Am 22. Januar kam es erneut zu einer rechten Kundgebung in Märkisch-Oderland. Auf dem Parkplatz des Kulturhaus Rüdersdorf fand eine schlecht beleuchtete Kundgebung des Brandenburger Landesverbandes der AfD unter dem Titel „Lockdown-Irrsinn beenden! Freiheit für Land und Bürger“. Diese ursprünglich für eine Durchführung in Oranienburg im Overhavelland geplante Veranstaltung wurde dort aufgrund der hohen Inzidenz in der anhaltenden Corona-Pandemie untersagt.
Birgit Bessin und Andreas Kalbitz (rechts) mit Mitgliedern der JA hinter einem Transparent des KVMOL
Neben Birgit Bessin, der Anmelderin und stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD, sprachen u.a. Kathi Muxel(MdL), Steffen Kotré (MdB) sowie Anna Leisten von der Jungen Alternative (JA) Brandenburg. Die Junge Alternative war mit ca. 10 Personen mit drei Fahnen und einheitlichen Mund-Nasen-Bedeckungen mit dem JA-Logo vertreten. Ebenso waren Mitglieder des AfD Ortsverbandes Wriezen vor Ort, die seit November 2020 wöchentlich einen Schweigemarsch mit knapp 20 Teilnehmenden in Wriezen organisieren. Entgegen des sonst kaum wahrnehmbaren und ohne Transparente ausgerüsteten Schweigemarsches hielten die Wriezener in Rüdersdorf Transparente der AfD Märkisch-Oderland empor.
Kreativer Protest…
Immer wieder musste die anwesende Polizei über die Veranstalterin darauf hinweisen lassen, dass der Abstand von 1,50 Meter zwischen den Kundgebungsteilnehmenden einzuhalten sowie ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen sei. So sah man unter den ca. 60 Teilnehmenden mehrere Personen ohne Mund-Nasen-Schutz, mit MNS unter der Nase oder aber nur mit dünnen Schals vor dem Gesicht. Birgit Bessin glänzte durch Abwesenheit eines MNS während der gesamten Veranstaltung. Mit Handschlag wurde der aufgrund seiner Neonazi-Vergangenheit aus der AfD ausgeschlossene ehemalige Vorsitzende der Brandenburger AfD, Andreas Kalbitz, neben der Bühne von den Anwesenden begrüßt und hofiert. Auch hier wieder ist ein Abwenden vom völkischen Flügel nur ein strategisches Lippenbekenntnis.
Trotz kurzfristiger Mobilisierung beteiligten sich 150 Personen an der Gegenkundgebung, welche durch die lokale Links-Partei organisiert war. Gemeinsam mit „Kein Acker der AfD“ wurde eine Menschenkette mit farbigen Abstandsbändern, Kerzen und Masken auf den Zugangswegen zur AfD-Kundgebung geformt. Roya Sobhani, Pressesprecherin des antifaschistischen Bündnis „Kein Acker der AfD“: „Wir möchten nicht, dass die AfD denkt, inmitten einer weltweiten Pandemie ungestört Kundgebungen abhalten zu können. Wo die AfD in Märkisch-Oderland und anderswo auftaucht, werden auch wir sein und protestieren.“
Im Landkreis Havelland stieg in den letzten Wochen die Anzahl der mit dem Corona-Virus Infizierten erheblich an. Mittlerweile liegt die 7‑Tage-Inzidenz mit Stand heute bei 295,71. Eine alarmierende Zahl, welche deutlich über dem Grenzwert von 200 liegt, ab dem Versammlungen, gemäß Brandenburgischer Corona-Verordnung, untersagt werden. Doch in Falkensee, mit etwa 44.000 Einwohnern immerhin die bevölkerungsreichste Stadt im Havelland, ließen sich Akteure der Telegram-Gruppe: „Das HAVELLAND steht AUF“ etwas einfallen, um sich dennoch treffen zu können. Sie nutzten eine „Hintertür“ in der Corona-Verordnung und meldeten ihre Versammlung einfach als „religiöse Veranstaltung“ an. Mit Erfolg – die Kundgebung durfte am frühen Montagabend am Falkenhagener Anger stattfinden.
Versammlung am Kriegerehrenmal
An einer nur sehr schwach beleuchteten Stelle des Grasplatzes, direkt an einem Kriegerehrenmal versammelten sich dann ab 18.00 Uhr etwa 25 Sympathisierende von „Das HAVELLAND steht AUF“. Begrüßt wurden sie vom Falkenseeer Stadtverordneten Thomas Fuhl (Parteilos), welcher als Moderator fungierte. Er sprach über die Wahl des Kundgebungsortes. Drei Bauwerke seien ihm zum Beispiel an diesem Ort wichtig. Drei Bauwerke die – bildlich gesehen – gleichwohl auch die Eckpfeiler der neuen Initiative bilden könnten . Da wäre die alte Schule, welche „Bildung“ symbolisiere und gemäß Fuhls Worten „eine ganz, ganz wichtige Säule“ sei, damit die Gesellschaft funktioniere. Als Zweites nannte er die Kirche, welche für ihn ganz klar einen Versammlungsort symbolisiere. Als drittes, wichtiges Bauwerk nannte Fuhl das Denkmal für die Gefallenen Soldaten des ersten Weltkrieges. Dies habe für ihn scheinbar eine mahnende Funktion. „Wenn Irritationen ihren Lauf nehmen, enden sie meistens in kriegerischen Auseinandersetzungen“, so Fuhl. In der Mahnung könnte aber auch ein Appell liegen, eine Ermahnung zur Einigkeit. Denn wenn Fuhl eines in Falkensee oder Brandenburg nicht haben wolle, wären dies „bürgerkriegsähnliche Zustände, weil die Leute der verschiedenen Gruppen nicht mehr miteinander reden“.
Verschwörungstheoretiker und Schwurbler willkommen
Auch die Administratorin der Telegram-Gruppe „Das HAVELLAND steht AUF“, eine Bürgerin aus Dallgow-Döberitz, möchte Frieden und darüber hinaus Liebe und Freude. So bekräftigte es die blonde Frau zumindest bei ihrer Rede am Montagabend. Sie wollen Menschen – insbesondere im Corona-Lockdown – vereinen. Jeder sei dazu willkommen, auch „Verschwörungstheoretiker“ und „Schwurbler“, wie die Frau explizit betonte. Und offenbar auch Stephan B aus Berlin, ein Sympathisant extrem rechter Organisationen, der momentan als vermeintlicher Pressevertreter für das Format: „Volksbote“ aktiv ist und entsprechend gefärbte Artikel schreibt. Er wurde – gemäß Chatprotokoll –sogar persönlich von der Administratorin von „Das HAVELLAND steht AUF“ eingeladen.
Ziel: „Erweckung des Havellandes“
Der angeblich religiöse Hintergrund der Versammlung spielte hingegen nur am Rande – beispielsweise beim Beten eines „Vaterunsers“ durch Thomas Fuhl – eine Rolle. Bereits im Telegram-Chat hatte die Administratorin von „Das HAVELLAND steht AUF“ jedoch erkennen lassen, dass die Veranstaltung eigentlich anderen Zwecken diene, insbesondere der Vernetzung und der Erweckung des Havellandes. Dazu wurde auch die Flugschrift „Demokratischer Widerstand“ verteilt, deren Autoren im vergangenen Jahr die berüchtigten Berliner „Hygienedemos“ initiiert hatten. Im Telegram-Chat von „Das HAVELLAND steht AUF“ teilte die Administratorin darüber hinaus auch Artikel des extrem rechten Compact-Magazins.
Die Kameradschaft „Alternative Nationale Strausberg Dart‑, Piercing- und Tattoo-Offensive“ wurde 1998 von Rene Berger gegründet, um die vorher eher als lose Cliquen ansäßigen Nazis in Strausberg zu organisieren. Unterstützung bekam er dabei von Daniel Hermann. Beide konnten dabei auf eine große Zahl Jugendlicher aufbauen, die bereits rechtes Gedanken gut hatten und Linke, Migrant*innen und vermeintlich Andersdenkende regelmäßig angriffen. Auch das linke Zentrum Horte, Vereinsräume des Alternatives Jugendprojektes 1260 e.V. war zu diesem Zeitpunkt öfter Ziel von Angriffen aus dem Spektrum dieser rechten Jugendlichen.
Teile der ANSDAPO 2004 u.a. Björn Zander, Daniel Hermann und Rene Berger
1998 kam Berger gerade aus dem Gefängnis frei, in dem er seit 1994 wegen des Mordes an Hans Georg Jakobson saß. Als Haupttäter wurde er zu 8 Jahren Haft verurteilt, die beiden damaligen Neonazis und Mittäter Henry Günther und Thomas Domke zu jeweils 6 Jahren. Während seiner Haft wurde Berger durch die Hilfsgemeinschaft für Nationale Gefangene (HNG) betreut. Bereits 1998 kam Berger – offiziell wegen guter Führung – jedoch wieder frei und begann prompt mit dem Aufbau rechter Strukturen in der Region. Seine damalige Partnerin Ilona Hermann, Mutter der Neonazis Daniel und Kay Hermann stellte die gemeinsame Wohnung für Nazi-Treffen zur Verfügung. Die Wohnung lag in Strausberg Vorstadt. Das Eckhaus in der Bahnhofstraße/Ernst-Thälmann-Straße wurde auch Jahre darüber hinaus von Nazis bewohnt. Die Aktivitäten der frischen Kameradschaft waren vielfältig. So beteiligten sich u.a. Rene Berger an einem Infostand der NPD in Strausberg, in dem er als Ordner auftrat. Auch Konzerte wurden organisiert, wie im November 1998. Hier waren Nazis der Berliner Blood&Honour Strukturen vor Ort, zu denen Berger und Hermann Kontakte aufgebaut hatten. Der Erlös des Abends ging an die HNG.
Die Nazis sammelten und trafen sich an verschiedenen Orten in Strausberg Vorstadt und nutzen auch die Jugendclubs „PIO“ und „Domizil“ als Anlauf- und Treffpunkte. In den folgenden Jahren beteiligten sich regelmäßig Nazis aus dem ganzen Landkreis und Städten wie Eberswalde, Fürstenwalde oder Eisenhüttenstadt an Angriffen in Strausberg – meist mit verschiedenen Schlagwaffen ausgerüstet. Dies zeigt zum einen, welche Strahlkraft die ANSDAPO im Landkreis Märkisch-Oderland hatte, aber auch, wie vernetzt die Neonazis waren. Ein besonderer Fokus muss hierbei auf die Kontakte zur Berliner Band Landser gelegt werden, die zu diesem Zeitpunkt schon als kriminelle Vereinigung eingestuft wurden.
Die ANSDAPO trat sehr elitär auf und Anwerber mussten stets ein Aufnahmeritual über sich ergehen lassen. Dies führte zwar dazu, dass die Mitgliederzahl relativ gering war, dafür die Mitglieder aber oft steile Gewalt- oder neonazistische Karrieren vorweisen konnten. Wie Falco Hesselbarth, dessen Mutter Liane Hesselbarth für die DVU kandidierte, oder Björn Zander, der seit 1995 mehrere gewalttätige Übergriffe und Raube zu verantworten hat und schon mehrmals in Haft saß. Als Symbolik nutzte die Kameradschaft eine gelb eingefärbte schwarze Sonne. Der Schriftzug ANSDAPO wurde in Frakturschrift geschrieben. Im Laufe der Zeit haben sich die ANSDAPO-Mitglieder und ihr Umfeld vielfältigen Merchandise mit der Symbolik bedruckt und angeeignet. Ansonsten traten die sie im Stiefelnazi- und Skinheadstyle der 90er Jahre auf.
2004 nahmen mehrere Mitglieder der ANSDAPO an Aktionen des Märkischen Heimatschutzes (MHS) teil, dessen damaliger Ansprechpartner der Strausberger Sebastian Schmidtke war.
Propagandamaterial, Merchandise und Waffen: Funde bei den Hausdurchsuchungen 2005
2005 kam das Verbot der ANSDAPO wegen der geistigen Nähe zum Nationalsozialismus [1]. Es folgten 19 Hausdurchsuchungen, sowie eine Zellendurchsuchung des bereits inhaftierten Zanders. Gefunden wurden Waffen (auch eine Schusswaffe), Propagandamaterial und Datenträger [2]. Kurz vor dem Verbot versuchte die ANSDAPO die Kameradschaft noch in eine Vereinsstruktur zu überführen, was dann nicht mehr gelang. 2008 wurde das Verbot rechtskräftig.
Weiterbetätigung nach dem Verbot der ANSDAPO
Das Verbotsverfahren und die damit verbundene Repression hielt die Nazis nicht davon ab, ihr altes Schema fortzuführen. 2008 überfielen die Nazis den Jugendclub Strausberg Vorstadt, der zu diesem Zeitpunkt in Trägerschaft der Alternativen Jugendprojektes 1260 war. Unter den Angreifern waren Sven Wartmann, Daniel Hermann, Kay Hermann und Falco Hesselbarth – alles ehemals Aktive der ANSDAPO. Auch tauchte im Zeitraum 2008/2009 eine CD der Gruppe „Projekt 8.8“ unter dem Titel „Unter blutrotem Banner“ auf, auf der neben diversen Hakenkreuzfahnen auch das Logo der ANSDAPO zu finden ist.
CD der Band “Projekt 8.8” mit ANSDAPO Logo 2008
Dennoch konnte im Folgenden eine Abnahme der Aktivitäten und gewalttätigen Angriffe beobachtet werden. Die Mischung aus Repression, aber auch das älter werden und Familiengründungen wirkte. Neben einem langen Vorstrafenregister hatten viele mittlerweile auch Familien und Kinder, welche auch Teil der neonazistischen Subkultur wurden. Einige Akteure verschwanden aber auch von der Bildfläche.
Auch wenn bei den Razzien beim Verbotsverfahren viel Merchandise beschlagnahmt wurde, hatten die Nazis keine Probleme sich ihr Kleidungsrepertoire einfach wieder anzuschaffen. Über den MHS hatten sie Kontakte Christian Banaskewicz, der immer wieder verschiedene neonazistische Versände betrieb. Shirts und Co druckte Banaskewicz selbst im Textildruck Eberswalde in der Freienwalder Straße 80a. Über den Textildruck Eberswalde, der verschieden Merchandise für Rechtsrock-Bands druckte, konnten die Nazis hier alles mit ihren Logos bedrucken. Falco Hesselbarth posiert verschiedene Male als Model für die Kleidung, die Banaskewicz online verkauft. Heute dient die Adresse des ehemaligen Textildrucks in Eberswalde als Impressum für den Online-Versand von der Neonazi-Band „Exzess“.
Falco Hesselbarth mit Schlauchtuch als Model für den NMV Versand
Rene Berger gehörte zu denen, die das Verbot schlichtweg ignorierten und weiterhin mit Pullovern und T‑Shirt in der Öffentlichkeit auftrat, auf denen das verbotene Logo der ANSDAPO mit Schriftzug zu sehen war. In der Zwischenzeit waren ehemalige Mitglieder der ANSDAPO auch immer wieder als Security in der Stadt Strausberg oder bei Dorffesten der umliegenden Dörfer eingesetzt. So trat Daniel Hermann nicht nur bei Dorffesten in Zinndorf auf, wo er mittlerweile hingezogen ist, sondern auch bei Feiern der Stadt Strausberg im Auftrag der Firma „One Security“.
Da die ANSDAPO sich auch regelmäßig im öffentlichen Raum traf oder Privatwohnungen nutzte, konnte das Verbot den Treffpunkten nichts anhaben. Einer dieser Orte bildete der Hof von Daniel Hermann in Zinndorf. Dieser wurde nicht nur zum „Herrentag“ regelmäßiges Ziel von gemeinsamen Ausflügen, auch zu anderen Anlässen fanden sich dort immer wieder Neonazis ein, teilweise reisten diese auch überregional an. Auch an den gemeinsamen Fahrten nach Berlin, um gemeinsam mit Michael „Lunikoff“ Regener einen trinken zu gehen, hat sich bis heute wenig geändert. Außerdem waren und sind die Nazis regelmäßig in ihrer Stammkneipe in Strausberg Vorstadt anzutreffen — heute unter dem Namen “Gaststätte zur Endstation” und immer noch Anlaufpunkt für die Nazis. Hier konnten sie auch aktiv junge Neonazis an werben. Um Dominik Schiöberg und Kevin Jenning gab es eine Gruppe von ca. 5 Personen, die dem Jungsturm angehörten. Der sogenannte Jungsturm sollte die Jugendorganisation der ANSDAPO sein und trat mit einem ähnlichen Logo auf. Aufmerksam machte die Jugendorganisation von sich, als sie unter Beteiligung von Rocco Meihs eine antifaschistische Gedenkkundgebung stören wollten. Dominik Schiöberg versuchte sich nach seinem Schulabschluss als Security und begann eine Ausbildung. Wie andere Neonazis auch, arbeitete er bei „One Security“. Nachdem seine neonazistischen Aktivitäten öffentlich gemacht wurden, musste er die Ausbildung abbrechen und wurde Fleischer. Mittlerweile arbeitet er gemeinsam mit Kevin Jenning im REWE Supermarkt in Rehfelde. Rocco Meihs arbeitet als Krankenpfleger in Strausberg.
Am Rande einer antifaschistischen Gedenkkundgebung 2013: Kevin Jennig, Tine Karkowski, Marc Pfister, Dominik Schiöberg und Rocco Meihs
Wiederbelebung der ANSDAPO als AO Strausberg
Seit 2015 agieren ehemalige Mitglieder der ANSDAPO und des „Jungsturm“ unter dem Namen „AO Strausberg“. Wie schon die ANSDAPO sie als vermeintliche Rocker auf, tragen Kutten und Motorradbekleidung. Auf diesen findet sich auch das ehemalige Logo der ANSDAPO, nun mit AO Strausberg in Frakturschrift. Am Skinhead-Outfit hat sich bei den Mitgliedern seit den 90er Jahren meist wenig verändert. Es zeigen sich enge Vernetzungen zu weiteren rechten und neonazistischen Gruppierungen. Bei den rechten BraMM-Demonstrationen 2015 kamen die Mitglieder geschlossen und traten martialisch auf. Auf der von Lars Günther (heute Brandenburger MdL für die AfD) organisierten rassistische Demonstration im Dezember 2015 in Strausberg Vorstadt stellte die AO Strausberg die erste Reihe [3]. Mit dabei waren Kevin Jenning, Tino Burkart, Markus Hickstein, Rene Berger, Rocco Meihs, Dominik Schiöberg und weitere. Björn Zander fuhr den Lautsprecherwagen. Dass die AO bei der Demo eine tragende Rolle einnahm, hängt mit ihren Kontakten nach Bad Freienwalde zusammen. Schon bei den Kundgebungen, die Lars Günther in Bad Freienwalde organisierte, vermittelte Robert Gebhardt Kontakte in die organisierte Naziszene, die dort Ordner*innen stellt. So dann auch in Strausberg. Gebhardt war selbst mit einigen anderen Nazis aus Bad Freienwalde bei der Demo anwesend. Gebhardt als Kader der Kameradschaft Märkisch-Oder Barnim (KMOB) pflegte schon lange vorher Kontakte mit Strausberger Neonazis. 2010 organisierte die KMOB nicht umsonst eine ihrer Demos auch hier in Strausberg.
Der Rest der Bagage: Dominik Schiöberg (mit Fähnchen) und UnbekanntMitglieder der AO halten das Fronttransparent bei der von Lars Günther angemeldeten Demo in Strausberg 2015. v.r. Markus Hickstein (Fred Perry Mütze), Rocco Meihs (Schwarze Mütze), Rene Berger (mit Kapuze), Tino Burkart (mit Nasenpiercing), unbekannte Glatze, Kevin Jenning (halb verdeckt).Robert Gebhardt bei der von Lars Günther angemeldeten Demo 2015 in Strausberg
Auch nahmen Zander und zwei weitere an einer rassistischen Demonstration in Frankfurt (Oder) im Februar 2016 teil [4]. Die rassistischen Mobilisierungen dieser Zeit scheinen der Startpunkt für eine erneute straffe Organisation der Nazis gewesen zu sein, die seit dem Verbot der ANSDAPO nicht mehr als nach außen offen erkennbare Struktur auftraten. 2016 kam es durch Björn Zander zu einem Angriff auf einen alternativen Jugendlichen in der Strausberger Altstadt. [5]
Auffällig ähnlich der ANSDAPO ist auch die Nähe zur rechten Musikszene, wie sie in Strausberg durch die Neonazi-Band „Exzess“ rund um Tobias Vogt gegeben ist. Es ist davon auszugehen, dass die Bandmitglieder Daniel Köhring und Patrick Alf, die beide ihre Jugend in Strausberg und Umgebung verbracht haben, im Fahrwasser der ANSDAPO politisiert wurden. Übrigens schmückte das Demo-Album von Exzess aus dem Jahre 2009 eine Schwarze Sonne auf dem Cover. Das Alf 2008 für die DVU antrat, zu der die ANSDAPO enge Verbindungen hatte, muss da kein Zufall sein. Auch zu Enrico Hoffmann alias Onkel Spider haben die Mitglieder der AO gute Kontakte. Exzess warb 2016 damit, sich bei Hoffmann das Bandlogo tätowieren zu lassen. Sein Studio „Final Solution“ liegt in Grünheide bei Erkner. Hoffmann tauchte auch bei den rassistischen Mobilisierungen 2015/16 in Strausberg auf.
2017 sind mehrere Mitglieder derAO Strausberg, darunter erneut Björn Zander, auf dem „Rock gegen Überfremdung“ in Themar dabei [6] . Außerdem machte die AO Strausberg 2017 Saalschutz und Getränkeverkauf bei einem Konzert der rechten Band „Feuer Frei“. In dieser ist Kai Hasselmann aus dem Barnim aktiv. Andere Mitglieder kommen auch aus dem Barnim und treten mit Kutten der Bruderschaft Barnimer Freundschaft auf. Auch dies ist eine Verbindungslinie der ANSDAPO zur heutigen AO. Hervorzuheben ist hier insbesondere die Nähe zu Patrick Krüger. Dieser ist nicht nur Teil von Barnimer Strukturen wie der „Sturmgruppe 44“ in der auch Hasselmann aktiv ist, sondern er besitzt direkte Kontakte nach Strausberg und Umgebung. Eine enge Freundschaft hegt er mit dem in Eggersdorf wohnenden Marcel Thorn. Dieser wiederum steht mit der AO Strausberg in Kontakt. Dass Krüger aber direkt nach Strausberg Kontakte hat, zeigen seine Anwesenheit bei Konzerten und freundschaftlicher Umgang mit Exzess. Auch er war bei einer BraMM Demonstration anwesend.
Marcel Thorn (rechts) und Patrick Krüger in Eggersdorf
Die AO besitzt in Strausberg Vorstadt Räumlichkeiten, wo sie kleinere Feiern und Konzertabende durchführen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Ort auch als Lager für den eigenen Merch in Form von T‑Shirts und Kutten genutzt wird.
Das einheitliche Auftreten als Gruppe der gleichen Personen mit dem gleichen Logo weisen neben den ähnlichen Aktivitäten stark darauf hin, dass es sich bei der AO Strausberg um eine Nachfolgeorganisation der ANSDAPO handelt. 2018 tauchten Mitglieder der AO Strausberg mit T‑Shirts mit der Aufschrift „20 Jahre AO Strausberg“ auf, wobei sich hier wohl eher auf das Gründungsdatum der ANSDAPO bezogen wird. Auch an anderer Stelle verwiesen die Mitglieder der AO auf das Jahr 1998, so wird zu der Buchstabenkombination AOSRB auch gerne die 98 dazu gefügt. Entgegen der früheren ANSDAPO sind die Kameraden der AO weniger auf öffentlich wirksame Aktionen aus und fröhnen stärker dem NS-Lifestyle. Dennoch ist diese Gruppe nicht zu unterschätzen, wie der Angriff 2016 durch Björn Zander zeigte. Immerhin gehören ihr mehrfach verurteile Gewalttäter und Mörder an.
Zuletzt waren Mitglieder der AO Strausberg vermutlich beim dezentralen „Heldengedenken“ in Form eines Fackelmarsches des III.Weg im November 2020 in Strausberg dabei. Hier ist zu vermuten, dass sich aufgrund der gemeinsamen politischen Ziele auch personelle Überschneidungen ergeben.
Unklar ist, warum der Verfassungsschutz und das Land Brandenburg, denen diese Parallelen und Aktivitäten auch bekannt sind, bisher nicht aktiv werden und die AO Strausberg als Nachfolgeorganisation der ANSDAPO verbieten. Vielleicht ist hier der Schutz von V‑Männern wichtiger als das Durchgreifen gegen gewaltbereite Neonazis?
Kundgebung statt Demonstration
Wir hatten gehofft, dass eine Demonstration am 20. Februar möglich sein wird. Leider müssen wir euch nun mitteilen, dass es keine Demonstration geben kann, da laut dem aktuellen Pandemie/Demonstrationsbestimmungen nur Kundgebungen erlaubt sind und keine Demonstrationszüge. Daher wird am 20. Februar um 13 Uhr in der Havelstraße 13 eine antifaschistische Gedenkkundgebung für Sven Beuter stattfinden. Bis zu diesem Ort hatte der Totschläger Sascha L. Sven Beuter geschliffen und an dieser Stelle wurde 2007 auch eine Gedenkplatte für Sven Beuter verlegt.
Wir bedauern sehr, dass es keine Demonstration geben kann. Wir hoffen, dass ihr trotzdem den Weg in die Havelstraße 13 findet um Sven Beuter zu gedenken.
Infektionsschutz
Wir bitten euch während der gesamten Kundgebung einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen und nach Möglichkeiten die Mindestabstände zu wahren.
Solltet ihr nach der Kundgebung einen positiven Test haben, schreibt uns das gerne verschlüsselt per Mail und wir kommunizieren dann, dass die Menschen, die bei der Kundgebung waren, in den kommenden Tagen entsprechend noch aufmerksamer sein sollten etc.
Neonazis und Autokorso von Querdenkern
Seit dem es ein Gedenken an den ermordeten Sven Beuter gibt, gehören neonazistische Störungen der Veranstaltungen dazu. Seit 2015 nahmen diese Störungen allerdings ab und zuletzt gab es keine mehr. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass es erneut zu Störungen kommen kann. Sollte das der Fall sein, bitten wir euch, besonnen zu reagieren.
Ebenfalls findet am 20. Februar um 14 Uhr am Wiesenweg ein Autokorso von „Brandenburg steht auf“ statt. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Coronaverharmloser*Innen, Verschwörungserzähler*Innen, Coronaleugner*Innen und auch Rechten. Der erste Autokorso fand am Samstag den 6. Februar 2021 mit ca. 150 Fahrzeugen statt und fuhr über 2 Stunden im gesamten Stadtgebiet eine Runde. Wir gehen nicht davon aus, dass der Korso an der Kundgebung vorbei fahren wird. Allerdings wird man deren Hupen wahrscheinlich auch am Kundgebungsort hören.
Die Polizei
Das Verhalten der Polizeikräfte und die Anzahl der eingesetzten Bediensteten lässt sich nur schwer abschätzen. In der Regel ist die Polizei bei Veranstaltungen von Neonazis und dementsprechenden Gegenprotesten immer massiv präsent gewesen, bei den vergangenen Gedenkveranstaltungen hielt sie sich jedoch zurück und es wurden nur wenige Bedienstete eingesetzt. Bisher machte die Polizeiführung eher den Eindruck, als wollte sie die Gedenkkundgebung ruhig und ohne größere Probleme durchführen.
Hintergrund
7. November 1992: Rolf Schulze wird in Lehnin von drei Neonazis zusammengeschlagen, ertränkt und verbrannt.
20. Februar 1996: Sven Beuter wird in Brandenburg an der Havel von einem Neonazi zu Tode getreten.
Wir erinnern an Sven Beuter, Rolf Schulze und an die mehr als 200 Todesopfer faschistischer Gewalt in Deutschland allein seit 1990. Die beiden Fälle eint, dass die Menschen von bekennenden und organisierten Neonazis ermordet wurden. Beide Männer mussten sterben, weil sie „kein Recht, [haben] unter der strahlenden Sonne zu leben“, wie es einer der Mörder von Rolf Schulze während der Gerichtsverhandlung verlauten ließ.
Rolf Schulze war zu seinem Todeszeitpunkt im Jahre 1992 wohnungslos und schlief häufig auf Bahnhöfen. Des Weiteren ging er keiner geregelten Arbeit nach. Dies allein machte ihn zum potentiellen Opfer. Die drei Täter sahen in ihm nur eine Belastung für die Gesellschaft und befanden daher, dass sie im Sinne dieser agieren würden, indem sie Rolf Schulze misshandelten und letztendlich töteten. Aus ihrer Ideologie machten sie während der Gerichtsverhandlung keinen Hehl. Auch gaben sie offen zu, in verschieden neonazistischen Gruppierungen aktiv zu sein. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass ihre Handlung nicht im Affekt geschehen ist, sondern letztendlich die Folge ihrer Weltanschauung war. Nach dieser haben nur Menschen ein Recht zu leben, die einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellen.
Ähnlich verhält es sich bei dem Mord an dem alternativen Jugendlichen Sven Beuter. Er wurde von dem noch heute in der Neonaziszene aktiven Sascha L. ermordet. L. versuchte zwar während der Gerichtsverhandlung Reue zu zeigen, tat dies nachweislich jedoch nur, um mit einer milderen Gefängnisstrafe davon zu kommen. Nach Beendigung der Haftstrafe machte er da weiter, wo er vor dem Mord aufgehört hatte.
Seit dieser Gewalttat im Jahre 1996 gab es immer wieder Gedenkveranstaltungen, die versuchten, den Mord nicht auf eine Auseinandersetzung von rivalisierenden Jugendgruppen zu reduzieren, sondern die politische Dimension klar zu benennen. An diese Tradition gilt es in diesem Jahr anzuknüpfen. Denn solche Morde, als auch die zahlreichen Übergriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte, geschehen nicht von ungefähr. Sie sind die logische Konsequenz der Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems und faschistischer Denkmuster.
Wir mahnen, die Auswirkungen menschenverachtender Ideologien nicht aus den Augen zu verlieren und stets unsere Stimmen gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung zu erheben. Gemeinsam müssen wir den gesellschaftlichen Rechtsruck mit Solidarität und Entschlossenheit stoppen und unsere Vorstellungen von einer offenen, antikapitalistischen und freien Gesellschaft leben und verbreiten.
Die Auswirkungen des Terrors der Nationalsozialisten*innen sind für viele Menschen bis heute präsent und spürbar. Das Aufkommen und der Radikalisierungsprozess der AfD steht in der ungebrochenen Tradition deutscher Faschist*innen, das Dritte Reich wieder aufleben lassen zu wollen, den Menschen ihr Selbstbestimmungsrecht zu nehmen und sie in Kategorien einzuteilen. Dies führt von Ausgrenzung über Diskriminierung bis hin zum Mord, wie bei Rolf Schulze und Sven Beuter.
Wir mahnen, aus der Geschichte zu lernen und sich mit aller Kraft gegen jegliche antiemanzipatorischen Strömungen zur Wehr zu setzen.
Eine solidarische und antifaschistische Gesellschaft ist möglich!
Wir kämpfen selbstbewusst für eine offene und freie Gesellschaft – frei von Ausbeutung, Ausgrenzung und Diskriminierung. Egal wo und in welcher Form kapitalistische und faschistische Denkmuster auftreten, ist es unsere Aufgabe, ihnen auf jeder Ebene entgegenzutreten und sie mit allen Mitteln zu bekämpfen.
Zum letzten großen Gedenken 2016 gingen wir intensiv in unserem Aufruf auf die rassistischen Mobilisierungen ein. Jetzt, fünf Jahre später, erleben wir eine Art Revival dieser Mobilisierungen. Dieses Mal laufen wieder vermeintlich besorgte Bürger*innen Seite an Seite mit Rechtsextremist*innen. In Brandenburg an der Havel gehen seit dem 2. November nun jeden Montag rund 300 Corona-Verharmloser*innen mit Rechtsextremist*innen unter dem Label „Brandenburg steht auf“ auf die Straße. Mit dabei ist auch die AfD. Sie fordern die sofortige Beendigung des „Lockdowns“. Damit werden wirtschaftliche Interessen vor die Gesundheit von Vorerkrankten und anderen Risikopatient*innen gesetzt. Darin lassen sich Tendenzen zu faschistisch-kapitalistischen Denkmustern erkennen. Menschen, deren Arbeit als vermeintlich weniger Wert eingeschätzte wird, wird das Recht auf Leben abgesprochen. Hinzu kommen weitere Überschneidungen in der Gesinnung bzw. Ideologie. So glauben sowohl Rechtsextreme als auch Querdenker*innen an eine geheime Elite, welche im Verborgenen agieren würde. Für Rechtsextreme steht hierbei klar fest, wer die Fäden in der Hand hält. Sie glauben an eine jüdische Weltherrschaft und bedienen damit das alte antisemitische Feindbild. Es ist daher auch nicht weiter verwunderlich, dass sich die Demonstrant*innen von „Brandenburg steht auf“ mit dem Vorwurf des Rechtsextremismus konfrontiert sehen.
Hier ist es unsere Aufgabe, diese Denkmuster zu entlarven, sie als falsch, gefährlich und menschenverachtend zu benennen und sie mit aller Härte zu bekämpfen. Wenn wir jetzt keine entschlossene und entschiedene antifaschistische Antwort auf diese Mobilisierungen geben, werden wir die Konsequenzen noch weitreichend zu spüren bekommen. Das könnte sich beispielsweise in einer noch stärkeren AfD auswirken, die weiterhin alles bekämpft, das sie links der CDU verortet, ihnen Mittel kürzen will, wie dem Landesverband der Falken Brandenburg oder emanzipatorische Projekte wie das Utopia e.V. in Frankfurt/Oder angreift. Dem gilt es überall und geschlossen entgegenzutreten. Wann immer jemand versucht, Minderheiten aus der Gesellschaft auszugrenzen und zu diskriminieren, findet ein Angriff auf unsere Gesellschaft statt, zu der ethnische und kulturelle Vielfalt dazugehört. Wir kämpfen gegen das Vergessen von zwei Morden durch Neonazis und deren faschistischen Weltbilder, wie sie leider bis heute tief im Denken vieler Menschen verankert sind. Niemand hat das Recht zu entscheiden, welches Leben (lebens)wert ist und welches nicht. Daraus ergibt sich für uns auch die Notwendigkeit des Kampfes gegen die Coronaverhamloser*innen. Nie wieder Faschismus heißt auch Geschichtsrevisionist*innen, die gerade einen Aufwind bekommen und Anschluss bei de Coronaverhamloser*innen finden, zu bekämpfen. Niemand ist vergessen! Nichts ist vergeben!
Deshalb:
Organisiert euch! Wehrt euch! Kämpft!
20. Februar 2021 – 13 Uhr – Hauptbahnhof Brandenburg an der Havel – Antifaschistische Gedenkdemonstration
Rainer Thiel ist Fraktionsvorsitzender der AfD in Strrausberg und Kreistagsabgeordneter in Märkisch-Oderland – und befördert mit seinen Facebook-Posts rechte Umsturzpläne. Dem Jahreswechsel im Lock-Down sieht er frohlockend entgegen: „Bis dahin braut sich einiges zusammen warten wir es ab, wenn dann knallt es richtig“ (sic). Hiermit sind keine Böller und Raketen gemeint, sondern ein „Volksaufstand“. Damit spielt er auch auf die rechten und von Corona-Leugner*innen wie “Querdenken” geplanten Demonstrationspläne an Silvester in Berlin an, die aufgrund des aktuellen Shut-Down verboten worden sind, und doch weiterhin mobilisieren. Rainer Thiel war auch bei der bundesweiten Großdemonstration am 29.08.20 in Berlin, als von Coronaleugner*innen und Neonazis versucht wurde, das Reichstagsgebäude zu stürmen.
Thiels Auftreten in den Sozialen Medien ist geprägt durch eine abstruse Mischung auf rechter Propaganda, Urlaubserlebnissen und übergriffigem Verhalten. Mehrfach belästigte er bei Facebook junge Frauen* mit sexualisierten Postings. Zusätzlich betreut er die Facebook-Seite des AfD-Ortsverband Strausberg i.G., welche jedoch hinter dem aggressiven Massenpostings anderer AfD-Seiten zurückbleibt und eher wie ein unregelmäßig erscheinender Newsletter wirkt.
Auf seiner Facebookseite schwadroniert der AfD-Lokalpolitiker mit einigen seiner virtuellen FreundInnen über den Umsturz in der Bundesrepublik. Dass rechte Netzwerke den Sturz der Regierung planen oder sich auf den Tag X vorbereiten ist nichts Neues. Erst in der letzten Woche wurden ein großes Waffenarsenal in Österreich beschlagnahmt, mit dem eine rechte Miliz in Deutschland aufgebaut werden sollte – so der Verdacht. „Fordern Politiker*innen, die auf Basis demokratischer Wahlen in ihr Amt gekommen sind, ihre Anhänger*innen öffentlich zum Umsturz auf, werden auch weiterhin Waffenfunde, die „Entdeckung“ rechte Netzwerke und Morde durch Rechtsextremisten an der Tagesordnung stehen. Politiker der AfD sind – wie eh und je – geistige Brandstifter. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern zeigt sich hier der Einfluss des völkischen Flügels.“ so Roya Toulany, Pressesprecherin des antifaschistischen Bündnis “Kein Acker der AfD”. „Wenn sich Mitglieder der AfD immer noch fragen, warum sie in Brandenburg als rechtsextrem eingestuft werden, können wir nur empfehlen, einen Blick auf die Kommunikationskanäle der KommunalpolitikerInnen zu werfen.“
Zeichen setzen für unsere Brandenburger Zivilgesellschaft. Ein Appell anlässlich der Angriffe vonseiten der AfD-Landtagsfraktion
Autokratische, antidemokratische und nicht zuletzt faschistische Tendenzen sind weltweit ein Problem. Zwar ist das Vertrauen in die demokratischen Institutionen nach wie vor hoch. Doch die vielen Debatten, Demonstrationen und gar Terroranschläge darüber zeigen auch: Die Zwietracht ist gesät und viele beginnen, das Selbstverständliche mit anderen Augen zu betrachten. Und manche überlegen bereits: Wenn man die Demokratie zerstören wollte – wie und mit wem wäre zu agieren? Und nicht wenige Beziehungen, global oder auch in Frankfurt Oder und Słubice, führen zur AfD.
So wird klein Angefangen. Und dafür kann man auf die demokratischen Institutionen selbst zurückgreifen. Etwa, indem man im Landtag „Kleine Anfragen“ zu Akteur*innen der Zivilgesellschaft stellt, die vor allem eines demonstrieren sollen: „Wenn wir kommen, wird „aufgeräumt“!“ So getan hat es kürzlich die brandenburgische AfD-Fraktion, indem sie die Landesregierung nach „Erkenntnissen“ zum „Utopia e.V.“ aus Frankfurt (Oder) fragt – und Informationsveranstaltungen (wie Thementage zu Nationalismus und Antisemitismus), Demonstrationsvorbereitungen (wie zur Pride oder Seebrücke), Seminare und Konzerte sowie Kulturveranstaltungen in die Nähe des extremistischen drängen möchte. Als seien solche Aktivitäten nicht die Grundlage der Demokratie.
Die AfD „fragt“ gerne und oft zu Vereinen und Initiativen, die sich gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen, vor allem wenn sie im zivilgesellschaftlichen Netzwerk „Tolerantes Brandenburg“ engagiert sind oder einfach nicht in ihr Weltbild passen wollen. Wie zum Beispiel die Beratungsstelle „Opferperspektive“, die seit über 20 Jahren Betroffene rechter Gewalt im Land Brandenburg unterstützt. Die AfD scheut auch nicht davor zurück, eine Anfrage zu den demonstrierenden Schüler*innen von „Fridays for Future“ zu stellen. Dies erscheint auf den ersten Blick harmlos, doch muss man niemandem erklären, welches Ziel hinter diesen Anfragen steht: die Diskreditierung, Lähmung und Einschüchterung einer solidarischen Zivilgesellschaft. 2019 waren es die Antidiskriminierungsarbeit und Teile der Umweltbewegung, 2020 das muslimische Gemeindeleben an der Oder und der „Utopia e.V.“. Nächstes Jahr werden sie versuchen, die Legitimität weiterer Vereine, Initiativen und demokratischen Netzwerke zu untergraben.
Wir Brandenburger Akteur*innen der Zivilgesellschaft machen unsere wichtige Arbeit in der Nachbarschaft, im Sport, im sozialen und im kulturellen Bereich. Ob ehrenamtlich, hauptamtlich oder in kleinen Gesten – wir beziehen im Alltag Stellung für eine solidarische und emanzipatorische Gesellschaft. Die meisten von uns sind es dabei nicht gewohnt, sich in der politischen Öffentlichkeit laut Gehör zu verschaffen. Doch kein Verein, keine Initiative, kein Netzwerk oder Einzelperson soll sich von den lärmenden Rechtsaußen unter Druck gesetzt fühlen. Niemand sollte sich die Frage stellen müssen, wie die eigene Arbeit wohl aussähe, wenn die AfD „das Sagen“ hätte
Deswegen unterzeichnet diesen Appell und ladet alle ein, es uns gleich zu tun! Wir sind bunt, solidarisch und stehen zusammen! Bei „kleinen Anfragen“ und bei großen Herausforderungen, vor denen wir überall gleichermaßen stehen: den Stimmungsmacher*innen am rechten Rand die Stirn zu bieten. Und unsere vielfältigen Kulturen in der Stadt und auf dem Land zu verteidigen.
Am Vorabend des sogenannten “Volkstrauertag” besuchten Neonazis den Soldatenfriedhof auf dem Friedhof in der Fontanestraße in Strausberg. Am „Soldatenfriedhof“, auf dem gefallene Wehrmachtssoldaten liegen, legten Neonazis ein in schwarz-weiß-rot gehaltenes Blumengesteck nieder, an dem eine Schleife mit der Aufschrift „Eure Heldentaten bleiben Unvergessen“ angebracht war. Außerdem fanden sich neben dem Blumengesteck Grabkerzen mit Stickern der neonazistischen Kleinstpartei der III. Weg sowie eine aus Holz selbstgebaute, gestürzte Lebensrune, die den Tod symbolisiert. Sie posierten mit einem Fackelmarsch für Fotos zur Veröffentlichung auf der Website des III. Weges.
Diese Aktion kann als Ersatz gesehen werden für das von Neonazis seit Jahren vollzogenen Aufmärsche in Wunsiedel in Oberfranken. Das offensive Auftreten der Neonazis mit Fackeln und klarer Bezugnahme auf den NS in dieser Größenordnung ist bedrohlich und besorgniserregend. Sie verkennen die Verbrechen der Wehrmacht und glorifizieren die Morde und Verbrechen gegen die Menschheit, die auch die Wehrmacht begangen hat. Dass Neonazis mit öffentlichen Aktionen und Blumensträußen am heutigen Tag ihre Ideologie verbreiten, geschieht bundesweit und ist auch nicht das erste Mal in Strausberg erfolgt. Immer wieder waren ähnliche Gebinde und Aktionen auf dem „Soldatenfriedhof“ zu finden. So haben in der Vergangenheit die “Kameradschaft Märkisch-Oder Barnim (KMOB)”, als auch Strausberger Nazis zusammen mit Nazis aus umliegenden Landkreisen Kränze und Ähnliches niedergelegt. Die ca. 20 anwesenden Personen lassen vermuten, dass auch hier Neonazis aus ganz Märkisch-Oderland und darüber hinaus zusammengekommen sind. Zwar war der III. Weg bisher in der Region wenig präsent, wenn von Aus
Exzess-Versand bietet das Aktivisten Handbuch vom III. Weg an.
flügen in die Märkisch-Schweiz durch Aktivisten aus anderen Regionen wie im Oktober 2017 abgesehen wird. Es tauchen immer mal wieder Sticker der Partei in Strausberg und Umgebung auf, aber die geringe Quantität lässt nicht auf eine aktive Zelle des III. Weges in der Region schließen — aber immerhin zu Verbindungen, über die das Material verteilt wird.
Dennoch: Strausberg blickt auf eine lange und aktive Kameradschaftsszene zurück. Auch wenn es nach dem Verbot der „ANSDAPO“ 2005 ruhiger um die Nazis geworden ist, so sind sie immer noch unter dem Label der Bruderschaft „AO Strausberg“ aktiv und gut vernetzt. Ihr Hang zur NS-Symbolik und Gewaltaffinität verbindet sie zumindest theoretisch mit dem III. Weg. Darüber hinaus gibt es auch mit der bundes- und europaweit bekannten Strausberger Rechtsrock Band “Exzess” weitere Akteure vor Ort, die auch Kontakte in das militante Neonazi-Spektrum haben, zu dem auch der III. Weg gezählt werden kann. So verkauft Exzess über ihr eigenes Label auch das Handbuch für die Aktivisten des III. Weges “National, Revolutionär, Sozialistisch”. Der Frontmann von Exzess Tobias Vogt wird auch dem Organisatorenkreis des neonazistischen Kampfsportevent “Kampf der Nibelungen” zugerechnet. Da hier auch regelmäßig Aktivisten des III. Weges antreten und involviert sind, könnte hierüber ein Kontakt nach Strausberg entstanden sein.
Andrew R. Stelter (hellblaues Hemd, mit schwarzer Maske) auf dem Aufmarsch vom III. Weg in Berlin Hohenschönhausen am 3. Oktober 2020
Ähnlich verhält es sich mit Andrew Stelter. Der schon in den 90er Jahren aktive Neonazi war lange Jahre NPD-Kader und rund um die verbotene Heimattreue Deutsche Jugend aktiv. Stelter, der auch am 3.Oktober 2020 bei dem bundesweit mobilisierten Aufmarsch des III. Weg in Berlin-Hohenschönhausen anwesend war, war in Strausberg bis vor kurzem als Boxtrainer im „Boxclub Strausberg e.V.“ vom KSC Strausberg aktiv. Es lässt sich vermuten, dass dieser auch an der Aktion zum “Volkstrauertag” beteiligt war. Es ist davon jedenfalls davon auszugehen, dass die Aktion aus einem ähnlichen Personenspektrum kommt bzw. über die Kontakte der Strausberger Kameradschaftsszene und Exzess organisiert wurde.
Wir haben das einzig sinnvolle mit dem Nazizeug gemacht: die Rune wurde zu Feuerholz und die Blumen werden kompostiert.
Am 25. November ist der internationale Tag gegen Gewalt gegen Frauen. Ein einziger Tag, der lange nicht ausreicht, um der Dimension von Gewalt, die Frauen 365 Tage im Jahr erleben genug Aufmerksamkeit zu schenken. Diese patriarchale Gewalt findet in der Öffentlichkeit statt. Auf der Straße in Form von Street Harassement und sexualisierter Gewalt. Im Internet, in dem Frauen regelmäßig Mord- und Vergewaltigungsdrohungen bekommen, wenn sie den patriarchalen Normalzustand angreifen. Und patriarchale Gewalt findet im Privaten statt, in Form von häuslicher und sexualisierte Gewalt und Femiziden, die meist nicht einmal als das gesehen werden, was sie sind: das Ergebnis puren Frauenhasses.
Der Staat trägt als Stütze des Patriarchats diesen Normalzustand mit, wenn er uns durch das Verbot von Abtreibungen unsere körperliche Selbstbestimmung abspricht und unsere Selbstgeschaffenenen Schutzräume räumen lässt. Indem er geflüchtete Frauen in Gemeinschaftsunterkünfte steckt, in denen sie noch stärker Gewalt durch Personal und Mitbewohner ausgesetzt sind.
Die Corona-Pandemie verschlimmert die Situation für alle Frauen, Zahlen zu häuslicher Gewalt steigen nachweisbar an.
Lasst uns den Kampf gegen patriarchale und sexistische Gewalt auf die Straße und ins Netz tragen! Stellen wir uns den Einschränkungen von der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen entgegen!
Verschönert bis zum 25.11. eure Städte und Dörfer mit euren Botschaften gegen die ganze Scheiße. Postet entsprechende Plakate, Banner, Sticker und Graffitis in den sozialen Medien. Zum Beispiel unter dem Hashtag #femizidestoppen
Wenn ihr Inspiration braucht, gibt es hier ein paar Vorlagen.
Wir schweigen nicht. Feministischer Widerstand jetzt und hier!
Anlässlich des 82. Jahrestages der Pogromnacht haben wir am 9. November an die Opfer des Nationalsozialismus in Guben erinnert. In dieser Nacht wurden 1938 in Deutschland und Österreich Synagogen zerstört, jüdische Friedhöfe geschändet, Geschäfte jüdischer Menschen angezündet und Jüd*innen ermordet und inhaftiert. Die Pogrome markierten den Übergang des NS-Regimes von Diskrimminierung und Stigmatisierung jüdischer Menschen hin zu deren systematischer Vertreibung und Vernichtung.
Die erste Synagoge in Gubin wurde 1837 erbaut und bei den Novemberpogromen von den Nazis zerstört.
Auch die Synagoge in Guben fiel den Pogromen zum Opfer. Sie wurde 1878 im heutigen
polnischen Teil der Stadt (Ulica Dabrowskiego) erbaut. Die jüdische Gemeinde zählte damals mehr als zweihundert Menschen, von denen nur zwei die Shoa überlebten. Das Gebäude wurde während der Pogromnacht in Brand gesetzt und zerstört. Auch die Ruine wurde später abgerissen.
Heute erinnert ein Gedenkstein an den Ort, an dem die Synagoge einst stand. Jüdische Menschen hatten zuvor die Stadt geprägt, wie bspw. der Oberbürgermeister Alfred Glücksmann oder der Hutfabrikant Herrmann Lewin, dessen Sohn nationalsozialistischer Verfolgung ausgesetzt war und im Schweizer Exil verstarb.
Am Naemi-Wilke-Stift gedachten wir weiteren Opfern des NS-Regimes. Im Jahr 1940 wurden aus dem Stift 32 junge Frauen abtransportiert und umgebracht. Man hatte sie in der Landespflegeanstalt in Brandenburg an der Havel euthanasiert. Heute erinnern Stolpersteine unter anderem an Elisabeth Martina, Margarete Janzen, Luise Staffeldt und Edith Unke. Dies sind nur einige Schicksale, die exemplarisch für die systematische Vernichtung von Menschen im Nationalsozialismus stehen.
Damit dies nie wieder geschieht, dürfen wir die Opfer nicht vergessen. Erinnern heißt handeln und heißt auch kämpfen gegen faschistische Tendenzen in der Gegenwart.
Am Dienstag den 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Der Antisemit und Shoaleugner Horst Mahler war seit 2009 in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Die Freilassung nehmen wir zum Anlass eine kleine Chronik mit einigen ausgewählten Ereignissen um Horst Mahler von 1998 bis heute zu veröffentlichen. Die Chronik spiegelt viele, gewiss aber nicht alle, Geschehnisse wieder. Daher erheben wir hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen dennoch einen breiteren Überblick ermöglichen.
Horst Mahler oder mit vollständigen Namen Horst Werner Dieter Mahler wurde am 23. Januar 1936 in Haynau (Niederschlesien) geboren. Er war Mitglied der SPD und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Als Mitbegründer des Sozialistischen Anwaltskollektivs vertrat er viele Aktivist*Innen der Studentenbewegung, darunter auch spätere Mitglieder der „Rote Armee Fraktion“. Im Jahr 1970 wird Mahler Mitbegründer der RAF und im gleichen Jahr auch noch verhaftet und anschließend zu 14 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen Bankraubs verurteilt. Horst Mahler ist seit Ende der 1990er Jahre im rechtsradikalen Milieu aktiv. So war er Mitglied der NPD und vertrat die Partei auch im Verbotsverfahren, welches 2003 scheiterte. Um die 2000er war Mahler einer der Köpfe des „Deutschen Kollegs“. Wegen verschiedener Delikte, darunter verfassungswidrige Betätigung, Shoaverleugnung, Mord- und Gewaltandrohungen sowie antisemitische und neonazistische Äußerungen wurde Mahler zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Von Mai 2006 an befand sich Mahler mit einer Unterbrechung vom Juli 2015 bis Mai 2017 in Haft. Horst Mahler war aufgrund der Nähe zu seinem Wohnort in Kleinmachnow, seiner letzten Meldeadresse vor der Inhaftierung, in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Mahler ist ein Antisemit, der auch unter Reichsbürger*Innen mit seinen Thesen und Behauptungen viel Ansehen genießt. Mahler trat mit dem „Deutschen Kolleg“ für die Errichtung eines „4. Reiches“ ein. Des Weiteren sieht er den Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht als den Tag des letzten in Deutschland gültigen Rechtsstands. Laut Mahler arbeiten die Juden „bewusst an der Zersetzung der Volksgeister und erstreben die Herrschaft über die Völker“. Deshalb seien, so Mahler, „auch die Protokolle der Weisen von Zion – auch wenn es sich dabei um eine Fälschung handelt – authentische Zeugnisse des jüdischen Geistes“.
1998: Im Jahr 1998 ist Mahler einer der Mitbegründer der deutschnationalen Bürgerbewegung „Für Unser Land“. Diese ruft alle Deutschen auf, sich ihr anzuschließen, „damit Deutschland deutsch bleibt.“ Er veranstaltete zusammen mit anderen Funktionär en des Bundes freier Bürger Montagsdemonstrationen unter anderem gegen das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin und in Frankfurt/Main. (Antifa Infoblatt 22. September 1999, Antifa Infoblatt 10. April 2003)
1999: Mahler tritt dem „Deutschen Kolleg“ bei. Das „Deutsche Kolleg“ entstand 1994 aus dem Lesekreis Berlin der „Jungen Freiheit“. Die „Junge Freiheit“ gilt als Publikation der sog. Neuen Rechten. Das „Deutsche Kolleg“ radikalisiert sich mit dem Beitritt Mahlers, der seitdem mehrfach mit antisemitischen Äußerungen auffällt. (MAZ 26.7.2003)
2000: Mahler publiziert im Oktober 2000 ein Pamphlet mit dem Titel „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“. In diesem fordert Mahler unter anderem das Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland, die Ausweisung aller Asylbewerber, „aller arbeitslos gewordenen Ausländer“ und einige weitere Maßnahmen ähnlicher Art.
Am 12. August 2000 tritt Mahler in die NPD ein. In seiner Presseerklärung dazu heißt es, dass er das Grundgesetz für ein „Provisorium für die Übergangszeit bis zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“ hält.
Zusammen mit Franz Schönhuber veröffentlichte Mahler im Jahr 2000 das Buch „Schluß mit dem deutschen Selbsthaß“.
2001: Ab 2001 bis 2003 vertritt Mahler die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht, als die Bundesregierung erfolglos versucht, ein Verbot der NPD zu erreichen. Seine Schriftsätze an das Gericht bestehen großenteils aus ideologischen Textpassagen unterschiedlicher Herkunft.
2002: Mit der Billigung Mahlers wird im September 2002 in der NPD Parteizentrale in Berlin-Köpenick ein Schriftstück an Journalist*Innen verteilt. In diesem wird der Hass gegen Juden als „untrügliches Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems“ bezeichnet. (MAZ 26.7.2003)
2003: Horst Mahler wird im Juli eine Behördenverfügung zugestellt, die ihn dazu verpflichtet, seinen Pass sowie Personalausweis umgehend auszuhändigen. Das ganze geschieht, weil Mahler eine Provokationsreise in das nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nach Polen plante. Nach Erkenntnissen mehrerer Verfassungsschutzbehörden hatte er mit Gesinnungsfreunden beabsichtigt, in der kommenden Woche in Auschwitz den Holocaust an sechs Millionen Juden öffentlich zu leugnen. Erst vor Tagen habe ein rechtsextremes Vorauskommando Gaskammern in Auschwitz vermessen sowie Film- und Fotoaufnahmen gemacht. Die Daten und Bilder sollten offenbar als Beleg für die Behauptung herhalten, dass die Nazi-Verbrechen ein weit geringeres Ausmaß hatten, als die Geschichtsforschung nachgewiesen hat. Im Mai waren Mahlers Pläne den Verfassungsschützern bekannt geworden — im Umkreis des neonazistischen Intellektuellen-Zirkels “Deutsches Kolleg”, in dem der 67-Jährige den Ton angibt. Vor zwei Wochen zuvor deutete sich zudem an, dass Medien die Provokationen öffentlichkeitswirksam verbreiten sollten. Details sind nicht bekannt. Das “Deutsche Kolleg” besteht aus 40 bis 50 Mitgliedern, die das Dritte Reich — besonders den Antisemitismus — verherrlichen. Unter Sicherheitsexperten gilt es als “intellektuelle Speerspitze des deutschen Rechtsextremismus”. (MAZ 26.7.2003)
Im Sommer 2003 zelebrieren Shoaleugner*Innen unter Führung von Horst Mahler den “Aufstand für die Wahrheit auf der Wartburg”. Auf mitgebrachten Plakaten waren Losungen wie “Den Holocaust gab es nicht” oder “Die Wahrheit siegt” zu lesen. (Mut gegen rechte Gewalt 19. Dezember 2008)
Mahler gründet im November 2003 den Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten.
2004: Als Mitbegründer des rechtsradikalen „Deutschen Kollegs“ steht Mahler mit Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen wegen Volksverhetzung im Februar 2004 vor dem Landgericht Berlin. Der Grund dafür ist das im Oktober 2000 publizierte Pamphlet „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“.
Mahler wird 2004 vom Amtsgericht Tiergarten am 8. April ein vorläufiges Berufsverbot erteilt, weil er während des Prozesses den Richtern, den Schöffen und dem Staatsanwalt die Todesstrafe nach dem Reichsstrafgesetzbuch angedroht hat und im Gericht antisemitische Äußerungen getätigt hat. Im Übrigen gingen ähnliche Todesdrohungen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und zwei Rechtsanwälte der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Wegen der im Prozess geäußerten antisemitischen Kommentaren erhob die Staatsanwaltschaft erneut Anklage. Das Landgericht ordnete in diesem Prozess auch die psychiatrische Begutachtung Mahlers durch einen Sachverständigen an. Schließlich wurde er zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
Am 11. September fand in Kleinmachnow bei Potsdam eine Antifademo unter dem Motto “Wenn die Antifa 3x klingelt…Wir machen auch Hausbesuche!” gegen Horst Mahler statt, bei der gegen den dort lebenden Neonazi und Antisemiten protestiert wurde. Zuvor kursierten zwei Aufrufe aus dem neonazistischen Spektrum, in dem gegen die Antifaaktion mobil gemacht wurde. In Kleinmachnow selbst verteilten “Freunde von Horst Mahler” Flugblätter in Briefkästen, in dem zu einer Gegenkundgebung aufgerufen wurde. An der Demo beteiligten sich rund 130 Autonome Antifas. Neben der Polizei waren auch einige Neonazis anwesend. Ihre Hauptaufgabe sahen die versammelten Nazikameraden im Schutz des Hauses von Mahler sowie der Beobachtung unserer Antifa Aktion. Viele Anti-Antifa-Aktivisten aus Berlin und Brandenburg wurden gesichtet, und auch des Platzes verwiesen. Kurz vor Schluss der Demonstration kam es zu Rangeleien der Demonstration mit der Polizei, da sich die versammelten Polizeibeamten nicht in der Lage sahen die Neonazi zügig aus unserem Weg zu räumen. Anzeigen wurden nicht angenommen, Holocaustleugner konnte lauthals agieren wie sie wollten und die Neonazis konnten immer schön vermummt ihre Geländespiele vollführen. (Inforiot 10. September 2004, Inforiot 13. September 2004)
Das Fronttransparent der Antifademo in Kleinmachnow 2004, Quelle: Indymedia
2005: Im Juni 2005 tauchen in Berliner S‑Bahnen Flugzettel auf, in denen vom „Deutsche Kolleg“ um den Shoaleugner Horst Mahler zum Besuch des „ersten Bernauer Ausschwitz-Prozesses“ aufgerufen wurde auf. (Autonome Jugendantifa Bernau 30. Juni 2005)
Der Kleinmachnower SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin verlangt in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung die Bewertung der Aktivitäten des Netzwerkes “Die Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands”. Die Bewegung erstelle und verteile nach eigenen Angaben alle vier bis sechs Wochen Flugblätter, Aufkleber und Plakate mit rechtsextremem und ausländerfeindlichem Gedankengut. Sie betreibt rechtsextreme Hasspropaganda gegen Demokrat*Innen, Christ*Innen, Jüdinnen*Juden und Ausländ*Innen. Die Postwurfsendungen erreichen Haushalte in Berlin und Brandenburg, auch in der Region Teltow. Presserechtlich verantwortlich zeichnet der Rechtsextreme Horst Mahler aus Kleinmachnow. (PNN 2. Februar 2005)
2006: Horst Mahler wird im Januar 2006 für sechs Monate der Reisepass von den brandenburgischen Behörden entzogen. Dies geschieht um Mahlers Teilnahme an der Teheraner Holocaustleugner-Konferenz (11./12. Dezember 2006) zu verhindern. Das Innenministerium begründet dies damit, dass Mahler mit erneuten antisemitischen Äußerungen auf dieser Konferenz das Ansehen der BRD erheblich beschädigen könnte. (PNN 27. Februar 2006, Berliner Zeitung 27. Januar 2006)
2007: Mahler begrüßt bei einem Interview im September 2007 für die Zeitschrift „Vanity Fair“ den Reporter M. Friedman mit den Worten „Heil Hitler, Herr Friedman“ und im weiteren Gesprächsverlauf leugnet er die Shoa. (Focus Online 22. Juli 2008, Vanity Fair November 2007)
Am 23. November berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass Mahler ein Einschreiben an den Bürgermeister von Ebersberg, seinem Wohnort, schickt. Im Schreiben leugnet er die Shoa und verherrlicht den Nationalsozialismus. (Süddeutsche Zeitung 23. November 2007)
2008: Der im November 2003 gegründete Verein Mahlers wird als verfassungsfeindlich verboten. Der „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten ist damit Geschichte.
Mahler wird wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung vom Amtsgericht Erding verurteilt. Grund für die Verurteilung sind die Äußerungen im Interview mit M. Friedman im September 2007.
Am 22. Juli wird Mahler am Landgericht Cottbus zu 11 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Am 15. November 2006 bei seinem Haftantritt zeigte Mahler nach Polizeiangaben den Hitlergruß und rief seinen ca. 35 AnhängerInnen „Heil“ zu.
2009: Mahler wird am Landgericht München II am 25. Februar 2009 zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er strebte diesen Prozess an um ihn für seine politischen Zwecke zu instrumentalisieren und so sagt Mahler am 12. Januar 2009 bei der Eröffnung zum Richter „Ich sitze hier, weil ich hier sitzen will.“ Kurz darauf leugnet er erneut die Shoa. Zuvor hat er Strafanzeige gegen sich selbst erstattet. (Süddeutsche.de 17. Mai 2010)
Am 11. März 2009 wird er vom Landgericht Potsdam zu zwei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung in 15 Fällen verurteilt. Das Urteil wird unter Einbeziehung der Urteile vom 20. Januar 2005 vom Landgericht Hamburg und des vom 9. September 2002 vom Amtsgericht Mainz, bei denen er zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war, gefällt. Mit der Verurteilung vom Landesgericht München II vom Februar 2009 ist Mahler insgesamt zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im Juli 2009 wird Mahler von der Anwaltskammer Berlin die Zulassung entzogen. (n‑tv 19. 08.2009)
2011: Am 26. März 2011 sind 200 bis 250 Neonazis vor der JVA Brandenburg an der Havel aufmarschiert um sich mit dem dort inhaftierten Shoaleugner Horst Mahler zu solidarisieren. Im Gegensatz zur Mobilisierung der Neonazis, die mit zwei Straßenbahnen, einem Reisebus und zahlreichen Pkws anreisten, blieb der antifaschistische Protest eher verhalten. Zu einer Gegenveranstaltung an der Straßenbahnhaltestelle „Asklepios Klinik“ versammelten sich nach umfangreichen Vorkontrollen inklusive Identitätsfeststellung gerade einmal 20 Menschen, die den Aufrufen des Antifaschistischen Netzwerkes [AFN], des VVN-BdA sowie der Gewerkschaften gefolgt waren. Die Stadt Brandenburg an der Havel oder die sagenumwobene „Zivilgesellschaft“ hatten hingegen nicht den Weg zur Gegenveranstaltung gefunden. Auch auf eine Alibiveranstaltung fern ab des Geschehens wurden in diesem Jahr komplett verzichtet. Der Aufmarsch der Neonazis war von dem ebenfalls wegen Leugnung der Shoa vorbestraften Kevin Käther sowie dem neonazistischen Anwalt Wolfram Narath initiiert worden und lockte auch internationale Protagonisten dieses Milieus, z.B. aus Frankreich, an. Daneben solidarisierten sich aber auch Angehörige so genannter „Freier Kräfte“ aus Berlin und Brandenburg mit der Veranstaltung und ihrer Forderung nach der Freilassung Mahlers aus der Strafhaft sowie der Abschaffung des § 130 (Volksverhetzung), StGB. Weiterhin vertreten waren auch lokale Größen der NPD, wie Michel Müller, der im Kreistag vom Havelland sitzt, und Maik Schneider, ehem. Abgeordneter im Kreistag Havelland sowie in der Stadtverordnetenversammlung Nauen. In Redebeiträgen, auf Bannern und Pappschildern wurde dabei Mahlers Verurteilung wegen Verleugnung der Shoa, für die er als Wiederholungstäter einmal mehr einsitzt, als „Gesinnungsjustiz“ deklariert, die angeblich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit untergräbt. (Antifaschistisches Netzwerk Brandenburg – Premnitz – Rathenow 27. März 2011)
Ein Flyer/Aufkleber bei der Demonstration für Horst Mahler 2011 in Brandenburg an der Havel
Den 200 bis 250 Neonazis stellten sich gerade mal 20 Antifaschist*Innen entgegen, Quelle: AFN
2012: Von November 2012 bis März 2013 schreibt Mahler auf einem Computer im Gefängnis ein Werk unter dem Titel „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. Der mehr als 200 Seiten umfassende antisemitische Text in dem Mahler sich in seinen Thesen auf den jüdischen Israelkritiker Gilad Atzmon bezieht, wird beschlagnahmt und Mahlers Kontakte nach Außen strenger kontrolliert, nachdem Teile des Textes im Internet auf der Seite „Altermedia“ veröffentlicht wurde. (Berliner Zeitung 7. Juni 2017, Der Spiegel Nr. 30, 2013)
2014: Die Staatsanwaltschaft Cottbus erhebt im Mai 2014 Anklage wegen Volksverhetzung gegen Mahler aufgrund des Textes „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. (welt.de 22. August 2013)
Am 26. Oktober 2014 veranstaltete das Neonazi-Netzwerk „Gefangenenhilfe“ (GH) in Brandenburg an der Havel auf dem Neustädtischen Markt eine Kundgebung zu der um die 70 Neonazis kamen. Das Motto der Kundgebung, die von der NPD Havel-Nuthe angemeldet worden war, lautete „Solidarität gegen staatliche Repression“. Unter anderem war Maik Eminger, Zwillingsbruder des Mitangeklagten im NSU-Prozess, André Eminger, vor Ort. Die „GH“ war zum ersten Mal 2012 öffentlich mit ihrem ersten Eintrag auf ihrer Webseite im April 2012 aufgefallen. Sieben Monate zuvor war die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) verboten worden. Die „GH“ betonte immer wieder, dass sie nicht die Nachfolgeorganisation der „HNG“ sei, dennoch übernahm sie größtenteils deren Arbeit, baute aber ihre Strukturen anders auf um das staatliche Vorgehen gegen die neu gegründete „GH“ zu erschweren. So hatte die „GH“ ihren Sitz in Schweden, ließ sich dort ins schwedische Vereinsregister eintragen und eröffnete dort auch ihre Bankkonten. Das ganze wurde möglich durch den in Skandinavien lebenden Stephan G. Maik Eminger, der langjähriger Vorsitzender der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) Potsdam hielt die erste Rede, nach dieser folgte eine Rede vom Vorsitzenden der Brandenburger JN Pierre Dornbrach woraufhin ein Redebeitrag von einem Redner der Partei „Der dritten Weg“ folgte. Circa 100 Menschen stellten sich den Neonazis entgegen. Zu Gegenaktionen aufgerufen hatten die „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ sowie die Linksjugend solid. (Die Zeit 26. Oktober 2014)
Eines der Transparente der Neonazis bei der Kundgebung 2014 auf dem Neustädtischen Markt, Quelle: Presseservice Rathenow
2015: Die Staatsanwaltschaft Potsdam gewährte Mahler aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes eine Haftunterbrechung im Juli 2015. Aufgrund einer schweren Infektion und deren Folgen muss ihm der linke Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin entwickelt Mahler eine schwere Sepsis und befindet sich in einem akut lebensbedrohlichen Zustand und wird daher vom Gefängniskrankenhaus auf die Intensivstation den Städtischen Klinikums Brandenburg an der Havel verlegt. Im August 2015 verbesserte sich der Gesundheitszustand soweit, dass er eine Rehabilitation plante. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam entschied daraufhin im September 2015, dass Mahler nach der Verbüßung von zwei Drittel der Haftstrafe auf Bewährung freikommen soll. Das Oberlandesgericht Brandenburg hob die Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft München II wieder auf. Sowohl die JVA als auch die Staatsanwaltschaft sprachen sich gegen die vorzeitige Entlassung aus, da weitere Straftaten zu erwarten seien und Mahler eine „verfestigte kriminelle Persönlichkeitsstruktur“ aufweise. Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht Brandenburg und stellte des Weiteren fest, dass eine positive Sozialprognose für ein straffreies Leben nicht zu erwarten sei. Die kurzzeitige Haftunterbrechung nutzte Mahler unter anderem um erneut Vorträge in rechtsradikalen Kreisen – insbesondere denen der NPD – zuhalten. (Tagesspiegel 31.03.2017, Tagesspiegel 18.01.2019)
Dem Tagesspiegel ist am 22. Juli 2015 zu entnehmen, dass „[b]randenburgs Sicherheitsbehörden […] sich auf den Tod des Neonazis und bekannten Holocaustleugners Horst Mahler vor[bereiten].“ Weiter heißt es, dass die Polizei erste Vorbereitungen getroffen habe für den Fall von Mahlers ableben um Fackel- und Trauerzüge von Neonazis in Brandenburg an der Havel zu verhindern. (Tagesspiegel 22.07.2015)
2017: Horst Mahler hält am 9. Januar 2017 in der Nähe von Mannheim einen Vortrag. Mitschnitte davon werden auf rechtsradikalen YouTube Accounts hochgeladen. In diesen ist zu hören, wie Mahler unter anderem folgende Dinge sagt: „Die Judenheit ist in der Tat der Feind“, „das ist der Auftrag an die Judenheit, der bis heute von ihr erfüllt wird. Sie sind darauf aus, die Völker regelrecht zu vernichten.“, „Das ist das Ziel dieses Volkes von Anfang an und er ist nie aufgegeben worden“. (PNN 30.03.2017)
Am 19. April 2017 veröffentlichte Mahler ein Video in dem er verkündet, dass er nicht wieder zur Haft antreten werde. Die Staatsanwaltschaft München II stellt daraufhin einen europäischen Haftbefehl aus. Seit der Veröffentlichung des Videos befand sich Horst Mahler auf der Flucht bis am 15. Mai 2017 bekannt wurde, dass er in Ungarn um Asyl gebeten hatte. Dies tat er mit einem persönlich an Viktor Orban gerichteten Brief. Daraufhin wurde er von den ungarischen Behörden in Sopron festgenommen und in Abschiebehaft gesetzt. Rund eine Woche nachdem am 6. Juni 2017 der Beschluss des Budapester Stadtgerichts zur Auslieferung Mahlers an Deutschland bekannt wurde, wurde er am Flughafen in Budapest den deutschen Behörden übergeben und zurück in die JVA Brandenburg an der Havel gebracht um dort die restliche Strafe von dreieinhalb Jahren abzusitzen. (Spiegel Online, 17.05.2017)
2018: Horst Mahler zeigt die Leiterin der JVA Brandenburg an der Havel an. Er wirft der Leiterin Frau Wellnitz unter anderem fahrlässige Körperverletzung vor. In seinem behindertengerechten Haftraum habe Mahler in der Nacht auf den 15. November 2017 eine Verbrennung am großen Zeh seines rechten Beines erlitten. Die vermeintlich unmittelbare Ursache „die Berührung des erwähnten Körperteils mit einem im Haftraum angebrachten Heizkörper“. Die verletzende Handlung bestehe in „der grob fahrlässigen Eröffnung einer Gefahrenquelle“ laut Mahler. (MAZ 12.01.2018)
Im Jahr 2018 musste Mahler dann auch der rechte Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin wurde von Mahler und der JVA Brandenburg an der Havel ein Entlassungsgesuch aufgrund „multimorbider Krankheit“ gestellt. Dieses wurde trotz des von Mahler zu erwartenden Todes von der Staatsanwaltschaft München II Ende November 2018 abgelehnt. Dies begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass bei „der erforderlich werdenden palliativen Betreuung in der letzten Lebensphase“ das Anstaltskrankenhaus ausreichend ist und Mahler zur Not in eine externe Klinik verlegt und dort bewacht werden könnte. Die Staatsanwaltschaft ginge davon aus, dass „ein Ableben nach den ärztlichen Berichten wahrscheinlich“ sei. Weiter führte sie an, dass aufgrund der erheblichen Taten Mahlers und seines Verhalten in der Zeit der Haftunterbrechung „überwiegende öffentliche Sicherheitsinteressen“ bestünden und weiter hieß es, dass es sich nicht „mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen [lasse], dass weitere Straftaten begangen werden“. (Der Tagesspiegel 18. Januar 2019)
Am 18. März 2018 haben Neonazis aus dem Brandenburger Nordwesten eine Kundgebung vor dem Justizzentrum angemeldet. Rund 40 Neonazis forderten unter anderem Freiheit für die Shoaleugnerin Ursula Haverbeck. Weitere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkverhetzungsparagraphen) und dem Neonazi Horst Mahler. Angemeldet wurde die Kundgebung von Nick Zschirnt. Er ist den ‚Freie Kräfte Neuruppin‘ zuzurechnen. Auf der Kundgebung gesprachen der Anwalt der rechtsterroristischen ‚Gruppe Freital‘ Martin Kohlmann sowie Zschirnt selbst. Rund 850 Personen stellten sich den Neonazis entschlossen entgegen. (Emanzipatorische Antifa Potsdam)
Die Neonazikundgebung in Potsdam am 18. März 2018, Quelle: Presseservice Rathenow
2019: Im Gesamten Jahr werden in Brandenburg an der Havel mindestens 50 Aufkleber festgestellt. Auf diesen wird „Freiheit für alle politische Gefangene“ gefordert und Ursula Haverbeck, Horst Mahler, Wolfgang Fröhlich sowie Siegfried Borchardt sind abgebildet. Die Aufkleber stammen von der Seite „nsheute.com“ und sind laut Eigenaussage in Kooperation mit der „Gefangenenhilfe“ entstanden. (Antifa Jugend Brandenburg)
Am 16. März 2019 veranstalteten Freie Kräfte sowie Mitglieder der NPD den „Tag der politischen Gefangenen“ in Brandenburg an der Havel auf dem Katharinkirchplatz. Zu der Kundgebung kamen ca. 30 bis 40 Neonazis aus Brandenburg an der Havel sowie überwiegend aus Westbrandenburg. Aus Brandenburg an der Havel nahm unter anderem der Mörder von Sven Beuter, Sascha L., teil. Des Weiteren waren unteranderem Roy S., Ramon G., Hans-Peter G. und Michael H. anwesend. Aus Westbrandenburg waren unteranderem Dave T., Nick Z., Beatrice K., Pierre B., Robert W., Manuela K. sowie Frank O. angereist (um nur ein paar zu nennen). Von der „British National Front“ ist Shoaleugner Richard Edmonds angereist und hielt eine Rede. Auf Transparenten wurde sich mit Shoaleugner*Innen wie Horst Mahler und Ursula Haverbeck solidarisiert. Weiter wurde beklagt, dass es ein „totalitäres Sonderrecht“ in Deutschland gebe, weil der Straftatbestand der Volksverhetzung in einem Land mit Meinungsfreiheit keinen Platz haben sollte. Dagegen gingen bei Dauerregen 150 Menschen auf die Straße und forderten unter anderem auf den Transparenten „Faschistische Strukturen zerschlagen“ und „Kein Kiez für Nazis“. (Antifa Jugend Brandenburg)
Auf einem Transparent wird bei der Kundgebung auf dem Katharinkirchplatz von den Neonazis „Meinungsfreiheit durchsetzen, Freiheit für Horst Mahler“ gefordert, Quelle: Presseservice Rathenow
Die Antifa Jugend Brandenburg fordert auf einem Transparent „Faschistische Strukturen zerschlagen!“, Quelle: Presseservice Rathenow
Laut Spiegel sowie Tagesspiegel soll Andreas Kalbitz am 10. August 2008 eine E‑Mail von Horst Mahler erhalten haben. Diese liegt dem Tagesspiegel ebenfalls vor. In der E‑Mail berichtete Mahler vom ersten Verhandlungstag am Landgericht Potsdam. Die Mail nach dem Prozessauftakt ging an einen Verteiler von 276 E‑Mail-Adressen — darunter die von Andreas Kalbitz. Dem Tagesspiegel sagte Kalbitz er könne sich nicht an einen Kontakt zu hochrangigen Vertretern der Nazi-Szene erinnern. Dem “Spiegel” erklärte er: “Von einer E‑Mail von Herrn Mahler vor elf Jahren weiß ich nichts”. Und weiter: “Ich habe keinerlei Kontakt mit Horst Mahler und distanziere mich schärfstens von den von ihm aufgestellten Thesen.” (Der Tagesspiegel 23.08.2019)
2020: Am 8. August 2020 holen 32 Neonazis den für ursprünglich im März geplanten „Tag der politischen Gefangenen“ in Hennigsdorf nach. Der NPD-Funktionär Andrew Stelter fordert in einer Rede Solidarität für Ursula Haverbeck sowie für Horst Mahler. Besucht und organisiert wurde die Kundgebung von Neonazis aus der NPD, der Junge Nationalisten (JN), die Jugendorganisation der NPD) und Neonazis aus dem Freien Kameradschaftsspektrum. Symbolisch kehren die Neonazis dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus, welches auf dem großen Platz steht, den Rücken zu. Im Nationalsozialismus war die Kleinstadt Hennigsdorf der Standort von zwei Außenstellen von Konzentrationslagern. (Zeit 9.10.2020)
Neonazis fordern auf einem Transparent „Freiheit für Horst Mahler“. Im Hintergrund ist das Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu sehen, Quelle: Presseservice Rathenow
Am 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Auf seiner Homepage veröffentlicht Mahler die Verfügung, die ihm Auferlegt wurde. Demnach soll der einen Bewährungshelfer bekommen und muss diesem stets seinen Wohnort mitteilen. Außerdem muss er auch alle Texte eine Woche vor deren Veröffentlichung dem LKA vorlegen. Falls er dies nicht tut, droht ihm eine Haftstrafe. (rbb24 27.10.2020, Spiegel 27.10.2020)
Aussicht
Es ist nicht davon auszugehen, dass Mahler seine Aktivitäten einstellt. Sein Gebaren, trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands, lässt nicht schließen, dass er sich zurückziehen wird. Mahler wird wahrscheinlich wieder Vorträge halten und antisemitische Texte verbreiten. Am liebsten tut er das zurzeit über das Internet. Voraussichtlich wird er dies auch weiterhin tun und damit weiterhin als „Vorbild“ für viele Neonazis dienen.
Ob Mahler lange frei bleiben wird ist allerdings fraglich, denn die Staatsanwaltschaft Cottbus hat (nach eigenen Angaben) erneut Anklage in mehreren Fällen von Volksverhetzung gegen Mahler erhoben. In diesem Zusammenhang ist bereits ein neuer Haftbefehl beantragt worden. Des Weiteren hat die Staatsanwaltschaft München II Führungsaufsicht beantragt. Das heißt in diesem Fall, dass Mahler die Veröffentlichung von Text- und Sprachbeiträgen verboten werden soll, wenn er diese nicht eine Woche vorher beim Landeskriminalamt eingereicht hat und diese freigibt. Ob Mahler sich daran halten wird, bleibt abzuwarten. Tut er dies nicht, droht ihm wieder eine Haftstrafe.
Auch in der Zukunft gilt für uns: Gegen jeden Antisemitismus – immer und überall!
– Antifa Jugend Brandenburg und Alternatives Schulbündnis Brandenburg –