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Solidarisch durch die Krisen

Wir laden alle Südbrandenburger:innen her­zlich dazu ein, sich an der 1. Mai – Demon­stra­tion für eine gerechte und soziale Gesellschaft und klim­agerechte Zukun­ft zu beteili­gen. Die derzeit­i­gen Krisen ver­schär­fen die soziale Sit­u­a­tion viel­er Men­schen und stellen Gesellschaften vor große Her­aus­forderun­gen, wie der Krieg in Europa, aber auch der Pflegenot­stand in Deutsch­land zeigen. Diese Krisen dür­fen nicht auf dem Rück­en der Bevölkerung aus­ge­tra­gen wer­den. Dafür set­zen wir uns ein.”, so Anne Bro­da, Sprecherin von #unteil­bar-Süd­bran­den­burg.

Der Demon­stra­tionszug startet am Son­ntag um 11 Uhr am Schiller­platz und führt über eine kurze Route durch die Innen­stadt zum sel­ben zurück. Auf der Demon­stra­tion wird es einen Kli­ma-Block geben. Dazu sagt Rebek­ka Schwarzbach von der Umwelt­gruppe Cot­tbus: „Auch wir protestieren am 1. Mai, um ein Zeichen der Sol­i­dar­ität zu set­zen gegen die immer weit­er voran­schre­i­t­ende Kli­makatas­tro­phe, die ger­ade hier in der Lausitz durch den Kohleab­bau ange­heizt wird. Die Kli­makatas­tro­phe ist nicht nur eine der häu­fig­sten Fluchtur­sachen, son­dern zer­stört auch die Lebens­grund­la­gen zukün­ftiger Generationen.“

Der Deutsche Gew­erkschafts­bund (DGB), der die 1. Mai Demon­stra­tion mitor­gan­isiert, betont die Wichtigkeit gew­erkschaftlich­er Arbeit für die Arbeitnehmer:innen in Krisen­si­t­u­a­tion: “Die Coro­na-Krise und jet­zt noch der Ukraine-Krieg, stellen unsere Wirtschaft vor ungeah­nte Her­aus­forderun­gen. Dank unser­er inten­siv­en, gew­erkschaftlichen Krisen­poli­tik kon­nten wir Beschäf­ti­gungsver­luste und Arbeit­slosigkeit ger­ing hal­ten. Aber nicht nur das: Wir haben erre­icht, dass der Min­dest­lohn noch in diesem Jahr auf 12 Euro erhöht wird. Das nutzt Mil­lio­nen Men­schen im Land, die wir damit vor „Armut trotz Arbeit“ schützen. In der Zukun­ft kommt mit der Trans­for­ma­tion der Wirtschaft noch eine weit­ere Baustelle dazu.”, sagt Mar­co Bedrich, Region­s­geschäfts­führer des DGB Südbrandenburg/Lausitz.

Im Anschluss an die Demo find­et im Schiller­park ein Maitr­e­f­fen statt, bei dem u.a. der Cot­tbuser Kneipen­chor auftritt und der Aus­tausch und die Ver­net­zung der Akteur:innen im Mit­telpunkt stehen. 

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Chronik rechter Vorfälle in Märkisch-Oderland 2021

Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oder­land (BOrG) hat im Jahr 2021 ins­ge­samt 230 rechte Vor­fälle im Land­kreis aufgenom­men. Diese Vor­fälle sind unter­schiedlich hin­sichtlich ihrer Schwere und reichen von Pro­pa­gan­da über Bedro­hun­gen und Belei­di­gun­gen bis hin zu Angrif­f­en. Auch hin­sichtlich der inhaltlichen Kat­e­gorien, also der Moti­va­tion oder der betrof­fe­nen Gruppe, sind die Vor­fälle unter­schiedlich. Sie eint jedoch, dass sie extrem rechte Ide­olo­gieele­mente bedi­enen. Das bedeutet, dass sie entwed­er Aktiv­itäten der extremen Recht­en darstellen oder Ras­sis­mus, Anti­semitismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit, Sozialchau­vin­is­mus (die Abw­er­tung von armen und woh­nungslosen Men­schen oder Men­schen mit Behin­derun­gen und psy­chis­chen Erkrankun­gen) oder Ver­schwörungserzäh­lun­gen ausdrücken.

Die Fal­lzahl hat sich im Ver­gle­ich zu unser­er Auswer­tung von 2021 (107 Fälle) ver­dop­pelt. Wie auch in den ver­gan­genen Jahren hat dies zum einen mit ein­er aktiv­eren Melde­struk­tur und Öffentlichkeit­sar­beit der BOrG zu tun, aber auch damit, dass sich Trends des let­zten Jahres fort­set­zen: Neben ein­er Vielzahl von Ver­anstal­tun­gen der AfD im Land­kreis beobacht­en wir neue extrem rechte Struk­turen, die durch ver­schiedene Aktio­nen aufge­fall­en sind.

Mit neun Angrif­f­en ist die Anzahl gegenüber dem let­zten Jahr um drei Angriffe gestiegen. Hier­für ist maßge­blich eine Angriff­s­rei­he im Küstriner Vor­land ver­ant­wortlich, bei der eine der recht­en Szene zuge­hörige Frau mehrfach Polizist*innen angriff. Dies geht aus mehreren Land­tagsan­fra­gen der Abge­ord­neten Andrea Johlige her­vor. Anson­sten sind es vor allem ras­sis­tisch motivierte Angriffe, die wir in 2021 beobachtet haben. Wie auch in den Jahren zuvor sind Geflüchtete oder ver­meintlich geflüchtete Men­schen und ihre Unterkün­fte ver­gle­ich­sweise häu­fig Ziele von Angriffen.

Art der Vorfälle

 

Rechte Veranstaltungen als häufigste Vorfallsart

Im let­zten Jahr fan­den in Märkisch-Oder­land ins­ge­samt 92 Ver­anstal­tun­gen statt, die von recht­en Akteur*innen organ­isiert wur­den oder einen recht­en Bezug hat­ten. Diese hohe Zahl muss im Kon­text des Bun­destagswahlkampfes und der steti­gen Mobil­isierung gegen die Coro­na-Maß­nah­men gese­hen wer­den. Hier kam es teil­weise zu Über­schnei­dun­gen, wie bei den regelmäßi­gen Kundge­bun­gen der AfD in Wriezen. Seit Dezem­ber 2020 führt die AfD hier jeden Mittwoch eine Kundge­bung auf dem Mark­t­platz durch, die sich gegen die Maß­nah­men zur Eindäm­mung der Pan­demie richtet, aber auch immer wieder aller­lei The­men aus dem Wahl­pro­gramm der AfD behan­delt. Zusät­zlich zu diesen Kundge­bun­gen kamen weit­ere AfD-Ver­anstal­tun­gen im gesamten Land­kreis dazu. Ab Juli stieg die Zahl der AfD-Ver­anstal­tun­gen durch den begin­nen­den Wahlkampf an: Infos­tände, Bus­touren, Kundge­bun­gen und Som­mer­feste; die AfD war an vie­len Orten mit ihren Anhänger*innen präsent und machte diese Orte damit auch immer wieder zu No-Go-Areas für Men­schen mit Ras­sis­muser­fahrun­gen, Jüd*innen, Men­schen aus der LGBTIQ*-Community oder Per­so­n­en, die als links oder “alter­na­tiv” wahrgenom­men werden.

Vor­fälle im Jahresverlauf

Neben der AfD waren es vor allem die Quer­denken­proteste im ersten Hal­b­jahr, die die Zahl der recht­en Ver­anstal­tun­gen anwach­sen ließ. Die Quer­denken-Kundge­bun­gen fan­den in Straus­berg zu ein­er Zeit statt, zu der schon längst Reichs­fah­nen auf den großen Demos in Berlin gezeigt wur­den und die Debat­ten um eine fehlende Abgren­zung nach Rechts geführt wur­den. Wer sich zu diesem Zeit­punkt bewusst für ein recht­sof­fenes Label wie Quer­denken entschei­det, scheint gut damit leben zu kön­nen, wenn auch rechte Inhalte auf den Kundge­bun­gen präsen­tiert wer­den. Und so kam es auch, dass neben dem extrem recht­en „Com­pact-Mag­a­zin“, welch­es auf den Kundge­bun­gen verteilt wurde, auch immer wieder NS-ver­harm­losende Inhalte präsent waren. Neben der AfD und dem Quer­denken-Spek­trum gab es auch Ver­anstal­tun­gen neon­azis­tis­ch­er Grup­pierun­gen. So fan­den drei Wan­derun­gen von neon­azis­tis­chen und völkischen Grup­pen im Osten von Märkisch-Oder­land statt. Zudem gab es geschicht­sre­vi­sion­is­tis­che Ver­anstal­tun­gen zum “Heldenge­denken” oder der 150-jähri­gen Grün­dung des Deutschen Reiches.

Die zwei­thäu­fig­ste Vor­fall­sart im Jahr 2021 macht­en mit 89 Vor­fällen Pro­pa­gandafälle aus. Darunter fall­en zum Beispiel verklebte Stick­er oder Fly­er, die verteilt wur­den. Hier sind es vor allem Stick­er, die rechte Struk­turen als solche bewer­ben. Dabei spie­len jedoch immer auch andere Dimen­sio­nen des Recht­sex­trem­is­mus eine Rolle, wie Ras­sis­mus, Anti­semitismus oder die Bedro­hung von poli­tis­chen Gegner*innen. Im Jahr 2021 ist vor allem die Präsenz von Stick­ern der neon­azis­tis­chen Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ in der gesamten S5-Region enorm angestiegen, was auf einen per­son­ellen Zuwachs der Struk­tur in der Region schließen lässt. Daran anknüpfend gab es auch mehrere Aktio­nen, bei denen Neon­azis vom III. Weg-Fly­er und andere Pro­pa­gan­da verteilt haben.

Hakenkreuzschmierereien und Bedrohungen

Ins­ge­samt kam es im let­zten Jahr zu 18 Sachbeschädi­gun­gen. Darunter find­en sich 11 gesprühte Hak­enkreuze im öffentlichen Raum. Zusät­zlich zu den Hak­enkreuz-Schmier­ereien, sind auch Sachbeschädi­gun­gen durch die neon­azis­tis­che Jugend­clique “Divi­sion MOL” in Fred­er­s­dorf und Peter­sha­gen-Eggers­dorf verübt wor­den. Neben Sprühereien durch die jugendlichen Nazis haben 5 Mit­glieder der Gruppe am 31. Jan­u­ar eine Gedenkstätte für Phan Văn Toản am Bahn­hof Fred­er­s­dorf zer­stört. Zuvor hat­ten Antifaschist*innen dort an Phan Văn Toản gedacht, der 1997 am Bahn­hof aus ras­sis­tis­chen Motiv­en ange­grif­f­en wurde und an den schw­eren Ver­let­zun­gen ver­starb. Die dort gelasse­nen Blu­men, Kerzen und Trans­par­ente wur­den zerstört.

Auch 18 Bedro­hun­gen, Belei­di­gun­gen und Pöbeleien haben wir im let­zten Jahr aufgenom­men. Diese richteten sich vor­rangig gegen poli­tis­che Gegner*innen. Hier dürfte die Dunkelz­if­fer mit ras­sis­tis­chen Motiv­en enorm hoch liegen. All­t­agsras­sis­mus, Belei­di­gun­gen an der Kasse im Super­markt, im Bus oder im Vere­in ste­hen für viele Schwarze Per­so­n­en und Men­schen mit Ras­sis­muser­fahrun­gen lei­der an der Tage­sor­d­nung, wer­den jedoch auf­grund der schieren Häu­figkeit in den sel­tensten Fällen an Polizei oder Beratungsstruk­turen gemeldet. Jede betrof­fene Per­son kön­nte wahrschein­lich von hun­derten Sit­u­a­tio­nen der Aus­gren­zung, Diskri­m­inierung und Stig­ma­tisierung erzählen.

Keine sicheren Rück­zugsräume Märkisch-Oderland

Die räum­liche Verteilung der Vor­fälle zeigt, dass es vor allem die größeren Städte wie Bad Freien­walde, Wriezen, Müncheberg und Straus­berg sind, die mit hohen Fal­lzahlen her­vorstechen. Aber auch der Berlin­er Speck­gür­tel und damit die S5-Region ist ein Hotspot für rechte Aktiv­itäten. Wie auch in der Ver­gan­gen­heit ist mit 68 Vor­fällen Straus­berg der Ort mit den meis­ten Vor­fällen. Dies ist zum einen auf eine hier aktive rechte Szene zurück­zuführen, aber auch auf die lokale Ver­ankerung der Beratungsstelle in Straus­berg. Aktive der BOrG und eine hier aktive Zivilge­sellschaft kriegen mehr von dem Geschehen in der Stadt mit, als es in Seelow oder Lebus der Fall ist. Wir kön­nen davon aus­ge­hen, dass die Fal­lzahlen in Straus­berg der Durch­schnitt sind und wir in anderen Teilen des Land­kreis­es eine enorme Dunkelz­if­fer haben. Viele Betrof­fene wis­sen nicht, an wen sie sich bei Diskri­m­inierung oder rechter Gewalt wen­den kön­nen. Ins­beson­dere geflüchtete Per­so­n­en wollen nicht neg­a­tiv auf­fall­en, um ihr Asylver­fahren nicht zu gefährden und ver­mei­den dadurch den Kon­takt zu Beratungsstellen oder der Polizei. Aber auch unsen­si­ble Reak­tio­nen von Poli­tik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit von recht­en Vor­fällen im Leben viel­er Men­schen führen zu Ohnmachtsgefühlen.

Räum­liche Verteilung der Vorfälle

Die hohe Anzahl rechter Vor­fälle in der S5-Region ist eine Weit­er­en­twick­lung von Trends und Phänome­nen, die bere­its 2020 aufge­taucht sind. Die rechte Jugend­gruppe „Divi­sion MOL“ ist maßge­blich für diverse Vor­fälle in der Region ver­ant­wortlich. Die weit­er­hin hohe Anzahl an Vor­fällen lässt eine ide­ol­o­gis­che Fes­ti­gung der Jugendlichen ver­muten. Die weite Ver­bre­itung Pro­pa­gan­da des III.Weg ist besorgnis­er­re­gend und lässt auf struk­turelle und per­son­elle Verbindun­gen zur neon­azis­tis­chen Kle­in­st­partei schließen. Neben Straus­berg und der S5-Region war es vor allem auch Bad Freien­walde, wo der III. Weg beson­ders in der ersten Jahreshälfte auffiel.

Antisemitismus und Rassismus als fester Kern rechter gewalttätiger Ideologie

Wie auch in den ver­gan­genen Jahren ist rechte Selb­st­darstel­lung, also das Bewer­ben oder das Auftreten als rechte Struk­tur oder Partei, das dom­i­nante Motiv. Nicht zu vergessen ist aber, dass rechte Struk­turen immer auch eine ras­sis­tis­che, anti­semi­tis­che und men­schen­feindliche Ide­olo­gien vertreten und damit diese Ide­olo­gieele­mente auch immer Teil rechter Selb­st­darstel­lung sind.

Es zeigt sich deut­lich, dass die Vor­fälle mit direk­ten Betrof­fe­nen und jene, auf die direk­te kör­per­liche Unversehrtheit zie­len, durch den ver­nich­t­en­den Kern rechter Ide­olo­gie motiviert sind: Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Angriffe auf poli­tis­che Gegner*innen. Das sind bei den Bedro­hun­gen, Angrif­f­en und Sachbeschädi­gun­gen die dominieren­den Motive.

Inhaltliche Zuord­nung nach Art des Vorfalls

 

Die vollständige Chronik gibt es hier zum download.

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30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Cottbus

Ver­anstal­tungsrei­he, Ausstel­lung und öffentlich­es Gedenken 30 Jahre nach den ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in Cottbus-Sachsendorf

30 Jahre nach den mehrtägi­gen ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen in
Cot­tbus-Sach­sendorf im Jahr 1992 hat es sich die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92
zur Auf­gabe gemacht die Geschehnisse von damals zu recherchieren,
aufzuar­beit­en und – gemein­sam mit Betrof­fe­nen – zu erinnern.

Den Auf­takt bildet eine Ver­anstal­tungsrei­he (siehe unten), die am
morgi­gen 26. April um 18 Uhr im Stadt­mu­se­um Cot­tbus begin­nt. Drei
weit­ere Einzelver­anstal­tun­gen sind bis zum 10. Mai 2022 geplant. Die
Ver­anstal­tun­gen find­en in Koop­er­a­tion mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Bran­den­burg und dem Opfer­per­spek­tive e.V. — Sol­i­darisch gegen Rassismus,
Diskri­m­inierung und rechte Gewalt statt.

Klara Zeit von der Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 sagt hierzu: „Wir wollen 30
Jahre nach den mehrtägi­gen ras­sis­tis­chen Angriffe in Sach­sendorf im Jahr
1992 – die wenige Tage nach dem Pogrom in Ros­tock Lichtenhagen
stat­tfan­den – den Auf­takt machen für ein Erin­nern in Cot­tbus. Bis heute
fand in der Cot­tbuser Stadt­ge­sellschaft kaum Aufar­beitung statt. So gab
es über die 1990er Jahre und gibt es bis heute ein mas­sives Prob­lem in
der Stadt mit Neon­azis, mil­i­tan­ten Recht­en und rechter Gewalt. Die
Stadt­ge­sellschaft Cot­tbus muss sich endlich dem Prob­lem stellen, die
Ver­gan­gen­heit aufar­beit­en und dafür sor­gen, dass in der Gegen­wart und in
der Zukun­ft die Betrof­fe­nen rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt nicht
allein gelassen werden“.

Ende August 2022 plant die Ini­tia­tive ein öffentlich­es Gedenken in
Cot­tbus-Sach­sendorf, dessen genau Form derzeit disku­tiert wird. Zudem
ist ab Anfang Sep­tem­ber eine Ausstel­lung im Stadt­mu­se­um Cot­tbus geplant,
in der – aus­ge­hend von den Ereignis­sen 1992 in Sach­sendorf – ein Blick
auf die Jahre der Trans­for­ma­tion, das Erstarken rechter Grup­pen, sowie
der Zunah­men rechter und ras­sis­tis­ch­er Angriffe in der Stadt geworfen
wer­den soll. Die Per­spek­tiv­en der Betrof­fe­nen ste­hen dabei im Fokus.

Zur Ini­tia­tive:

Die Ini­tia­tive Cottbus’92 beste­ht aus Men­schen, die in Cot­tbus dauerhaft
leben und / oder arbeit­en und Anderen, die einen Blick von außen
ein­nehmen. Gemein­sam haben sie es sich zur Auf­gabe gemacht die
gesellschaftlichen Ver­hält­nisse der 1990er Jahre in Cot­tbus und Umgebung
sicht­bar zu machen.

Kon­takt: Klara Zeit // Mail: Cottbus1992@riseup.net
Weit­ere Infor­ma­tio­nen: twitter.com/cottbus1992

Ver­anstal­tungsrei­he Ini­tia­tive Cottbus‘92

Alle Ver­anstal­tun­gen find­en im Stadt­mu­se­um, Bahn­hof­s­traße 22, 03046
Cot­tbus statt. Voraus­set­zung zur Teil­nahme ist das Tra­gen einer
Mund-Nasen-Bedeckung.

1. Dien­stag, 26.04.2022, 18 Uhr

Ver­anstal­tung mit einem Vertreter der Gruppe Pogrom ’91 aus Hoyerswerda,
der die dor­ti­gen ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen 1991 kon­tex­tu­al­isiert und
vom Ver­such ein­er gesellschaftlichen Aufar­beitung berichtet. Zudem
stellt sich die Ini­tia­tive Cot­tbus ’92 vor und diskutiert
gedenk-poli­tis­che Per­spek­tiv­en in der Stadt Cottbus.

2. Dien­stag, 03.05.2022, 18 Uhr

Lucia Bruns (ASH Berlin) und Christin Jänicke (HWR Berlin) stellen
Ergeb­nisse aus dem wis­senschaftlichen Forschung­spro­jekt JUPORE –
Jugen­dar­beit, Polizei und rechte Jugendliche in den 1990er Jahren vor.
Ein Schw­er­punkt der Forschung liegt auf der Stadt Cottbus.

3.  Don­ner­stag, 05.05.2022, 17 Uhr

Albi­no Forquil­ha (AAMA, Vere­in der deutsch-mosam­bikanis­chen Freundschaft
und Koop­er­a­tion) und seine Mitstreiter:innen bericht­en über ihre
Erfahrun­gen als Vertragsarbeiter:innen und Studierende in der DDR. Zudem
bericht­en sie über ihre Erleb­nisse in den Jahren der Transformation
und ihren Kampf um Anerken­nung ihrer Rechte, der bis heute andauert.

Die Ver­anstal­tung wird per online Live-Schal­tung und auf deutsch und
por­tugiesisch stattfinden.

4. Fre­itag, 10.05.2022, 18 Uhr

Frances Kutsch­er wurde 1992 in Fin­ster­walde geboren. Ihr Vater, ein
mosam­bikanis­ch­er Ver­tragsar­beit­er, kehrte kurz vor ihrer Geburt nach
Mosam­bik zurück. Sie engagiert sich
im Net­zw­erk Soliba­bies und möchte andere ermuti­gen, sich auf die Suche
nach ihren Wurzeln zu machen. Bachir Alali vom Geflüchtetennetzwerk
Cot­tbus e.V. spricht über die Per­spek­tiv­en und Kämpfe von Geflüchteten
in Cottbus.

Mod­er­a­tion: Katha­ri­na War­da (Sozi­olo­gin & Autorin).

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Opferperspektive fordert Aufklärung im Polizeiskandal

Opferperspektive fordert Aufklärung im Polizeiskandal im Landkreis Dahme-Spreewald

Wie zunächst BILD und später der RBB berichteten ste­ht ein Polizist, der im Land­kreis Dahme-Spree­wald tätig ist, im Ver­dacht, auf Bildern in ein­er SS-Uni­form posiert und dabei eine Waffe getra­gen zu haben, für die er keine Erlaub­nis habe. Bei der Durch­suchung sein­er Woh­nung sollen Uni­formteile mit ein­deutigem Bezug zur Waf­fen-SS gefun­den wor­den sein, darunter etwa Hak­enkreuz-Sym­bole sowie das Totenkopf-Abze­ichen der Waf­fen-SS. Der Vere­in Opfer­per­spek­tive musste im ver­gan­gen Jahr 2021 im Land­kreis Dahme-Spree­wald 16 kör­per­liche Angriffe reg­istri­eren, die durch rechte Täter:innen und im Land­kreis aktive Neon­azis began­gen wur­den. Dies ist die bis­lang höch­ste Anzahl rechter Angriffe in diesem Land­kreis, die durch die Opfer­per­spek­tive erfasst wurde. Eine Vielzahl dieser Angriffe gal­ten poli­tis­chen Gegner:innen und wur­den durch die Betrof­fe­nen nicht zur Anzeige gebracht.

Auch aus Per­spek­tive der Betrof­fe­nen von neon­azis­tis­ch­er und rechter Gewalt ist es völ­lig inakzept­abel, wenn ein Polizeibeamter in SS-Uni­form posiert und später gegenüber der Presse äußert, dass er sich dabei kein­er Schuld bewusst sei”, so Mar­tin Vese­ly vom Vere­in Opfer­per­spek­tive. „Die Strafver­fol­gungs­be­hör­den müssen nun schnell und zügig reagieren. Soll­ten sich die Anschuldigun­gen bewahrheit­en und rechtlich Rel­e­vanz haben, muss der Beamte umge­hend aus dem Dienst ent­lassen wer­den. Betrof­fene von neon­azis­tis­ch­er Gewalt müssen sich sich­er sein kön­nen, es mit ein­er demokratisch ver­fassten Polizei zu tun zu haben.”, so Mar­tin Vese­ly weit­er. Bei den Ermit­tlun­gen muss auch das Umfeld des Polizis­ten umfassend aus­geleuchtet wer­den, um eine mögliche Einge­bun­den­heit des Beamten in neon­azis­tis­che Net­zw­erke aufzuklären.

In der Ver­gan­gen­heit hat es regelmäßig mehrere Jahre gedauert, bis Fälle von rechter Gewalt im Gerichts­bezirk Cot­tbus ver­han­delt wur­den. Das darf in diesem Fall nicht passieren. Es ist zu hof­fen, dass die im let­zten Jahr ein­gerichtete Zen­tral­stelle Has­skrim­i­nal­ität bei der Gen­er­al­staat­san­waltschaft hier die Ermit­tlun­gen führt.

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Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt 2021

Das Hin­ter­grund­pa­pi­er zu den Zahlen kann hier nachge­le­sen wer­den: www.opferperspektive.de/aktuelles/statistik-2021

Leichter Anstieg rechter Gewalt­tat­en — Mehr Angriffe auf poli­tis­che Gegner:innen

Der in den let­zten Jahren zu verze­ich­nende stetige Rück­gang rechter Gewalt­tat­en, set­zte sich im Jahr 2021 nicht fort. Mit ins­ge­samt 150 Gewalt­de­lik­ten (2020: 137) stieg die Zahl zum ersten Mal seit 2018 wieder leicht an. Zu den reg­istri­erten Vor­fällen zählt in diesem Jahr auch ein recht­es Tötungs­de­likt mit vier Todesopfern.

Ras­sis­mus weit­er­hin Haupt­mo­tiv – Anteil der Angriffe auf poli­tis­che Gegner:innen angestiegen

Auss­chlaggebend für den erneuten Anstieg der Gewalt­straftat­en dürfte die im Jahr 2021 inten­sivierte rechte Mobil­isierung gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men sein. Im Ver­gle­ich zum Vor­jahr ließ sich eine the­ma­tis­che Ver­schiebung der Tat­mo­ti­va­tio­nen beobacht­en, die poli­tis­che Gegner:innen stärk­er in den Fokus von Angrif­f­en rück­te. In diesem Kon­text ist auch ein neues Teil­feld rechter Gewalt ent­standen. So reg­istri­erte die Opfer­per­spek­tive 12 Gewalt­tat­en im Zusam­men­hang mit der recht­en Mobil­isierung gegen die Coro­na-Bes­tim­mungen (2020: 4). Auch der Anteil der Angriffe auf poli­tis­che Gegner:innen ist mit 23 Vor­fällen im Ver­gle­ich zum Vor­jahr (2020: 9) sig­nifikant gestiegen.

Die zunehmenden Gewalt­bere­itschaft und Radikalisierung inner­halb der Pan­demieleugn­er-Bewe­gung beobacht­en wir mit großer Sorge.“ so Anne Brüg­mann, Pro­jek­tko­or­di­na­torin der Opfer­per­spek­tive. „Daher stellt es aus unser­er Sicht auch ein schw­eres Ver­säum­nis der Bran­den­burg­er Lan­desregierung dar, das rechte Tötungs­de­likt in Sen­zig mit vier Todes­opfern nicht aus­re­ichend und deut­lich genug verurteilt zu haben.“ so Mar­tin Vese­ly, Berater der Opferperspektive.

Der Anteil ras­sis­tis­ch­er Gewalt­tat­en sank auf 65,3 Prozent (2020: 76,6%). Trotz dieses Rück­ganges bleibt Ras­sis­mus jedoch das Haupt­mo­tiv bei den reg­istri­erten Tat­en. Von den Angrif­f­en direkt betrof­fen waren im ver­gan­genen Jahr ins­ge­samt 202 Per­so­n­en (2020: 196).

Regionale Ver­schiebung der Angriff­ss­chw­er­punk­te in die südlichen Landkreise

Die regionale Verteilung rechter Angriffe im Jahr 2021 hat sich im Ver­gle­ich zum Vor­jahr ver­schoben. So liegen die Land­kreise mit den meis­ten reg­istri­erten recht­en Angrif­f­en 2021 in Süd­bran­den­burg, während es im Vor­jahr Land­kreise in Nord­bran­den­burg waren. Wie schon in den Jahren zuvor hat­ten die größten Städte Pots­dam mit 18 (2020: 15) und Cot­tbus mit 16 Gewalt­de­lik­ten (2020: 13) jew­eils die meis­ten Angriffe zu verze­ich­nen. Die Land­kreise mit einem starken Zuwachs rechter Gewalt­tat­en waren Dahme-Spree­wald mit 16 (2020: 5) und Tel­tow-Fläming mit 11 Angrif­f­en (2020: 6).

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Antifaschismus

Rechte Kriegspropaganda stoppen! Kein Frieden mit der AfD!

Am Abend des 10.März 2022 traf sich die zu AfD in dem bere­its als rechtem Tre­ff­punkt bekan­nten „Mit­telpunkt der Erde“ in Hönow, den kriegstreiberischen Aus­führun­gen von Gun­nar Lin­de­mann, Lars Gün­ther und Jür­gen Elsäss­er unter dem Titel „Keine Waf­fen an die Ukraine! Neu­tral­ität Deutsch­lands!“ eine Plat­tform zu bieten. Angekündigt waren zudem weit­ere Über­raschungsäste. Ob damit Bir­git Bessin, stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitzende der AfD Bran­den­burg, oder der rechte Lie­der­ma­ch­er und ehe­ma­lige NPD-Lan­deschef aus Berlin, Jörg Häh­nel, gemeint waren, bleibt ungewiss. Unter den ca. 30 Ver­anstal­tung­steil­nehmenden waren meist ältere Män­ner in schlecht­sitzen­der Klei­dung, die das typ­is­che Bild des AfD-Wäh­lers zumin­d­est vom Style erfüllten.

Die geringe Anzahl an Gästen zeigt eventuell auch die Ambivalenz der extremen Recht­en, was die Posi­tion­ierung in Bezug auf den rus­sis­chen Angriff­skrieg gegen die Ukraine angeht.

Auf der Gegenkundge­bung, organ­isiert von „Kein Ack­er der AfD“ und ihrer Berlin­er Schwest­ernkam­pagne “Kein Raum der AfD“ fan­den sich mehr als 60 Antifaschist*innen allen Alters ein, um laut­stark gegen die AfD und den „Mit­telpunkt der Erde“ zu demon­stri­eren. Die Rede­beiträge von Pos­tOst Migrantifa und der VVN-BdA Märkisch-Oder­land the­ma­tisierten den Krieg in der Ukraine und das Entset­zen angesichts der faschis­tis­chen und autokratis­chen Mobil­isierung. „Kein Ack­er der AfD“ ging darauf ein, dass Krieg und damit ver­bun­dene Sank­tio­nen immer vor allem arme Men­schen weltweit tre­f­fen und Reiche davon prof­i­tieren. Eine Rede­beitrag der S5-Antifa Tar­if­bere­ich C beleuchtete das Com­pact-Mag­a­zin und die men­schen­ver­ach­t­en­den Inhalte der AfD. Hier zeigten Sie die enge Verbindung zwis­chen Jür­gen Elsäss­er und Lars Gün­ther sowie dem Com­pact-Mag­a­zin als „Schmieren­blatt der AfD“ auf. Die Antifa Straus­berg kri­tisierte die Tren­nung in „gute“ und „schlechte Geflüchtete“ und rief dazu auf, die Gren­zen Deutsch­lands für alle zu öff­nen, die vor Krieg, Krisen und Aus­gren­zung fliehen. Ger­ade schwarze Geflüchtete aus der Ukraine, beispiel­sweise nige­ri­an­is­che Studierende, waren auf der Flucht mas­siv­en Ras­sis­muser­fahrun­gen aus­ge­set­zt, weil sie nicht in das stereo­type Bild weißer Europäer*innen passen.

Es gab pos­i­tive Rück­mel­dun­gen von Nachbar*innen und den Aufruf, dass Restau­rant „Mit­telpunkt der Erde“ zu boykot­tieren, schlechte Bew­er­tun­gen zu schreiben und ihnen klare Kante zu zeigen. Wer seine Türen und Räum­lichkeit­en für rechte Pro­pa­gan­da öffnet, muss mit laut­starken Reak­tio­nen rechnen.

Kein Friede mit der AfD! Kein Bier für Faschisten!

 

Fotos gibt es hier.

Und hier.

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(Anti-)Rassismus (Anti)militarismus Antifaschismus

Kein Raum der AfD! Kein Raum für rechte Kriegspropaganda

Während in der Ukraine Men­schen vor dem Krieg fliehen, in Rus­s­land Kriegsgegner*innen mit Repres­sion über­zo­gen wer­den und Neon­azis zu ihren Waf­fen greifen, lädt die AfD zur Diskus­sion mit dem Chefredak­teur des extrem recht­en Com­pact-Mag­a­zins, Jür­gen Elsäss­er. Dieser und der AfD-Lan­destagsab­ge­ord­nete Lars Gün­ther ken­nen sich schon viele Jahre durch die selb­ster­nan­nten “Friedens­mah­nwachen” 2014 in Berlin. Unter­stützt wer­den die bei­den in der Diskus­sion vom Berlin­er AfD-Abge­ord­neten Gun­nar Lin­de­mann aus Marzahn, der auf Sozialen Medi­en keinen Hehl aus sein­er Putin­liebe macht. Durchge­führt wird das ganze im Lieblingslokal der Recht­en — während es über­all schw­er ist für die AfD, Räume für ihre Het­ze zu find­en, sprachen im Restau­rant “Mit­telpunkt der Erde” schon der Faschist Björn Höcke und der rechte Pub­lizist Götz Kubitschek. Als “Dankeschön” für die Unter­stützung im Bun­destagswahlkampf lud die stel­lvertre­tende Vor­sitzende Bir­git Bessin 2021 zum Recht­srock­konz­ert mit Sacha Korn hier­her ein. Als Anhänger des extrem recht­en Flügels ist es kaum ver­wun­der­lich, dass die AfD Bran­den­burg als auch die AfD Marzahn-Hellers­dorf einen Hang zu autoritären Führern haben und von einem Kon­flikt zwis­chen Rus­s­land und der Ukraine sprechen, anstatt es als das zu benen­nen, was es ist — ein Angriff­skrieg durch Putin. 
Wir sind sol­i­darisch mit all jenen, die auf­grund von Krieg und Vertrei­bung aus ihren Heimatlän­dern flücht­en müssen — in der Ukraine, Syrien, Afghanistan oder ander­swo. Unsere Herzen sind bei den­jeni­gen, die weltweit gegen Krieg und Faschis­mus kämpfen. Unsere Gedanken sind bei den zahlre­ichen Toten von Krieg und Ver­fol­gung. Wir ste­hen gegen eine Spal­tung in “gute” und “schlechte” Geflüchtete und stellen uns anti­s­law­is­chen Vorurteilen ent­ge­gen! Wir sind fas­sungs­los und wütend ob der Instru­men­tal­isierung von Kriegs­geschehen für rechte Propaganda-Veranstaltungen!
Lasst uns gemein­sam dafür sor­gen, dass die AfD und ihre Posi­tio­nen nicht unkom­men­tiert bleiben. Kommt mit uns auf die Straße — laut­stark und mit Abstand. Für den Frieden, gegen die AfD!
Don­ner­stag, 10.03. ab 17.45 Uhr
gegenüber dem Restau­rant “Mit­telpunkt der Erde”
Mahls­dor­fer Straße 2
U5 Hönow / M6 Risaer Straße
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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Parlamentarismus Verschwörungsideologie

Der Judenhasser beim „Widerstand Cottbus“

Die Coro­na-Proteste in Cot­tbus sind die größten im Land Bran­den­burg und gehören zu den bestor­gan­isierten. Sie gel­ten in anderen Orten als Vor­bild. Deut­lich­er noch als ander­swo sind die Cot­tbuser Demon­stra­tio­nen von Recht­sex­tremen dominiert: das Bünd­nis aus AfD, dem Vere­in Zukun­ft Heimat, Neon­azis und Adepten der „Iden­titären“ haben die Protest-Regie bish­er fest unter ihrer Kon­trolle. Noch immer gibt es wöchentlich Demon­stra­tio­nen mit ein­er hohen dreis­tel­li­gen Anzahl an Teilnehmer*innen.

Kolodzik und Gauland vor der Synagoge
Heiko Kolodzik 2013 gemein­sam mit Alexan­der Gauland vor der Syn­a­goge in Cottbus

Dem Gesamt­bild der Cot­tbuser Proteste soll hier ein wichtiges Puz­zlestück hinzuge­fügt wer­den: Die größte Telegram­gruppe für die Coro­n­aproteste wird von einem Hard­core-Anti­semiten admin­istri­ert. Erst im Dezem­ber hat­te es einen grausamen, anti­semi­tisch motivierten Vier­fach­mord in Königs Wuster­hausen gegeben – der Täter war ein „Quer­denker“ und in ein­schlägi­gen Telegramkanälen unter­wegs [1]. Vor diesem Hin­ter­grund sollte die Reich­weite anti­semi­tis­ch­er Het­ze in den Kom­mu­nika­tion­skanälen Bran­den­burg­er Coro­n­aproteste beson­dere Aufmerk­samkeit erfahren. Darum: Blick­en wir auf den Cot­tbuser Telegram-Admin­is­tra­tor Heiko Kolodzik.

Nach­dem im Dezem­ber der lokale AfD-Vor­sitzende Jean-Pas­cal Hohm dazu aufrief unangemeldet zu demon­stri­eren [2] ver­bre­it­ete sich im Jan­u­ar der Link zur Telegram-Gruppe „Wider­stand Cot­tbus“ in der Szene. Die Gruppe wuchs inner­halb von nur zwei Wochen auf über 1.000 Mit­glieder. Vor­rangiges Ziel ist sich intern auf der Straße zu koordinieren. 

Heiko hat den Kanal voll
Exk­lu­sives Schreibrecht

Der Adminin­stra­tor „reißzahn“ brachte mit dem Kanal nicht nur die Spaziergänger miteinan­der ins Gespräch, son­dern nutzte ihn auch als eigenes Sprachrohr. Schon nach weni­gen Tagen begann er Schreibrechte für die Grup­pen­mit­glieder einzuschränken, weil er befürchtete, dass seine „Wahrheit“ zwis­chen den hun­derten anderen Nachricht­en unterge­ht. Zwis­chen­zeitlich ist er fast der einzige, der dort noch regelmäßig schreiben darf, dafür in ein­er hohen Fre­quenz. Inhaltlich geht es bei den Posts von „reißzahn“ um die „Coro­na-Gift­spritze“ und die „BRD-Besatzung“, ihre „Söld­ner“ usw.. Er sieht sich und seine Mitstreiter*innen in ein­er Art End­kampf auf Leben und Tod. Es ist ein ver­schwörungside­ol­o­gis­ches Pot­pour­ri, wie es für Bran­den­burg­er Coro­na-Protestkanäle auf Telegram nicht untyp­isch ist.

Heiko Kolodzik bei YouTube
Videos von Heiko Kolodzik bei YouTube

Der Admin „reißzahn“ ver­weist immer wieder auf die Telegram-Kanäle “Coro­n­aWah­nAr­chiv“, „ImpfWahn“ und „BRD-Besatzer-Poli­tik“ deren Inhalte darauf hin­deuten, dass diese eben­falls von ihm selb­st ver­wal­tet wer­den. Auf allen diesen Kanälen find­en sich PDF-Doku­mente aus der Fed­er des Cot­tbuser Finanzber­aters Heiko Kolodzik. Am 18. Jan­u­ar postete „reißzahn“ ein Foto aus der Per­spek­tive des Fir­men­büros von „Kolodzik & Kol­le­gen“ am Alt­markt. Am 31. Jan­u­ar ver­bre­it­ete „reißzahn“ dann ein PDF mit einem Wider­spruchss­chreiben gegen eine polizeiliche Ver­botsver­fü­gung – dessen Urhe­ber eben­falls „Heiko“ heißt. So wird nachvol­lziehbar: Admin „reißzahn“ ist Heiko Kolodzik.

Heike Kolodzik ist ein Anti­semit mit nation­al­sozial­is­tis­ch­er Schlag­seite. Schon ober­fläch­liche Suchen im Inter­net zeigen dies. Heiko Kolodzik ver­bre­it­et unter seinem vollen Namen und auch im Namen seines Unternehmens ultra-anti­semi­tis­che Inhalte bis hin zu Holo­caust-Leug­nung. Er bezieht sich in seinen kru­den Tex­ten pos­i­tiv auf die Nazi-Ide­olo­gie, beispiel­sweise auf die Schrift „Kampf gegen die Hoch­fi­nanz“ des Nazi-Wirtschaft­s­the­o­retik­ers Got­tfried Fed­er. Auf YouTube und dem Por­tal Odysee ver­bre­it­et er krude selb­st­pro­duzierte Videos.

Homepage von Heiko Kolodzik
Fir­men­sitze von Heiko Kolodzik in Cot­tbus und Hamburg

Dass jemand mit Fir­men­sitz in bester Cot­tbuser Altstadt­lage auf sein­er Home­page offen­bar seit Jahren Inhalte ver­bre­it­et, die sog­ar strafrechtlich rel­e­vant sein kön­nten, zeigt, wie fest rechte Struk­turen in Cot­tbus ver­ankert sind und wie sich­er sie sich fühlen kön­nen. Kolodzik ist aktuell Geschäfts­führer der HIH Wertholz GmbH, die mit Holz han­delt. Bis 2020 hat­te er die gle­iche Funk­tion bei der HWA Hanseatis­che Werte GmbH in Ham­burg inne. Die zuge­höri­gen Adressen in Ham­burg und am Alt­markt in Cot­tbus sind auch als Büros auf den Web­seit­en kolodzik.de und risk-management.org angegeben.

Kolodziks Büro am Altmarkt
Eröff­nung des ersten AfD-Büros 2013 in Cottbus

Kolodziks poli­tis­che Biografie ist mit der AfD ver­bun­den. Nach der Grün­dung der Partei in Cot­tbus war Kolodziks Büro 2013 die Adresse des ersten lokalen Parteisitzes. Kolodziks selb­st war Leit­er der Grün­dungsver­samm­lung und zählt somit zur Grün­dungs­gen­er­a­tion der AfD [3]. 2014 trat er aus der Partei allerd­ings aus, weil er sich nach eigen­er Aus­sage zu den „Zustän­den in Gaza“ nicht frei genug äußern könne [4]. Auch in der aktuellen Telegram-Gruppe zeigt „reißzahn“ ein ambiva­lentes Ver­hält­nis zur AfD. Ein­er­seits wer­den die Aktion­saufrufe der Partei und der mit ihr assozi­ierten Grup­pen ver­lässlich ver­bre­it­et. Auf der anderen Seite wird von „reißzahn“ und anderen auch AfD-Kri­tik geäußert. Die Partei sei zu sys­temkon­form und angepasst. Wahrhaft rev­o­lu­tionär seien nur unangemeldete Ver­samm­lun­gen im Gegen­satz zur tak­tis­chen Flex­i­bil­ität der AfD in dieser Frage.

Matthias Stein mit Schwarzer Sonne bei Telegram
Matthias Stein mit Schwarz­er Sonne bei Telegram

In der „Wider­stand Cot­tbus“ ‑Gruppe gibt es zahlre­iche per­son­elle und organ­isatorische Schnittmen­gen zur örtlichen AfD. Mit-Admin­is­tra­tor ist der Sen­ften­berg­er AfD-Abge­ord­nete Matthias Stein. Bei der Land­tagswahl 2019 scheit­erte dieser nur knapp dabei, ein Direk­t­man­dat zu errin­gen [5]. Bei Telegram posiert Stein mit dem SS-Sym­bol der Schwarzen Sonne. Auch AfD-Kreis­chef Jean-Pas­cal Hohm erteilte am 18. Jan­u­ar tak­tis­che Ratschläge: „Ein­fach nicht so viel Zeug schreiben, was einem auf die Füße fall­en kann“. Zumin­d­est Heiko Kolodzik beherzigt diesen Tipp nicht.

Diese Telegram-Gruppe dient der AfD und ihren Aktio­nen in Cot­tbus als Ver­größerung ihres Res­o­nanzraums. Für einen Anti­semiten wie Heiko Kolodzik sind die aktuellen Coro­na-Proteste ein Glücks­fall: im sozialen Nahraum sein­er Heimat­stadt schenkt ihm im Zuge der aktuellen Mobil­isierun­gen ein Pub­likum Aufmerk­samkeit, dass eine vier­stel­lige Größe hat. Sein Fall zeigt , dass auch härtester Recht­sex­trem­is­mus in der Spaziergänger-Szene auf keinen Wider­spruch mehr trifft. Die Fanatisierung bis hin zu bru­tal­sten Gewalt­tat­en, wie in Sen­zig, ver­läuft in Cot­tbus weit­er ungebremst.

[1] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/02/bmi-antisemitismus-koenigs-wusterhausen-mord-senzig-brandenburg.html
[2] https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/anti-corona-demos-in-cottbus-warum-die-afd-nach-einer-neuen-protest-strategie-sucht-61575063.html
[3] https://www.lr-online.de/nachrichten/die-lausitzer-und-die-alternative-fuer-deutschland-35282308.html
[4] https://www.lr-online.de/nachrichten/cottbuser-afd-mitbegruender-verlaesst-enttaeuscht-landespartei-36016048.html
[5] https://www.lr-online.de/lausitz/senftenberg/wahlanalyse-fuer-oberspreewald-lausitz-und-senftenberg-einzig-roick-kann-afd-die-stirn-bieten-39643717.html

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Kundgebung zum Gedenken an Sven Beuter

Vor 26 Jahren, am 20. Feb­ru­ar 1996 erlag der Punk Sven Beuter seinen schw­eren Ver­let­zun­gen. Fünf Tage zuvor wurde er vom Neon­azi Sascha L. bru­tal zusam­mengeschla­gen. In Gedenken an Sven Beuter und gegen die weit­ere Ver­bre­itung faschis­tis­chen, anti­semi­tis­chen und recht­sex­tremen Gedankengutes ruft die “Ini­tia­tive zum Gedenken an Sven Beuter” alle Inter­essierten zur Teil­nahme an ein­er Kundge­bung am 20. Feb­ru­ar um 17 Uhr an der Gedenkplat­te vor der Havel­straße 13, dem Ort, an dem Zeug*innen die Tat beobachteten und ein­grif­f­en, auf.

Solche Tat­en gehören lei­der noch immer nicht der Ver­gan­gen­heit an. Die grausamen Anschläge in Halle und Hanau sowie der skru­pel­lose Mord an Wal­ter Lübcke sind nur einige trau­rige Beispiele, welche Kon­se­quen­zen rechte Ide­olo­gien haben kön­nen. Dem muss sich die Zivilge­sellschaft immer wieder und entschlossen ent­ge­gen­stellen. Es ist nach wie vor wichtig, an die Opfer solch­er grausamen Tat­en zu erin­nern, ihnen zu gedenken und zu mah­nen. Mit der in jedem Jahr stat­tfind­en­den Gedenkkundge­bung möcht­en wir auch einen Beitrag leis­ten, den Mord an Sven Beuter im städtis­chen Bewusst­sein wach zu halten.

Mehr Infor­ma­tio­nen zu Sven Beuter, zur Tat und zum Gerichtsver­fahren gegen Sascha L. find­en Sie auf der Seite der Opfer­per­spek­tive unter https://todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/sven-beuter/.

Lassen Sie uns gemein­sam Sven Beuter gedenken und gle­ichzeit­ig ein klares Zeichen gegen rechte Men­schen­feindlichkeit setzen.

Nie­mand ist vergessen. Nichts ist vergeben.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Kampagne zum antifaschistischen Gedenken im Land Brandenburg

Geschichte hin­ter­lässt Spuren

Viele Städte und Dör­fer im Land Bran­den­burg haben ihre eigene lokale Geschichte. Im Wan­del der Zeit, von der Weimar­er Repub­lik, zum Nation­al­sozial­is­mus, über die DDR bis zur heuti­gen Zeit hat die Geschichte Spuren hin­ter­lassen. Sie han­delt von Opfern und Täter:innen, es sind Spuren des Kampfes und Wider­standes, der Ver­nich­tung und Befreiung. Manche Straßen­na­men und Denkmäler wur­den im Zuge der neuen Geschichtss­chrei­bung der poli­tis­chen Umbrüche getil­gt, einige aus­ge­gren­zte Opfer- und Per­so­n­en­grup­pen hat­ten nie den erforder­lichen Rück­halt oder es fehlen erin­nerungspoli­tis­che Forschun­gen und Ini­tia­tiv­en für ein Gedenken, manche lokale Geschichte mag unbe­quem sein und wird ein­fach ver­drängt. Es sind jedoch auch Erin­nerungsstät­ten in den let­zten Jahren neu ent­standen, sie machen Mut für mehr.

His­torisches Erbe

Aktuelle For­men von Anti­semitismus, Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus ste­hen immer im Kon­text des his­torischen Erbes, auch wenn sich ihre Aus­prä­gun­gen auf aktuell poli­tis­che The­men berufen. Anti­semitismus, Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus haben in Deutsch­land eine lange Tra­di­tion. Es gilt, den Faden der Erin­nerung nicht abreißen zu lassen und das Wis­sen um die his­torische Ver­ant­wor­tung zu fes­ti­gen. Es geht uns zum einen darum, der Opfer zu gedenken, sie sollen nicht vergessen wer­den. In unser­er Erin­nerung und unserem Gedenken geht es aber auch darum, aus der Geschichte zu ler­nen und neue Wege in ein­er Kam­pagne gemein­sam zu bestre­it­en, demokratis­ches und antifaschis­tis­ches Engage­ment zu fördern und sol­i­darisch zu sein.

Es ist geschehen, und fol­glich kann es wieder geschehen

Die Nor­men und Werte des Zusam­men­lebens basieren auf jed­er einzel­nen Per­son in der Gesellschaft und auf ihrem alltäglichen Han­deln. Ide­olo­gien und Mei­n­un­gen der Ungle­ich­heit, des Sozial­dar­win­is­mus und des Ras­sis­mus brin­gen die Gesellschaft und das Zusam­men­leben per­ma­nent ins Wanken. Unsere erin­nerungs- und gedenkpoli­tis­che Arbeit zielt mit dem Gestern auf das Heute und das Mor­gen. Wir wollen Partei ergreifen, für die Opfer diskri­m­inieren­der und ras­sis­tis­ch­er Gewalt von gestern und heute und fra­gen uns dabei, warum weit­er­hin Men­schen in dieser Gesellschaft stig­ma­tisiert, aus­ge­gren­zt und ver­fol­gt werden?

Antifaschis­tis­ches Gedenken und Erin­nern stärken

Wir wollen keinen Schlussstrich unter die Ver­gan­gen­heit set­zen. Als Linke und Antifaschist:innen sind wir Teil eines gesellschaftlich-his­torischen Prozess­es, Geschichte und Gegen­wart sind untrennbar miteinan­der ver­bun­den. Wir erin­nern an die Rev­o­lu­tio­nen und Arbeit­skämpfe der Arbeiter:innenbewegung des let­zten Jahrhun­derts, an die nation­al­sozial­is­tis­che Ver­fol­gung und den Wider­stand, aber auch an den Ras­sis­mus und Neon­azis­mus in DDR und BRD, der zahlre­iche Todes­opfer forderte und deren Gefahr lange nicht geban­nt ist. Über­all im Land gibt es Leucht­türme erin­nerungspoli­tis­ch­er Arbeit, oft­mals von kleinen Grup­pen und Ini­tia­tiv­en getra­gen. Von der Prig­nitz bis in die Lausitz, von der Uck­er­mark bis in den Fläming, wir wollen gemein­sam agieren und antifaschis­tis­che Erin­nerung und Gedenken stärken.

Gemein­sam Gedenken, lokale Struk­turen unterstützen

Exem­plar­isch für die antifaschis­tis­che Gedenk- und Erin­nerungsar­beit haben wir uns für das Jahr 2022/23 einige erin­nerungspoli­tis­che Ereignisse aus­ge­sucht, die wir gemein­sam gestal­ten und begleit­en wollen. Wir rufen dazu auf, im Feb­ru­ar am Gedenken für Sven Beuter in Brandenburg/Havel, im April am Gedenken an Phan Van Toan im Land­kreis MOL, im Mai dezen­tral an die Gedenk- und Befreiungs­feier­lichkeit­en von Nation­al­sozial­is­mus im ganzen Land, im Juli zum Gedenken an Emil Wend­land in Neu­rup­pin, an den Ver­anstal­tun­gen im Gedenken an die Reich­s­pogrom­nacht im Novem­ber, sowie im Feb­ru­ar näch­sten Jahres am Gedenken an Farid Guen­doul in Guben teilzunehmen und die lokalen Struk­turen zu unter­stützen. Weit­ere Infor­ma­tio­nen zu den einzel­nen Gedenkver­anstal­tun­gen, wer­den mit den lokalen Aufrufen sep­a­rat veröffentlicht. 

Gemein­sam sind wir stark – Erin­nern heißt kämpfen!

AG Gedenken & Erin­nern Land Brandenburg

Kon­takt unter: AG_GedenkenundErinnern_Brb@riseup.net

VVN-BdA Land Brandenburg
Geschichtswerk­statt Rotes Nowawes
Soziales Zen­trum JWP “Mit­ten­Drin”
Emil Wend­land Gedenk­ini­tia­tive (@Instagram)
SJ — Die Falken Brandenburg”
AG Geschicht­spro­jekt frei­Land Potsdam
Film­stadt Infer­no 1999
Gedenk­ini­tia­tive Phan Van Toan”
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) Märkisch-Oderland
Horte Soziales Zentrum
Utopia e.V.

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