschen Außenpolitik abzuschaffen.
Im April wird im Bundestag über die Bereitstellung von 100 Milliarden für die Aufrüstung der Bundeswehr abgestimmt. 100 Milliarden, die beim Wohnungsbau oder der Bekämpfung der Klimakatastrophe fehlen werden!
Darum müssen wir jetzt zusammenkommen und einem Wettrüsten ungeahnten Ausmaßes ein deutliches Nein entgegensetzen. Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich der neuen Friedensbewegung anzuschließen und mit uns gemeinsam zu demonstrieren:
Für ein sofortiges Ende des russischen Angriffskriegs!
Gegen Aufrüstung und Gegen das 100 Milliarden Sondervermögen der Bundeswehr!
Am 09. April 2022 wird der Ex-Juniorenweltmeister und Boxer Tom Schwarz in der Stadthalle Falkensee wieder in den Ring steigen. Für ein Event der Kuc Boxing Promotion, geleitet vom Promoter Almin Kuc, wird er in einem Aufbaukampf über sechs Runden kämpfen. Das muss verhindert werden! Auf Sportveranstaltungen ist kein Platz für Gewalttäter, die auch außerhalb des Rings zuschlagen und sich ihrer Verantwortung als Sportler und öffentliche Person nicht im Geringsten bewusst sind.
Tom Schwarz ist ein Frauenschläger, gegen den bereits zwei Exfreundinnen, Annemarie Eilfeld und Tessa Schimschar, ihre Stimme erhoben haben: Beide prügelte er krankenhausreif. Als Tessa ihm Ende letzten Jahres in einem Gerichtsverfahren gegenübertrat, zeigte sich nun einmal mehr der verlogene Charakter unserer Klassenjustiz. Die anfänglich verhandelte schwere Körperverletzung (ein dreifacher Kieferbruch, bei dem sich die Betroffene mehreren Operationen unterziehen musste & ihr im kompletten Unterkiefer neue Zähne eingesetzt worden sind) wird mit dem Richterspruch des zuständigen Richters, Winfried Leopold, abgewiegelt: “Der Schlag hätte anders ausgeführt werden können und müssen und als Profiboxer muss man in der Lage sein, das dosieren zu können.” Dass Leopold nur eine Zeugin, eine Freundin Schwarzs, anhören ließ und den “Profi“Boxer dann gegen 2500€ für Verfahrenseinstellung laufen lässt, ist eine Zumutung für die Betroffene, die zudem auf den Gerichtskosten sitzen bleibt. Schwarz verlässt das Gericht mit den Worten “Raus aus dem Puff” und reckt vor dem Gerichtsgebäude siegessicher die Faust in die Luft, mit der er auch Tessa und Annemarie geschlagen hat.
Das Urteil ist nicht nur ein Freifahrtschein für Schwarz, sondern für alle Männer.
Es zeigt, dass man(N) für 2500 Euro einer Frau den Kiefer brechen darf.
Die patriarchale Klassenjustiz lässt Frauen erneut und immer wieder im Stich. Wenn ein Richter Victim Blaming (Schuldzuweisungen an das Opfer) betreibt, die Gewalttaten an Frauen bagatellisiert und Täter schützt, dann ist das Ein Zeichen für alle Frauen:
Auf diesen Staat können wir uns nicht verlassen!
Partnerschaftliche Gewalt ist kein Einzelfall. Etwa jede 3. Frau wird in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt. Die Anzahl der Frauen, die vor Gericht keine Gerechtigkeit erleben, denen das Wort genommen wird und die durch hohe Gerichtskosten ökonomische Einbußen haben, bleibt eine Dunkelziffer.
Mit Almin Kuc hat Tom Schwarz nun jemanden gefunden, der sich bereit erklärt, ihn auf die Setcard und somit die Segel für ein Come-Back zu setzen. Öffentlich beruft sich Kuc dabei auf die Unfehlbarkeit des deutschen Rechtsstaats. Wir sagen: Wenn ein Boxer zum Täter geworden ist und zum wiederholten Male (partnerschaftliche) Gewalt ausübt, dann ist das ein Zeichen, dass er die Werte des Boxsports — Fairness, Disziplin und Respekt — nicht ansatzweise vertritt und ihm darf keine Bühne für seine Selbstdarstellungsversuche gegeben werden. Wir sagen: Tom Schwarz raus aus dem Ring! Keine Bühne für Frauenschläger!
Und fordern:
Den Ausschluss Tom Schwarzs von kommerziellen Box- & Sportveranstaltungen!
Den Rückzug Tom Schwarzs aus dem Boxsport!
Der Kampf von Tom Schwarz darf nicht auf tight24.tv übertragen werden!
Opferperspektive fordert Aufklärung im Polizeiskandal im Landkreis Dahme-Spreewald
Wie zunächst BILD und später der RBB berichteten steht ein Polizist, der im Landkreis Dahme-Spreewald tätig ist, im Verdacht, auf Bildern in einer SS-Uniform posiert und dabei eine Waffe getragen zu haben, für die er keine Erlaubnis habe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung sollen Uniformteile mit eindeutigem Bezug zur Waffen-SS gefunden worden sein, darunter etwa Hakenkreuz-Symbole sowie das Totenkopf-Abzeichen der Waffen-SS. Der Verein Opferperspektive musste im vergangen Jahr 2021 im Landkreis Dahme-Spreewald 16 körperliche Angriffe registrieren, die durch rechte Täter:innen und im Landkreis aktive Neonazis begangen wurden. Dies ist die bislang höchste Anzahl rechter Angriffe in diesem Landkreis, die durch die Opferperspektive erfasst wurde. Eine Vielzahl dieser Angriffe galten politischen Gegner:innen und wurden durch die Betroffenen nicht zur Anzeige gebracht.
„Auch aus Perspektive der Betroffenen von neonazistischer und rechter Gewalt ist es völlig inakzeptabel, wenn ein Polizeibeamter in SS-Uniform posiert und später gegenüber der Presse äußert, dass er sich dabei keiner Schuld bewusst sei”, so Martin Vesely vom Verein Opferperspektive. „Die Strafverfolgungsbehörden müssen nun schnell und zügig reagieren. Sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten und rechtlich Relevanz haben, muss der Beamte umgehend aus dem Dienst entlassen werden. Betroffene von neonazistischer Gewalt müssen sich sicher sein können, es mit einer demokratisch verfassten Polizei zu tun zu haben.”, so Martin Vesely weiter. Bei den Ermittlungen muss auch das Umfeld des Polizisten umfassend ausgeleuchtet werden, um eine mögliche Eingebundenheit des Beamten in neonazistische Netzwerke aufzuklären.
In der Vergangenheit hat es regelmäßig mehrere Jahre gedauert, bis Fälle von rechter Gewalt im Gerichtsbezirk Cottbus verhandelt wurden. Das darf in diesem Fall nicht passieren. Es ist zu hoffen, dass die im letzten Jahr eingerichtete Zentralstelle Hasskriminalität bei der Generalstaatsanwaltschaft hier die Ermittlungen führt.
Für einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik: Keine selektive Solidarität
Gemeinsam mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen und Olaf Jansen, Leiter der Zentralen Ausländerbehörde, hat der Flüchtlingsrat Brandenburg heute die Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt besucht.
Wir begrüßen, dass aus der Ukraine fliehende Menschen großzügig aufgenommen und versorgt werden. Gleichzeitig kritisieren wirdie aktuelle Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Geflüchteten. Die aktuelle Situation muss jetzt Anstoß sein für einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik.
Wir fordern:
1) Verbesserung von Aufnahmebedingungen für alle Geflüchteten
Das deutsche Asylsystem steht seit langem für Abschreckung, Isolation und Entmündigung. Die Mehrheit derjenigen, die jetzt aus der Ukraine fliehen, erhalten hier temporären Schutz. Damit bleibt ihnen ein langwieriges Asylverfahren samt seinen Gängelungen erspart. Die aktuelle Situation zeigt, dass vieles möglich ist, wenn es politisch gewollt ist. Die Aufnahmebedingungen müssen nun für alle Schutzsuchenden verbessert werden:
„Wir fordern die Abschaffung des sog. Asylbewerberleistungsgesetzes, die freie Wahl des Wohnorts und dezentrale Unterbringung, eine Ende vonBeschäftigungsverbotenund einenumgehenden Ausbau von Beratungsangeboten und psychosozialer Versorgung. Land und Landkreise müssen sich jetzt vermehrt um dezentrale Unterbringung bemühen, um gesellschaftliche Teilhabe für alle Geflüchteten von Beginn an zu ermöglichen”, so Mustafa Hussien vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
2) Aufenthaltssicherung für alle Menschen, die aus der Ukraine fliehen
Der Aufenthalt vonallen Menschen, die aus der Ukraine fliehen, muss auch nach dem 23. Mai 2022 gesichert sein, etwa durch Erteilung des vorübergehenden Schutzes nach § 24. Für internationale Studierende muss mindestens die Übergangszeit verlängert werden, damit diese ausreichend Zeit haben, sich neu zu orientieren und ggf. um die Fortsetzung ihres Studiums in Deutschland oder in einem anderen Staat der Europäischen Unionzu bemühen.
Darüber hinaus sollte dasBrandenburger Innenministerium sicherstellen, dass die politisch getroffenen Entscheidungen von den lokalen Ausländerbehörden auch tatsächlich umgesetzt werden. Uns erreichen Berichte über Diskriminierungen von Personen, die zwar nach geltenden Regeln einen Anspruch auf „temporären Schutz” hätten, aber als Drittstaatsangehörige dennoch zum Stellen von Asylanträgen oder sogar zur Ausreise aufgefordert werden.
3) Schutzsuchende aus anderen Ländern evakuieren
Wir haben Außenministerin Annalena Baerbock aufgefordert, sich gegenüber der polnischen Regierung für die Freilassung von in geschlossenen Einrichtungen inhaftierten Geflüchteten einzusetzen und pushbacks an der polnisch-belarussischen Grenze scharf zu verurteilen. Die wenigen Geflüchteten aus dem Grenzgebiet sollten in der EU aufgenommen werden. Die Evakuierung von Schutzsuchenden aus anderen Ländern wie beispielsweise Afghanistan und Libyen muss ebenfalls dringend verstärkt bzw. begonnen werden.
„Es ist gut, dass ukrainischen Geflüchteten mit den neuen EU-Regelungen viele der Zumutungen des deutschen Asylsystems erspart bleiben. Gleichzeitig kommen auch sie hier in einem Aufnahmesystem an, dass seit Jahren Geflüchtete entmündigt und kontrolliert. Erleichterte Aufnahmebedingungen, auch über die Ukraine hinaus, wären ein wichtiges Signal gegen die rassistische Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen von Geflüchteten”, so Mara Hasenjürgen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.