Während in der Ukraine Menschen vor dem Krieg fliehen, in Russland Kriegsgegner*innen mit Repression überzogen werden und Neonazis zu ihren Waffen greifen, lädt die AfD zur Diskussion mit dem Chefredakteur des extrem rechten Compact-Magazins, Jürgen Elsässer. Dieser und der AfD-Landestagsabgeordnete Lars Günther kennen sich schon viele Jahre durch die selbsternannten “Friedensmahnwachen” 2014 in Berlin. Unterstützt werden die beiden in der Diskussion vom Berliner AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann aus Marzahn, der auf Sozialen Medien keinen Hehl aus seiner Putinliebe macht. Durchgeführt wird das ganze im Lieblingslokal der Rechten — während es überall schwer ist für die AfD, Räume für ihre Hetze zu finden, sprachen im Restaurant “Mittelpunkt der Erde” schon der Faschist Björn Höcke und der rechte Publizist Götz Kubitschek. Als “Dankeschön” für die Unterstützung im Bundestagswahlkampf lud die stellvertretende Vorsitzende Birgit Bessin 2021 zum Rechtsrockkonzert mit Sacha Korn hierher ein. Als Anhänger des extrem rechten Flügels ist es kaum verwunderlich, dass die AfD Brandenburg als auch die AfD Marzahn-Hellersdorf einen Hang zu autoritären Führern haben und von einem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine sprechen, anstatt es als das zu benennen, was es ist — ein Angriffskrieg durch Putin.
Wir sind solidarisch mit all jenen, die aufgrund von Krieg und Vertreibung aus ihren Heimatländern flüchten müssen — in der Ukraine, Syrien, Afghanistan oder anderswo. Unsere Herzen sind bei denjenigen, die weltweit gegen Krieg und Faschismus kämpfen. Unsere Gedanken sind bei den zahlreichen Toten von Krieg und Verfolgung. Wir stehen gegen eine Spaltung in “gute” und “schlechte” Geflüchtete und stellen uns antislawischen Vorurteilen entgegen! Wir sind fassungslos und wütend ob der Instrumentalisierung von Kriegsgeschehen für rechte Propaganda-Veranstaltungen!
Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass die AfD und ihre Positionen nicht unkommentiert bleiben. Kommt mit uns auf die Straße — lautstark und mit Abstand. Für den Frieden, gegen die AfD!
#Don’tForgetAfghanistan am 26.2.22:
Kein Krieg — nirgendwo!
Flüchtende aufnehmen — überall!
Heute vor einem halb Jahr beendete die deutsche Bundesregierung die Evakuierungsflüge aus Afghanistan. Hunderte, wenn nicht tausende Menschen wurde ein Leben in Sicherheit verwehrt (1). Die Sanktionen stoppten nicht die Taliban, sondern stürzen große Teile des Landes in eine schlimme Hungersnot und Armut (2). Inzwischen haben Politiker*innen aus Europa und USA sogar mit Vertreter*innen der Taliban gesprochen, unter ihren mutmaßliche Terrorist*innen. Für viele sieht es so aus, als könnten die USA und Europa das Gewaltregime anerkennen (3).
Diese Woche begann ein neuer Krieg in der Ukraine. Neben Personen der Zivilgesellschaft sprachen auch Politiker*innen von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen auf den Kundgebungen der letzten Tage von den Gefahren, die durch Waffen und Krieg ausgehen. Sie mahnten an, dass Krieg kein Mittel der Politik sein darf. Auch riefen sie dazu auf, Flüchtende schnell aufzunehmen.
Als SEEBRÜCKE Potsdam unterstützen wir diese Forderungen.
Doch statt nur auf das Kriegstreiben Anderer zu zeigen, richtet sich unser Blick auch auf die Außen- und Flüchtlingspolitik der eigenen Regierung.
Viele dieser Politiker*innen gehören zu Parteien, die seit Jahren eine Politik der Militarisierung und Abschottung mit prägen:
Die CDU/CSU, FDP, Die Grünen und die SPD bewilligten als Regierungsparteien Jahr für Jahr Rüstungsexporte. So wurden auch kriegstreibende Länder wie Kolumbien, Algerien, Saudi-Arabien, Ägypten und Mexiko in der Aufrüstung unterstützt. Unter der letzten Regierung von CDU und SPD wurde wieder ein Rekordwert erreicht (4). Auch die eigene Aufrüstung wurde vorangetrieben. Die Ausgaben für das Militär wuchsen beständig von 2010 noch 34,9 Mrd. Euro auf heute 53 Mrd. Euro (2021) (5)
Auch Militäreinsätze sind für diese Parteien keinesfalls ein Tabu. Sie haben die Bundeswehr für Kriegseinsätze in den Kosovo und nach Afghanistan (2001 bis 2014) geschickt, auch um Interessen der deutschen Wirtschaft zu schützen (6). Durch diese Kriege litten zehntausende unbeteiligter Zivilist*innen durch Zerstörung ihrer Häuser, Schulen, Familien und einer sicheren Heimat.
Zugleich sind diese Parteien auch für die militarisierte Abschottungspolitik der EU verantwortlich. Die Aufrüstung der EU-“Grenzschutz-Agentur” Frontex und die Beendigung der zivilen EU-Seenotrettung haben sie mit umgesetzt (7). Für die Zentrale der Abschiebe-Behörde Bundespolizei wird momentan in Potsdam ein großer Neubau errichtet, um noch mehr Personal einzustellen.
Wir finden: Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, diese Politik erneut zu hinterfragen!
Wir treten für eine radikale Wende der Politik ein, die Fluchtursachen vermeidet und bekämpft.
Wenn im Ukrainekrieg eine friedliche Außenpolitik und die Aufnahme von Flüchtenden angemahnt wird, rufen wir deswegen doppelt so laut:
Ein Ende den Rüstungsexporten und Kriegseinsätzen!
Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die sich im Krieg in der Ukraine, sowie in allen Kriegs- und Krisenregionen in der Welt, in Lebensgefahr befinden, sowie mit allen Menschen auf der Flucht.
Sofortige und kompromisslose Aufnahme schutzbedürftiger Menschen!
#Don’t Forget Afghanistan:
‑ein bundesweites Aufnahmeprogramm für gefährdete Afghan*innen!
‑ein eigenes Landesaufnahmeprogramm in Brandenburg!
‑die Wiedereröffnung der Menschenrechtsliste!
‑ein schneller & unbürokratischer Familiennachzug!
‑keine formelle Anerkennung der Taliban!
Familie aus Eberswalde mit Kind im Rollstuhl wurde nach Russland abgeschoben — Proteste gegen Abschiebungen gehen weiter
Am letzten Montag versammelten sich 30 Menschen vor der Eberswalder Ausländerbehörde um gegen eine gefürchtete Abschiebung einer Eberswalder Familie nach Tschetschenien zu protestieren. Frau Mizaeva, die Mutter von 4 Kindern, hatte die “Initiative Barnim für alle” um Hilfe gebeten. Gegen eine mögliche Abschiebung hatten sich auch einige Lehrer*innen aus der Märkischen Schule in Eberswalde gewendet. An dieser Schule lernen 2 autistische Kinder von Frau Mizaeva. Ein Unterstützer durfte sie nicht zu ihrem Termin in die Ausländerbehörde begleiten. Dieses wurde von der Polizei mit Verweis auf Corona-Schutzmaßnahmen untersagt. Doch statt einer Abschiebung bekam Frau Mizaeva nun eine Verlängerung ihrer Duldung um 3 Monate. Sie bedankte sich herzlich bei den Menschen vor der Ausländerbehörde. Ihre Anwältin wird nun weiter versuchen Akteneinsicht zu bekommen.
Wie die “Initiative Barnim für alle” erst heute erfahren hat, wurde bereits am 16.02. eine Familie mit zwei Kindern aus Eberswalde nach Russland abgeschoben. Die Tochter der Familie ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Die tschetschenische Familie wurde um 18 Uhr von 20 Polizist*innen abgeholt. Sie durften weder ihre Handys mitnehmen noch wurde ihnen Zeit gegeben ein paar Sachen einzupacken. In Handschellen wurde die Familie nach Berlin-Schönefeld gebracht, von dort ging es weiterhin in Handschellen zum Flughafen Hannover und dann am Morgen des 17.02. startete das Flugzeug nach Moskau. Trotz einer Vollmacht verweigert die Eberswalder Wohnungsgesellschaft (WHG) Freund*innen der Familie das Betreten der Wohnung, so dass die persönlichen Sachen der Familie nicht nach Russland geschickt werden können.
“Die unmenschliche Abschiebepolitik der Barnimer Ausländerbehörde wird ein zentrales Thema unserer Kundgebung am 1. März sein”, so Fiona Kisoso von der “Initiative Barnim für alle”. Auch einige Eberswalder Familien, denen ebenfalls die Abschiebung nach Tschetschenien droht, haben ihre Teilnahme angekündigt. Die abgeschobene Familie wird sich per Handy an der Kundgebung beteiligen. Die Kundgebung beginnt um 12:00 Uhr direkt vor der Ausländerbehörde in Eberswalde (Pfeilstr./ Goethestr.).
Die Barnimer Ausländerbehörde betreibt offensichtlich die nächste Abschiebung einer Geflüchteten-Familie aus Eberswalde. Die Initiative Barnim für alle erreichte dazu ein Hilferuf aus der Märkischen Schule in Eberswalde.
„Wir sind das Lehrerteam einer Klasse der Märkischen Schule in Eberswalde. In unserer Klasse lernt ein tschetschenischer Junge mit dem Autismussyndrom und in einer anderen Klasse seine schwer autistische Schwester. Die Mutter hat uns um Hilfe gebeten, da sie am 21.2.2022 ihre Reisepässe bei der Ausländerbehörde abgegeben muss. Die Frau hat große Angst abgeschoben zu werden. Aus unserer Sicht wäre eine Abschiebung mit zwei so stark behinderten Kindern unverantwortlich. Wir möchten der Familie unbedingt helfen. Könnten Sie uns dabei unterstützen? …“
Die Initiative Barnim für alle wird die Mutter zu ihrem Termin bei der Ausländerbehörde am Montag solidarisch und demonstrativ begleiten. Treffpunkt ist um 10 Uhr vor der Ausländerbehörde. Unsere Anwesenheit soll öffentlichkeitswirksam auf die erneuten Abschiebemaßnahmen und ‑drohungen gegenüber der tschetschenischen Community aufmerksam machen. Minimalziel wäre eine verbindliche Erklärung der Ausländerbehörde, dass aktuell keine Abschiebemaßnahme geplant ist.
Die Anwältin der Familie hat Akteneinsicht beantragt, zur Zeit aber noch nicht bekommen.
Die Corona-Proteste in Cottbus sind die größten im Land Brandenburg und gehören zu den bestorganisierten. Sie gelten in anderen Orten als Vorbild. Deutlicher noch als anderswo sind die Cottbuser Demonstrationen von Rechtsextremen dominiert: das Bündnis aus AfD, dem Verein Zukunft Heimat, Neonazis und Adepten der „Identitären“ haben die Protest-Regie bisher fest unter ihrer Kontrolle. Noch immer gibt es wöchentlich Demonstrationen mit einer hohen dreistelligen Anzahl an Teilnehmer*innen.
Dem Gesamtbild der Cottbuser Proteste soll hier ein wichtiges Puzzlestück hinzugefügt werden: Die größte Telegramgruppe für die Coronaproteste wird von einem Hardcore-Antisemiten administriert. Erst im Dezember hatte es einen grausamen, antisemitisch motivierten Vierfachmord in Königs Wusterhausen gegeben – der Täter war ein „Querdenker“ und in einschlägigen Telegramkanälen unterwegs [1]. Vor diesem Hintergrund sollte die Reichweite antisemitischer Hetze in den Kommunikationskanälen Brandenburger Coronaproteste besondere Aufmerksamkeit erfahren. Darum: Blicken wir auf den Cottbuser Telegram-Administrator Heiko Kolodzik.
Nachdem im Dezember der lokale AfD-Vorsitzende Jean-Pascal Hohm dazu aufrief unangemeldet zu demonstrieren [2] verbreitete sich im Januar der Link zur Telegram-Gruppe „Widerstand Cottbus“ in der Szene. Die Gruppe wuchs innerhalb von nur zwei Wochen auf über 1.000 Mitglieder. Vorrangiges Ziel ist sich intern auf der Straße zu koordinieren.
Der Admininstrator „reißzahn“ brachte mit dem Kanal nicht nur die Spaziergänger miteinander ins Gespräch, sondern nutzte ihn auch als eigenesSprachrohr. Schon nach wenigen Tagen begann er Schreibrechte für die Gruppenmitglieder einzuschränken, weil er befürchtete, dass seine „Wahrheit“ zwischen den hunderten anderen Nachrichten untergeht. Zwischenzeitlich ist er fast der einzige, der dort noch regelmäßig schreiben darf, dafür in einer hohen Frequenz. Inhaltlich geht es bei den Posts von „reißzahn“ um die „Corona-Giftspritze“ und die „BRD-Besatzung“, ihre „Söldner“ usw.. Er sieht sich und seine Mitstreiter*innen in einer Art Endkampf auf Leben und Tod. Es ist ein verschwörungsideologisches Potpourri, wie es für Brandenburger Corona-Protestkanäle auf Telegram nicht untypisch ist.
Der Admin „reißzahn“ verweist immer wieder auf die Telegram-Kanäle “CoronaWahnArchiv“, „ImpfWahn“ und „BRD-Besatzer-Politik“ deren Inhalte darauf hindeuten, dass diese ebenfalls von ihm selbst verwaltet werden. Auf allen diesen Kanälen finden sich PDF-Dokumente aus der Feder des Cottbuser Finanzberaters Heiko Kolodzik. Am 18. Januar postete „reißzahn“ ein Foto aus der Perspektive des Firmenbüros von „Kolodzik & Kollegen“ am Altmarkt. Am 31. Januar verbreitete „reißzahn“ dann ein PDF mit einem Widerspruchsschreiben gegen eine polizeiliche Verbotsverfügung – dessen Urheber ebenfalls „Heiko“ heißt. So wird nachvollziehbar: Admin „reißzahn“ ist Heiko Kolodzik.
Heike Kolodzik ist ein Antisemit mit nationalsozialistischer Schlagseite. Schon oberflächliche Suchen im Internet zeigen dies. Heiko Kolodzik verbreitet unter seinem vollen Namen und auch im Namen seines Unternehmens ultra-antisemitische Inhalte bis hin zu Holocaust-Leugnung. Er bezieht sich in seinen kruden Texten positiv auf die Nazi-Ideologie, beispielsweise auf die Schrift „Kampf gegen die Hochfinanz“ des Nazi-Wirtschaftstheoretikers Gottfried Feder. Auf YouTube und dem Portal Odysee verbreitet er krude selbstproduzierte Videos.
Dass jemand mit Firmensitz in bester Cottbuser Altstadtlage auf seiner Homepage offenbar seit Jahren Inhalte verbreitet, die sogar strafrechtlich relevant sein könnten, zeigt, wie fest rechte Strukturen in Cottbus verankert sind und wie sicher sie sich fühlen können. Kolodzik ist aktuell Geschäftsführer der HIH Wertholz GmbH, die mit Holz handelt. Bis 2020 hatte er die gleiche Funktion bei der HWA Hanseatische Werte GmbH in Hamburg inne. Die zugehörigen Adressen in Hamburg und am Altmarkt in Cottbus sind auch als Büros auf den Webseiten kolodzik.de und risk-management.org angegeben.
Kolodziks politische Biografie ist mit der AfD verbunden. Nach der Gründung der Partei in Cottbus war Kolodziks Büro 2013 die Adresse des ersten lokalen Parteisitzes. Kolodziks selbst war Leiter der Gründungsversammlung und zählt somit zur Gründungsgeneration der AfD [3]. 2014 trat er aus der Partei allerdings aus, weil er sich nach eigener Aussage zu den „Zuständen in Gaza“ nicht frei genug äußern könne [4]. Auch in der aktuellen Telegram-Gruppe zeigt „reißzahn“ ein ambivalentes Verhältnis zur AfD. Einerseits werden die Aktionsaufrufe der Partei und der mit ihr assoziierten Gruppen verlässlich verbreitet. Auf der anderen Seite wird von „reißzahn“ und anderen auch AfD-Kritik geäußert. Die Partei sei zu systemkonform und angepasst. Wahrhaft revolutionär seien nur unangemeldete Versammlungen im Gegensatz zur taktischen Flexibilität der AfD in dieser Frage.
In der „Widerstand Cottbus“ ‑Gruppe gibt es zahlreiche personelle und organisatorische Schnittmengen zur örtlichen AfD. Mit-Administrator ist der Senftenberger AfD-Abgeordnete Matthias Stein. Bei der Landtagswahl 2019 scheiterte dieser nur knapp dabei, ein Direktmandat zu erringen [5]. Bei Telegram posiert Stein mit dem SS-Symbol der Schwarzen Sonne. Auch AfD-Kreischef Jean-Pascal Hohm erteilte am 18. Januar taktische Ratschläge: „Einfach nicht so viel Zeug schreiben, was einem auf die Füße fallen kann“. Zumindest Heiko Kolodzik beherzigt diesen Tipp nicht.
Diese Telegram-Gruppe dient der AfD und ihren Aktionen in Cottbus als Vergrößerung ihres Resonanzraums. Für einen Antisemiten wie Heiko Kolodzik sind die aktuellen Corona-Proteste ein Glücksfall: im sozialen Nahraum seiner Heimatstadt schenkt ihm im Zuge der aktuellen Mobilisierungen ein Publikum Aufmerksamkeit, dass eine vierstellige Größe hat. Sein Fall zeigt , dass auch härtester Rechtsextremismus in der Spaziergänger-Szene auf keinen Widerspruch mehr trifft. Die Fanatisierung bis hin zu brutalsten Gewalttaten, wie in Senzig, verläuft in Cottbus weiter ungebremst.
In der Antwort des Bundesministeriums des Inneren auf eine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau (Die Linke) heißt es: “Laut derzeitigem Kenntnisstand war der Tatverdächtige davon überzeugt, dass der Staat mit der Impfkampagne einen bösen Plan verfolge und die Weltbevölkerung um die Hälfte reduzieren und eine neue Weltordnung unter jüdischer Führung gründen wolle.” Neben antisemitischen Verschwörungsmythen soll sich der Täter in seinem Abschiedsbrief zudem rassistisch geäußert haben.
“Wir sind zutiefst erschüttert über vier weitere Todesopfer rechter Gewalt. Diese Tat zeigt erneut auf eindringliche Weise, welche enorme Gefahr von antisemitischen Verschwörungserzählungen innerhalb der Coronaleugner:innen-Bewegung ausgeht”, sagt Judith Porath, Geschäftsführerin der Opferperspektive — Beratungsstelle für Betroffene von rechter Gewalt.
Die Opferperspektive e.V. fordert eine gründliche Aufklärung der Tathintergründe
Dass die Tat durch die Ermittlungsbehörden offiziell als antisemitisch motiviert gewertet wird, ist ein wichtiger Schritt. Allerdings darf die Ermittlungsarbeit an diesem Punkt nicht aufhören.“Da kein Gerichtsverfahren stattfinden kann, brauchen wir eine öffentliche und lückenlose Aufklärung, wie es zu dieser furchtbaren Tat kommen konnte. Dazu zählen auch die politischen Motive”, so Porath weiter. Beantwortet werden muss, welche konkreten Umstände zu der Tat geführt haben und inwiefern coronaleugnende sowie rechte Netzwerke an der Radikalisierung des Täters beteiligt waren. Zudem ist genauestens zu prüfen, inwiefern Personen aus dem Umfeld des Täters etwas über dessen Tatvorhaben wussten und welchen Ursprung die Tatwaffe hatte.
Antisemitismus als zentrales Element der Coronaleugner:innen-Bewegungen darf nicht verharmlost werden
In Brandenburg wie auch in anderen Bundesländern hat sich rund um die Mobilisierung gegen die Infektionsschutzmaßnahmen ein verschwörungsgläubiges Milieu formiert. In großen Teilen wird dieses von Rechtsradikalen, Neonazis und Reichsbürger:innen getragen. Inzwischen bestimmen in immer mehr Brandenburger Orten Angehörige dieses Milieus das politische Klima und gefährden damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie bedrohen Menschen, die sich um die Umsetzung von Corona-Schutzmaßnahmen bemühen und schrecken auch vor physischen Angriffen nicht zurück. Die Tat von Senzig zeigt eindringlich die Gefahr, die von den antisemitischen und rassistischen Vorstellungswelten von Impfgegner:innen und Pandemieleugner:innen ausgeht.
Die politische Aufklärung dieser Tat und ein transparenter Umgang der Ermittlungsbehörden mit ihren Erkenntnissen sind deshalb für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Bewegung von zentraler Bedeutung.
Diese Auseinandersetzung mit den Morden und den politischen Entwicklungen, die zu ihnen führten, sind jedoch keine Aufgabe, die die Ermittlungsbehörden allein erfüllen können. Vielmehr sind die politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure im Land Brandenburg gefordert, alles dafür zu tun, dass sich die mörderische Ideologie, die den Taten zu Grunde lag, nicht weiter verbreitet und sich ein solches Verbrechen nicht wiederholt.
Vor 26 Jahren, am 20. Februar 1996 erlag der Punk Sven Beuter seinen schweren Verletzungen. Fünf Tage zuvor wurde er vom Neonazi Sascha L. brutal zusammengeschlagen. In Gedenken an Sven Beuter und gegen die weitere Verbreitung faschistischen, antisemitischen und rechtsextremen Gedankengutes ruft die “Initiative zum Gedenken an Sven Beuter” alle Interessierten zur Teilnahme an einer Kundgebung am 20. Februar um 17 Uhr an der Gedenkplatte vor der Havelstraße 13, dem Ort, an dem Zeug*innen die Tat beobachteten und eingriffen, auf.
Solche Taten gehören leider noch immer nicht der Vergangenheit an. Die grausamen Anschläge in Halle und Hanau sowie der skrupellose Mord an Walter Lübcke sind nur einige traurige Beispiele, welche Konsequenzen rechte Ideologien haben können. Dem muss sich die Zivilgesellschaft immer wieder und entschlossen entgegenstellen. Es ist nach wie vor wichtig, an die Opfer solcher grausamen Taten zu erinnern, ihnen zu gedenken und zu mahnen. Mit der in jedem Jahr stattfindenden Gedenkkundgebung möchten wir auch einen Beitrag leisten, den Mord an Sven Beuter im städtischen Bewusstsein wach zu halten.
Viele Städte und Dörfer im Land Brandenburg haben ihre eigene lokale Geschichte. Im Wandel der Zeit, von der Weimarer Republik, zum Nationalsozialismus, über die DDR bis zur heutigen Zeit hat die Geschichte Spuren hinterlassen. Sie handelt von Opfern und Täter:innen, es sind Spuren des Kampfes und Widerstandes, der Vernichtung und Befreiung. Manche Straßennamen und Denkmäler wurden im Zuge der neuen Geschichtsschreibung der politischen Umbrüche getilgt, einige ausgegrenzte Opfer- und Personengruppen hatten nie den erforderlichen Rückhalt oder es fehlen erinnerungspolitische Forschungen und Initiativen für ein Gedenken, manche lokale Geschichte mag unbequem sein und wird einfach verdrängt. Es sind jedoch auch Erinnerungsstätten in den letzten Jahren neu entstanden, sie machen Mut für mehr.
Historisches Erbe
Aktuelle Formen von Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus stehen immer im Kontext des historischen Erbes, auch wenn sich ihre Ausprägungen auf aktuell politische Themen berufen. Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus haben in Deutschland eine lange Tradition. Es gilt, den Faden der Erinnerung nicht abreißen zu lassen und das Wissen um die historische Verantwortung zu festigen. Es geht uns zum einen darum, der Opfer zu gedenken, sie sollen nicht vergessen werden. In unserer Erinnerung und unserem Gedenken geht es aber auch darum, aus der Geschichte zu lernen und neue Wege in einer Kampagne gemeinsam zu bestreiten, demokratisches und antifaschistisches Engagement zu fördern und solidarisch zu sein.
Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen
Die Normen und Werte des Zusammenlebens basieren auf jeder einzelnen Person in der Gesellschaft und auf ihrem alltäglichen Handeln. Ideologien und Meinungen der Ungleichheit, des Sozialdarwinismus und des Rassismus bringen die Gesellschaft und das Zusammenleben permanent ins Wanken. Unsere erinnerungs- und gedenkpolitische Arbeit zielt mit dem Gestern auf das Heute und das Morgen. Wir wollen Partei ergreifen, für die Opfer diskriminierender und rassistischer Gewalt von gestern und heute und fragen uns dabei, warum weiterhin Menschen in dieser Gesellschaft stigmatisiert, ausgegrenzt und verfolgt werden?
Antifaschistisches Gedenken und Erinnern stärken
Wir wollen keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit setzen. Als Linke und Antifaschist:innen sind wir Teil eines gesellschaftlich-historischen Prozesses, Geschichte und Gegenwart sind untrennbar miteinander verbunden. Wir erinnern an die Revolutionen und Arbeitskämpfe der Arbeiter:innenbewegung des letzten Jahrhunderts, an die nationalsozialistische Verfolgung und den Widerstand, aber auch an den Rassismus und Neonazismus in DDR und BRD, der zahlreiche Todesopfer forderte und deren Gefahr lange nicht gebannt ist. Überall im Land gibt es Leuchttürme erinnerungspolitischer Arbeit, oftmals von kleinen Gruppen und Initiativen getragen. Von der Prignitz bis in die Lausitz, von der Uckermark bis in den Fläming, wir wollen gemeinsam agieren und antifaschistische Erinnerung und Gedenken stärken.
Gemeinsam Gedenken, lokale Strukturen unterstützen
Exemplarisch für die antifaschistische Gedenk- und Erinnerungsarbeit haben wir uns für das Jahr 2022/23 einige erinnerungspolitische Ereignisse ausgesucht, die wir gemeinsam gestalten und begleiten wollen. Wir rufen dazu auf, im Februar am Gedenken für Sven Beuter in Brandenburg/Havel, im April am Gedenken an Phan Van Toan im Landkreis MOL, im Mai dezentral an die Gedenk- und Befreiungsfeierlichkeiten von Nationalsozialismus im ganzen Land, im Juli zum Gedenken an Emil Wendland in Neuruppin, an den Veranstaltungen im Gedenken an die Reichspogromnacht im November, sowie im Februar nächsten Jahres am Gedenken an Farid Guendoul in Guben teilzunehmen und die lokalen Strukturen zu unterstützen. Weitere Informationen zu den einzelnen Gedenkveranstaltungen, werden mit den lokalen Aufrufen separat veröffentlicht.
Gemeinsam sind wir stark – Erinnern heißt kämpfen!
Am 7. Und 8. Februar 1945 durchquerte der Todesmarsch ausgehend vom ehemaligen KZ Außenlager Lieberose/Jamlitz Potsdam. Die beinahe 2000 Häftlinge wurden von SS-Angehörigen und anderen Truppen über Goyatz, Teupitz und Zossen sowie Ludwigsfelde schließlich nach Drewitz getrieben. Nachdem es dort zu Erschießungen von „Marschunfähigen“ gekommen war, führte der Weg der Gefangenen weiter über Potsdam nach Falkensee, um schließlich zum KZ Stammlager Sachsenhausen zu gelangen. Auch wenn sich der genaue Weg der Häftlinge nicht mehr nachvollziehen lässt, so führte der Todesmarsch sichtlich durch das Blickfeld der Potsdamer Stadtbevölkerung.
Bereits vor den Todesmärschen waren nationalsozialistische Verbrechen der Deutschen und so auch der Potsdamer Bevölkerung unübersehbar, mehr noch sie partizipierte an ihnen. Als prägnanteste Beispiel gilt die NS-Zwangsarbeit. So verweist die Historikerin Almuth Püschel darauf, dass allein im Jahre 1944 rund 18.000 Zwangsarbeiter:innen in beinahe allen Potsdamer Betrieben schuften mussten. Dennoch sind Erinnerungen im kollektiven Gedächtnis der Potsdamer:innen an das nationalsozialistischen Massenverbrechen kaum und ein zentraler Erinnerungsort oder ritualisiertes Gedenken nicht vorhanden.
Seit dem letzten Jahr hat sich im soziokulturellen Zentrum freiLand eine Gruppe konstituiert, die sich nicht nur mit dem authentischen Ort und der dort ausgeübten Zwangsarbeit im ARADO-Rüstungsbetrieb während der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzt, sondern darüber hinaus einen zentralen Erinnerungsort schaffen will. Seit dem zwanzigsten Jahrhundert war das Gelände in und um das freiLand herum ein industriell genutzter Ort. In der Zeit des Nationalsozialismus befand sich hier die Hauptverwaltung der ARADO-Flugzeugwerke GmbH und eine Produktionsstätte des Konzerns. Auch hier mussten tausende Menschen aus verschiedenen Ländern Zwangsarbeit für den ARADO-Rüstungsbetrieb leisten, die werkseigenen Lager für Zwangsarbeiter:innen gehörten mit zu den größten in der Stadt Potsdam und befanden sich in unmittelbarer Nähe. Ein Großteil der Zwangsarbeiter:innen kam aus der Sowjetunion, insbesondere der Ukraine sowie aus den Niederlanden.
Das Geschichtsprojekt zur Zwangsarbeit bei ARADO im freiLand will an die vorangegangenen Initiativen und Arbeiten anknüpfen und einen erlebbaren Erinnerungsort schaffen. Dazu Hannes Richter: „Die Historie des Ortes, seine zentrale Lage, die vorangegangenen Bemühungen verschiedenster Initiativen und vor allem der bevorstehende Jahrestag der Einweihung des Mahnmals für die Zwangsarbeiter:innen im Dritten Reich auf dem freiLand-Gelände motivieren uns für die Schaffung eines Gedenkortes zum Thema Zwangsarbeit und ARADO.“ Im FreiLand erinnert seit dem 08. Mai 2013 ein Mahnmal an die Millionen Menschen, welche in der Zeit des Nationalsozialismus nach Deutschland verschleppt und zur Arbeit gezwungen wurden.
Für die weiterführende Auseinandersetzung und erinnerungspolitische Arbeit zur Errichtung eines Gedenkortes sucht das Geschichtsprojekt nun Erinnerungen, Dokumente und Materialien über diese Zeit. Von großem Interesse sind laut Hannes Richter vor allem Fotos, Dokumente, Filme, andere Materialien oder auch familiäre Berichte und Erlebnisse im Kontext der NS-Zwangsarbeit bei ARADO. „Vielleicht findet sich ja etwas in den Familienalben, auf dem Dachboden, im Keller oder in den Schränken“, so Hannes Richter. Alle Dokumente und Materialien, die wir erhalten, geben uns sicherlich Aufschluss über die damalige Zeit und werden sensibel behandelt und nur in Rücksprache mit den Besitzer:innen verwendet.
Mit dem Bau soll noch in diesem Jahr begonnen werden, die Fertigstellung ist für das Jahr 2025 geplant. Eine erste Demonstration findet am Mittwoch, den 9. Februar in Schönefeld statt. Die Route geht von der S‑Bahn Station Schönefeld (16:45 Uhr) bis zur Endkundgebung am Rathaus Schönefeld um 17:45 Uhr (Hans-Grade-Allee 11). Die Gegner*innen des Abschiebezentrums möchten den Druck auf die Kommunalpolitiker*innen erhöhen, die zur gleichen Zeit eine Sitzung in der Schönefelder Gemeindevertretung abhalten. Denn der Beschluss der Baupläne steht noch aus.
Im August 2021 kündigte das Brandenburgische Innenministerium an, in Schönefeld ein so genanntes „Ein- und Ausreisezentrum am Flughafen BER” zu bauen. Auf einer Fläche von 4 Hektar sollen Gebäude für Ankunft, Transit, Gewahrsam und Rückführungen entstehen. Am Flughafen BER gibt es bereits eine Einrichtung, in der Menschen vor ihrer Abschiebung bis zu 48 Stunden festgesetzt werden können: Der „Ausreisegewahrsam Schönefeld”. Das neue Abschiebezentrum würde die Haftkapazitäten massiv erweitern. Das Zentrum soll auf dem Gelände nördlich des jetzigen usreisegewahrsams gebaut werden.
Laut Alexis Martel, Pressesprecherin des Bündnisses „Abschiebezentrum BER verhindern”, „ist jede Form von Abschiebung und Inhaftierung ein gewaltvoller und zutiefst rassistischer Akt, den die Regierenden versuchen zu normalisieren, zu beschönigen oder unsichtbar zu machen. Durch den Zwang zur Erlangung von Visa und Aufenthaltstiteln, durch exklusive Asylverfahren und die Einweisung von Migrant*innen in Lager und Abschiebehafteinrichtungen wird Schwarzen Menschen und People of Color systematisch ein selbstbestimmtes Leben und die freie Wahl ihres Aufenthaltsortes verweigert. Deshalb werden wir uns gegen dieses neue Abschiebezentrum und gegen jede Inhaftierung oder Abschiebung von Menschen wehren”.
Das neue Abschiebegefängnis wird, wie bereits jetzt, einen Ort für Ausreisegewahrsam beinhalten, in dem Menschen für maximal zehn Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert werden können (§ 62b AufenthG). Außerdem wird es ein Transitgebäude geben, in dem mindestens zwei weitere Formen der Inhaftierung stattfinden werden: Erstens werden Menschen, die bei ihrer Ankunft am Flughafen BER einen Asylantrag stellen, in einem unfairen Asyl-Schnellverfahren mit erschwertem Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung oder Unterstützung vor Ort festgehalten (§ 18a Abs. 1 AsylG). Durch dieses Flughafen-Asylverfahren können ganze Familien – inklusive Kinder – wochenlang legal inhaftiert werden. Zweitens können Menschen bei der Einreise mit dem Flugzeug im Transitgebäude inhaftiert werden, noch bevor sie deutsches Territorium betreten und ihr Recht auf Asyl geltend machen können (§ 15 Abs. 6 AufenthG).
Der bisherige Planungsprozess war in hohem Maße intransparent und undemokratisch: Der Brandenburger Landtag wurde bei der Planung des Projekts umgangen. Derzeit wird davon ausgegangen, dass ein*e private*r Investor*in mit dem Bau des Zentrums beauftragt und das Gebäude erst nach Fertigstellung an das Land Brandenburg vermietet werden soll. Auf diese Weise wird vermieden, das Parlament um die Bereitstellung von Haushaltsmitteln zu bitten.
Mit dem Bau des Flughafens BER wurde der alte Schönefelder Flughafen zum BER Terminal 5 und wird seitdem hauptsächlich für Massenabschiebungen per Charterflüge genutzt. Alexis Martel kommentiert: „Der Name Schönefeld wird schon jetzt sehr stark mit Abschiebungen assoziiert. Fast jede Woche starten vom Schönefelder Flughafen Charterflüge zur Durchführung von Massenabschiebungen. Ein neues Abschiebezentrum wäre der letzte Tropfen, der Schönefeld bundesweit als Abschiebestadt bekannt macht”.
Für das Bündnis „Abschiebezentrum BER verhindern” ist klar: „Wir werden ein Abschiebezentrum am Flughafen BER nicht akzeptieren und so lange dagegen demonstrieren, bis die Pläne gestoppt werden!”
Unterzeichnende Organisationen:
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Flüchtlingsrat Berlin
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