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Chronik rechter Vorfälle 2020 in Märkisch-Oderland

Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch­-Oder­land (BOrG) doku­men­tiert kon­tinuier­lich rechte Vor­fälle im Land­kreis und erstellt daraus Chroniken. Im Jahr 2020 haben wir 107 Vor­fälle im Land­kreis aufge­nommen, von Pro­pa­gan­da über Veranstal­tungen hin zu Angrif­f­en. Damit stieg die Zahl der reg­istri­erten Vor­fälle von 67 im Jahr 2019 um 60%. Dies lässt sich zum einen durch mehr Pro­pa­gandafälle, aber auch durch eine akti­vere Melder*innenstruktur erklären.

Überblick: Rechte Vorfälle im Jahr 2020

Die häu­fig­sten Vor­fälle im Jahr 2020 mach­ten Pro­pa­gandafälle aus (37 Vor­fälle). Dies sind zum Beispiel Schmier­ereien oder das Kleben von Stick­ern mit recht­en Inhal­ten. Rechte Selb­st­darstel­lung, also die Bewer­bung oder das Auftreten als rechte Struk­tur oder Parteien, sowie die Ver­harm­lo­sung und/oder Ver­her­rlichung des Nation­al­sozial­is­mus sind dabei die häu­fig­sten Motive. Ras­sis­mus, Anti­semitismus oder die Bedro­hung von poli­tischen Gegner*innen spie­len bei den Propa­gandafälle eher eine unter­ge­ord­nete Rolle. Zu beto­nen ist jedoch, dass sich zum einen immer eine ras­sis­tis­che und bedrohliche Di­mension in der recht­en Selb­st­darstel­lung zeigt und zum anderen expliz­it bei Stick­ern ras­sis­tis­che Motive in Kom­bi­na­tion mit Sti­ckern von Parteien oder Organ­i­sa­tio­nen gek­lebt wur­den. Auf die Betrachter*innen wirken sie im Stadt­bild so gemein­sam und beziehen sich aufeinander.

Mit 36 Ver­anstal­tun­gen im Jahr 2020 ist dies die zwei­thäu­fig­ste Vor­fall­sart. Nicht trotz, son­dern ger­ade wegen der Pan­demie hat sich die Zahl hier deut­lich gegenüber dem Vor­jahr (15 Ver­anstal­tun­gen im Jahr 2019) erhöht. Neben eini­gen Parteiver­anstal­tun­gen der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD), die the­ma­tisch nicht die Pan­demie und die Maß­nahmen dage­gen auf­grif­f­en, waren die soge­nannten „Corona­Maßnahmen“ der Aus­lös­er für ein Gros der Ver­anstal­tun­gen. Bere­its im Zeitraum von März bis Juni gab es einige Ver­anstal­tun­gen dazu im Land­kreis. Ab Ok­tober fan­den dann aber regelmäßig Kundge­bungen in Straus­berg (Quer­denken Straus­berg 334) und in Wriezen (Schweige­marsch der AfD) statt. Beson­ders im Kon­text der Querdenken­Kundgebungen gab es hier immer wieder NS-­ver­harm­losende Bezüge.

Außer­dem haben wir 18 Pöbeleien, Belei­di­gun­gen und/oder Bedro­hun­gen aufgenom­men, wovon ein Großteil anti­semi­tisch mo­tiviert war (7 Vor­fälle von 18). Weit­ere Motive waren Ras­sis­mus (6 von 18), LGBTIQ*­Feindlichkeit (2 von 18) und gegen politi­sche Gegner*innen ge­richtet, NS­verherrlichend oder als rechte Selbstdar­stellung ver­mit­telt (je 1 von 18). Die Zahl der von uns reg­istri­erten sechs Angriffe im Jahr 2020 ist im Ver­gle­ich zum Vor­jahr leicht zurück­ge­gan­gen (8 Angriffe 2019). Dabei waren vier Angriffe ras­sis­tisch motiviert und erfol­gten gegen ver­meintlich als Geflüchtete wahrgenommene Per­so­n­en oder Geflüchtete­nun­terkün­fte. Zwei Angriffe richteten sich gegen poli­tis­che Gegner*in­nen. Eben­so gab es im Jahr 2020 sechs Sachbeschädi­gun­gen, wovon 4 anti­semi­tisch motiviert waren.

Straus­berg sticht wie auch schon die Jahre zuvor mit der Anzahl der Vor­fälle her­vor (ins­gesamt 32). Dies liegt vor allem an der guten Melder*innenstruktur vor Ort. Engagierte Men­schen melden uns hier Vor­fälle. Dies schafft eine gute Daten­lage und einen rea­listschen Überblick. Aber auch Wriezen mit 16 Vor­fällen und Müncheberg mit 14 Vorfäl­len, sowie Peter­sha­gen mit 11 Vor­fällen ste­chen her­aus. An den vie­len anderen Orten in Märkisch-­Oder­land ist von ein­er hohen Dun­kelziffer auszuge­hen. Es ist anzunehmen, dass sich die Zahlen in allen größeren Ortschaften auf einem ähn­lichen Niveau be­wegen, hier fehlen uns jedoch Melder*innen­strukturen und es kön­nen nur Vor­fälle aufgenom­men wer­den, die in der Presse, Sozialen Medi­en oder durch Polizeimeldun­gen öffentlich bekan­nt wer­den. Ins­beson­dere aus Bad Freien­walde hören wir immer wieder von ras­sis­tis­chen Vor­fällen, die auch regel­mäßig Angriffe bein­hal­ten. Unsen­si­ble Reak­tionen von Poli­tik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit dieser Angriffe lassen die Be­troffenen oft resig­nieren und Anzeigen oder Hil­fege­suche wer­den unter­lassen. Damit lässt sich kein abschließen­des Bild der Lage in Märkisch-­Oder­land zeich­nen. Wir sind hier auf Hil­fe durch alle Mit­men­schen im Land­kreis angewiesen. Melden Sie uns rechte Vor­fälle jed­er Art. Nur so kön­nen wir gemein­sam etwas tun.

Bewaffneter Rechtsextremismus: Ein bundesweiter Trend auch in Märkisch-Oderland

Her­vorge­hoben sei an dieser Stelle folgen­der Vor­fall: Im März stellte die Polizei bei Haus­durch­suchun­gen mehrere Waf­fen und Nazide­vo­tion­alien sich­er, zwei Män­ner wur­den wegen Waf­fen­han­dels festgenom­men. Ger­ade in den ver­gan­genen Jahren waren ver­schwun­dene Waf­fen aus Bestän­den von Polizei und Bun­deswehr auch medi­al immer wieder The­ma. Zu sel­ten wird darauf hinge­wiesen, was mit diesen Waf­fen passiert: Oft­mals gelan­gen sie in die Hände von Neon­azis und beken­nen­den Ras­sis­ten. Meis­tens sam­meln diese die Waf­fen, trainie­ren damit oder leg­en geheime Lager an, um am “Tag X” darauf zugreifen und poli­tis­che Gegner*innen angreifen zu kön­nen. Doch immer wieder schre­it­en Neon­azis zur Tat und ver­let­zen und töten Men­schen. Lei­der besit­zen viele rechte Aktivis­ten zudem Waffen­scheine, da hier­für viel zu sel­ten der poli­tis­che Hin­ter­grund geprüft wird. Promi­nentes Beispiel dafür ist Tobias R., dem At­tentäter von Hanau, der 2020 neun Men­schen aus ras­sis­tis­chen Motiv­en tötete. Mel­dun­gen über Waf­fen­funde bei Neon­azis sind deshalb äußerst brisant und Lokal­ und Kommunalpolitiker*innen sowie Sicherheits­behörden soll­ten alles dafür tun, die Herkun­ft dieser Waf­fen aufzuk­lären und nicht zulas­sen, dass die rechte Szene sich weit­er bewaffnet.

Rassistische Mobilisierungen stärken rechte Strukturen

Als in Folge des lan­gen Som­mers der Mi­gration 2015 die ras­sis­tis­chen Mobilisierun­gen und Gewalt­tat­en schla­gar­tig zunah­men, zeigte sich dies auch in Mär­kisch-­Oder­land. Nicht nur gab es viele An­griffe und ras­sis­tis­che Ver­anstal­tun­gen, auch waren die meis­ten Pro­pa­gan­da­vor­fälle mit ras­sis­tis­chen Inhal­ten. Dies hat sich mitt­lerweile gewan­delt. Die ras­sis­tis­che Mobili­sierung hat zu ein­er Stärkung von recht­en Struk­turen beige­tra­gen, wie nicht nur an Wahlergeb­nis­sen zu sehen ist. Das hohe Maß an Vor­fällen, die in die rechte Szene hinein­wirken und die Organ­i­sa­tio­nen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken, ist ein weit­eres Resul­tat davon. Auch jen­seits des Wahlkampfes wie im Jahr 2019 waren im let­zten Jahr viele Vor­fälle zu verze­ich­nen, die mit Parteien und Organ­i­sa­tio­nen zusam­menhängen. Ein beson­deres Augen­merk gilt hier auf neu ent­standene Struk­turen im Jahr 2020. Neben der „Divi­sion MOL“, die in der S5­Region aktiv ist, ist auch die zunehmende Aktiv­ität des „III. Weg“ zum Ende des Jahres zu beacht­en. Die neon­azis­tis­che Kleinstpar­tei zeich­net sich durch ihre Mil­i­tanz und einen elitären Habi­tus aus. Mit­tler­weile hat sich ein „Stützpunkt“ in Bad Freien­walde gegründet.

Antisemitismus weiter präsent

Das Tat­mo­tiv Anti­semitismus trat im Jahr 2020 sehr häu­fig auf. Dies zeigt, wie tief ver­wurzelt Anti­semitismus in der Gesellschaft ist. Sechs Fälle von anti­semi­tis­chen Pöbelei­en, vier Fälle von Sachbeschädi­gun­gen und eine Pro­pa­gan­damel­dung zeu­gen von einem großen und auch gewalt­täti­gen Poten­zial. Die Sachbeschädi­gun­gen richt­en sich in der Regel gegen Gedenko­rte, wie am 27. Jan­u­ar in Seelow, wo im Nach­gang zum Gedenken an die Befreiung von Auschwitz Blumenge­binde zer­stört wur­den oder am 31. Dezem­ber in Wriezen, wo zum wieder­holten Male die Gedenk­tafel für die in der Reichspogrom­nacht abge­bran­nte Syn­a­goge beschädigt wurde. Die Pöbeleien zeigen, dass sich Jüd*innen nicht sich­er in Märkisch-­Oder­land bewe­gen können.

Die AfD weit rechts

Der Kreisver­band der AfD Märkisch­-Oder­­land ist wie der gesamte Lan­desver­band nicht nur Flügel­nah, son­dern maßge­blich­er Teil des Flügels. Die unge­broch­ene Solidari­tät gegenüber des wegen sein­er Neon­azi-Ver­gan­gen­heit aus der Partei ausgeschlos­senen Andreas Kalb­itz, eine Ver­anstal­tung mit Björn Höcke in Hönow im Sep­tem­ber, so­wie eine kurz darauf fol­gende Ver­anstal­tung mit Götz Kubitschek, dem zen­tralen Intellek­tuellen der Neuen Recht­en machen dies deut­lich. Auch die aktive Zusam­me­nar­beit mit der Jun­gen Alter­na­tive Bran­den­burg, die schon länger als recht­sex­tremer Verdachts­fall von den Behör­den geführt wird, macht deut­lich, wie weit rechts die AfD in Märkisch­-Oder­land ste­ht. Betrof­fene aus Regio­nen und Gemein­den, in denen die AfD beson­ders stark ist, bericht­en immer wieder von Anfein­dungen seit­ens der AfD und ihrer Anhän­ger*innen. Men­schen, die sich ein­deutig und kon­se­quent von der AfD abgren­zen, sind Ziel von anony­men Pöbeleien im Inter­net, aber auch auf der Straße. Ihnen gehört unser Dank und unsere Unterstützung.

Die voll­ständi­ge Chronik und ergänzte Infor­ma­tio­nen sind in Form ein­er Broschüre hier zu down­load­en. Gedruck­te Exem­plare kön­nen gerne auch kosten­frei bestellt wer­den. Dazu ein­fach eine Mail an: ag-borg@horte-srb.de

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Antifaschismus Parlamentarismus

AfD will Chef der eigenen Jugendorganisation ausschließen

Auf ihrem Bun­deskongress vom 17. und 18. April 2021 hat die AfD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Alter­na­tive“ (JA) ein neues Führungs­duo gewählt. Eine Dop­pel­spitze, beste­hend aus Car­lo Clemens (JA NRW) und Mar­vin T. Neu­mann (JA Bran­den­burg), sollte die unter­schiedlichen Strö­mungen vere­inen und ein neues Kapi­tel in der Geschichte der noch jun­gen Parteior­gan­i­sa­tion ein­leit­en. Parte­ichef Tino Chru­pal­la sprach gar von einem „Auf­bruch in eine neue Junge Alter­na­tive“. Nur zwei Wochen später ist vom Auf­bruch nichts mehr übrig. Ein internes Gutacht­en der AfD emp­fiehlt, Neu­mann aus der Partei zu wer­fen. Der Bun­desvor­stand der Partei hat den Fall offen­bar am 30. April in ein­er Tele­fonkon­ferenz besprochen. Neu­mann soll am kom­menden Mon­tag, 3. Mai ange­hört wer­den. Laut der weit rechts ste­hen­den Wochen­zeitung „Junge Frei­heit” soll sich auch AfD-Frak­tion­schefin Alice Weisel für „schnelle und harte Maß­nah­men” aus­ge­sprochen haben.

Grund dafür sind  recht­sex­trem­istis­che und ras­sis­tis­che Äußerun­gen Neu­manns. Was für die „Arbeits­gruppe Ver­fas­sungss­chutz“ (AGVS), die inner­halb der Partei einen Umgang mit der Beobach­tung durch den Inlands­ge­heim­di­enst find­en soll, und den Rest der Partei offen­bar eine große Über­raschung darstellt, ist Beobachter*innen schon lange bekan­nt. Immer wieder hat Neu­mann auf Twit­ter und Insta­gram deut­lich gezeigt, welch­es Gedankengut er ver­tritt. Mit seinen provozieren­den, mehr als gren­zw­er­ti­gen („nonkon­formistis­chen“) Tweets hat er sich einen gewis­sen Ruf (und auch viele Gegner*innen) in der Rechtst­wit­ter-Blase erarbeitet.

Im Vor­feld der Wahl für den Chef­posten der JA hat­te er sich in einem Inter­view mit dem „neurecht­en“ „kon­flikt Mag­a­zin“ als „Ide­olo­gen“ beze­ich­net, der sich vor allem gegen das „geistige Boomer­tum“ der Partei stellen würde. Ein Seit­en­hieb auf Parte­ichef Jörg Meuthen, der als Vertreter eines eher gemäßigten Kurs­es gilt. Denn „gemäßigt“ — was auch immer dieses Adjek­tiv im Zusam­men­hang mit der AfD bedeutet — ist Neu­mann keines­falls. In sein­er Bewer­bungsrede um den Vor­stand­sposten beim Bun­deskongress der JA kri­tisierte er ange­bliche „Massen­mi­gra­tion als Nor­malzu­s­tand“, „Weißen-feindlichen Ras­sis­mus“ und „72 oder mehr Geschlechter“.

Neu­manns Nähe zur Ide­olo­gie der recht­sex­tremen „Iden­titären Bewe­gung“ (IB) und anderen Teilen der soge­nan­nten „neuen“ Recht­en, die schlussendlich die Werte der Aufk­lärung und der Mod­erne ablehnt, hat er immer wieder deut­lich gemacht. Auf Twit­ter beze­ich­nete er vor sein­er Wahl Lib­er­al­is­mus als „volks­feindlichen Müll“. „Nation und Kul­tur“ kön­nten nur ohne Lib­er­al­is­mus bewahrt wer­den. Lib­er­al­is­mus sei der „Erzfeind aller, die an der Kon­servierung von Tra­di­tio­nen, über­liefer­t­er Kul­tur, Reli­gion, Volk und Nation (…) fes­thal­ten“, schreibt er im Januar.

Dabei bezieht sich Neu­mann ganz direkt auf faschis­tis­che Vor­denker wie Arthur Moeller van den Bruck (1876–1925), zen­traler Autor der von Armin Mohler kanon­isierten „Kon­ser­v­a­tiv­en Rev­o­lu­tion“ und Schöpfer des Begriffs „Drittes Reich“. Van den Brucks Lib­er­al­is­mus-Dik­tum („An Lib­er­al­is­mus gehen die Völk­er zugrunde“) ist in der „neuen“ Recht­en ein geflügeltes Wort. Auch andere Faschis­ten gel­ten ihm offen­bar als Vor­bild, in Stil­fra­gen scheint es Oswald Mosley zu sein, der Grün­der der „British Union of Facists“ (und erk­lärtes Vor­bild des Recht­ster­ror­is­ten von Christchurch). An ander­er Stelle bezieht er sich pos­i­tiv auf neo­re­ak­tionäre und neo­faschis­tis­che Denker wie C.A. Bond oder Jonathan Bowden.

Screen­shots aus dem Insta­gram-Kanal von Neu­mann vom Twit­teruser @w_teupher

Seine The­sen bracht­en ihm immer wieder Lob von recht­saußen ein. Zum Beispiel von Mar­tin Sell­ner, Chef-Kad­er der „Iden­titären Bewe­gung“ (IB). Und auch das sich selb­st als intellek­tuell beze­ich­nende Milieu rund um das „Insti­tut für Staat­spoli­tik“, das dem Ver­fas­sungss­chutz als „Ver­dachts­fall“ gilt, unter­stützt Neu­mann nach dem angekündigten Rauswurf. Benedikt Kaiser, heute Redak­teur der „neurecht­en“ Zeitschrift Sezes­sion des Kle­in­stver­legers Götz Kubitschek, früher Teil der recht­sex­tremen Kam­er­ad­schaftsszene mit Verbindun­gen zum NSU, beteiligt sich auf Twit­ter mit Retweets an den Mitlei­ds­bekun­dun­gen von recht­saußen für Neumann.

Dabei steckt — wie so oft bei der ange­blich „neuen“ Recht­en — hin­ter dem bemüht intellek­tuellen Habi­tus und den rhetorisch aufge­plus­terten Debat­ten im Wesentlichen Alt­bekan­ntes: NS-Rel­a­tivierun­gen und Ras­sis­mus. Auch im Auftreten des nun in Bedräng­nis ger­ate­nen JA-Co-Chefs Neu­mann schlägt dieser Umstand durch: In ein­er Insta­gram-Sto­ry postet er ein Spiegel-Self­ie mit der Bemerkung „Opa hat­te defin­i­tiv die frischeren Seit­en“. Auf der Handy­hülle das Foto eines Mannes in Wehrma­cht­suni­form. In einem Insta­gram-Post feiert Neu­mann Hein­rich Ehrler, einen NS-Luft­waf­fenof­fizier und „Helden“ des Nationalsozialismus.

Screen­shots aus dem Insta­gram-Kanal von Neu­mann vom Twit­teruser @w_teupher

Im Dezem­ber 2020 schreibt Neu­mann auf Twit­ter: „Es gibt keine ‚Schwarze Deutsche und Europäer‘. Sie sind besten­falls Teil der Gesellschaft und besitzen bes­timmte Staats­bürg­er­schaften, aber sie sind nicht Teil ein­er tradierten, authen­tis­chen‚ europäische[n] Iden­tität.‘“ In einem andere Tweet heißt es: „Andere weiße Europäer bzw. ihre Nach­fahren könn(t)en Deutsche wer­den, Schwarzafrikan­er aber nicht.“ Eine Argu­men­ta­tion, die man so auch von der NPD und andere recht­sex­tremen Akteur*innen immer wieder hört. Dementsprechend ver­wun­dert es nicht, wenn Neu­mann auch gegen „gemäßigtere“ Stim­men im eige­nen Umfeld schießt. Als Eri­ka Stein­bach, Vor­sitzende der AfD-nahen Desiderius-Eras­mus-Stiftung, in einem Tweet stolz auf die Exis­tenz von AfD-Abge­ord­neten mit Migra­tions­geschichte hin­weist, schreibt Neu­mann nur „Gehen Sie endlich in den Ruh­e­s­tand.“ Als Götz Fröm­ming, Abge­ord­neter der AfD im Bun­destag, über „deutsche Schüler mus­lim­is­chen Glaubens“ twit­tert, bringt Neu­mann ihn in Zusam­men­hang mit der CDU und sieht einen Ver­such, die Beobach­tung durch den Ver­fas­sungss­chutz durch solche For­mulierun­gen zu ver­mei­den. In einem weit­eren Tweet zu Fröm­mings Aus­sage betont er, dass „Mut zur Wahrheit bedeutet, auch bei der demographis­chen Frage Alter­na­tive zu sein“.

In Neu­manns „iden­titärem“ Welt­bild wird prak­tisch alles eth­nifiziert. Auch Reli­gion und Kul­tur wer­den als Wesen­szüge ver­meintlich­er „Rassen“ gedacht, die unverän­der­bar nebeneinan­der ste­hen und sich nicht ver­mis­chen kön­nen oder dür­fen. Genau das meint das dif­fuse Konzept des „Ethno­plu­ral­is­mus“, das dem alt­bekan­nten Ras­sis­mus lediglich ein neues Gewand ver­lei­ht. Die „demografis­che Frage“ ist schließlich nur eine andere For­mulierung für die Wah­n­vorstel­lung vom „großen Aus­tausch“, ein­er ras­sis­tis­che Ver­schwörungserzäh­lung der soge­nan­nten „neuen“ Recht­en, laut der Europäer*innen von meist jüdisch imag­inierten Eliten durch mus­lim­is­che Migrant*innen erset­zt wür­den. Dazu passt auch ein Tweet von Neu­manns Part­ner­in Zita T., ein­er Volon­tärin bei der recht­en Wochen­zeitung „Junge Frei­heit“, den Neu­mann retweet­et. Für T. ist auf einem Insta­gram-Bild der EU-Kom­mis­sion, auf der ein Mann mit schwarz­er Haut­farbe und ein Kind abge­bildet sind, „nicht ein einziger eth­nis­ch­er Europäer zu sehen“.

Screen­shot von Neu­manns Twitterkanal

Dabei ist für Neu­mann am Islam nicht alles schlecht. Beson­ders bei den Intellek­tuellen der soge­nan­nten „neuen“ Recht­en gibt es immer wieder auch Bewun­derung für einen rigi­den Islamis­mus. Die „dekadente“ und von „Ver­fall“ geze­ich­nete west­liche Gesellschaft sei dem­nach selb­st für die ange­bliche „Islamisierung“ ver­ant­wortlich, die als Symp­tom des Lib­er­al­is­mus betra­chtet wird. Im Unter­schied zum „degener­ierten“ West­en halte der Islam an tradierten Werten fest und zemen­tiere so den eige­nen Ein­fluss. Etwas, was sich Neo­faschis­ten für die eige­nen Ide­olo­gie und das eigene „Volk“ wünschen.

Screen­shot von Neu­manns Twitterkanal

Mar­vin T. Neu­mann gilt als „Chef-Ide­ologe“ der JA Bran­den­burg. Seine recht­sex­treme Weltan­schau­ung ist umfassend und hört nicht bei der Aus­gren­zung von Geflüchteten und pseudoin­tellek­tuell verklei­de­tem Ras­sis­mus auf. Sie geht bis hinein in per­sön­liche, zwis­chen­men­schliche Beziehun­gen und äußert sich auch in ein­er rück­wärts­ge­wandten Sex­ual­moral; ein Gebi­et, das von den ein­schlägi­gen „neurecht­en“ Akteuren aus guten Grün­den zumeist nicht näher the­ma­tisiert wird. Neu­mann ken­nt in dieser Hin­sicht allerd­ings tat­säch­lich keine Hem­mungen. Er fordert aus­drück­lich eine „moralisch-reak­tionäre Wende. Untreue gehört gesellschaftlich geächtet, Sex­u­al­ität wieder mehr sakral­isiert.“ Also zurück in Zeit­en, als „une­he­liche“ Kinder diskri­m­iniert wur­den und Frauen bis zur Ehe „enthalt­sam“ sein soll­ten. Zeit­en, in denen Men­schen, die nicht der het­ero­sex­uellen Norm entsprachen, krim­i­nal­isiert, an den Rand der Gesellschaft gedrängt und alltäglich diskri­m­iniert und bedro­ht wurden.

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

AfD Kundgebung in Brandenburg an der Havel

Damitgefährden sie wil­lentlich Men­schen­leben. Auch in Bran­den­burg an der Hav­el gibt es eine solcheGruppe. Die Wut dieser Men­schen ist grund­sät­zlich nachvol­lziehbar, nur lei­der richtet sie sichgegen die Falschen. Während dem Einzel­han­del und Künstler:innen das Aus dro­ht, ret­tet dieBun­desregierung mit mehreren Mil­liar­den Euro Unternehmen wie die Lufthansa. Das ist dur­chauskri­tik­würdig. Das Prob­lem liegt dabei aber nicht in ein­er jüdis­chen Elite, ein­er Hoch­fi­nanz oder beiGeflüchteten, son­dern im Kap­i­tal­is­mus. Die Kri­tik der Coronaleugner:innen ist stark vere­in­fachtund gestützt durch Falschin­for­ma­tio­nen und gefährliche Ver­schwörungserzäh­lun­gen. Lei­der sind mit­tler­weile auch Parteien wie die AfD auf den Zug der Coro­n­aver­harm­lo­sungaufge­sprun­gen. Zur Abwech­slung het­zt die AfD nicht mehr nur gegen den Islam, son­dern siescheint einen neuen The­men­schw­er­punkt bei dem Coro­na­manag­ment gefun­den zu haben. Während die in Teilen recht­sex­treme Partei anfangs noch härtere Maß­nah­men forderte, hat man sichdem Niveau der „Querdenker“-Bewegung angepasst. Nun fordert man die sofor­tige Beendi­gung derals über­trieben wahrgenomme­nen Coro­na­maß­nah­men. Aus diesem Anlass ver­anstal­tet die AfD am 30. April eine Kundge­bung am Neustädtis­chen Markt.Unter dem Mot­to „Lock­down-Irrsinn been­den – Frei­heit für Land und Bürg­er!“ wird die Parteidiesen Fre­itag ihr recht­es Gedankengut in Bran­den­burg kund tun. Die Absicht dahin­ter ist rechtein­deutig. Die AfD ver­sucht im Milieu der „Querdenker:innen“ Stim­men für die anste­hendeBun­destagswahl zu gewin­nen. Wir sind nicht bere­it den Recht­en die Straße zu über­lassen.Daher haben wir eine Gegenkundge­bung um 19 Uhr vor dem Reise­büro am Neustädtis­chen Marktangemeldet. In Bran­den­burg ist kein Platz für rechte Het­ze und Geschwurbel!

 

Kommt daher am 30.04. um 19 Uhr zum Kathari­nenkirch­platz. Tragt Masken, hal­tet Abstand.

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Antifaschismus

Der Dritte Weg in Bad Freienwalde

Der Dritte Weg wurde im Sep­tem­ber 2013 gegrün­det, um die von einem Ver­botsver­fahren betrof­fe­nen recht­en Struk­turen in Süd­deutsch­land zu fes­ti­gen und zu schützen. Seit­dem expandiert der Dritte Weg und hat etliche Orts- und Region­al­grup­pen, soge­nan­nte Stützpunk­te gegrün­det. Der Dritte Weg stellt inhaltlich eine Nähe zum Nation­al­sozial­is­mus dar. Die Partei bezieht sich auf ein Volk im Sinne ein­er Gemein­schaft, die durch ihre Abstam­mung ver­bun­den sein soll. Das Ker­nele­ment dieses Volkes nimmt die tra­di­tionelle Fam­i­lie ein. Außer­dem vertreten sie eine gefes­tigte Blut und Boden Ide­olo­gie, wonach das Volk mit der Natur ver­bun­den sei und durch diese die Kul­tur, Leben­sart und Entwick­lung des Volkes bee­in­flusst sei. In Berlin und Bran­den­burg gab es bish­er drei Stützpunk­te: Potsdam/Mittelmark, Uck­er­mark und Berlin. Der Dritte Weg rekru­tiert maßge­blich aus überzeugten und schon lange aktiv­en Neonazis.

Aktivitäten in Märkisch-Oderland

Seit­dem der Dritte Weg am 15. Novem­ber 2020 in Straus­berg auf einem Fried­hof auf­tauchte und dort sein „Heldenge­denken“ zum Volk­strauertag beg­ing, um den Wehrma­chtssol­dat­en zu gedenken, häufen sich die Aktiv­itäten in der Region. Im Novem­ber kamen 20 AktivistIn­nen des Drit­ten Weges zusam­men, legten ein Blu­mengesteck nieder, hin­ter­ließen Grabkerzen mit dem Logo des Drit­ten Weges und eine selb­st­ge­bastelte Rune aus Holz. Die Aktion auf dem „Sol­daten­fried­hof“ in Straus­berg war in eine bun­desweite Aktion­srei­he einge­bet­tet. Da der Dritte Weg am Vor­abend zum Volk­strauertag bere­its auf dem Fried­hof war, ist davon auszuge­hen, dass die Aktion von Mit­gliedern des Drit­ten Weges durchge­führt wurde, die am näch­sten Tag noch andere Ter­mine und Sta­tio­nen abfuhren.
Anfang diesen Jahres, am 17. Jan­u­ar ver­sam­melten sich dann elf Aktivis­ten am Bis­mar­ck­turm in Bad Freien­walde. Diese Aktion war Otto von Bis­mar­ck und der Grün­dung des Deutschen Reich­es 1871 gewid­met. Auch diese Aktion war in eine über­re­gionale Aktion­srei­he einge­bet­tet. Der Stützpunkt Uck­er­mark organ­isierte hier­bei schein­bar die Aktion in Bad Freien­walde, da der Stützpunkt unter den Durch­führen­den erwäh­nt ist, jedoch in der Uck­er­mark keine eigene Aktion aufge­führt ist. In Bad Freien­walde fol­gten dann im Feb­ru­ar und März zwei Fly­er-Aktio­nen. Hier war eine kleine Anzahl von Per­so­n­en unter­wegs und verteilte Mitte Feb­ru­ar Fly­er mit dem Titel „Frei­heit statt Coro­na-Impfzwang“ vom Drit­ten Weg. Einen Monat später fol­gte eine Fly­er-Aktion, um für den Auf­marsch des Drit­ten Weges am 1. Mai in Zwick­au zu wer­ben. Bere­its vorher ist Bad Freien­walde auf ein­er Karte mit weit­eren Stützpunk­ten aufge­taucht, die zum 1. Mai nach Zwick­au mobil­isieren. Anfang März wur­den auch Fly­er vom Stützpunkt Berlin in Straus­berg verteilt. Die Verteilen­den wur­den dabei von der Polizei erwis­cht und waren zum Teil noch deut­lich min­der­jährig (14 Jahre). Da es in der Region um Straus­berg in der Ver­gan­gen­heit zu ver­schiede­nen recht­en Delik­ten aus ein­er recht­en Jugend­clique, die sich „Divi­sion MOL“ nen­nt und dem Alter entspricht, gekom­men ist, wird diese Aktion auch der Divi­sion MOL zugerech­net. Mitte März organ­isierte der Dritte Weg zusam­men mit den Jun­gen Nation­al­is­ten (JN – Jugen­dor­gan­i­sa­tion der NPD) eine Wan­derung durch die Seelow­er Höhen. Dieser fol­gten nach eige­nen Angaben 70 Per­so­n­en. Beachtlich ist die Zusam­me­nar­beit der JN und des Drit­ten Weges.

Nicht neu aber in neuen Maßen

Der Dritte Weg tritt nicht zum ersten Mal in der Region in Erschei­n­ung. Immer wieder tauchen vere­inzelt Fly­er oder Stick­er auf, oder die Region wird für Spaziergänge aus­gewählt. Seit 2015 gab es immer wieder Aktio­nen vor­rangig in Bad Freien­walde. Hier­bei wurde beson­ders an die beste­hende ras­sis­tis­che Mobil­machun­gen in Bad Freien­walde angeknüpft. Da es seit Jahren min­destens ein För­der­mit­glied in Bad Freien­walde gibt, war es für die Aktiv­en nahe­liegend dort präsent zu sein. Mit­tler­weile scheint aus der jun­gen Frau ein voll­w­er­tiges Mit­glied gewor­den zu sein. Eine Mit­glied­schaft im Drit­ten Weg erlangt eine Per­son nur, wenn diese sich als För­der­mit­glied als würdig erwiesen hat.

Warum Bad Freienwalde?

Bad Freien­walde ist seit Jahrzehn­ten eine Hochburg für rechte Aktiv­itäten und hat seit langer Zeit eine organ­isierte und gewalt­bere­ite Neon­aziszene. Im Jahr 2015 und 2016 kommt es über Wochen immer wieder zu Über­grif­f­en auf Geflüchtete. Hier sind auch immer wieder Neon­azis aus dem Umfeld der KMOB (Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder Barn­im) als Täter dabei. Eben­so mobil­isierten diese Neon­azis bei ras­sis­tis­chen Kundge­bun­gen kräftig mit. Die KMOB hat­te sich 2010 offiziell selb­st aufgelöst, um einem dro­hen­den Ver­botsver­fahren zuvor zu kom­men. Ab spätestens 2012 tauchte die Gruppe aber wieder auf. Im Jahr 2014 schlossen sich die Nazis das der Kle­in­st­partei Die Rechte an und grün­de­ten den Kreisver­band Märkisch-Oder Barn­im (KMOB). Der Kad­er der KMOB und Vor­sitzen­der des Kreisver­ban­des war Robert Geb­hardt. Geb­hardt saß von 2014 bis 2019 für die NPD im Kreistag. 2018 ver­ließen die Neon­azis die Partei Die Rechte und organ­isierten sich wieder als Kam­er­ad­schaft. Dabei ist Bad Freien­walde zwar der Schw­er­punkt der KMOB, aber es gibt auch Mit­glieder und Kon­tak­te nach Eber­swalde und Tem­plin, also in die Uck­er­mark. Dort wo der Dritte Weg beson­ders stark und präsent ist.
Auch gab es 2018 eine NPD-Info­tour durch den Land­kreis. In Bad Freien­walde waren neben Robert Geb­hardt auch Robert Wolin­s­ki und Andrew Stel­ter vor Ort. Stel­ter tauchte am 3. Okto­ber bei einem Auf­marsch des Drit­ten Weges in Berlin auf. Auch wenn er keine Klei­dung des Drit­ten Weges trug, ist die Teil­nahme für Men­schen ohne Verbindun­gen zum Drit­ten Weg eher ungewöhn­lich. Kon­tak­t­möglichkeit­en gibt es also viele. Ein neon­azis­tis­ches Poten­zial eben­so. Daher ist eine Etablierung des Drit­ten Weges in Bad Freien­walde und der Region Märkisch-Oder­land dur­chaus denkbar.

Wie bere­its erwäh­nt will der Dritte Weg am 1. Mai diesen Jahres in Zwick­au auf­marschieren. Da dies nicht ein­fach so hin­genom­men wer­den kann, wird vor Ort Gegen­protest organisiert.
Sich dem Drit­ten Weg ent­ge­gen­zustellen ist und bleibt notwendig. Kommt daher alle am 1. Mai nach Zwick­au! Mehr Infos find­et ihr hier: https://erstermai2021.noblogs.org/

Dem Drit­ten Weg keinen Meter! Nicht in Bad Freien­walde, nicht in Zwick­au, nirgendwo!

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Das Grundproblem heißt Kapitalismus

Am kom­menden Sam­stag, den 24. April wer­den mehrere hun­dert Men­schen unter dem Mot­to „Sol­i­darische Zukun­ft statt Kap­i­tal­is­mus” gegen das staatliche Pan­demie­m­an­age­ment demon­stri­eren. Die Initiator*innen kri­tisieren, dass die Coro­n­apoli­tik die bre­ite Bevölkerung belastet, während viele Konz­erne prof­i­tieren. Von den soge­nan­nten Querdenker*innen gren­zen sie sich scharf ab: Die Aufrufend­en wollen nicht gegen den Gesund­heitss­chutz demon­stri­eren, son­dern für eine lebenswert­ere Gesellschaft.

Unsere Belas­tungs­gren­ze ist erre­icht. Prekär Beschäftigte, Sorgearbeiter*innen und Geflüchtete tra­gen die größten Risiken in der Pan­demie. Sie fürcht­en um ihre Exis­tenz und Gesund­heit. Aber Schutz vor Infek­tio­nen in der Wirtschaft?
Fehlanzeige!”, sagt Mira Hun­srück, die die Demon­stra­tion mitorganisiert.

Während die Super­mark­tverkäuferin nun nach Feier­abend aus Infek­tion­ss­chutz­grün­den keinen Spazier­gang mehr machen darf, kon­trol­liert nie­mand, was ihr Betrieb tut, um sie während ihres Neu-Stun­den-Tages zu schützen. In der Indus­trie arbeit­en täglich Massen von Men­schen ohne aus­re­ichen­den Arbeitss­chutz — Arbeit­ge­ber wer­den zu nichts verpflichtet, denn wo das Kap­i­tal schaden nehmen kön­nte, wird nicht reg­uliert. Dabei ist es wis­senschaftlich erwiesen, dass sich die meis­ten zwis­chen 09:00 Uhr und 16:00 Uhr ansteck­en — also auf der Arbeit und auf dem Arbeitsweg. Da läuft mächtig was schief.”

Das Grund­prob­lem sei, dass es im Kap­i­tal­is­mus nie um die Gesund­heit der Men­schen gehe, son­dern allein um die Prof­ite der Unternehmen. Kas­par Som­o­gyi aus dem Kreis der Initiator*innen kri­tisiert: „Die Pan­demie hat die Missstände in unser­er Gesellschaft nur zuge­spitzt. Erst durch das kaputt ges­parte Gesund­heitssys­tem wurde Coro­na zur Katas­tro­phe. Darunter lei­den vor allem die Men­schen, die schon vorher benachteiligt waren.” Deshalb fordert Som­o­gyi: „Wir wollen nicht zurück zu einem soge­nan­nten Nor­malzu­s­tand vor Coro­na. Genau dieser Nor­malzu­s­tand hat zu dieser Krise geführt. Die Lehre aus Coro­na ist, dass wir uns endlich an den Bedürfnis­sen von Men­sche und Natur und nicht an Gewin­ner­wartun­gen von Konz­er­nen ori­en­tieren müssen.”

Dabei üben die Initiator*innen deut­liche Kri­tik an den Coronaleugner*innen, die in den let­zten Wochen mehrmals nach Pots­dam mobil­isiert haben. Es gäbe berechtigte Gründe, gegen die Coro­n­apoli­tik zu demon­stri­eren, man müsse sich aber nicht mit den Querdenker*innen gemein machen. „Wir haben in Pots­dam immer wieder gegen die Coronaleugner*innen demon­stri­ert. Jet­zt gehen wir mit ein­er eige­nen Mes­sage auf die Straße”, erk­lärt Mira Hun­srück. „Wir laden am Sam­stag alle ein, die eine sol­i­darische Antwort auf das Desaster der Coro­n­apoli­tik wollen – aber die nicht mit Gesund­heits­geg­n­ern, Eso­terik­ern und Nazis marschieren wollen.”

Die Demon­stra­tion begin­nt am 24.04.21 um 14:00 Uhr am Babels­berg­er Rathaus und wird von dort aus durch das Zen­trum Ost bis in die Innen­stadt führen. Die Teilnehmer*innen sind ange­hal­ten, auf Abstände zu acht­en, Masken zu tra­gen und sich vorher z.B. per Bürg­ertest testen zu lassen. Getra­gen wird die Demon­stra­tion von einem Kreis aus Grup­pen und Einzelper­so­n­en, die seit Jahren in Pots­dam in ver­schiede­nen Kam­pag­nen und Ini­tia­tiv­en aktiv sind. Unter den Redner:innen auf der Demon­stra­tion sind Akteure wie das Autonome Frauen­zen­trum, die Freie Arbeiter*innenunion, die GEW-Stud­is, die Emanzi­pa­torische Antifa, Refugees Eman­ci­pa­tion, Medi­zin­stud­is für Präven­tion und Sol­i­dar­ität Bran­den­burg und das Alter­na­tive Schul­bünd­nis Brandenburg.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order Parlamentarismus

Die tödliche Dimension von Rechts wird unterschätzt

Die tödliche Dimension von Rechtsterrorismus, Antisemitismus, Rassismus und rechter Gewalt wird noch immer unterschätzt

Neun Men­schen wur­den beim recht­ster­ror­is­tisch und ras­sis­tisch motivierten Atten­tat in Hanau am 19. Feb­ru­ar 2020 ermordet. Doch trotz aller Erk­lärun­gen von Strafver­fol­gungs­be­hör­den, Jus­tiz und Innen­poli­tik wird die tödliche Dimen­sion rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt noch immer nicht aus­re­ichend erfasst.  

Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Ver­schwörungsnar­ra­tive haben in 2020 während der Coro­n­a­pan­demie zu ein­er für viele Men­schen extrem bedrohlichen Zunahme von poli­tisch rechts motivierten Gewalt­tat­en geführt. Am 19. Feb­ru­ar 2020 wur­den in Hanau Fer­hat Unvar, Gökhan Gül­tekin, Hamza Kur­tović, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Sedat Gür­büz, Kaloy­an Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu durch einen ras­sis­tisch motivierten Atten­täter ermordet, der weit­ere Men­schen ver­let­zte und anschließend seine Mut­ter und sich selb­st tötete. Dass Ras­sis­mus und Recht­ster­ror­is­mus die Motive für eines der schw­er­sten recht­ster­ror­is­tis­chen Atten­tate seit der Jahrtausendwende waren, wird auch von den Strafver­fol­gungs­be­hör­den eben­so wie von Bun­des- und Lan­despoli­tik­ern anerkannt.

Wie schon in den Vor­jahren müssen wir fest­stellen, dass in den Jahres­bi­lanzen der Strafver­fol­gungs­be­hör­den der Län­der und des BKA zahlre­iche Gewalt­tat­en aus 2020 fehlen, in denen die Täter mit unglaublich­er Bru­tal­ität vorge­gan­gen sind und offen­sichtlich aus ras­sis­tis­ch­er und rechter Moti­va­tion gehan­delt haben”, kri­tisiert Robert Kusche vom Ver­band der Beratungsstellen für Betrof­fene rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt (VBRG e.V.). „Dabei haben die Betrof­fe­nen die Schussver­let­zun­gen, Tritte, Schläge und Messer­stiche der recht­en Täter oft nur durch glück­liche Umstände überlebt.”

Die nach wie vor man­gel- und lück­en­hafte Erfas­sung und Anerken­nung von Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Recht­sex­trem­is­mus als Tat­mo­tive durch Polizei und Jus­tiz ver­schleiert das Aus­maß der tödlichen Dimen­sion rechter Gewalt und lässt die Betrof­fe­nen im Stich”, betont Robert Kusche.

Fol­gende Beispielfälle vol­len­de­ter und ver­suchter Tötungs­de­lik­te haben Opfer­ber­atungsstellen des VBRG in 2020 reg­istri­ert, die bis­lang von den Lan­deskrim­i­nalämtern und dem BKA nicht als Poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität-Rechts (PMK-Rechts)-Gewalttaten gew­ertet werden.

Altenburg, 12.02.2020: Ein 52-Jähriger wird in sein­er Woh­nung von zwei jun­gen Män­nern mit Bezü­gen zur recht­en Szene mit einem Mess­er ange­grif­f­en und mit Schlä­gen und Trit­ten gegen Oberkör­p­er und Kopf so lange mis­shan­delt, bis er stirbt. Zu ihren Motiv­en geben die Angreifer im Mord­prozess am Landgericht Gera im März 2020 an, sie hät­ten den Mann für seine ange­bliche Homo­sex­u­al­ität und ver­mutete Pädophilie bestrafen und ihm einen „Denkzettel” ver­passen wollen. Bis­lang ist offen, ob das LKA Thürin­gen den Mord als PMK-Rechts Tötungs­de­likt wertet. www.ezra.de

Schwe­in­furt, 25.02.2020: Ein 19-jähriger Algerier wird am Faschings­di­en­stag auf dem Roß­markt durch einen Messer­stich in den Herz­muskel lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Bei dem 27-jähri­gen Täter wer­den zahlre­iche recht­sex­treme Pro­pa­gandage­gen­stände und ein­schlägige Szenek­lei­dung gefun­den. Den­noch lässt das Urteil der Schwurg­ericht­skam­mer des Landgerichts Schwe­in­furt die Frage nach Ras­sis­mus als Tat­mo­tiv offen. Der Täter wird wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu fünf Jahren Haft verurteilt. In den PMK-Rechts Sta­tis­tiken des LKA Bay­ern wird der Fall nicht erwäh­nt. www.bud-bayern.de

Halle/Saale, 01.05.2020: An ein­er Straßen­bahn­hal­testelle wer­den kurz vor 1 Uhr nachts zwei syrische Geflüchtete von drei Unbekan­nten umringt, ras­sis­tisch und homo­phob belei­digt und dann unver­mit­telt zu Boden geschla­gen. Ein­er der bei­den Ange­grif­f­e­nen erlei­det lebens­bedrohliche Kopf- und Gesichtsver­let­zun­gen und muss mehrfach operiert wer­den. Die Ermit­tlun­gen wegen ver­sucht­en Totschlags sind über Monate block­iert, weil die Staat­san­waltschaft Halle die Ermit­tlungsak­ten „ver­liert”. Das LKA Sach­sen-Anhalt führt den Angriff nicht in der PMK-Rechts Sta­tis­tik. Auch in der Anklage, die die Staat­san­waltschaft Halle mit­tler­weile erhoben hat, fehlen Ras­sis­mus und Homo­pho­bie als Tat­mo­tive. www.mobile-opferberatung.de

Stral­sund, 21.05.2020: Eine Gruppe von fünf Recht­en greift nach ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen einen Geflüchteten aus Soma­lia an und schlägt ihn bewusst­los. Dann zer­ren die Angreifer den leblosen Kör­p­er des Betrof­fe­nen auf eine viel befahrene Straße. Nur Dank des beherzten Ein­greifens eines Zeu­gen über­lebt der Betrof­fene den Angriff. Obwohl der Betrof­fene die ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen ver­standen und der Ers­thelfer die Angreifer als Rechte beschrieben hat, wertet das LKA Meck­len­burg-Vor­pom­mern den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. Eine Anklage gegen die polizeibekan­nten Angreifer gibt es bis heute nicht. www.lobbi-mv.de

Guben, 22.05.2020: Zwei Geflüchtete sind mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Super­markt, als ein Auto mit über­höhter Geschwindigkeit auf sie zufährt mit frt Absicht, sie anz­u­fahren. Beim Ver­such auszuwe­ichen, ver­let­zt sich ein­er der Geflüchteten. Dann legt der Aut­o­fahrer den Rück­wärts­gang ein und ver­sucht erneut, die Geflüchteten anz­u­fahren. Kurze Zeit später ver­sucht der Aut­o­fahrer einen drit­ten Geflüchteten anz­u­fahren. Die Amok­fahrt endet erst, als das Auto des Angreifers sich am Bürg­er­steig verkan­tet. Die Täter flücht­en zu Fuß und wer­den kurze Zeit später gefasst. Ein­er von ihnen wird der recht­en Szene zuge­ord­net. Eine Anklage ist bis heute nicht erhoben. Das LKA Bran­den­burg wertet den Fall nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.opferperspektive.de

Dres­den, 30.08.2020: Bei ein­er Open-Air-Technopar­ty in der Dres­den­er Hei­de mit vie­len Besucher*innen aus der alter­na­tiv­en Szene belei­digt ein 16-jähriger Rechter zunächst eine Besucherin ras­sis­tisch und zeigt den Hit­ler­gruß. Dann sticht er mit einem Mess­er auf einen jun­gen Mann und eine jun­gen Frau ein und ver­let­zt bei­de lebens­ge­fährlich. Die Staat­san­waltschaft Dres­den hat inzwis­chen Anklage wegen zweifachen ver­sucht­en Mordes erhoben, sieht jedoch kein recht­es Tat­mo­tiv. Das LKA Sach­sen führt den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.raa-sachsen.de/support/beratung

13.06.2020, Coburg: Am Gold­bergsee greifen drei Män­ner eine syrische Fam­i­lie mit Kleinkindern an. Mit der Dro­hung „Ich steche euch ab, ihr K***[rassistisches Schimpf­wort]!” schlägt der Haupt­täter so bru­tal mit ein­er Met­all­stange auf den Kopf des Fam­i­lien­vaters, dass dieser dauer­haft den Großteil seines Hörver­mö­gens ver­liert. Obwohl die Staat­san­waltschaft von ein­er ras­sis­tisch motivierten Tat aus­ge­ht und Ras­sis­mus im Plä­doy­er her­vorhebt, hält das Amts­gericht Coburg das Angriff­s­mo­tiv für ungek­lärt und verurteilt den Angreifer wegen Kör­per­ver­let­zung zu ein­er 16-monati­gen Haft­strafe. Das LKA Bay­ern führt den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.bud-bayern.de

Esens, 20.07.2020: Am Abend des 20. Juli 2020 wird ein soma­lis­ch­er Fam­i­lien­vater unver­mit­telt vom Gast­ge­ber ein­er pri­vat­en Par­ty mit einem umge­baut­en Luft­gewehr bedro­ht und dann durch Schüsse lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Der Betrof­fene ver­liert einen Teil sein­er Lunge und muss inten­sivmedi­zinisch behan­delt wer­den. Das Landgericht Aurich verurteilt den 29-jähri­gen Täter, der Mit­glied recht­sex­tremer Chat­grup­pen war und in sein­er Woh­nung Schwarzpul­ver gehort­et hat­te, im März 2020 zu 9,5 Jahren Haft wegen ver­sucht­en Mordes und benen­nt Ras­sis­mus und Aus­län­der­feindlichkeit als Tat­mo­tive. Den­noch wird der Fall vom LKA Nieder­sach­sen bis­lang nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat genan­nt. https://betroffenenberatung.de/

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Querdenken versenken! — Solidarität statt Verschwörung

Sol­i­dar­ität statt Verschwörung

Wie diese Dinge weit­erge­hen und die Ver­ant­wor­tung dafür, […] das ist in let­zter Instanz an uns.“ (Theodor W. Adorno)

Wie stark die extreme Rechte auftreten und mobil­isieren kann hängt davon ab, wie aktiv ihr die Zivilge­sellschaft ent­ge­gen­tritt. Es liegt an uns, ras­sis­tis­chen und faschis­tis­chen Welt­bildern entschlossen den Raum zu nehmen.

Unheil und Katas­tro­phe sind die Antrieb­skraft der extremen Rechte und Pro­pa­gan­da ist für sie ein wichtiges Instru­ment. Es wer­den Unwahrheit­en ver­bre­it­et und das öffentlich Sag­bare gezielt nach rechts ver­schoben. Ins­beson­dere die AfD tut dies, um danach zu behaupten, man sei falsch ver­standen wor­den oder auf der Maus aus­gerutscht. Damit wer­den gezielt rechte Wähler*innen ange­sprochen, während man gle­ichzeit­ig ver­sucht, den bürg­er­lichen Schein zu wahren.

Mit der im let­zten Jahr ent­stande­nen Bewe­gung „Quer­denken“ scheint die AfD eine neue Ziel­gruppe gefun­den zu haben. Während man zu Beginn der Pan­demie noch kri­tisierte, die Regierung würde nicht aus­re­ichend auf die Lage reagieren und die Maß­nah­men seien nicht hart genug, schwenk­te man schließlich auf den Kurs von „Quer­denken“ um und wurde gewis­ser­maßen zum par­la­men­tarischen Arm.

Auch in Bran­den­burg an der Hav­el gibt es einen „Querdenken“-Ableger. Unter dem Namen „Bran­den­burg ste­ht auf“ demon­stri­eren jeden Mon­tag „besorgte Bürger*innen“ Hand in Hand mit Anhänger*innen recht­sna­tion­al­is­tis­ch­er Grup­pe­nund Parteien. Zusät­zlich zu diesen Demon­stra­tio­nen, bei denen Maß­nah­men wie Masken tra­gen und Abstand hal­ten ignori­ert wer­den, find­et nun auch jeden zweit­en Sonnabend Autoko­r­sos statt. An diesen nehmen ca. 450 Per­so­n­en in gut 300 Autos teil. Auch der Direk­tkan­di­dat für den Bun­destag der AfD, Axel Brösicke, befind­et sich unter ihnen und äußert sich immer wieder wohlwol­lend über die Aktivitäten.

Ähn­lich wie die AfD insze­niert man sich auch im Milieu von „Quer­denken“ gerne als Opfer falsch­er Berichter­stat­tung. So sei der ver­suchte Sturm des Reich­stags im let­zten Som­mer drama­tisiert wor­den und die extreme Rechte spiele keine wesentliche Rolle bei den Demon­stra­tio­nen. Dies behauptet auch „Bran­den­burg ste­ht auf“. So wurde im Bezug auf eine in Berlin geplante Ver­anstal­tung in der Telegram-Gruppe disku­tiert, ob dies nicht eine Aktion des Staatss­chutzes sei, um die Bewe­gung zu diskred­i­tieren. Daraufhin wurde durch einen Hauptver­ant­wortlichen erläutert, dass man den Organ­isator aus Berlin kenne, dieser sei „mit Sicher­heit kein Nazi, son­dern Voll­blut­pa­tri­ot“. In der genan­nten Telegram-Gruppe fall­en immer wieder Nutzer*innen mit Reichs­flagge als Pro­fil­bild und ein­schlägi­gen Pseu­do­ny­men auf, in denen bekan­nte Szenecodes wie „88“ (=HH, Heil Hitler) genutzt wer­den. Auch Slo­gans wie „Heimat­treu“ wer­den immer wieder ver­wen­det. Weit­er­hin tauschen im örtlichen und zeitlichen Zusam­men­hang mit den Aktiv­itäten der Gruppe auch immer wieder Stick­er der Anti-Antifa sowie der Iden­titären Bewe­gung in der Stadt auf, nicht sel­ten mit Stick­ern von „Bran­den­burg ste­ht auf“.

Eine Nähe zur recht­en Szene ist also sicht­bar. Zudem kann man im Chat immer wieder klas­sis­che Ver­schwörungserzäh­lun­gen lesen, nach denen geheime Mächte im Hin­ter­grund der Welt­poli­tik steuern wür­den. Diese Erzäh­lun­gen sind tief im Anti­semitismus ver­wurzelt. Auch das immer wieder genutzte Motiv der „Lügen­presse“ hat einen anti­semi­tis­chen Ursprung. Es wurde im Nation­al­sozial­is­mus geprägt, um eine kri­tis­che Presse auch gesellschaftlich zu diskred­i­tieren. So wurde behauptet, dass die Medi­en durch eine jüdis­che Ver­schwörung ges­teuert wür­den, um dem deutschen Volk zu schaden. Hinzu kom­men noch Äußerun­gen, die den Holo­caust rel­a­tivieren und bei denen sich Mit­glieder der Gruppe der­sel­ben Ver­fol­gung aus­ge­set­zt fühlen wie die Jüdin­nen und Juden im NS. Konkret wurde etwa die Möglichkeit der Durch­set­zung der Quar­an­täne für Verweiger*innen mit Konzen­tra­tionslagern gle­ichge­set­zt. Als dies hat nichts mit „Frieden und Frei­heit“ zu tun, wie man es sich gerne auf die Fahne schreibt.

Wer an Ver­anstal­tun­gen dieser Gruppe teil­nimmt und nicht wider­spricht, macht sich wil­lentlich mit Antisemit*innen, Nazis und Verschwörungsideolog*innen gemein. Wer schweigt, akzeptiert.

Am 27.03. plant „Bran­den­burg ste­ht auf“ einen Autoko­r­so. Daher rufen wir zu eine Gegenkundge­bung auf. Kommt am 27. März zum Wiesen­weg und set­zt mit uns ein Zeichen gegen Ver­schwörungserzäh­lun­gen und Anti­semitismus. Bran­den­burg bleibt bunt!

Tre­ff­punkt: Sonnabend, 27.03. um 13.00 Uhr am Wiesenweg

Tragt Masken, hal­tet Abstand, kommt nur, wenn ihr keine Symp­tome habt.

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Antifaschismus Law & Order

Die Polizei zeigt, auf welcher Seite sie steht

Bere­its in der let­zten Woche zeigte die Polizei in Pots­dam ein­deutig, auf welch­er Seite sie ste­ht, in dem sie einige Corona-Leugner*innen unangemeldet und ohne Ein­hal­tung des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes durch die Pots­damer Innen­stadt ziehen ließ. Im Fokus stand dabei eher, die Gegen­demon­stri­eren­den auf Abstand zu hal­ten, zu belehren und abzudrängen.

Auch am gestri­gen Sam­stag zog ein unangemelde­ter Demon­stra­tionszug von Corona-Leugner*innen, Schwurbler*innen und Recht­en durch die Innen­stadt. Gegen­protestierende wur­den bere­its seit dem Mit­tag in der Nähe des Lust­gartens von der Polizei bedrängt und mussten ihre Per­son­alien abgeben. Als sich am späten Nach­mit­tag Gegen­demon­stri­erende dem Demon­stra­tionszug der Corona-Leugner*innen in den Weg stellen woll­ten, ver­suchte die Polizei sofort, dies gewalt­sam zu unterbinden. Es kam zu Über­grif­f­en und Festnahmen.

Während also Corona-Leugner*innen mit ihrem Wan­derzirkus machen kön­nen was sie wollen, die Gesund­heit aller gefährden und ihre ver­schwörungside­ol­o­gis­chen, pop­ulis­tis­chen und anti­semi­tis­chen Inhalte ver­bre­it­en kön­nen, greift die Polizei bei Gegen­protesten sofort und hart durch. Der Polizei ist es wichtiger, ihren Hass auf Linke auszuleben, als den Infek­tion­ss­chutz zu verteidigen.

Meldet euch, wenn ihr von Repres­sion betrof­fen seid.

Rote Hil­fe OG Potsdam

21. März 2021

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Antifaschismus Parlamentarismus

Antifaschistischer Protest laut und sichtbar gegen die AfD

Antifaschistischer Protest laut und sichtbar gegen die Brandenburger AfD in Frankfurt (Oder)

Am ver­gan­genen Sam­stag kam die Bran­den­burg­er AfD in Frank­furt (Oder) zu einem Parteitag zusam­men, um ihre Kandidat_innen für die kom­mende Bun­destagswahl zu bes­tim­men. Die Teil­nehmenden wur­den an der Zufahrt zum Olympiastützpunkt, wo der Parteitag in der Bran­den­burghalle stat­tfand, von einem bre­it­en antifaschis­tis­chen Bünd­nis „begrüßt“.

Ohne Nazis lässt sich ein­fach schön­er leben.

Nach langem Hin und her wegen des zunächst nicht aus­re­ichen­den Hyge­niekonzepts kon­nte der Parteitag des stark vom ange­blich aufgelösten „Flügel“ bee­in­flussten Lan­desver­bands nun doch in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en. Ursprünglich wollte der aus­tra­gende AfD-Stadtver­band um den Bun­de­spolizis­ten Wilke Möller eine Genehmi­gung für 700 Delegierte durch­set­zen, scheit­erte aber an der Stadtver­wal­tung, die nur 500 genehmigte, was vom Ver­wal­tungs­gericht später bestätigt wurde. Für die unter hohem Polizeiaufge­bot geschützte Parteiver­samm­lung hät­ten sich die Ver­ant­wortlichen juris­tis­che Auseinan­der­set­zun­gen auch sparen kön­nen. Am Ende waren nicht ein­mal 300 Men­schen in der Halle.

Die antifaschis­tis­chen Kundge­bung war von weit­em gut sicht­bar auf einen Hügel positioniert.

Direkt an der Zufahrt zum Sport­gelände an der Kiel­er Straße kamen rund 250 Antifaschist_innen zusam­men, um gegen den Parteitag der extrem recht­en Partei zu demon­stri­eren. Aufgerufen hat­te das Frank­furter Bünd­nis „Kein Ort für Nazis“, welch­es von zahlre­ichen Ini­tia­tiv­en und Parteien aus ganz Bran­den­burg unter­stützt wurde. Auch das Berlin­er Bünd­nis „Kein Raum der AfD“, die das Woch­enende zuvor gegen den Berlin­er AfD-Parteitag im havel­ländis­chen Paaren am Glien demon­stri­erten, mobil­isierten an die Oder. In mehreren Rede­beiträ­gen wurde auf die Gefährlichkeit der Partei im Land hingewiesen. Mit regelmäßi­gen Anfra­gen zu linken und alter­na­tiv­en Pro­jek­ten im Land­tag ver­sucht die unter dem Recht­sex­tremen Christoph Berndt gelei­t­ende Frak­tion diese unter Druck zu set­zen und ihre Finanzierung in Frage zu stellen. Aber auch auf lokaler Ebene ver­sucht die extrem rechte Partei ihre Strate­gie umzuset­zen. In Frank­furt geri­et so der Vere­in Utopia unter Druck. Ein­er der Stich­wort­führer des Prinzips der Rück­gewin­nung kul­tureller Hege­monie ist der Neon­azi Andreas Kalb­itz. Der ehe­ma­lige Frak­tionsvor­sitzende ist nach wie vor der Teil der Frak­tion im Land­tag und es gibt kaum Anschein, dass sich seine ehe­ma­li­gen Parteikam­er­aden von ihm dis­tanzieren wollen. Das frühere HDJ-Mit­glied Kalb­itz hat­te vor kurzem sog­ar ver­sucht sich als Direk­tkan­di­dat in Süd­bran­den­burg auf­stellen zu lassen.

Der beste Platz für die AfD ist ganz weit unter der Erde.

Gewählt wurde er dieses Woch­enende nicht, dafür aber der Ehren­vor­sitzende Alexan­der Gauland. Eine deut­liche Mehrheit der Anwe­senden wollte ihn auf Lis­ten­platz 1 sehen. Der Höcke-Ver­traute wolle es noch ein­mal wis­sen und auch der näch­sten Bun­destags­frak­tion ange­hören. Ver­hin­dern wolle er damit wahrschein­lich einen zu großen Ein­fluss des nur wenig radikaleren recht­skon­ser­v­a­tiv­en Flügels um Jörg Meuthen, der als Gaulands Wider­sach­er gilt.

Vere­inzelt traut­en sich AfD-Anhänger_in­nen zu Fuß an die Kundge­bung. Lange blieben sie da aber nicht.

Die Bran­den­burg­er AfD tagte nach 2017 nun zum zweit­en Mal in der Bran­den­burghalle. Da die AfD im Stadt­par­la­ment sitzt, ste­hen ihr öffentliche Räume zu. Der Wider­stand dage­gen wird fast auss­chließlich von parteiun­ab­hängi­gen Ini­tia­tiv­en geführt, die in der Ver­gan­gen­heit auch auf ver­fas­sungs­feindliche Äußerun­gen lokaler AfD-Akteur_in­nen hingewiesen haben. Inzwis­chen soll es Über­legun­gen in der Parteizen­trale der Recht­sna­tionalen geben, ihren näch­sten Bun­desparteitag in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en zu lassen.
Wenn es dazu kom­men sollte, wird es auch dage­gen zu ver­schiede­nen Protesten kom­men, ist sich ein Sprech­er von „Kein Ort für Nazis“ gegenüber Infori­ot sich­er. Der Aus­tra­gung­sort musste im Übri­gen noch bis kurz vor Ein­tr­e­f­fen der ersten AfD-Mit­glieder gere­inigt wer­den. Der Ein­gangs­bere­ich war zwei Tage zuvor großflächig mit Anti-AfD-Parolen ver­schön­ert worden.

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Antifaschismus

Kundgebung gegen den Landesparteitag der AfD

Aufruf zur Kundge­bung gegen den Lan­desparteitag der AfD in Frank­furt (Oder) am 20./21.03.
Sam­stag, 20. März, 9:00 Uhr, Bran­den­burghalle der Sports­chule FFO

Am 20. und 21. März trifft sich die AfD zu einem Lan­desparteitag mit mehreren hun­dert Teilnehmer*innen in Frank­furt (Oder).
Das will das Bünd­nis Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder) nicht kom­men­tar­los hinnehmen!
Wir hal­ten zusam­men gegen den recht­en Rand. Wir sind anti­ras­sis­tisch, queer und antifaschis­tisch. Wir sind Jung und Alt, bunt und viele. Zeigen wir der AfD, dass ihre Partei und ihre unsol­i­darische und men­schen­ver­ach­t­ende Hal­tung auch in Frank­furt (Oder) nicht willkom­men ist. 

Kein Lan­desparteitag für die AfD!

Deshalb rufen wir am Sam­stag, dem 20. März, 9:00 Uhr, zur Kundge­bung vor der Bran­den­burghalle auf.
Es wer­den Rede­beiträge gehal­ten und Musik gegen die Faschist*innen gespielt. Beteiligt euch in eur­er gewählten Weise, z.B. mit eige­nen Ban­nern oder Transparenten.
Bei der Kundge­bung gilt eine Pflicht zum Tra­gen ein­er medi­zinis­chen Maske (bitte eigene Masken mit­brin­gen). Bitte achtet außer­dem auf die gel­tende Abstands­ge­bot von 1,50 Meter.

Warum es uns wichtig ist, den Lan­desparteitag der AfD nicht unwider­sprochen zu lassen:
Die AfD ist eine recht­sradikale und men­schen­ver­ach­t­ende Partei, die alle Lebens­for­men bekämpft, die nicht ihrer weißen, männlichen und het­ero­sex­uellen Norm entsprechen. Das ist schlicht faschis­toid. Zudem nutzt die AfD ihre Ressourcen gezielt, um andere rechte und faschis­tis­che Bewe­gun­gen zu unter­stützen. Sie ist der par­la­men­tarische Arm ein­er erstark­enden recht­sradikalen Bewe­gung. Egal ob man von der AfD in Par­la­mentsre­den und Pressemit­teilun­gen verunglimpft wird oder von lokalen Neon­azis durch die Straßen gejagt wird: gemeint sind wir alle!

Wie in vie­len Orten in Bran­den­burg beteiligten sich auch hier in Frank­furt (Oder), zulet­zt im Novem­ber, AfD-Mit­glieder und Abge­ord­nete an Coro­na leug­nen­den Ver­anstal­tun­gen. Sie wählten mit Christoph Bernd einen seit Jahren offen recht­sex­tremen Poli­tik­er zu ihrem Fraktionsvorsitzenden.
Und nun hält die AfD Bran­den­burg in der inter­na­tionalen Woche gegen Ras­sis­mus ihren Lan­desparteitag hier in FfO ab.

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Anreise
— Berlin Ostkreuz, 7:39 Uhr: Regional­ex­press 1 Rich­tung Frank­furt (Oder)
— Bahn­hof Frank­furt (Oder), 8:46 Uhr: Bus 980 (Rich­tung Kopernikusstraße) bis Hal­testelle Kiel­er Straße
oder früher/später: Bus 981 Rich­tung Booßen bis Ham­burg­er Straße
— 2 Minuten Fußweg bis Kundge­bung­sort an der Bran­den­burghalle (Sten­daler Straße 26, 15234 Frank­furt (Oder))

Inforiot