++ Rechts motivierte Angriffe im Vergleich zu 2014 nahezu verdoppelt ++ Dramatischer Anstieg rassistischer Gewalt ++ 146 Angriffe an Geflüchtetenunterkünften, darunter 45 Brandanschläge ++
Im Jahr 2015 stieg die Zahl politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalttaten erneut deutlich an. In den ostdeutschen Bundesländern und Berlin haben sich die Angriffe von 782 auf 1468 nahezu verdoppelt. Mit Nordrhein-Westfalen legt erstmalig auch ein westdeutsches Bundesland unabhängige Zahlen zur Angriffssituation vor. 279 rechtsmotivierte Angriffe wurden in dem bevölkerungsreichsten Bundesland gezählt, 1747 sind es damit in der Summe. Mindestens 2237 Personen wurden 2015 in den sieben Bundesländern verletzt und massiv bedroht.
Birgit Rheims von der Opferberatung Rheinland sagt: /„Nach wie vor geht der flächendeckende Ausbau spezialisierter und unabhängiger Opferberatungsstellen in den westdeutschen Bundesländern zu langsam voran. Die Beratungseinrichtungen verfügen nicht über ausreichende Ressourcen, um ein professionelles Monitoring anbieten zu können. Wie wichtig das jedoch ist, zeigen die erstmalig für NRW vorgelegten Zahlen, bei denen von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist.“
Bei 1056 Angriffen, d.h. 60 % der erfassten Fälle, spielen rassistische Tatmotive eine zentrale Rolle. Die Gewalt richtete sich insbesondere gegen Geflüchtete und deren Unterkünfte. Sachsen geriet dabei mit Ausschreitungen, wie in Freital, Dresden und Heidenau, immer wieder in die bundesweiten und zum Teil internationalen Schlagzeilen. Auch in allen anderen Bundesländern nahmen rassistische Angriffe zu.
Andrea Hübler, von der Opferberatung der RAA Sachsen: „Für Geflüchtete gibt es keine sicheren Orte in Deutschland. Anhaltende rassistische Proteste gegen sie und ihre Unterkünfte, die Aufmärsche von Pegida und ihren Ablegern in nahezu allen Bundesländern, tragen dazu maßgeblich bei. Gleichzeitig werden Geflüchtete in der gesellschaftlichen Debatte als „Krise“ und nicht als Schutzsuchende darstellt.“
Das Gewaltpotential ist gefährlich angestiegen. Zunehmend wurden Waffen, Sprengstoffe und Brandsätze eingesetzt. Täter_innen nahmen häufiger tödliche Verletzungen in Kauf. Insgesamt 146 gewaltsame Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte (bewohnte und unbewohnte; zentrale und dezentrale) zählten die Beratungsstellen in den ostdeutschen Bundesländern, Berlin und NRW. Dabei handelte es sich u.a. um 45 (versuchte) Brandstiftungen, 39 (versuchte) gefährliche Körperverletzungen, z.B. durch Steinwürfe, Pyrotechnik bzw. Sprengstoff. Besonders viele Angriffe auf bzw. im Umfeld von Geflüchtetenunterkünften wurden in Sachsen (74) und NRW (54) registriert, gefolgt von Berlin (39). Auch Helfer_innen und Menschen die mit der Unterbringung von Geflüchteten befasst sind, Journalist_innen und Politiker_innen rückten 2015 in den Fokus, wurden massiv bedroht und angegriffen. Insgesamt 465 Angriffe (26%) gegen politische Gegner_innen verzeichneten die Beratungsstellen, darunter 47 Attacken gegen Journalist_innen, die meistens im Umfeld von Demonstrationen stattfanden. Ein solches Ausmaß an Gewalt gegen diese Betroffenengruppe ist neu, denn in den vergangenen Jahren richteten sich gerade einmal halb so viele Angriffe gegen sie.
Dimension rechter Gewalt
Die unabhängigen Beratungsstellen verzeichnen in Ostdeutschland und Berlin für das Jahr 2015 einen Anstieg der rechten Gewalttaten um ca. 90 Prozent (zu NRW liegen für 2014 keine Vergleichszahlen vor). In Sachsen wurden mit 477 Fällen die meisten Angriffe gezählt (2014: 257, 85 % mehr als in 2014). In Berlin wurden 320 Angriffe registriert (2014: 179 Angriffe, + 79 %), in NRW 279, in Sachsen-Anhalt 217 Angriffe (2014: 120, + 80 %), in Brandenburg 203 (2014: 93, + 118 %), in Mecklenburg-Vorpommern 130 Angriffe (2014: 84, + 53 %) und in Thüringen 121 Angriffe (2014: 58, + 109 %). In allen Bundesländern, in denen bereits 2014 Angriffe dokumentiert wurden, stieg die Zahl deutlich an. 2015 fanden in Ostdeutschland, Berlin und NRW pro Tag im Durchschnitt 4,8 politisch rechts motivierte Gewalttaten statt. Zum überwiegenden Teil handelte es sich dabei um (versuchte) Körperverletzungsdelikte: 10 schwere, 608 gefährliche und 613 einfache Körperverletzungen.
Rassismus als häufigstes Tatmotiv
Die Zahl rassistisch motivierter Gewalttaten stieg im Vergleich zu 2014 wie auch die Gesamtzahl rechtsmotivierter Gewalttaten um 90 % (ohne NRW) an. In den ostdeutschen Bundesländern, Berlin und NRW waren 1056 der Angriffe rassistisch motiviert, 465 Angriffe richteten sich gegen Menschen, die von den Täter_innen als politische Gegner_innen angesehen wurden, darunter 47 gegen Journalist_innen und 71 Angriffe gegen nicht-rechte und alternative Personen. 57 Gewalttaten richteten sich gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung/Identität, in 43 Fällen war Antisemitismus das Motiv und in 18 Fällen Sozialdarwinismus. Zudem registrierten die Beratungsstellen 4 politisch rechts motivierte Angriffe gegen Menschen mit einer Behinderung.
Eine Sprecherin des Verbandes der Beratungsstellen kommentiert: „Ein großer Teil der rechtsmotivierten Angriffe 2015 stand im Zusammenhang mit dem Thema Asyl. Sei es, dass sich Attacken gegen die Geflüchteten selbst oder gegen deren Unterkünfte richteten, sei es, dass Unterstützer_innen, Antirassist_innen oder Politiker_innen und Journalist_innen ins Visier der Täter gerieten. Die zugespitzte, teils offen rassistisch geführte Debatte um die Aufnahme von Geflüchteten lässt ein Klima entstehen, in dem Rassisten und Neonazis in ihrem Handeln bestärkt werden. Unzählige Demonstrationen und Kundgebungen bundesweit, Facebookgruppen, Pegida und AfD heizen die Stimmung an.“
Kategorie: (Anti-)Rassismus
Am 20. Februar 2016 war es mal wieder soweit. Zum bereits siebten Mal organisierten Neonazis um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine Versammlung in der Grenzstadt. Knapp 120 Rassist*innen fanden sich dazu am Marktplatz in der Innenstadt ein, um im Anschluss durch die Stadt zu marschieren.1 Neben altbekannten Gesichtern beteiligten sich erstmals polnische Nationalist*innen an einem flüchtlingsfeindlichen Aufmarsch in Frankfurt (Oder). Ein äußerst seltenes Ereignis. Ideologisch lehnt der größte Teil der bundesdeutschen Neonaziszene polnische Nationalist*innen auf ihren Veranstaltungen ab. Im sächsischen Görlitz gibt es aber bereits seit vergangenem Jahr eine Kooperation.2 Doch nicht nur auf der Straße organisiert sich die rassistische Bewegung. Parallel zur rechten Mobilisierung bundesweit und den Ereignissen in Clausnitz3 wird auf der Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ offen über Gewalt gegen Geflüchteten phantasiert.4
Nichts geht ohne den „III. Weg“ – NPD bleibt zu Hause
Ähnlich wie im vergangenen Jahr beteiligten sich am jüngsten Aufmarsch etablierte Brandenburger Neonazi-Strukturen und zahlreiche Bewohner*innen Frankfurts und des Umlandes. Federführend an der Durchführung der Demonstration war wie schon 2015 die Neonazipartei „Der III. Weg“, der insgesamt zwei der Redner*innen stellte.5 Darunter unter anderem der inzwischen in Eisenhüttenstadt lebende Pascal Stolle. Der ehemalige NPD-Kandidat machte im Mai 2014 von sich reden, als er bei einer NPD-Veranstaltung in Bad Belzig auf einen Journalisten einschlug.6 Wie gewohnt trat auch der in Brieskow-Finkenheerd wohnende Neonazi Björn Brusak7 in Erscheinung. Diesmal jedoch erstmals in Begleitung seines Vaters Dirk Brusak, der auch einer der Redner auf der Veranstaltung war. Die Versammlung leiteten, wie so oft in der Vergangenheit, das mittlerweile aus Frankfurt (Oder) verzogene Ehepaar Franziska und Peer Koss8. Offensichtlich wurde für den Aufmarsch auch in der jüngeren Altersklasse geworben und so folgten dem Aufruf zahlreiche Jugendliche, die unter anderem sogar Ordner*innenfunktionen übernahmen.9 Auch Personen aus dem Umfeld der ehemaligen FCV-Hooligans10 fanden sich wieder auf dem rassistischen Aufmarsch ein. Überraschenderweise fanden keine Anhänger*innen der NPD den Weg nach Frankfurt. Ein Grund dafür könnte die erstmalige Beteiligung polnischer Nationalist*innen aus dem benachbarten S?ubice sein.
Neonazistische Gewalttäter: Sascha Lücke (mitte, roter Pullover) der 1996 in Brandenburg an der Havel Sven Beuter ermordete und Pascal Stolle (am Transparent in grün), der zuletzt 2014 am Rande einer NPD-Feier einen Journalisten angriff und vorher ebenfalls wegen ähnlicher Taten in Haft saß am 20. Februar 2016 auf einer Neonazidemonstration hinter dem Banner des “III. Weg” in Frankfurt (Oder).(Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Neonazistische Gewalttäter: Sascha Lücke (mitte, roter Pullover) der 1996 in Brandenburg an der Havel Sven Beuter ermordete und Pascal Stolle (am Transparent in grün), der zuletzt 2014 am Rande einer NPD-Feier einen Journalisten angriff und vorher ebenfalls wegen ähnlicher Taten in Haft saß am 20. Februar 2016 auf einer Neonazidemonstration hinter dem Banner des “III. Weg” in Frankfurt (Oder).(Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Grenzenloser Rassismus und alte Polenfeindlichkeit
Die unerwartete Allianz deutscher und polnischer Rassist*innen formierte sich einige Tage vor dem Aufmarsch. Erst erschien ein polnischer Aufruf zur Demonstration auf der Seite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“11, wenig später die Zusage zu kommen durch Micha? Czerwi?ski12, der zum Umfeld der Gruppierung um die Facebookgruppe „Narodowe S?ubiceubice“13 (Nationales S?ubiceubice) gerechnet werden kann. Die Macher*innen des Onlineprofils von „Nationales S?ubiceubice“ sind wahrscheinlich eng mit dem Hooliganspektrum verbandelt. Dafür spricht, dass auf der Seite eine nationalistische Versammlung zum Gedenktag des „Verstoßene Soldaten“14 beworben wurde, die von der Hooligangruppierung um den örtlichen Fußballverein „Polonia S?ubice“ organisiert wurde.15 So beteiligten sich insgesamt 13 Personen, welche zum Teil in der Fussball-Hooliganszene übliche Bekleidung trugen und daher wahrscheinlich auch diesem Milieu zugeordnet werden können, an dem Aufmarsch.
Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans hinter der Deutschlandfahne. (Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans hinter der Deutschlandfahne. (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Aus dem Personenkreis um die ehemaligen FCV-Hooligans tummelten sich Andy Köbke,16 Paul Pfeiffer und Kevin Pierenz auf der Demonstration. Die Kontakte zwischen den Frankfurter Hooligans und denen aus der polnischen Nachbarstadt scheinen gut zu sein. Gute Kontakte zwischen gewalttätigen Fußballfans dies und jenseits der Oder gibt es schon lange. In Erinnerung gerufen seien die verabredeten schweren Auseinandersetzungen auf der Grenzbrücke zwischen deutschen und polnischen Hooligans während der Fußball-EM 2008.17 Das spricht, wie dem Uneingeweihten vielleicht unverständlich, für eine gute Beziehung und ist kein Ausdruck von Feindschaft, ist es doch in der Szene üblich sich zum Kräftemessen zu verabreden.
Hängen etwas hinterher: Andy Köbke (1. v. r.), Kevin Pierenz (2. v. r.), Paul Pfeiffer (3. v. r.) sowie ein weiterer mutmaßlicher ehe. FCV-Hool laufen der Neonazidemonstraion am 20. Februar hinterher. Hängen etwas hinterher: Andy Köbke (1. v. r.), Kevin Pierenz (2. v. r.), Paul Pfeiffer (3. v. r.) sowie ein weiterer mutmaßlicher ehe. FCV-Hool laufen der Neonazidemonstration am 20. Februar hinterher.Erstaunlich ist jedoch, dass der offensichtliche ideologische Widerspruch zwischen den revanchistischen Haltungen der Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ und den ultranationalistischen Tönen der Gruppe „Nationales S?ubiceubice“ einer Zusammenarbeit offenbar nicht im Wege steht. Als Mitte 2014 Peer und Franziska Koss die erste Facebookgruppe nach den NPD-Vorbildern „Nein zum Heim“18 in Frankfurt (Oder) ins Leben riefen, zierte anfangs den Header der Seite eine Karte des nationalsozialistischen deutschen Reiches in den Grenzen von 1941, Ostpreußen und Schlesien miteingeschlossen.19 Die Beiträge auf der Facebookseite von „Nationales S?ubiceubice“ verraten viel über die ultranationalistischen Einstellungen der Gruppe und deren momentanen 204 Sympathisant*innen20. Neben zahlreichen nationalistischen Posts werden auch hier flüchtlingsfeindliche Töne angeschlagen. Ob diese ungewöhnliche Allianz weiter Bestand hat wird sich zeigen, jedoch sind beide Gruppierungen vorübergehend geeint in ihrem grenzenlosen Rassismus. Die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) wird sich dem Thema weiter annehmen und in naher Zukunft ausführlicher über die S?ubiceubicer Bewegung berichten.
Dass Björn Brusak, eine der zentralen Figuren der rassistischen Mobilisierung in der Region, sich über die Kooperation mit den polnischen Nationalist*innen freut, ist wiederum leicht vorstellbar. Steht die Europäische Aktion21, für die er in Brandenburg federführend aktiv ist22, doch für ein „Europa der Vaterländer“23. Erst kürzlich hatte Brusak in seiner Rede bei einer Demonstration von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ am 01. November 2015 gefordert, sich ein Vorbild an der rassistischen Stimmung in Polen und der repressiven Flüchtlingspolitik der ungarischen Regierung zu nehmen.24 Die Europäische Aktion sucht im Sinne ihres revisionistischen Programms Kontakte zu nationalistischen Gruppierungen, wie denen in Schlesien. Eine Delegation, zu der auch Björn Brusak und sein Vater gehörten, beteiligte sich im Juli 2015, wie schon im Vorjahr25, am „Marsz Autonomii ?l?ska“ („Marsch für die Autonomie Schlesiens“) in Katowice.26 Dies passt zwar vollkommen in die Ideologie des Ethnopluralismus27 dürfte aber bei polnischen Nationalist*innen wohl kaum auf Gegenliebe stoßen. Die Angst vor einer Abspaltung Schlesiens von Polen passt nicht in ihr Konzept eines starken Polens. Der erhebliche deutsche kulturelle Einfluss in der Region dürfte diese noch verstärken. So ist es dann auch folgerichtig, wenn auf der Facebookseite vom „Nationalen S?ubiceubice“ an den territorialen Ansprüchen kein Zweifel gelassen wird. Auf einer Karte, die auf der besagten Seite veröffentlicht wurde, wird klar gemacht, dass die polnischen Westgebiete, also auch Schlesien, zu Polen gehören.28
Drei Varianten die sich Widersprechen: Polnische und deutsche Großmachtsansprüche, deren Anhänger*innen sich auf einer Demonstration tummeln. (Quelle: facebook) Drei Varianten die sich Widersprechen: Polnische und deutsche Großmachtansprüche, deren Anhänger*innen sich auf einer Demonstration tummeln. (Quelle: facebook)Noch weiter geht ein anderes Konzept, auf das ein auf der Seite der polnischen Nationalist*innen veröffentlichtes Plakat abhebt. Es ist angelehnt an ein älteres Plakat, das im Zuge der Debatte um die deutschen Revisionsvorstellungen der im Versailler Vertrag geregelten Grenzen entstand.29 Mit den Worten „Wir sind hier nicht erst seit gestern – Wir reichen bis weit in den Westen“30 wird eine Landkarte umrahmt, die nicht nur zeigt, dass die deutsch-slawische Grenze „einst“31 bei Lübeck verlief, sondern auch, dass eine weitere Westexpansion in der Zukunft32 angestrebt wird.33
„Der III. Weg“ scheint noch unentschlossen, wie er mit den neuen Verbündeten umgehen soll. In einem Bericht auf der Internetseite der Partei werden die polnischen Teilnehmenden mit keinem Wort erwähnt.34
Wahrscheinlich sorgte die Teilnahme polnischer Nationaliste*innen bei den Anhänger*innen des NPD-Kreisverbandes Oderland35 im Vorfeld für großen Unmut und scheint eine Erklärung dafür zu sein, warum sie erstmals nicht nach Frankfurt (Oder) reisten. Lange war auf der Internetpräsenz des NPD-Ortsbereichs Frankfurt (Oder) lediglich ein Bild zu sehen, das, von der westlichen Oderseite aufgenommen, das östliche Ufer zeigte. Mit dem Slogan „Hier und dort ist Deutschland“ machten die Urheber*innen keinen Hehl aus ihrem revisionistischen Gedankengut. Noch 2012 organisierten die Neonazis um Klaus Beier36 und Manuela Kokott zwei Demonstrationsversuche in der Grenzstadt, um gegen „Grenzkriminalität“ zu wettern und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu fordern.37 Von der so lieb gewonnenen Polenfeindlichkeit38 konnte man sich dann wohl doch nicht so leicht trennen.
Was geschieht, sollten die Ultrarechten dies und jenseits der Oder die offensichtlichen Widersprüche in ihren Ideologien entdecken, bleibt abzuwarten. Wir sind ihnen mit dieser Handreichung gerne behilflich.
Das jugendliche Gesicht einer erfolgreichen rassistischen Mobilisierung
Dass die flüchtlingsfeindlichen Aufmärsche auch jungen Frankfurter Rassist*innen zusagen, ist nichts Neues. So ist es auf den ersten Blick keine Überraschung, dass sich seit dem ersten Aufmarsch im Januar 2015 zahlreiche rechte Jugendliche an den diversen Veranstaltungen beteiligten.
Nicht aufgepasst in der Schule: Auffallend viele junge Rassist*innen beteiligten sich am Neonaziaufmarsch am 20. Februar in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Nicht aufgepasst in der Schule: Auffallend viele junge Rassist*innen beteiligten sich am Neonaziaufmarsch am 20. Februar in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Jedoch waren nochmal deutlich mehr junge Menschen am vergangenen Samstag auf der Strasse. Zu denen, die regelmäßig auf den Frankfurter Aufmärschen Gesicht zeigen gehören u.a. Dennis Kunert, Tim Freimuth, Cedric Jannowitz, David Gerstenberger, Justin Kleiner, Luisa Lippkowski, Alexandra Kluge, Dominik Holtz, Dennis Knoell und Romano Gosda. Der harte Kern um „Frankfurt/Oder wehrt sich“ scheint bemüht um die Einbindung des rechtsgerichteten Nachwuchses. So ist auch zu erklären, dass ihnen die Ordner*innefunktion übertragen wurde.39 Romano Gosda aber will mehr: „Nächstes mal sind wir kein ordner sondern an der front gemeinsam“40[sic!].
Nachwuchs bei den Neonazis: Sie treten gemeinsam im Outfit der sogenannten “Autonomen Nationalisten” auf. (Quelle: facebook)Es ist zu hoffen, dass es bei der Ankündigung bleibt. Neben der Teilnahme an den rassistischen Aufmärschen scheinen die Jugendlichen sich in einer klassischen neonazistischen Lebenswelt eingerichtet zu haben. Die Begeisterung für die als kriminelle Vereinigung eingestufte Band „Landser“41, sowie das Tragen szenetypischer Kleidung wie „Thor Steinar“42 sind Indiz für ihre fortschreitende Radikalisierung im neonazistischen Milieu. Im Stadtbild fallen einige von ihnen durch martialisches Auftreten und Pöbeleien auf. Oft frequentierte Orte sind der Platz vor dem Kaufland in der Innenstadt und der Bahnhof.
Gewaltphantasien werden konkreter
Die Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Nahezu 3.50043 Nutzer*innen „liken“ die Gruppe. An der inhaltlichen Ausrichtung der Posts und Kommentare hat sich wenig geändert. So werden Beiträge bürgerlich-konservativer Medien und der Lokalpresse, Artikel verschwörungsideologischer Blogs wie „Epoch Times“44 und Aufrufe zu flüchtlingsfeindlichen Veranstaltungen im Land Brandenburg, Berlin und Mecklenburg- Vorpommern geteilt45. Die Gruppe bietet eine Plattform für alle jene, die sich über vermeintliche Kriminalität von Geflüchteten46 empören und sich selbst als Opfer einer angeblichen „Meinungsdiktatur des Establishments“ inszenieren.

Gewaltphantasien in den Kommentarspalten. Die Bedrohung durch Neonazis nimmt auch in Frankfurt (Oder) immer weiter zu. (Quelle: facebook) Gewaltphantasien in den Kommentarspalten. Die Bedrohung durch Neonazis nimmt auch in Frankfurt (Oder) immer weiter zu. (Quelle: facebook)Eine Trennlinie zwischen organisierten Neonazis und rassistischem Kleinbürgertum ist nicht zu erkennen. Die Angst vor der Moderne und die Ablehnung alles „nicht-Deutschen“ ist Ausdruck des autoritären, nationalchauvinistischen und patriarchalen Charakters der „besorgten Bürger*innen“. Konkret werden in den Kommentarspalten Überlegungen angestellt, wie der Zuzug von Geflüchteten nach Frankfurt (Oder) verhindert werden kann. Als im November vergangenen Jahres die ersten Menschen in die Unterkunft am Karl-Ritter Platz einziehen mussten, erschien am nächsten Tag ein Foto des Gebäudes auf der Seite.47 Anlass genug, für den Mob dazu aufzurufen, „runter auf die Straße“48 zu gehen und „TATEn sprechen“49[sic!] zu lassen, Gewaltphantasien miteingeschlossen. So kommentierte beispielsweise der Nutzer Benjamin Thunert alias „Thuni Benji“: „Granate hätte es aber bis rüber geschafft“50 [sic!].
Auch wenn die Anzahl der Teilnehmenden an den rassistischen Aufmärschen in Frankfurt (Oder) im landesweiten Vergleich auf einem eher niedrigen Niveau stagniert, nimmt die Bereitschaft zur Gewaltanwendung offensichtlich weiterhin zu. Auch die fortschreitende Radikalisierung rechts- und gewaltaffiner Jugendlicher stellt eine Triebfeder für gemeinschaftliche Aktionen gegen Geflüchtete dar. Was aus dem neuen Bündnis zwischen Rassist*innen zu beiden Seiten der Oder wird, bleibt abzuwarten. Ob es zu einer dauerhaften Spaltung zwischen denen, die gegenüber den neuen Verbündeten aufgeschlossen sind, und denen, die sie ablehnen, kommt, ist noch schwer einzuschätzen. Die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) wird in Zukunft weiter von der rassistischen Mobilisierung berichten und Ross und Reiter benennen.
Quellen
1 An dieser Stelle sei nochmal auf die von uns veröffentlichte Übersicht aller Teilnehmenden des rassistischen Aufmarsches vom 20. Februar 2016 in Frankfurt (Oder) hingewiesen. Wer Informationen jeglicher Art zu den abgebildeten Personen hat, kann sich vertrauensvoll an uns wenden. Vgl. hierzu antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Die antifaschistische recherchegruppe bittet um Mithilfe!“, 02.03.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/02/die-antifaschistische-recherchegruppe-bittet-um-mithilfe/ .
2 Vgl. Antifa Goerlitz: “[03.10.2015 / Görlitz] Rechtspopulistische Demonstration geplant”, 14.09.2015, http://afagoerlitz.blogsport.de/2015/09/14/03–10-2015-goerlitz-rechtspopulistische-demonstration-geplant/ und Antifa Goerlitz: “27.02.2016 – neofaschistische Demo in Zgorzelec / Görlitz”, 05.03.2016, http://afagoerlitz.blogsport.de/2016/03/05/27–02-2016-neofaschistische-demo-in-zgorzelec-goerlitz/ .
3 Vgl. Alternative Dresden News: „Clausnitz – Willkommenskultur auf Sächsisch“, 21.02.2016, https://www.addn.me/nazis/clausnitz-willkommenskultur-auf-saechsisch/ sowie Christoph Titz: „Busattacke in Clausnitz: Ein Dorf wundert sich“, Spiegel Online, 21.02.2016, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/clausnitz-und-die-attacke-auf-fluechtlinge-jetzt-will-es-keiner-gewesen-sein-a-1078492.html und Yotube, gbs Koblenz: „Clausnitz: Polizei Sachsen kuscht vor fremdenfeindlichem Mob“, 19.02.2016, https://www.youtube.com/watch?v=nq1UF8qT4ik .
4 Vgl. hier und im Folgenden „Frankfurt/Oder wehrt sich“, https://www.facebook.com/FrankfurtOder-wehrt-sich-693079740809110 .
5 Allgemein zum „III. Weg” vgl. Johannes Hartl: „Stützpunkt Ost”, jungle world, 26.03.2015, http://jungle-world.com/artikel/2015/13/51689.html und Johannes Hartl/Inforiot.de/Haskala.de/AIB: „’Der III. Weg“ – Ein Produkt der Krise des ‘Nationalen Widerstandes’?”, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.16–19. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eder-iii-weg%E2%80%9C .
6 Vgl. Alexander Fröhlich: „NPD-Kandidat attackierte Fotografen“, Potsdamer Neuste Nachrichten (PNN), 25.05.2014, http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/859105/ hierzu und allgemein zur Person Pascal Stolle vgl. des Weiteren Presseservice Rathenow: „Bad Belzig NPD-Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ – Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren“, 04.03.2015, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/ .
7 Zur Person Björn Brusak vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Björn Brusak – kein „besorgter Anwohner“ sondern ein Rassist“, 04.09.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/09/04/bjoern-brusak-kein-besorgter-anwohner-sondern-ein-rassist/ .
8 Zur Person Peer Koss vgl. beispielsweise antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen’ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, in: „recherche output #7“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unser–rueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/.
9 Vgl. „Dennis Kunert“, Beitrag von „Romano Gosda“ vom 21.02.2016 um 18:50, https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3 (https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3) und hier.
10 Zu der Gruppierung der „FCV-Hooligans“ vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Freunde, die niemand haben will.“, in: „recherche output #1“, 2006. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2006/10/01/freunde-die-niemand-haben-will/ . Vgl. darüber hinaus antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Rechte Frankfurter Ultras aktiv wie nie“, in: „recherche output #3“, 2007. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2007/10/02/rechte-frankfurter-ultras-aktiv-wie-nie/ sowie zahlreiche Artikel zum Thema unter https://recherchegruppeffo.noblogs.org/ .
11 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 19.02.2016 um 19:47, https://www.facebook.com/events/223637334641636/?active_tab=posts und hier.
12 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Micha? Czerwi?ski“ vom 19.02.2016 um 21:16, https://www.facebook.com/events/223637334641636/?active_tab=posts und hier.
13 Vgl. hier und im Folgenden „Narodowe S?ubiceubice“. https://www.facebook.com/NarodoweSlubice .
14 Als „Verstoßene Soldaten“ werden Kämpfer der antikommunistischen Untergrundorganisationen bezeichnet, die sich von 1944 bis 1963 gegen das pro-sowjetische Regime auflehnten.
15 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 27.02.2016 um 14:41, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1690450234500318/?type=3 und hier.
16 Zur Person Andy Köbke vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „#1 | Andy Köbke – Eine klassische Frankfurter Neonazikarriere“, 24.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/02/24/nr-1-andy-koebke-eine-klassische-frankfurter-neonazikarriere/ .
17 Vgl. „Polnische und deutsche Hooligans randalieren auf der Oderbrücke“, der Tagesspiegel, 10.06.2008, http://www.tagesspiegel.de/sport/em-polnische-und-deutsche-hooligans-randalieren-auf-der-oderbruecke/1252578.html .
18 Diese Seiten täuschen ebenfalls eine bürgerliche Mitte vor, aus der sie agieren, sind aber NPD gesteuert. So treten z.B. NPD – Mitglieder als „besorgte Mütter“ auf und hetzen unter anderem Deckmantel, wie z.B. Maria Fank in Hellersdorf. Schwerpunkt bei bei den „Nein zum Heim“ – Kampagnen ist der vermeintliche „Asylmissbrauch“.
19 Vgl. “Peer Koss” Beitrag von „Peer Koss“ vom 23.12.2014 um 16:13, der Beitrag wurde mitlerweile abgeändert, https://www.facebook.com/peer.koss/posts/746726575403270 ist aber hier in der ursprünglichen Version einzusehen, sowie antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der Aufstand der Ekelhaften“, 06.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/02/06/der-aufstand-der-ekelhaften/ .
20 Redaktionsende war der 03.03.2016.
21 Allgemein zur „Europäischen Aktion” vgl. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9448 sowie Philipp Dahm: „Bernhard Schaub vernetzt Europas Rechtsextreme”, 20minuten, 22.11.2011, http://www.20min.ch/schweiz/news/story/31599863 und Hans Stutz/Arthur Sajdowski: „’Europäische Aktion’ – Eine internationalistische Neonazi-Avantgarde?“, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.24–25. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eeurop%C3%A4ische-aktion%E2%80%9C .
22 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Björn Brusak – kein „besorgter Anwohner“ sondern ein Rassist“, … a.a.O.
23 Es soll, geht es nach den Anhänger*innen der Ideologie des Ethnopluralismus’, ein “Europa der Vaterländer” entstehen. Dieser Begriff lässt sich auf den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle zurückführen. Er wollte in seiner Europapolitik die nationale Souveränität Frankreich unangetastet wissen und sperrte sich gegen supranationale Tendenzen in der europäischen Integration. Zum Begriff „Europa der Vaterländer“ vgl. V. Conze: „Europa der Vaterländer“, in: Martin Große Hüttmann/Hans-Georg Wehling (Hg.): Das Europalexikon, 2., aktual. Aufl. Bonn 2013, zitiert nach: Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen unter http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/176853/europa-der-vaterlaender , Beachte außerdem die Ausführungen zum Ethnopluralismus in Fußnote 27.
24 Es liegt der antifaschistischen recherchegruppe frankfurt (oder) ein Videomitschnitt (01:55 bis 02:24 Min.) vor.
25 Vgl. Freies Schlesien: „Marsch in Kattowitz 12.07.14“, 18.07.2015, zu sehen auf: https://www.youtube.com/watch?v=LQvr-xu-6Cs . Die Personengruppe um die Mitglieder der Europäischen Aktion u. a. Björn und Dirk Brusak ist beispielsweise ab Minute 12:55 gut zu sehen.
26 Vgl. Europäische Aktion: „Auf nach Osten – Bericht eines Mitstreiters des Stützpunktes Brandenburg“, 29.07.2015, http://www.europaeische-aktion.org/Artikel/de/Auf-nach-Osten—Bericht-eines-Mitstreiters-des-Stuetzpunktes-Brandenburg_352.html. Zur „Ruch Autonomii ?l?skska“ (RAS) („Autonomie Bewegung Schlesiens“) vgl. Barbara Bönnemann: „Oberschlesische Selbstfindung“, der Tagesspiegel, 13.07.2012, http://www.tagesspiegel.de/politik/oberschlesische-selbstfindung/6872648.html und Florian Kellermann: „’Wir wollen eine tief gehende Dezentralisierung’ – Die schlesische Autonomie-Bewegung in Polen“, Deutschlandfunk, 31.01.2011, http://www.deutschlandfunk.de/wir-wollen-eine-tief-gehende-dezentralisierung.795.de.html?dram:article_id=119215 .
27 Der Ethnopluralismus (“ethnos” = griech. Volk und “pluralis” = lat. Mehrzahl) ist ein Theoriekonzept der sogenannten “Neuen Rechten”. In ihm werden Gruppen von Menschen konstruiert, die eine homogen kulturelle Identität besitzen. Diese werden dann als “Volk” bezeichnet. Der Ethnopluralismus referiert auf ein Verständnis des Begriffs “Volk” als eine organische biologische natürliche Geneinschaft. Somit steht er in der Tradition der nationalsozialistischen “Volksgemeinschaft”. Um die kulturelle Homogenität der eigenen Gruppe zu bewahren, verteufeln die Anhänger*innen Migration und setzen sich für eine Separierung der einzelnen Gemeinschaften in die ihnen zugedachten “angestammten Lebensräume” ein. Betrachtet man diese Vorstellungen, wird schnell klar, dass das Konzept keine Vielfalt anstrebt, sondern vielmehr Homogenität. Gero Fischer schreibt: “Ethnopluralismus führt konsequent gedacht zur Apartheid als neuer Weltordnung” (Fischer, Ethnopluralismus, S.243; zu den weiteren bibliografischen Angaben siehe das Ende dieser Fußnote). Die vermeidliche Überlegenheit Europas bzw. des “Abendlandes” ist dem Konzept immanent. Zum Konzept des Ethnopluralismuses vgl. Gero Fischer: „Ethnopluralismus, Multikulturalismus und interkulturelle Erziehung“, in: Reinalter/Petri/Kaufmann (Hrsg): „Das Weltbild des Rechtsextremismus“, Wien 1998, S.243–259.
28 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 27.02.2016 um 19:49, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1691060621105946/?type=3 und hier.
29 Das entsprechende Plakat können Sie hier einsehen.
30 Originaltext „Nie jeste?my tu od wczoraj – Si?ga?y?my daleko na zachód“, Übersetzung aus dem Polnischen durch die Autor*innen.
31 Auf der Karte mit „ongis“, polnisch für „einst“, gekennzeichnet. Gemeint sind die slawischen Gebiete um das Jahr 1000. Eine entsprechende Karte können Sie hier einsehen. Vgl. „Putzgers ‘Historischer Schul-Atlas’, 1905 zitiert nach: http://www.maproom.org/00/01/present.php?m=0031 .
32 Auf der Karte mit „jutro“, polnisch für „morgen“, gekennzeichnet.
33 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 10.02.2016 um 20:27, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1685833811628627/?type=3 und hier.
34 Vgl. Der III. Weg: „’Stoppt den Asylwahn’ – Demonstration in Frankfurt (Oder)“, 27.02.2016, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/1/thema/69/id/6205/akat/1/infotext/Stoppt_den_Asylwahn_Demonstration_in_Frankfurt_Oder/Politik_Gesellschaft_und_Wirtschaft.html .
35 Allgemein zum NPD-Kreisverband Oderland vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der NPD-Kreisverband Oderland im Spagat zwischen Bürgernähe und Radikalität“, in: „recherche output #6 (aktualisierte)“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/09/09/der-npd-kreisverband-oderland-im-spagat-zwischen-buergernaehe-und-radikalitaet-sommer-2014/ .
36 Zur Person Klaus Beier vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Wer war nochmal Klaus Beier?“, in: „recherche output #6 (aktualisierte)“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/09/09/wer-war-nochmal-klaus-beier-2014/ .
37 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Das war wohl nichts“, in: „recherche output #5“, 2012. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/ sowie antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Das Kleeblatt ist verdorrt“, 20.11.2012, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/11/20/das-kleeblatt-ist-verdorrt/ .
38 Zur Tradition der Polenfeindlichkeit in der Region vgl. Michael Lausberg: „Antipolnischer Rassismus in Ostdeutschland“, 06.07.2015, http://www.migazin.de/2015/07/06/antipolnischer-rassismus-in-ostdeutschland/#footnote_4_83256 .
39 Vgl. „Dennis Kunert“, Beitrag von „Romano Gosda“ vom 21.02.2016 um 18:50, … a.a.O und hier.
40 Ebd.
41 Allgemein zur Band „Landser“ vgl. antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Ausgerockt. Neun Jahre Begleitmusik zu Mord und Totschlag“, 06.11.2001, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ausgerockt-neun-jahre-begleitmusik-zu-mord-und-totschlag sowie antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Profis, Geld und Subkultur“, 17.12.2003, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/profis-geld-und-subkultur und antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Das Landser Urteil und seine Folgen“, 10.03.2004, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-landser-urteil-und-seine-folgen .
42 Allgemein zur neonazistischen Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ vgl Recherchegruppe „Investigate Thor Steinar“:„Investigate Thor Steinar – Die kritische Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Marke (zweite erweiterte Auflage)“, 2008 und http://investigatethorsteinar.blogsport.de/ .
43 Redaktionsende war der 03.03.2016.
44 Vgl. http://www.epochtimes.de/ .
45 Vgl. beispielsweise für Brandenburg die rassistischen Kundgebungen der NPD in Storkow und Heinersdorf „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 28.12.2015 um 19:20, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/888176704632745/ außerdem hier sowie für Berlin beispielsweise eine rassistische Demonstration in Hellersdorf „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 15.02.2016 um 17:10, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=913763985407350&id=693079740809110 (https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=913763985407350&id=693079740809110) sowie hier und für Mecklenburg Vorpommern beispielsweise eine Kundgebung der AfD in Neubrandenburg „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 28.01.2016 um 17:02, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=904078529709229&id=693079740809110 (https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=904078529709229&id=693079740809110) und hier. Diese Aufzählung könnte noch fortgesetzt werden.
46 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen’ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, … a.a.O.
47 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 13.11.2015 um 17:20, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
48 „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Paul Neumann“ vom 17.11.2015 um 17:27, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
49 Ebd.
50 „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Benjamin Thunert“ alias „Thuni Benji“ vom 13.11.2015 um 18:42, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
Der Verein Opferperspektive e.V. zählt für das Jahr 2015 in Brandenburg 203 rechte Angriffe und muss damit das höchste Angriffsniveau seit 15 Jahren vermelden. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die rechten Gewalttaten damit um 120 % an.
Vor allem rassistisch motivierte Angriffe – insbesondere gegen Geflüchtete –nahmen weiter besorgniserregend zu und machten 67 % aller Taten aus. Vor diesem Hintergrund fordert die Opferperspektive klare Positionen gegen Rassismus und wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz von Geflüchteten.
„Die Anzahl und Intensität rechter und rassistischer Taten haben ein Ausmaß angenommen, das uns an die 1990er erinnert. Die Situation für Geflüchtete und Migrant_innen muss in Brandenburg als gefährlich bezeichnet werden. Für viele ist es Alltag, bedroht, beleidigt und angegriffen zu werden. Wir befürchten im Angesicht der sich weiterhin verschärfenden rassistischen Hetze, dass diese bedrohliche Welle rechter Gewalt auch in absehbarer Zeit nicht abebben wird“, fasst Ingmar Pech von der Gewaltopferberatung die Brisanz der Lage zusammen.
Nach Kenntnis der Beratungsstelle richtete sich die rechte Gewalt gegen mindestens 706 Personen (415 direkt und 291 indirekt Betroffene). 138 Gewalttaten waren rassistisch motiviert, 36 Taten wurden aus Hass gegen politische Gegner_innen verübt, 9 richteten sich gegen nicht-rechte Personen, je 4 waren sozialdarwinistisch bzw. antisemitisch motiviert. Zwei Mal wurden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angriffen und einmal ein Menschen mit Behinderung. Körperverletzungen machten zwei Drittel aller Taten aus, davon 61 einfache und 76 gefährliche, und es wurden 30 Bedrohungen, 19 Sachbeschädigungen und 10 Brandstiftungen verübt. Weiterhin geht die Opferperspektive von einem hohen Dunkelfeld aus, vor allem bei Angriffen gegen Geflüchtete.
Die meisten rechten Angriffe fanden in Cottbus (28) und im Landkreis Spree-Neiße (29) statt, gefolgt von den Landkreisen Oberhavel (17), Uckermark (16) und Ostprignitz-Ruppin (16). Insbesondere in Cottbus korrespondierte der Anstieg rechter Gewalt im letzten Quartal des Jahres eindeutig mit der zeitgleichen Zunahme von rassistischen Protesten – so wurden allein am 23. Oktober im Anschluss an einen rassistischen Aufmarsch sieben Angriffe verübt.
Die Hemmschwelle zur Gewalt ist deutlich gesunken und Täter_innen greifen oft spontan und bei Gelegenheit an. Besorgniserregend ist nach Sicht der Opferperspektive die gestiegene Brutalität der Angriffe wie zum Beispiel in Finsterwalde, wo Geflüchtete in der Nähe der GU aus einem Auto heraus beschossen wurden, sowie die Zunahme von Brand- und Sprengstoffanschlägen und von planvolleren Anschlägen wie der Brandanschlag auf eine zukünftige Unterkunft für Geflüchtete in Nauen oder die massive Pefferspray-Attacke auf Geflüchtete in der GU in Massow. Außerdem rückten verstärkt Menschen, die Geflüchtete unterstützen, sowie Journalist_innen und Politiker_innen in den Fokus der Täter_innen.
Diegesellschaftliche Resonanz für rassistische Positionen und für die Mobilisierung gegen Geflüchtete hat sich spürbar vergrößert und stellt nach Einschätzung der Opferperspektive den Nährboden für die eskalierende rechte Gewalt dar. Doch auch Politiker_innen der demokratischen Parteien tragen zu der Verschärfung des rassistischen Klimas bei, wenn sie Geflüchtete und ihre Fluchtgründe delegitimieren und den Zuzug von Schutzsuchenden als Krise inszenieren. Rassistisch eingestellte Durchschnittsbürger_innen fühlen sich dadurch in ihrer Menschenverachtung bestärkt und setzen so ihren Rassismus auch in Gewalt um.
„Die rassistische Hetze hat in den sozialen Medien und bei den Kundgebungen ein beängstigendes Aggressionspotenzial angenommen. Die massive Zunahme der Angriffe verweist auf eine gefährliche Normalisierung rechter Gewalt. Dringend braucht es konkrete und vor allem wirkungsvolle Interventionen auf allen Ebenen, um diese Entwicklung zu stoppen. Wir erwarten daher von den politisch Verantwortlichen in Brandenburg, dass sie der rassistischen Stimmung mit allen Mitteln entgegenwirken und klare solidarische Signale für die Aufnahme, den Schutz und die Integration von geflüchteten Menschen setzen“, streicht Ingmar Pech von der Opferperspektive die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen hervor.
Compact zündelt mit
INFORIOT Am vergangenen Wochenende wurde in Nauener Briefkästen ein rassistischer Gewaltaufruf verteilt, in dem ein “absoluter Widerstand” gegen Flüchtlinge propagiert wird. Das Schreiben stützt sich massiv auf Texte aus dem Berliner Compact-Magazin. Diesen Zusammenhang hat das Berliner Apabiz recherchiert und nun auf Facebook veröffentlicht.

Ganze Passagen der Nauener Hetzschrift sind deteilgetreu aus “Compact — Magazin für Souveränität”, einer Zeitschrift des Publizisten Jürgen Elsässer, entnommen. In beiden Texten wird fast wortgleich behauptet, dass es in Deutschland einen politisch gewollten “Bevölkerungsaustausch” zu beklagen gebe:
“So wird das deutsche Volk abgeschafft! Das ist der große Bevölkerungsaustausch, den die Eliten wollen! […] Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen?”
Verschwörungstheorien und Rassismus werden kombiniert:
“Aufgeweckte Zeitgenossen wissen: Deutschland ist ein besetztes Land. Wir sind nicht souverän, sondern eine Militärkolonie der USA. Was aber auch viele kluge Mitbürger nicht wahrhaben wollen: Es hat eine zweite Besatzung begonnen, und zwar durch sogenannte Flüchtlinge.”
Der Compact-Text fordert, man solle über geeignete Maßnahmen zur “Landesverteidigung” diskutieren und endet mit einer rhetorischen Frage: “Wann wollt Ihr endlich aufwachen?” Das Nauener Flugblatt gibt als Antwort die Anweisung, wie die “Landesverteidigung” aussehen und was auf das “Aufwachen” folgen soll. Das Flugblatt präsentiert auf einer zweiten Seite konkrete Tipps für den rassistischen Terror. Abgedruckt sind Anleitungen, wie Brandsätze, Bomben und Sprengstoff hergestellt werden.
Wie stark die rassistischen Kampagnen von “besorgten Bürgern” mit terroristischen Konzepten kompatibel sind, zeigt sich durch solche Textübernahmen eindrücklich.

Das Compact-Magazin wirbt in den letzten Wochen verstärkt bei Brandenburger Demonstrationen gegen Flüchtlinge — immer wieder sind bei den Aufzügen Werbeposter für die Zeitschrift zu sehen. Im Januar veröffentlichte Compact ein Werbevideo für die “Bürgerbewegungen” im Bundesland unter dem Titel “Asylflut: Brandenburg wehrt sich”.
In Nauen passt der Aufruf zum Terrorismus derweil ins Bild — “besorgte Bürger” haben sich dort schon mehrmals “gewehrt”. Im August 2015 wurde eine als Flüchtlingsunterkunft vorgesehene Turnhalle durch einem professionell durchgeführten Brandanschlag niedergebrannt. Erst vor einer Woche gab es einen neuerlichen Brandanschlag, diesmal auf das Auto von zwei “Die Linke”-Mitgliedern.

INFORIOT — An einer Kundgebung “für ein friedvolles Zusammenleben” nahmen an dem heutigen Freitagabend über 300 Menschen teil. Die Inititiative “Willkommen in Oberkrämer, Leegebruch, Velten” hatte zu Protesten gegen den ersten sogenannten “Abendspaziergang” aufgerufen. “Wisst ihr, mit wem ihr da spazieren geht? Wir wissen und deshalb gehen wir nicht mit” lautete das Motto der Veranstaltungen. Zahlreiche Vertreter_innen von Parteien, Kirchen, Willkommensinitiativen und Gewerkschaften, aber vor allem auch junge Menschen aus Leegebruch und Umgebung nahmen an der Gegenkundgebung am “Getränkeland” in der Eichenallee teil. An dem rassistische Aufzug nahmen etwa 250 Neonazis und Rassist_innen teil.

Auch Spaziergang in Leegebruch durch rechte Kräfte gesteuert
Der Aufmarsch in Leegebruch fügt sich ein in die Reihe rassistischer Mobilisierung gegen Asylsuchende in Oberhavel. Es überraschte daher nicht, dass bei der Demonstration in Leegebruch ein Flyer im selben Design wie die Aufmärsche in Oranienburg, Velten, Zehdenick und Fürstenberg verwendet wurde. Auch die gleichen Transparente wurden in Leegebruch ausgerollt. Zwar wurde auf der Demonstration nicht die “Deutsche Stimme” verteilt, dafür aber die neurechte Zeitung “Junge Freiheit”. Auf der Auftakt- und Abschlusskundgebung wurde der BÄRGIDA-Sampler gespielt.
Es zeigte sich heute erneut, dass die NPD maßgeblich an der Organisation der rassistischen Aufmräsche in Oberhavel involviert ist. So dirigierte der Veltener NPD-Stadtverordnete Robert Wolinski das Demonstrationsgeschehen, indem er den Kontakt zu der Polizei hielt, die Transparentträger anwies und Fotos von der Auftaktkundgebung anfertigte. Sein Foto landete, ohne Quellenverweis, auf der “Nein zum Heim in Oranienburg”-Facebookseite. Nicht zum ersten Mal lud der NPD-Politiker und Organisator von Rechtsrockkonzerten Bilder auf die Seite. Die heutige Aufnahme beweist wieder ein Mal, dass Wolinski mutmaßlich einer der Administrator_innen der rassistischen Hetz-Seite ist.

Maßgeblich organisiert wurde die Kundgebung von den Eheleuten Peggy und Marcel Brusch aus Rheinsberg. Peggy Brusch, die als rechte Liedermacherin unter den Namen “Morgenröte” bekannt ist, hielt die Auftakt- und Abschlussrede. Marcel Brusch war als Ordner auf der Demonstration tätig und hielt Kontakt zu der Polizei.

Mit “Volksverräter”-Rufen durch die Straßen
Nachdem die Demonstration, die vor dem Volkshaus in der Eichenallee startete, sich in Bewegung setzte, organisierten die Gegendemonstrierenden eine Spontandemonstration. Nach einer kurzen Runde trafen sie wieder am ihren Kundgebungsplatz vor dem “Getränkeland” ein. Als der “Abendspaziergang” zurück aus der Karl-Marx-Straße zum Auftaktplatz einbog, pfiffen die Gegendemonstrierenden den braunen Wanderzirkus aus. Obwohl die Organisator_innen des rechten Aufmarsches zum Auftakt der Demonstration die Teilnehmenden gebeten hatte auf Parolen zu verzichten, gröhlten und pöbelten die “Abendspaziergänger_innen” in Richtung des Gegenprotest. Einige alkoholisierte Teilnehmer_innen warfen mit Beleidigungen um sich, ein großer Teil der Demonstration rief kollektiv “Volksverräter”, u.a. Personen an den Transparenten. Nachdem der “Abendspaziergang” aufgelöst wurde, gingen einige Teilnehmenden provokativ an der Gegenkundgebung vorbei und pöbelten die Protestierenden an.

Weitere Veranstaltungen in Oberhavel
Auf der Abschlusskundgebung trat der Oranienburger Anmelder der “Abendspaziergänge”, Carlo-Eik Chistopheit, an das Mikrophon. Zuvor bewachte er mit zwei weiteren Kameraden die Technik. Er machte Werbung für den zehnten “Abendspaziergang” in Oranienburg am 26. Februar. Bei der Veranstaltung, die vor dem Schloss in Oranienburg stattfinden soll, wurde der Hass-Blogger und PI-News Autor “Michael Mannheimer”, alias Karl-Michael Merkle, eingeladen. Antifaschist_innen aus der Region rufen zu einer antirassistischen Demonstration gegen die rassistische Kundgebung am 26. Februar. Auch von der Stadt aus soll es Gegenaktionen geben. Zudem wollen die Rassist_innen am 3. März in Velten aufmarschieren.

Weitere Bilder: hier und hier.
Potsdam — Auch an diesem Mittwoch fand das wöchentliche Schaulaufen des Potsdamer PEGIDA Ablegers POGIDA statt. Der Initiator Christian Müller meldete diesmal südlich von Potsdam, am Bahnhof Rehbrücke, seine rassistisch, völkische Veranstaltung an, welche später nach Alt Drewitz lief. Neben Christian Müller und seinen Kameraden waren auch Anhänger_innen der “Identitären Bewegung“ dabei.
Mal wieder war das Polizeiaufgebot bemerkenswert, dass für ca. 100 POGIDA-SympathisantInnen den Schutz des Versammlungsrechtes gewährleistete und die Möglichkeiten für Gegendemonstrant_innen systematisch einschränkte. Unter anderem war im Vorfeld bekannt geworden, dass die Polizei die Route der antirassistischen Demonstration “You´ll never walk alone” vom Magnus-Zeller-Platz am Bahndamm abschneiden würde. Aufgrund eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts konnte die Demo kurzfristig mit ca. 300 Teilnehmer_innnen nach Rehbrücke geführt werden und endete in einer Sackgasse, zur Pogida-Route hin abgeschirmt, im Industriegebiet. Der notwendige und zulässige Gegenprotest wurde so einmal mehr durch die Polizei behindert.
An der Kundgebung des Bündnisses „Potsdam bekennt Farbe“ in Rufweite zu den Pogida-Nazis nahmen rund 300 Menschen teil. Ebenso kamen etwa 300 Menschen zu einer Kundgebung der Initiative „Nuthethal bekennt Farbe“ und demonstrierten lautstark abseits der tatsächlichen Marschroute.
Der Demonstrationszug ging an einer geplanten Geflüchtetenunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt vorbei und führte nach Alt Drewitz, wo sich die Demo nach einer karnevalesken und kruden Abschlussveranstaltung mit einem offenem Mikrofon auflöste.
Bereits entlang früherer Routen lagen Unterkünfte für Geflüchtete, die Ziel der rassistischen Hetze des selbsternannten Chefs von POGIDA und seiner Anhänger_innen wurden. Hierbei wird versucht an bestehende Ressentiments in der örtlichen Bevölkerung anzuknüpfen. So wurde bereits im Vorfeld bekannt, dass sich in Rehbrücke als Reaktion auf die angekündigte Eröffnung einer Geflüchtetenunterkunft eine Bürgerwehr gründen wollte — kein Einzelfall von Seiten organisierter Rassist_innen in Kaltland. Die Beiträge einiger Teilnehmer_innen am „open mic“ waren so verworren, dass bereits nach wenigen Minuten ein Großteil die Demonstration offenbar freiwillig verließ und auf der Route über die Nuthewiesen zurück zum Bahnhof Rehbrücke lief.
Sowohl heute und in Zukunft gilt: Störende Aktionen gegen aggressive Aufforderungen der Rassistinnen um POGIDA sind unabdingbar. Der antifaschistische Widerstand auf der Straße und die aktive Auseinandersetzung gegen POGIDA wird von vielen verschiedenen Menschen getragen und sie erleben wie der legitime und wichtige Protest von der Polizei behindert wird. POGIDA wird nicht von alleine verschwinden und leider auch nicht durch Kundgebungen abseits des Geschehens verhindert.
Am nächsten Mittwoch will POGIDA ihren konservativen, rassistischen und nationalistischen „Abendspaziergang“ an der Wetzlaer Straße in Babelsberg starten und zum S‑Bahnhof Babelsberg laufen.
Wir zeigen seit mittlerweile fünf Wochen, dass uns unendliche viele PolizistInnen nicht davon abhalten unseren Protest auf die Straße zu bringen. Auch diese Woche waren wieder rund 1000 Menschen gegen POGIDA auf der Straße. Rassimus muss benannt und bekämpft werden! Lasst es nicht zu, dass Rassist_innen und Neonazis ihre braune Scheiße auf die Straße tragen!
Bringen wir den Nudeltopp zum Überkochen! Alerta Antifascista!
Seid wieder dabei, wenn es wieder heißt: POGIDA stoppen!
Aktuelle Infos unter www.nopogida.de und @TickerPotsdam
Fotos vom heutigen Abend:
https://flic.kr/s/aHskqQBHqn
https://flic.kr/s/aHsku9tJpD
Die wöchentliche POGIDA-Demonstration geht auch an diesem Mittwoch, den 10.02., in die nächste Runde. Der Initiator Christian Müller kündigte diesmal südlich von Potsdam, am Bahnhof Rehbrücke, seine Veranstaltung an.
Rassimus muss benannt und bekämpft werden! Lasst es nicht zu, dass RassistInnen und Neonazis auf die Straße gehen!
Keinen Meter für POGIDA!
Wir treffen uns zur gemeinsamen Anreise nach Rehbrücke um 17:00 Uhr am Magnus-Zeller-Platz. Seid viele, seid dabei!
You’ll will never walk alone! POGIDA stoppen!
Informationen rund um die geplante PEGIDA-Demo in Potsdam:
Infotelefon: 0152 13 25 63 14
Twitter: TickerPotsdam
EA: 0157 50 32 29 92
Hashtag: #nopogida
nopogida.de
Der Wille des Podiga-Gesichtes Christian Müller ist offenbar nicht zu brechen. Das selbstgedrehte Video minderer Qualität, in dem er vor einer Deutschland-Fahne mit Schlange um den Hals die Welt an seiner Megalomanie teilhaben lies, ist zigfach belächelt worden. Am heutigen Mittwoch hatte sich diese Hartnäckigkeit gelohnt. Ein Großaufgebot der Polizei setzte den nicht mal 1 km langen Pogida-Aufmarsch im dritten Anlauf durch.
Polizei riegelte alles ab
Bereits am frühen Abend glich der Bereich in und um den Potsdamer Hauptbahnhof einer Festung. Die Polizei kontrollierte Passant_innen (und deren Taschen), suchte in und um den Bahnhof nach „gefährlichen Gegenständen“, riegelte die lange Brücke, die Freundschaftsinsel sowie den Lustgarten komplett ab. 1000 Beamt_innen aus drei Bundesländern, Hundestaffeln und ein Helikopter waren ständig im Einsatz, Wasserwerfer standen bereit.
Diese Taktik machte es unmöglich, trotz diverser Versuche Blockaden zu stellen oder zu den Pogidas vorzudringen.
Des Weiteren kam es zu einigen gewalttätigen und fragwürdigen Vorfällen. Augenzeug_innen zufolge prügelten dutzende Polizist_innen auf einen einzelnen Demonstranten ein, der ein Ei geworfen haben soll. Es wurden Journalist_innen und Santitäer_innen an ihrer Arbeit gehindert. Am Hauptbahnhof wurde am Rande des Pogia-Aufzuges eine rassistische Polizeikontrolle mit Festnahme. Genaueres ist noch unbekannt.
POGIDA — ein kruder Haufen mit kruden Inhalten
Relativ pünktlich konnten die 100 Pogida-Anhänger_innen, die sich am Nordausgang des Hauptbahnhof versammelt hatten, losziehen. Während des Aufzuges wurde sowohl die deutsche, als auch die russische Nationalhymne gespielt, gegen Linke und die etablierte Politik, z.B. mit der Parole „Merkel nach Sibirien! Putin nach Berlin!“ gehetzt. Außerdem stimmten Pogida-Teilnehmer_innen die 3. Strophe der Deutschlandhymne an, später wurde die Rede von Charlie Chaplin aus großem Diktator abgespielt. Der Aufmarsch lief vom Hauptbahnhof über die Lange Brücke zum Filmmuseum, drehte dort und lief wieder zurück zum Anfangsort.
Nachdem die Veranstaltung beendet war, verteilten sich die Teilnehmer_innen unkontrolliert, es wanderten kleinere grölende Pogida-Grüppchen in verschiedenen Stadtteilen.
Viel Gegenprotest, mehr als Präsenz zeigen ging leider nicht
Rund 1000 Gegendemonstrant_innen hatten sich eingefunden. Die Kundgebungen des bürgerlichen Bündnisses „Potsdam bekennt Farbe“ zählte etwa 700 Teilnehmer_innen und war mit zweireihigem Hamburger Gitter „gesichert“. Sie konnten nur lautstark den vorbeiziehenden Pogida-Aufzug ihre Haltung entgegenstellen. Daneben bewegten sich weitere 300 Personen dezentral, konnten jedoch wenig ausrichten.
Gerade jetzt: 71 Jahre Auschwitzbefreiung gedenken
Trotz, oder gerade aufgrund, des Pogida-Aufmarsches vergaßen viele nicht, dass sich am 27. Januar der Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz jährt. Vor und auch nach den Protesten gedachten Antifaschist_innen am Mahnmal für die Opfer des Faschismus. Eine kraftvolle Spontandemonstration führte Aktivist_innen zum Platz der Einheit, wo zeitgleich zur Pogida-Abschlusskundgebung eine Schweigeminute gehalten wurde.
Ohne den Schutz des Staatsapparates wäre das Aufmärschchen niemals möglich gewesen. Der 11. Januar scheint sich Potsdams Image verändert zu haben, das Medieninteresse war auch diesmal wieder imens. Es bleibt abzuwarten, wie viele Wochen diese massive Polizeipräsenz noch jegliche Aktivitäten im Keim ersticken und Pogida ihren Weg freischaufeln kann.
Wir blicken dennoch zufrieden auf einen Abend voller motivierter Menschen, wichtiger Zeichen und Inhalte und hoffen auf mehr Erfolg beim unvermeidbaren nächsten Mal.
Wie es aussieht, ist leider kein Ende in Sicht: auf der Abschlusskundgebung vor dem Hauptbahnhof kündigte Christian Müller den nächsten Pogida-Aufmarsch gemeinsam mit Bärgida und Pegida Havelland für den 6. Februar 2016 an. Der genaue Ort ist noch nicht bekannt.
Am 29.01.2016 will der Brandenburger Pegidaableger „BraMM“ zum dritten Mal mit ihrer rassistischen Demonstration durch die südbrandenburgische Kleinstadt Senftenberg ziehen! Bei den letzten beiden Demos in Senftenberg versammelten sich mehrere hundert Menschen auf dem Marktplatz, neben den „besorgten Bürgern“ und den sogenannten „Reichsbürgern“ trafen sich dort auch mehrere autonome Nationalisten und Hools. Nachdem die Rassisten dort ihre Anfangskundgebung abhielten liefen sie durch die Senftenberger Innenstadt. Bei der ersten Demonstration gelang es mehreren Antifaschisten die Demoroute zu blockieren, dadurch musste der Aufmarsch zum Marktplatz umkehren. Bei der zweiten BraMM Demonstration in Senftenberg ging die Polizei mit äußerster Härte vor. Alle Menschen die die Polizei als vermeintliche Gegendemonstranten vermuteten, erhielten sofort einen Platzverweis für den gesamten Raum rund um den Markt. Desweiteren stürmte die Polizei das Gelände eines dort befindlichen Jugendclubs. Auf dem Parkplatz eines Supermarktes kam es zur gleichenZeit zu brutalen Übergriffen auf sich dort befindliche Gegendemonstranten. Die restlichen in der Stadt befindlichen Antifas wurden den restlichen Abend durch die gesamte Stadt gejagt und mit Repressalien überzogen. Die genaue Demoroute wird jedesmal geheimgehalten damit sich keine geplanten Blockaden errichten können.
Wir gehen davon aus das die Bullen am 29.10. wie beim letzten mal äußerst brutal vorgehen um den faschistischen Aufmarsch durchzusetzen. Aufgrund von fehlenden antifaschistischen Strukturen in den meisten Städten Südbrandenburgs sind wir auf Unterstützung von außerhalb angewiesen! Wir rufen euch alle auf am 29.01.2016 mit nach Senftenberg zukommen um den Nazis auch in den Kleinen Städten zu zeigen das sie hier nichts verloren haben! Bis jetzt gibt es keinen angemeldeten Gegenprotest! Haltet euch deshalb dezentral in dem Bereich um den Marktplatz auf um spontan den Aufmarsch zu stoppen oder kommt um 18:30 Uhr zum linksalternativen Jugendclub „JAM“, dieser befindet sich in der Nähe vom Senftenberger Bahnhof.
Am 29.01.2016 heißt es in Senftenberg BraMM/Pegida mit allen Mitteln zu stoppen! Es gibt kein ruhiges Hinterland – faschistische Strukturen aufdecken und vernichten!
AntifaCrewFinsterwalde
Die AfD Brandenburg hat für Freitag, den 22.Januar um 17.30 Uhr zu “Kundgebung für die Würde der Frau” aufgerufen. Unter einem scheinheiligen Deckmantel wird hier versucht “unsere Frauen” (gemeint sind natürlich nur weiße cis-Frauen) zu schützen. Wie von der AfD gewohnt, werden hierzu rassistische Motive erwendet und die “Frau” als passives Opfer instrumentalisiert.
Was aber wie immer “vergessen” wurde: Sexualisierte Gewalt und Sexismus sind nicht Probleme der “Anderen” (im aktuellen Diskurs der Migrant*innen) sondern Machtinstrumente des Patriarchats.
Wir stehen für einen kämpferischen, transnationalen Feminismus, der patriarchale Strukturen in Religion, Gesellschaft und Staat konsequent benennt, kritisiert und überwindet.
Dabei distanzieren wir uns klar von jenen, die jetzt Frauenrechte vorschieben, um rassistische Hetze voranzutreiben, Abschottung und Aufrüstung zu betreiben und weitere Asylrechtsverschärfungen zu fordern.
Also seid viele, kommt vorbei und werdet laut!
Frauen*Lesben*Trans*Inter*-Kundgebung: 22. Januar 2016, 17 Uhr, vor dem Brandenburger Landtag, Am Alten Markt 1*
*jeder Mensch, der sich mit den Inhalten dieses Flyers identifizieren kann, ist herzlichst willkommen!
Sexismus ist kein kulturelles Missverständnis. Gewalt gegen Frauen ist vor allem überall dort verbreitet, wo es ein konservatives Frauenbild gibt. Dieses wird (nicht nur) in religiösen Gesellschaften propagiert — und in der AfD. So fordert die AfD immer wieder das Drei-Kind-Modell und eine Verschärfung des Abrtreibungsverbots.
Das Patriarchat (verkürzt: die Vormachtstellung des Mannes gegenüber anderen Geschlechtern) findet sich in jeder Religion und in jeder staatlichen Struktur wieder. Darum muss eine Kritik an sexualisierter Gewalt und Sexismus auch deren ideologischen und materiellen Grundlagen in den Blick nehmen.
Sexuelle Übergriffe werden in Deutschland kaum und wenn dann nur mit einer Verzögerung von 2 bis 3 Jahren verfolgt. Es gibt offensichtlich keine Priorität und Interesse daran, Vorfälle schnell aufzuklären.
Betroffene von sexueller Gewalt werden selten ernst genommen und Vergewaltigung wird immer wieder verharmlost, da sich der betroffene Mensch “nicht genug gewehrt hat.”
Gewalt in der Ehe und gegen Frauen* ist in Teilen jeder Gesellschaft und Religion akzeptiert und fördert so die Unterdrückung der Frau*. Das betrifft sowohl die unterschiedlichen Strömungen des Islams, aber auch die des Christentums.
Grundlage einer jeden freien Gesellschaft sollte sein, dass jeder Mensch, unabhängig von Geschlechtsidentität, Sexualität, anerzogener Religion (?) und Lebensweise selbstbestimmt leben kann, egal wo. Hierfür ist es wichtig, dass jeder Mensch diese Grundwerte von klein auf lernt.
Mal ganz nebenbei: Der AfD scheinen einige pseudofeministische Ansätze gut in die Partei-Propaganda zu passen. Schließlich muss doch alles getan werden, damit “das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation sichergestellt wird.“ Und falls ihr es noch nicht wusstet: “Mann und Frau sind nicht gleich, auch wenn die Genderforschung das behauptet.“ (Frauke Petry)