In Cottbus angekommen, machten wir uns auf den Weg zum Schillerplatz, wo
wir eine Kundgebung angemeldet hatten. Wir verteilten gemeinsam mit den
Genoss_innen von vor Ort Flyer zu unserer Kampagne, rechten Strukturen in
Brandenburg, der Freiraumkampagne der Utopia-Crew aus FFO sowie
Materialien der Roten Hilfe, der RLS und der Opferperspektive an
interessierte Passant_innen und luden zu Vortrag und Konzert am Abend im
quasiMono ein. Das sehr schlechte Wetter führte leider dazu, dass die
Cottbusser Innenstadt eher weniger gut besucht war.
Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Zelle79, einem Hausprojekt im Süden
der Stadt, ging es auch schon los in Richtung quasiMono, wo uns zuerst ein
spannender Vortrag mit Bernd Langer (http://tinyurl.com/ombrn4b) zur
Geschichte der antifaschistischen Bewegung in der BRD und im Anschluss
daran ein Konzert mit dem Accoustic Punkliedermacher hannez übern zaun
(http://uebernzaun.bandcamp.com/) erwartete.
Der Vortrag beschrieb und analysierte die Entwicklung der Antifa
angefangen beim Versuch, ’78 in Frankfurt das „Deutschlandtreffen“ der NPD
zu verhindern, und den ersten „Rock gegen Rechts“-Konzerten Ende der
70er-Jahre mit mehr als 40.000 Teilnehmer_innen. Einen zentralen
Bestandteil dieser neuen Bewegung waren die Autonomen, welche versuchten,
den Organisationsgrad der Bewegung zu verbessern und Antifaschismus nicht
nur als Kampf gegen Nazis sondern gegen das imperialistische System
verstanden. Spannend waren auch Bernd Langers Erzählungen von der
legendären Straßenschlacht in Fallingbostel 1983 oder von den Protesten
nach dem Tod Günter Sares 1985.
Im Anschluss daran spielte hannez übern zaun Gitarre und sang dazu Lieder
über die „Chaotenantifa“ und das „Punker sein“. Supportet wurde er dabei
von Zweifel am Akkordeon. Nach dem Konzert ging es für die RASH-Crew dann
zurück in die Zelle79, von wo aus wir am nächsten Morgen schon recht
zeitig aufbrachen.
Auf dem Weg nach Strausberg hatten wir nämlich spontan noch einen
Zwischenstopp in Lübbenau eingeplant. Die NPD hatte sich dort für eine
Wahlkampfveranstaltung angekündigt, was wir uns selbstverständlich nicht
entgehen lassen wollten. Als wir ankamen, hatten sich schon ca. 150
Gegendemonstrant_innen, überwiegend aus dem bürgerlichen Spektrum,
eingefunden unter denen erfreulicherweise auch viele junge Menschen waren.
Die NPD war mit ihrem Wahlkampf-LKW nebst Begleitfahrzeug und Sebastian
Schmidtke (tinyurl.com/kptutf6), dem Berliner NPD-Chef und
Landeswahlkampfleiter der märkischen NPD, sowie ca. 10 weiteren
Parteimitgliedern und Sympathisanten vor Ort und schwang die üblichen
rassistischen Reden. Hier (http://tinyurl.com/npnsqwt) geht’s zu einem
ausführlicheren Erlebnisbericht sowie Bildmaterial aus Lübbenau.
Ziel unseres zweiten Tourtages war Strausberg. Auch dort hatten wir eine
Kundgebung in der Innenstadt angemeldet und verteilten Material an
interessierte Passant_innen. Unser Stand stieß dort – anders als in
Cottbus – auf reges Interesse.
Am Abend erwartete uns in der Horte ein Vortrag über die Strukturen von
NPD und AfD in Brandenburg, welcher sehr informativ war. Im Anschluss an
den Vortrag spielten Vodka Revolte (tinyurl.com/nyfanms) (Punkrock aus
Stralsund), Suburban Scumbags (tinyurl.com/od6y2ue) (Punkrock aus Kiel)
und Pyro One (pyroone.bandcamp.com) (Zeckenrap aus Berlin), welcher noch
bis spät in die Nacht überwiegend basslastige Musik für die Tanzwütigen
auflegte.
Am dritten und letzten Tag der Tour machten wir uns auf den Weg nach
Neuruppin, wo wir in der Innenstadt mit der Unterstützung von vielen
Antifas von vor Ort einen Infostand aufbauten.
Am Abend hörten wir im JWP Mittendrin einen Vortrag über die
Nazistrukturen in Brandenburg im Allgemeinen und in und um Neuruppin
herum. Im Anschluss daran spielte hannez übern zaun noch einmal. Und
darauf folgte dann das (musikalische) Highlight unserer Tour: Refpolk
(Zeckenrap aus Berlin) und Daisy Chain (Zeckenrap aus Thessaloniki)
besuchten uns mit ihrer “The Future is still unwritten”-Tour.
Unterstützung erhielten sie dabei von Miss Zebra (Zeckenrap aus Athen).
“The Future is still unwritten” ist ein Rap-Projekt von Daisy Chain
(Thessaloniki), Kronstadt (Barcelona) und Refpolk (Berlin). Es ist ein
Zeichen des Widerstands und der Utopie in Zeiten von Krise und angeblicher
Alternativlosigkeit, das über nationale Grenzen hinausgeht, ein
gemeinsames Statement für eine Welt frei von Kapitalismus und Herrschaft.
Refpolk, Daisy Chain und Miss Zebra spielten in Neuruppin vor vollem Haus
bei bester Stimmung. Im Anschluss an das Konzert fing Refpolk mit einem
Jugendlichen aus Neuruppin an zu beatboxen. Daisy Chain und Miss Zebra
freestylten dazu.
Das war ein wirklich gelungener Abschluss unserer Tour
(tinyurl.com/qejylzn), welcher uns darin bestärkt, in Zukunft neben
Veranstaltungen in Berlin und Potsdam die Vernetzung mit Strukturen in
kleineren und mittelgroßen Städten in Brandenburg zu intensivieren, um die
Genoss_innen vor Ort kontinuierlich bei ihrer politischen Arbeit zu
unterstützen.
An dieser Stelle wollen wir uns noch einmal recht herzlich bedanken bei
RASH-Südbrandenburg, den Bewohner_innen der Zelle79, der Horte und dem
Mittendrin, dem quasiMono, der Schokoladen-Crew, der Garage-Crew, bei
Bernd Langer, unseren Referent_innen in FFO, Strausberg und Neuruppin
sowie bei den P.I.T.S., den Toylettes, hannez übern zaun, Vodka Revolte,
Suburban Scumbags, Pyro One, Refpolk, Daisy Chain und Miss Zebra, der RLS,
dem Ultrash Festival, dem Asta der Uni Potsdam und natürlich allen
anderen, die uns vor oder während der Tour unterstützt haben!
… für eine starke antifaschistische Subkultur!
Wir würden uns freuen, den/die ein_e oder andere_n von Euch auch bei
unseren kommenden Veranstaltungen zu treffen oder spätestens im Frühjahr
2015 in Neuruppin, wenn es darum geht, gemeinsam den “Tag der deutschen
Zukunft” – kurz: TDDZ – für die Nazis zum Desaster zu machen!
Kommende Veranstaltungen:
03./04.10.2014 Destroy Preußisch Disney Land @ Archiv/ Potsdam
12.10.2014 Prowlers-Konzert @ KvU/ Berlin
16.10.2014 RASH-NEA-Tresen @ Bandito Rosso/ Berlin
01.11.2014 Riot Bike Label Tour @ Archiv/ Potsdam
20.11.2014 RASH-NEA-Tresen @ Bandito Rosso/ Berlin
18.12.2014 RASH-NEA-Tresen mit Bernd Langer (Vokü: vegane Ente!) @ Bandito
Kein TddZ in Neuruppin!
Rosso/ Berlin
25.01.2014 Action-Sédition-Konzert @ KvU/ Berlin
27.01.2014 Action-Sédition-Konzert @ Black Fleck/ Potsdam
INFORIOT — Das für Samstag angekündigte Konzert der Neonazirapper A3stus in Finowfurt wird nicht stattfinden. Die Gemeinde Schorfheide erlies eine entsprechende Verfügung gegen das geplante — nachträgliche — Sommerfest auf dem Gelände der Familie Mann (Inforiot berichtete).
Wie bereits nach ihrem abgesagten Konzert im Juli veröffentlichen die inzwischen drei Neonazis von A3stus — Villian051, R.a.W. und nun auch mit Evil Goat — eine kurze Meldung auf ihrer Facebookseite. Trotzig kündigen sie an, noch in diesem Jahr ein Konzert in Berlin zu veranstalten. Konzert weg und Job weg
Rapper Villain051 hat nicht nur Pech bei seinen Auftritten. Auch seinen Job als Komparse hat er verloren, wie der Störungsmelder von Zeit Online verkündet. Nach Informationen des Störungsmelders wurde Patrick Killat, wie Villain051 mit bürgerlichen Namen heißen soll, von seiner Komparsenfirma gekündigt, nachdem seine Neonaziaktivitäten bekannt wurden.
A3STUS wollen stattdessen in diesem Jahr in Berlin auftreten.
INFORIOT — Aufgeschoben, nicht aufgehoben: Am kommenden Wochenende soll das jährliche Sommerfest der Neonazi-Familie Mann nachgeholt werden. Überlicherweise fand das Fest sonst — mal als DVU‑, NPD- oder “Die Rechte”-Fest — um die Sommersonnenwende Ende Juni statt.
Sybille und Klaus Mann sind Vorstand des Brandenburger Landesverbands der Partei “Die Rechte”. Für den 27. September ist nun ein Konzert mit dem Rapperduo “A3stus” angekündigt. Ein Konzert der Gruppe im nahegelegenen Eberswalde wurde erst im Juli nach antifaschistischer Intervention abgesagt. Neben den Nazirappern verbreiten auch Neonazis der “Kameradschaft Kommando Werwolf” (KSKW) die Einladung für das Fest. KSKW war schon bei früheren Veranstaltungen in Finowfurt organisatorisch eingebunden. Zuletzt organisierte die Neonazikameradschaft “Märkische Skinheads 88” im August ein Sportfest.
Kameradschaft Kommando Werwolf kündigt Nazievent auf Facebook an. Ärger mit den Behörden
Seit dem vergangenen Jahr finden weniger Konzertveranstaltungen auf dem Gelände der Familie Mann als zuvor statt. Die Proteste des Bündnis “Finowfurt Nazifrei” führten zu behördlichen Maßnahmen, um die Naziaktivitäten zu unterbinden. Demzufolge dürfen Veranstaltungen nur noch in Zimmerlautstärke stattfinden. Auch finden Vorkontrollen der Polizei auf den Zufahrtswegen zum Gelände statt. Ein Umstand, der den Neonazis inzwischen vertraut ist: So rufen sie ihre “Kameraden” dazu auf “bitte alles zu hause lassen was der staat nicht mag” . Gemeint sind Waffen und andere gefährliche Gegenstände.
INFORIOT Der designierte Brandenburger AfD-Abgeordnete Steffen Königer sucht offenbar die Nähe zum christlichen Fundamentalismus und profiliert sich als Abtreibungsgegner. Am vergangenen Samstag nahm Königer am “Marsch für das Leben” in Berlin teil. Auf der von Protesten begleiteten Veranstaltung forderten die rund 5.000 selbst ernannten “Lebensschützer” eine radikale Wende in der deutschen Gesellschaft.
Steffen Königer (Landtagsabgeordneter der AfD Brandenburg, Bildmitte) beim “Marsch für das Leben” in Berlin
Haupthema des Marsches war die vorgebliche Unrechtmäßigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen — die “Lebenschützer” wetterten gegen Abtreibungen und titulierten Frauen, die abgetrieben haben, als Mörderinnen. Das Spektrum, das die Märsche organisiert, vertritt eine fundamentalistische christliche Moral. Dementsprechend wird vielfach eine “verfehlte” Sexualerziehung in den Schulen beklagt, vorehelicher Sex verurteilt, Homosexualität als Krankheit diffamiert und sogar Verhütung durch Kondome oder die Pille verurteilt. Königer nahm sowohl an der Auftaktkundgebung als auch am eigentlichen “Marsch” teil, der vom Bundeskanzleramt vor den Berliner Dom führte. In der ersten Reihe des Aufzugs war die AfD mit ihrer Europaabgeordnete Beatrix von Storch ebenfalls prominent vertreten. Beatrix von Storch (Europaabgeordnete der AfD, rechts im Bild) beim “Marsch für das Leben” in Berlin
Steffen Königer ist eines der elf frisch gewählten Landtagsmitglieder der “Alternative für Deutschland” (AfD) in Brandenburg. Außerdem ist der Werderaner Vorsitzender des Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark. Königer war schon Mitglied und Kandidat des rechtspopulistischen “Bund freier Bürger” und von 2000 bis 2004 Redakteur der neu-rechten Wochenzeitung “Junge Freiheit”.
Laut Presseberichten gibt es Bemühungen in der Brandenburger AfD, Königer und drei weitere gewählte Abgeordnete (Rainer van Raemdonck, Sven Schröder und Thomas Jung) vom Antritt ihres Landtagsmandats abzuhalten. Die AfD dementiert.
Brandenburger Flüchtlingsfrauengruppe ‘Women in Exile’ bekommt den taz Panter Preis und fordert zum solidarischen Handeln für mehr Flüchtlingsrechte auf
Die Flüchtlingsfrauenselbstorganisation ‘Women in Exile’ wurde am 13. September mit dem taz Panter Preis ausgezeichnet. Mit dem Preis werden Menschen gewürdigt, die sich mit großem persönlichen Einsatz für andere starkmachen, Missstände aufdecken und für eine bessere Welt kämpfen.
‘Women in Exile’ nutzte die Preisverleihung, um zum solidarischen Handeln für mehr Flüchtlingsrechte aufzufordern:
“Wir freuen uns sehr über diesen Preis und sehen ihn als Ausdruck einer wachsenden Solidarität mit den Kämpfen von Flüchtlingsfrauen. Diese Solidarität brauchen wir auch sehr, denn zur Zeit plant die Bundesregierung Schritte zu unserer weiteren Entrechtung. Schon nächste
Woche soll per Gesetz noch mehr asylsuchenden Frauen als bisher ihr Recht auf Schutz genommen werden.“sagte Elisabeth Ngari,
Mitbegründerin von ‘Women in Exile’ und erläuterte, dass am 19. September im Bundesrat über eine Änderung des Asylgesetzes entschieden
wird, die Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sogenannten “sicheren” Herkunftsländern machen möchte. Damit werden zahlreiche Berichte von Angriffen auf ethnische Minderheiten und Homosexuelle bewusst ignoriert, um unerwünschte Asylsuchende noch schneller als bisher abschieben zu können oder in die Illegalität zu drängen.
Deshalb appelliert Ngari: “Wir bitten alle, die uns dabei unterstützt haben, den Taz-Panterpreis zu gewinnen: Bitte nutzen Sie alle ihre
Einflussmöglichkeiten, um die Unterzeichnung dieses Gesetzes im Bundesrat zu verhindern und setzten Sie sich gemeinsam mit uns für ein
faires Asylverfahren für alle Asylsuchenden ein.”
Die Flüchtlingsfrauenorganisation ‘Women in Exile’ engagiert sich seit 2002 aus der Perspektive von selbst Betroffenen für die Interessen von asylsuchenden Frauen und fordert ein menschenwürdiges Leben für Flüchtlingsfrauen ein.
“Wir haben entschieden, uns als Flüchtlingsfrauengruppe zu organisieren, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Flüchtlingsfrauen doppelt Opfer von Diskriminierung sind,” erzählt Ngari aus der Gründungszeit. “Sie werden als Asylbewerberinnen durch rassistische Gesetze ausgegrenzt und als Frauen diskriminiert.“Diese Erfahrung sahen die Frauen von ‘Women in Exile’ auch in ihrer letzten Aktion, einer Tour auf Flößen quer durch Deutschland in vielen Gespräche mit anderen Flüchtlingsfrauen bestätigt.
Damarice Okore berichtet: “Wir haben viele menschenunwürdige Lager gesehen, in denen es am Notwendigsten fehlt, vor allem an einem Minimum an Privatsphäre. Damit sind Frauen Gewalt und sexueller Belästigung ausgesetzt, ohne dass sich jemand für ihren Schutz verantwortlich fühlt.” Flüchtlingsfrauen empfinden ein Leben mit Essenspaketen oder Gutscheinen, Betteln beim Sozialamt um jede Krankenbehandlung als entmündigend und entwürdigend und fühlen sich durch Arbeitsverbote, mangelnde Möglichkeiten Deutsch zu lernen und die Residenzpflicht schikaniert, ausgegrenzt und ans Haus gefesselt.
Damarice Okore: “Meistens sind es Frauen, die sich verantwortlich fühlen, unter solchen Bedingungen den Alltag für ihre Kinder und
Familien zu organisieren. Deshalb fordern wir: Asylbewerberleistungsgesetz, Arbeitsverbote, Residenzpflicht und Sammelunterkünfte abschaffen! Mit anderen Worten: Gleiche Rechte für Alle.
Auch für diese Forderungen wünschen wir uns Solidarität! Mehr Information über die Arbeit von Women in Exile: www.women-in-exile.net
Deutschland IV: jetzt noch humaner, rationeller, schneller, sparsamer, härter, größer, verantwortungsvoller. Veranstaltungsreihe gegen die nationale Inszenierung am 3.Oktober
Das Jahr 2014 ist ein deutsches Supergedenkjahr. 100 Jahre Erster Weltkrieg und 25 Jahre Mauerfall geben den Hintergrund ab für deutsche Ideologieproduktion vom Feinsten. Während sich z.B. die Deutschen von einem australischen Historiker bescheinigen lassen, dass das Kaiserreich am 1. Weltkrieg nicht mehr Schuld trage als alle anderen beteiligten Länder, reist Bundespräsident Gauck durch die Welt belehrt hier, mahnt da und fordert, dass Deutschland international mehr Verantwortung übernehmen solle. Wie das aussieht wenn Deutschland Verantwortung übernimmt, davon können nicht nur Jugoslaw_innen, Griech_innen und Italiener_innen ein Lied singen. Während sich jedoch im Westen und Süden die deutsche Vorherrschaft in Europa wirtschaftlich ausdrückt, findet deutsche “Machtprojektion” in Ost-und Südosteuropa auch militärisch statt. Mit Bomben auf Belgrad wurde schon in den 90er Jahren klargemacht, dass Deutschland in dem von ihm als “Hinterhof” und Einflusssphäre beanspruchten Ländern (Süd-)Osteuropas auch bereit ist, seine Interessen militärisch durchzusetzen. Das hindert deutsche Politiker_innen und Journalist_innen nicht daran die Machtpolitik der russischen Regierung wortreich zu verurteilen. Denn Machtpolitik, das machen immer nur die anderen, die Amis oder Putin. Deutsche egal welcher Partei — wenn es um nationale Interessen geht kennen Deutsche seit spätestens 100 Jahren keine Parteien mehr — nehmen
stattdessen “Verantwortung” wahr oder sind “ehrliche Makler”.
In zwei Veranstaltungen wollen wir ergründen, was es mit der ökonomischen und politischen und angestrebten militärischen deutschen Vormachtstellung in Europa auf sich hat, was diese mit den Ländern rundum, vor allem aber auch mit dieser Gesellschaft anrichtet, auf welchen Grundlagen sie beruht und wie sie sich ideologisch legitimiert. Klaus Thörner “Der ganze Südosten ist unser Hinterland”: Deutsche Südosteuropapläne von 1840 bis 1945 01.10.14 — 19:30 — Buchladen Sputnik (Charlottenstr. 28 — 14467 Potsdam)
Analysen zur aktuellen deutschen Südosteuropapolitik blieben bisher weitgehend geschichtslos. Eine umfassende Darstellung der Südosteuropapolitik des Deutsches Reiches vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis zum Nationalsozialismus, die Voraussetzung für die Frage nach historischen Bezügen oder Kontinuitäten der heutigen Politik wäre, liegt bis heute nicht vor. Thörners Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, als Darstellung der gesamten deutschen Südosteuropapolitik zwischen 1840 und 1945 zu gelten.
Im Mittelpunkt stehen vielmehr langfristige Konzeptionen und deren ideologische Begründungsmuster, die im Kontext der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen betrachtet werden. Dabei ist die Frage leitend, inwiefern sich Kontinuitäten in den historischen Zielsetzungen deutscher Südosteuropapolitik und ihren Begründungen zeigen.
Klaus Thörner analysiert die ausschlaggebenden Planungen des deutschen “Drangs nach Südosten” von 1840 bis 1945. Dieser wurde bisher, im Gegensatz zum “Drang nach Osten”, kaum kritisch unter die Lupe genommen. Rainer Trampert “Europa zwischen Weltmacht und Zerfall”: Die Krise als Panzerkette der nächsten deutschen world domination tour 02.10.14 — 19:30 — Freiland hauszwei (Friedrich Engelsstr. 22 14473 Potsdam)
Rainer Trampert analysiert in seinem Buch eine neue Epoche. Warum stagniert der alte Kapitalismus, während die halbe Menschheit sich auf dem Weg der größten Industrialisierung aller Zeiten befindet? Warum ist Europa der Sanierungsfall des Weltkapitalismus, dem die große Kapitalvernichtung noch bevorsteht? Imperialismus ist kein Privileg der USA und der europäischen Staaten mehr. Worauf steuern die Verschiebung der Produktion nach Asien, das Tauziehen um die Ukraine, die Stellvertreterkriege im Nahen Osten und in Afrika und
andere geostrategische Brennpunkte zu?
Anders als im 19. Jahrhundert driften Kapitalbewegung und Staatsidee heute auseinander. Das expansive Kapital sprengt die Fesseln der europäischen Nationen, aber das Bewusstsein klebt an der Nation oder fällt in die Kleinstaaterei mit eigener Münzprägung zurück, in den
Rechtspopulismus und Faschismus.
Trampert erklärt, warum Deutschland nicht erst durch den Euro zum Hegemon der EU aufgestiegen ist, dem auf der Höhe seiner Macht das Objekt derselben abhanden zu kommen droht. Er analysiert die deutsche Ideologie, etwa die Propaganda von der überlegenen europäischen Kultur gegenüber den USA, vom “gesunden nordischen Charakter” versus der “griechischen Krankheit”, ein Begriff, der Kulturen beseitigen soll, die dem Kapitalismus noch Leben abtrotzen. Er beschreibt die europäische Geschichte, räumt mit der Mär vom “guten Nachkriegskeynesianismus”; auf, kritisiert den Linkskeynesianismus und behandelt das Thema “Krise und Verschwörungsphantasien”.
Er untersucht, ob die Motorisierung der Welt und die grüne Revolution neue Impulse bringen und stellt die Systemfrage. “Das linke Europa gibt es genauso wenig wie das linke Vaterland.” Die Marktwirtschaft ist historisch überholt, aber wo ist das Bewusstsein für eine neue Gesellschaft?
Wir laden ein auf die erste Transtagung in Potsdam vom 3. bis 5. Oktober 2014.
Nachdem die Transtagungen in den letzten Jahren so immens gewachsen sind, haben wir uns zu einem Schwerpunkt in der Zielgruppe entschieden: Im Zentrum soll das Thema (trans*) Männlichkeit stehen. Es sind aber alle eingeladen, die die Tagung interessiert, egal
welches gender, ob trans*, cis, beides, alles oder weder*noch. Also auch Frauen und Weiblichkeiten sind herzlich eingeladen.
Uns geht es um einen positiven und reflektierten Bezug auf Mann sein und Männlichkeit. Dazu gehört die Reflektion von männlichen
Privilegien, ebenso wie der Austausch darüber, was uns an unserer eigenen Männlichkeit, Maskulinität oder Nichtweiblichkeit am Herzen
liegt. Von Freitagnachmittag bis Sonntagmittag finden über 20 Workshops und Vorträge zu den Themen körperliche Transition, Sex und Beziehung, Kultur und Gesellschaft, statt. Für spontane Vernetzungen, Austauschrunden und Experimente gibt es Open Spaces. Außerdem wird es immer auch ein Angebot zu Sport & Körpererfahrung geben. Anmeldung, Programm und Infos hier: www.transtagung-potsdam.de
Seit Anfang der Woche müssen sich drei Neonazis vor dem Amtsgericht Oranienburg wegen „Störung der Totenruhe“ in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen verantworten. Sie werden beschuldigt, NPD-Flyer ausgelegt und provoziert zu haben. Weil ZeugInnen fehlten, wurde der Prozess vertagt. INFORIOT Von den drei Neonazis, die am 15.09. auf der Anklagebank saßen, sind zwei als neonazistische Gewalttäter einschlägig bekannt. Bei ihnen handelt es sich um Pierre Schumann aus Wittstock und Patrick Schulz aus Leegebruch. Sie sind den „Freien Kräften Ost“ (FKO) zuzurechnen. Dritte im Bunde der Angeklagten ist Anja D. Hetze gegen NS-Opfer
Die drei Neonazis werden beschuldigt, am 5. Juni 2013 zur Gedenkstätte im ehemaligen KZ Sachsenhausen gefahren zu sein, um dort Nazi-Flyer auszulegen, die die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnten. Auf den Flyern der NPD Mecklenburg-Vorpommern wird gegen Asylsuchende und Sinti und Roma gehetzt. Während der NS-Zeit wurden in Europa 500.000 Sinti und Roma ermordet, über 1.000 von ihnen im KZ Sachsenhausen. Provokantes Auftreten
Laut Angaben einer Zeugin verhielten sich die drei Neonazis am fraglichen Tag in hohem Maße provokant. Wie eine Berliner Lehrerin im Zeugenstand beschrieb, fuhren die drei Angeklagten am Vormittag des 5. Juni 2013 in einem dunklen Auto an der Gedenkstätte vor. Dabei dröhnte Rechtsrock aus den Autoboxen. Zumindest bei Anja D. ist sich die Zeugin sicher, dass sie ein T‑Shirt mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ trug. Daraufhin informierte die Lehrerin die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte. Laut ihren Schilderungen war möglicherweise ein vierter Täter mit dabei. Verhandlung wird fortgesetzt
Der Gerichtstermin stieß in der Öffentlichkeit auf wenig Interesse. Auf den Zuschauerbänken im Gericht saßen drei Neonazis zur Unterstützung ihrer KameradInnen. Weil viele der weiteren geladenen ZeugInnen nicht zum Gerichtstermin erschienen, wurde die Verhandlung verschoben. Der Folgetermin: 1. Oktober, ab 9.30 Uhr im Amtsgericht Oranienburg (Berliner Str. 38).
Angeklagter Patrick Schulz (ganz links) bei einer Neonazidemonstration Bekannte Angeklagte
Der Angeklagte Patrick Schulz war Mitgründer des 2007 aufgelösten „Sturm Oranienburg“, und in der (inzwischen ebenfalls stillgelegten) Struktur „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ aktiv. Wegen eines Brandanschlags auf das Oranienburger Büro der damaligen PDS im Jahr 2007 wanderte er für 20 Monate ins Gefängnis. Pierre Schumann war zusammen mit anderen Neonazis an einem Messerangriff auf alternative Jugendliche am 12. April 2012 in Neuruppin beteiligt. Auch er war bereits in Haft.
Inforiot – Am Sonntag wurde in Brandenburg gewählt. Während die neonazistische NPD erhebliche Stimmenverluste verbuchte, konnte die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) aus dem Stand heraus 12% der Wähler_innenstimmen erringen. Brutale NPD-Wahlkampfstrategie war kontraproduktiv
Trotz des knappen Ergebnis der Landtagswahlen in Sachsen im August 2014, zeigte sich die NPD siegessicher und optimistisch den Einzug in das Brandenburger Landesparlament zu schaffen. Sie erlangte jedoch nur 2,2% der Zweitstimmen und büßte in Vergleich zu den Landtagswahlen im Jahr 2009 0,4% ein, was knapp 14.000 Stimmen entspricht. Damit konnte die Partei weder von dem heruntergesetzte Wahlalter von 16 Jahren, noch von der historisch geringen Wahlbeteiligung von 47,9% profitieren. Vor allem der aggressive Wahlkampf und die gewalttätigen Ausfälle des Wahlkampfleiters Sebastian Schmidtke wirkten offenbar abschreckend auf die Wähler_innen: Es kam zu Angriffen auf Gegendemonstrant_innen in Strausberg, Frankfurt (Oder), Fürstenwalde, Potsdam und Lübbenau. Rechtspopulismus am Wahltag erfolgreicher
Der größte Wahlgewinner des Abends war mit Sicherheit die rechtspopulistische AfD. Sie schaffte mit 12,2% locker den Einzug in das Landesparlament und überholte dabei die Grünen und die FDP. Damit hat die AfD ihr bisher höchstes Wahlergebnis bei Bundes- oder Landtagswahlen verbuchen können. Die Hochburgen der Partei waren dabei die an der polnischen Grenze anliegenden Landkreisen Oder-Spree II (21,3%) und Frankfurt/Oder (19,7%). Mit den Themen innere Sicherheit und Asylpolitik konnte sich die AfD deutlich mehr punkten, als die NPD. Der Landesvorsitzende der Brandenburger AfD, Alexander Gauland, setzte zugleich bei der gestrigen RBB-Elefantenrunde ein unmissverständliches Statement, dass Asylsuchende nicht nach Brandenburg gehören.
In den Landtag eingezogen sind auch BVB/ Freie Wähler. Durch den Gewinn eines Direktmandates konnten sie die 5%-Hürde für ihre Liste brechen und besitzen nun drei Mandate. Neben Ex-SPD´ler Christoph Schulze wird nun auch der Bernauer Rechtspopulist Peter Vida im Landtag vertreten sein.
Inforiot – Knapp 80 Antifas gingen am heutigen Samstag gegen den Thor Steinar Laden “British Corner” in Fürstenwalde auf die Straße. Thematisiert wurden auch die lokalen NPD-Strukturen, sowie die jüngsten Übergriffe auf linke Jugendliche und Einschüchterungen gegen Geflüchtete.
Zum Protest aufgerufen hatte die erst jüngst gegründete Antifaschistische Aktion Fürstenwalde. Die Demonstration zog durch das Zentrum der Stadt und die Forderung war klar: “Die Betreiber*Innen des British Corner sollen ihren Laden schließen und sich aus der Stadt verpissen!”. Daneben wurde auf die jüngsten Übergriffe durch Neonazis aufmerksam gemacht. Zuletzt am 5. September, als der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke und lokale Neonazis am Rande einer Kundgebung in Fürstenwalde Antifaschist*Innen angriffen. Die Neonazipartei baut im Wahlkampf weiterhin auf die Anti-Asylthematik: so stehen auch die beiden lokalen Flüchtlingslager seit Monaten im Fokus lokaler NPD-Strukturen. Neben dem Landeschef Klaus Beier kommen auch Manuel Kokott und weitere NPD’ler aus der Region Storkow-Fürstenwalde und haben sowohl auf Landesebene, wie auch im Kreisverband Oderland wichtige Funktionen inne.
An der Demo beteiligten sich hauptsächlich Antifaschist*Innen aus Ostbrandenburg und Berlin. Bürger*Innen nahmen kaum teil, einige solidarisierten sich am Rande. Neonazis tauchten nur vereinzelt auf, so am Anfang der Fürstenwalder Kevin Alexander Pieper, der schon mehrfach durch Angriffe gegen Antifas in Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder) auffiel. NPD-Oderland macht sich in Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder) breit
Wenige Stunden vor der Demo in Fürstenwalde führten lokalen NPD-Strukturen, zusammen mit dem NPD-Bundesvorsitzenden Udo Pastörs, erneut Kundgebungen in Eisenhüttenstadt vor ZAST und Abschiebehaft, sowie in Frankfurt (Oder) in Nähe des Grenzüberganges durch. Besonders der Wahlkampfleite Sebastian Schmidtke hat sich im Zeichen des Landtags-Wahlkampfes duch Prügelattacken, unter anderem in Strausberg , Fürstenwalde und erst gestern in Lübbenau , hervorgetan. Was für eine Profilierung als gewaltbereit nach Innen funktioniert, wird der märkischen NPD, die sowieso kaum Chancen auf den Einzug in den Landtag hat, nicht weiter helfen.
Ein ausführliches Resumee rechter Wahlkämpfe und eine Auswertung der Ergebnisse rechter Parteien bei den morgigen Landtagswahlen wird in den nächsten Tagen folgen.